Open-Source-Plattform für die Cloud

OpenStack wider die Amazon-Dominanz

06.08.2012 von Joachim Hackmann
OpenStack, eine Open-Source-Initiative für Private-Cloud-Plattformen, erfährt derzeit viel Rückenwind. Doch hinter den Kulissen brodelt es, und eine mächtige Konkurrenz setzt sich ab.

OpenStack, eine Open-Source-Initiative für Private-Cloud-Plattformen, erfährt derzeit viel Rückenwind. Doch hinter den Kulissen brodelt es, und eine mächtige Konkurrenz setzt sich ab.
von Joachim Hackmann (Computerwoche-Redakteur)

Die Cloud in einer Box: Morphlabs "mCloud Rack Enterprise" nutzt das neue Openstack-Betriebssystem Essex.
Foto: MorphLabs

OpenStack ist ein Open-Source-Projekt für eine quelloffene Cloud-Architektur, das nach den Vorstellungen der Initiatoren Rackspace und NASA im Cloud-Umfeld einmal eine ähnlich große Bedeutung erlangen soll, wie Apache im Markt für Web-Server und Linux bei den Server-Betriebssystemen. Die Chancen sind da, denn die Liste der Unterstützer wird ständig um bedeutende Namen ergänzt. Jüngst trugen sich IBM und Red Hat ein und versprachen finanzielle Zuwendungen und Hilfe. Zu den mittlerweile über 160 Firmensponsoren zählen unter anderem AMD, Brocade, Dell, Cisco, Citrix, Intel und NetApp. Auch Hewlett-Packard (HP) reiht sich hier ein, der IT-Konzern nutzt das Framework bereits als Kernelement seiner umfangreichen Public- und Private-Cloud-Initiativen (siehe HP drängt in die Public Cloud). Ein weiterer mächtiger Partner ist die Deutsche Telekom. Sie wird ihren angekündigten App-Store "Business Marketplace" auf OpenStack-Basis errichten.

Die 2010 gegründete Initiative erhält damit so viel Zulauf und Rückenwind, dass sie in diesen Tagen bereits zum zweiten Mal die OpenStack Design Summit & Conference in San Franzisko ausrichtet. Erste Anbieter nutzten die Veranstaltung, um neue OpenStack-basierende Produkte vorzustellen. Der IT-Hersteller Morphlabs zeigte etwa einen Cloud-Server namens "mCloud Rack Enterprise". Das System verknüpft einen Dell-Server samt Solid State Drive (SSD) mit der Speichersoftware von Nexenta, einem Switch von Arista und der jüngsten OpenStack-Betriebssystem-Version "Essex". Die vorgestellte Konfiguration dieser "Cloud in der Box" soll rund 150 virtuelle Server unterstützen können. Ab Mai ist sie verfügbar. Eine Ausführung für rund 300 Virtuelle Maschinen soll rund 180 000 Dollar kosten.

Amazon prescht ins B2B-Segment

Doch abseits der Euphorie um die quelloffene Cloud-Architektur mehren sich auch kritische Stimmen, erste Grabenkämpfe drohen das Projekt zu bremsen. "Ist die Uhr für OpenStack abgelaufen?" titelte etwa der Online-Dienst GigaOm.com kürzlich. Der Autor Barb Darrow sieht Konkurrent Amazon mit seinen AWS-Cloud-Diensten (Amazon Web Services) weit enteilt. Während die OpenStack-Community diskutiert schafft der Online-Händler Fakten und macht enorme Fortschritte dabei, seine Angebote auf die Bedürfnisse der Geschäftskunden auszurichten. Kürzlich wurden die AWS etwa um ein Storage-Gateway und um Workflow-Services ergänzt. Beim Ausbau des B2B-Geschäfts vertraut Amazon auf die ebenfalls quelloffene OpenStack-Alternative "Eucalyptus" vom gleichnamigen Startup. Allerdings musste auch Eucalyptus einen Dämpfer verkraften: Im Mai vergangenen Jahres kündigten wesentliche Ubuntu-Entwickler sowie der Ubuntu-Sponsor Canonical die Unterstützung von OpenStack an.

Neben OpenStack und Eucalyptus wetteifern weitere Cloud-Plattformen um die Gunst der Anwender und Provider. Die wichtigsten sind CloudFoundry von VMware, CloudForms von Red Hat und vor allem CloudStack von Citrix. Letzteren Hersteller findet man zwar noch auf der Liste der OpenStack-Supporter, doch Anfang April kündigte Citrix an, sein Engagement bei der Rackspace-Plattform weitgehend zugunsten der eigenen Implementierung aufzugeben. Mit den Worten "Project Olympus is dead", zog Sameer Dholakia, General Manager für Cloud Platforms bei Citrix, den Schlussstrich unter ein Vorhaben, das die Verschmelzung einer Cloud-optimierten Version der Virtualisierungssoftware "XenServer" von Citrix mit einer angepassten OpenStack-Software vorsah (siehe auch Das Projekt Olympus). Als Begründung nannte der Hersteller die langsame Weiterentwicklung von OpenStack und die ablehnende Haltung der OpenStack-Betreiber gegenüber Amazons AWS. Die Kehrtwende von Citrix war zu erwarten, seit die Company im Juli 2011 mit der Übernahme von Cloud.com auch die offene Plattform Cloudstack erwarb. Citrix versprach Anfang April zudem, die Software unter Apache-2-Lizenz zu stellen und die weitere Entwicklung der Obhut der Apache Software Foundation zu übergeben. Die quelloffenen Neuerungen möchte das Unternehmen weiterhin als Basis für ein kommerzielles Produkt verwenden.

OpenStack-Supporter vereint gegen AWS

Foto: OpenStack

Damit erhöht Citrix den Druck auf Rackspace, das Gleiche mit OpenStack zu tun. Während Mitinitiator Nasa nie ein Interesse an einer Aufsicht über die weiteren Entwicklungsarbeiten zeigte, tut sich Rackspace schwer damit, die Zügel aus der Hand zu geben. Zwar sind sich die Verantwortliche darüber im Klaren, dass die Open-Source-Bewegung nur unter der Obhut einer Foundation gedeihen kann. Sie studieren seit Herbst vergangenen Jahres diverse Stiftungen (etwa Apache Software Foundation, Eclipse Foundation und Linux Foundation), um zu verstehen, wie solche Organisationen arbeiten und sich finanzieren. Doch geschehen ist bislang nichts Konkretes: Immerhin soll noch im Lauf dieses Jahres eine Stiftung gegründet werden. Mittlerweise hat Rackspace zudem ein Komitee organisiert, das die rechtlichen Voraussetzungen schaffen soll. "Warum haben Rackspace und die Nasa OpenStack vor zwei Jahren nicht der Apache Foundation übergeben, so wie es Citrix nun gemacht hat, zumal die Software ohnehin unter Apache-Lizenz vertrieben wird?", fragt Timothy Prickett Morgan vom britischen Online-Dienst "The Register". Die einzig mögliche Antwort darauf lautet dem Autor zufolge, dass Rackspace nicht die Kontrolle abgeben möchte, insbesondere was eine mögliche Annäherung an Amazon betrifft.

Zumindest im letzten Punkt genießt Rackspace das Vertrauen der Sponsoren, denn viele Unternehmen hinter der OpenStack-Initiative eint die Furcht vor einer AWS-Übermacht. Allesamt möchte sie verhindern, dass Amazon eine vergleichbare Dominanz erlangt, wie sie Microsoft im Desktop-Geschäft besitzt. "OpenStack stehen definitiv alle Möglichkeiten offen, denn der Markt hat sich noch nicht auf eine Richtung festgelegt", sagte Forrester-Analyst James Staten dem Online-Dienst GigaOm. Gewiß sei, dass der Markt eine quelloffene Option brauche, ebenso wie er eine Open-Source-Alternative zu Microsoft Windows benötige. Das Problem von OpenStack sei aber die Gemächlichkeit der Entwicklung, sie schaffe Raum etwa für Eucalyptus und Citrix. "Möglicherweise nimmt OpenStack eher eine Entwicklung wie Unix statt wie Linux", kommentierte GigaOm-Autor Darrow das Hickhack um die Open-Source-Cloud-Plattform.

Dieser Artikel stammt von unserer Schwesterpublikation Computerwoche / rb)