Software-Häppchen" als Zukunftsmodell

Ratgeber für den Weg in die Cloud

07.08.2014 von Jürgen Wengorz
Die "Cloud" ist ein schillerndes Wesen. Doch ist nicht alles Gold, was glänzt. Unternehmen sollten einige zentrale Fragen klären, um sicher entscheiden zu können, ob eine Cloud-Struktur für sie wirklich sinnvoll ist. Der folgende Beitrag zeigt fünf Schritte auf dem Weg in die Cloud und gibt einen Ausblick auf bevorstehende Veränderungen von Geschäftsmodellen im IT-Sektor.

Cloud oder Nicht-Cloud - das ist heute die Frage, wenn Unternehmen ihre IT-Infrastruktur überdenken oder auch nur den Einsatz einer neuen Lösung in Erwägung ziehen. Und der Run auf Cloud-Lösungen nimmt trotz NSA-Affäre weiterhin zu, wie Bitkom Research in ihrem Cloud-Monitor 2014 zeigt -, wenn auch nicht mehr so markant wie im vergangenen Jahr. Das Forschungsinstitut erwartet, dass IT-Sicherheit und Datenschutz im Zusammenhang mit Cloud Computing in naher Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden, ebenso wie die Integration des Cloud-Modells in andere Markttrends wie Big Data.

Analytics-Lösungen aus der Cloud bietet beispielsweise SAS. Der Hersteller betreibt die Dienste im eigenen Rechenzentrum, über das er auch weitere Enterprise-Hosting- und SaaS-Angebote zur Verfügung stellt.
Foto: SAS

Eines ist klar: Die Geschäftsmodelle im IT-Bereich müssen sich von Grund auf ändern. Mit Softwarelizenzen allein wird in naher Zukunft kein Wachstum mehr zu erzielen sein, der Umsatz für Standardsoftware stagniert. Softwarehersteller und Anbieter von IT-Lösungen müssen sich entsprechend umstellen und benötigen beispielsweise Mitarbeiter mit einem anderen Rollenverständnis und Fähigkeiten. Und auch auf Anwenderseite bewirken Cloud-Modelle ein Umdenken.

Bevor sich Unternehmen jedoch für die Nutzung einer Software oder die Verlagerung ganzer IT-Prozesse in die Cloud entscheiden, sollten zunächst einige Fragen beantwortet werden.

1. Selbst investieren oder auslagern?

Da die erste Generation von Computerfreaks (oder "Chippies") langsam dem Rentenalter zugeht, fehlen wichtige Fähigkeiten im IT-Bereich. Unternehmen müssen sich nun überlegen, ob sie selbst in die Ausbildung junger Fachkräfte investieren oder ihre Prozesse zu einem Cloud-/Hosting-Anbieter auslagern. Unternehmen, die sich keine großen Software-Suites oder -Frameworks leisten können, müssen bei letzterer Variante selbst keine personellen Ressourcen freimachen, sondern bekommen als Alternative eine Shared-Umgebung zur Verfügung gestellt.

2. Was wird "on Demand" gebraucht?

Unternehmen, die über eine Cloud-Lösung oder -Infrastruktur nachdenken, sollten vorher definieren, welche Funktionen sie genau "on Demand" benötigen. Dabei ist es sinnvoll, sich auf zwei bis drei Fragestellungen zu konzentrieren und nicht gleich auf eine gesamte Software-Suite. Dies bedeutet für den Software-Anbieter, dass er seine Software als "Funktionalitätshäppchen" verfügbar machen muss. Beispiel "Result as a Service": Hier werden fertige Reports oder Forecasts zum Abruf aus der Cloud angeboten.

3. Welche Daten bleiben im Haus?

Unternehmen sollten sich zunächst die Frage stellen: Will ich meine Daten überhaupt aus der Hand geben - und wenn ja: welche? Grundsätzlich bietet sich der Einsatz von Cloud-Lösungen für Unternehmen jeder Größenordnung und jeder Branche an. Allerdings gilt es gerade für mittelständische Unternehmen zu bedenken, dass eine Umstellung auf eine Cloud-Infrastruktur mit recht hohen Startkosten verbunden ist - was die Amortisation erschweren kann.

4. Preistransparenz einfordern

Heute handelt es sich bei Verarbeitung von Daten oftmals um Big Data, also um immens umfangreiche, zudem großteils un- oder semistrukturierte Daten. Daher werden auch für die Übertragung dieser Daten riesige Bandbreitenkapazitäten benötigt, was sich wiederum auf den Endpreis des Cloud-Services niederschlägt. Ebenso kann Storage ein Posten sein, der den Preis in die Höhe treibt. Unternehmen sind daher gut beraten, Transparenz in der Preiskalkulation vom Cloud-Anbieter zu fordern. So sind Kostenherde - egal, ob sie bei der Bandbreite, beim Betrieb, beim Personal oder bei der Software liegen - schnell zu identifizieren und gegebenenfalls zu reduzieren.

5. Ist der Partner vertrauenswürdig?

Nicht zu vernachlässigen - wenn auch nicht gleich offensichtlich - ist der psychologische Aspekt. Die Umstellung auf eine Cloud-Infrastruktur bedeutet auch, dass man loslassen können muss und einen Teil der Verantwortung an Externe abgibt. Daher ist es essenziell, sich einen Provider zu suchen, dem man vertraut. Darauf muss sich vor allem der CIO einstellen, ohne Angst vor Kontrollverlust oder gar um seine Position zu haben.

5 Tipps für Migration in die Cloud -
Hybridfähigkeit
Eine ausgereifte PaaS-Umgebung erlaubt den Einsazt von hybriden Cloud-Lösungen.
Quelloffene Software
Open-Source-Lösungen bieten mehr Freiheiten - direkter Zugang zum Quellcode, der sich damit kundenindividuell anpassen lässt.
Modularer Aufbau
Mit modulare PaaS-Entwicklungsumgebungen lassen sich die benötigten Funktionalitäten beliebig miteinander kombinieren; eine verbrauchsabhängige Abrechnung ist denkbar.
Kosten sparen
Kosten-Nutzen-Analysen, die On-Premise-, Private- und Public-Cloud-Applikationen miteinander vergleichen, sorgen für Preis-Transparenz
Erfolgskontrolle
Mit Hilfe von Reports und Steuerfunktionen einer Management-Lösung den Einsatz von Ressourcen beim Cloud-Provider überwachen.

Zögerliche Unternehmen

Generell herrscht in Deutschland - mehr als in vielen anderen Ländern - weiterhin eine deutliche Zurückhaltung vor, was Cloud-Lösungen für geschäftskritische Bereiche angeht. Laut Cloud-Monitor 2014 nutzen 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland Cloud Computing, weitere 29 Prozent planen oder diskutieren den Einsatz. Durchschnittlich 24 Prozent des IT-Budgets werden hierzulande für Private-Cloud-Lösungen ausgegeben; der Anteil der Aufwendungen für Public-Cloud-Lösungen ist mit zwölf Prozent gerade einmal halb so groß.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass es in der großen Mehrheit der Anwendungsfälle um die Verarbeitung sicherheitskritischer Unternehmensdaten geht - angefangen von Kundendaten über Finanz- und Personalwesen, Produktentwicklung bis hin zu Risikomanagement. Unternehmen, die die Cloud nutzen, müssen also darauf vertrauen können, dass kein Dritter Zugriff auf die Daten hat, was eine Hemmschwelle für den Eintritt in die On-Demand-Welt ist. Klare Richtlinien aufseiten der Cloud-Anbieter sind eine Grundvoraussetzung für Datensicherheit und Datenschutz.

Zeit und Kosten sparen

Dabei birgt die Nutzung einer Cloud-Infrastruktur ein nicht unerhebliches Potenzial an Zeit- und Kosteneinsparungen. Zum einen lassen sich neue Anwendungen sehr schnell operativ einbinden und dadurch Funktionalitäten variabel erweitern. Mitarbeiter in den Fachabteilungen haben somit immer die Anwendungen zur Hand, die sie gerade benötigen. Zum anderen entfällt die Investition in eigene Hardware (und den Support dafür). Auch der Aufwand für Softwarewartung und -updates sinkt erheblich. Auf diese Weise kann sich die IT-Abteilung auf Initiativen im Kerngeschäft konzentrieren, statt sich mit der Implementierung und dem Support für unterschiedlichste On-Premise-Technologien herumschlagen zu müssen.

Und last but not least bietet die Cloud maximale Skalierbarkeit und Flexibilität, das heißt optimale Lastverteilung, Hochverfügbarkeit und effiziente Systemauslastung.

Cloud-Zugang zu Datenanalyse

Gerade für hochkomplexe Unternehmenssoftware - also etwa Analytics-Lösungen - ist die Akzeptanz für die Cloud generell noch nicht so hoch wie für On-Premise-Varianten. Eine Cloud-Lösung für Analytics bietet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor allem dann an, wenn einzelne Big-Data-Analytics-Aufgaben isoliert von vorhandenen Infrastrukturen gelöst werden müssen. Das betrifft aktuell oft die Verarbeitung von großen Mengen unstrukturierter Daten. Ein typischer Fall ist die Analyse von Social-Media-Content, also eine hochkomplexe Form von Text Analytics. Hier gibt es aus dem Markt eine spezifische Nachfrage nach Cloud-Lösungen. Deshalb bietet SAS die Lösung Social Media Analytics ausschließlich in der Cloud an. Grundsätzlich ist aber jede aktuelle Software von SAS in der Cloud verfügbar.

Automatisierte Datensicherung in der Cloud -
Automatisierte Datensicherung in der Cloud
Mithilfe moderner Online-Backup-Dienste können Firmen Datensicherungsprozesse auf einfache Weise automatisieren.
iDrive
Bei iDrive handelt es sich um eine weitverbreitete US-Lösung, mit der kleine und mittelständische Firmen PC-Arbeitsplätze, Server, sowie NAS-Geräte in der Cloud sichern können. Ein Vorteil für sicherheitsbewusste Anwender: Die Daten werden vor dem Hochladen auf dem eigenen Rechner verschlüsselt.
Mozy Pro
Mozy Pro verspricht Sicherheit der Enterprise-Klasse in europäischen Rechenzentren mit “militärtauglicher Verschlüsselung”. Wie der Anbieter erklärt, werden die Daten, ähnlich wie bei iDrive, lokal verschlüsselt, bevor sie über eine sichere SSL-Verbindung übertragen werden.
Cloudly
Bei Cloudly handelt es sich ebenfalls um eine moderne Backup-Lösung für Privatanwender und kleine Unternehmen, die aus Österreich stammt und Online-Backups in Echtzeit erstellt. Nachdem der Backup-Client auf dem Rechner installiert wurde, müssen Anwender die Ordner auswählen, die sie automatisch sichern möchten.
Carbonite Business
Eine weitere, in der Praxis bewährte Datensicherungslösung ist Carbonite Business. Der aus Boston stammende Cloud-Dienst wartet mit einem modernen Web-Dashboard auf, wo Administratoren individuelle Backup-Strategien festlegen und sämtliche Backups zentral verwalten können.
Dropbox for Business
Neben diesen speziellen Backup-Diensten, die sich gezielt auf die professionelle Datensicherung fokussieren, gibt es moderne Cloud-Storage-Dienste wie Dropbox, die im Bereich Online-Backups eine immer wichtigere Rolle spielen.
Mover
Mover ist im Prinzip keine reine Backup-Lösung wie die anderen Services, die in diesem Beitrag aufgeführt wurden. Die 2012 in Kanada gestartete Lösung kann aber in Sachen automatische Cloud-Backups wertvolle Dienste leisten. Damit lassen sich nämlich beliebige Dateien von einem Cloud-Service zu einem anderen auf einfache Weise migrieren.

Individuelle Softwarepakete

Der Trend bei Cloud-Dienstleistungen geht hin zum One Stop Shopping, das heißt, diese werden in naher Zukunft immer häufiger als Self-Service angeboten werden. Der Kunde kann also auf die Website des Anbieters gehen, selbst aus einer Vielzahl an Cloud-Diensten wählen und sich sein ganz individuelles, für seine Bedürfnisse passendes Paket zusammenstellen.

Interessant wird auch zu beobachten sein, wie die verschiedenen technologischen Komponenten - Cloud, Big Data, Mobile, Social Media - zusammenwachsen werden. Man spricht heute schon von SMAC (Social, Mobile, Analytics und Cloud) im Hinblick auf ein künftiges übergreifendes Cloud-Konzept, das alle diese Ansätze integriert.

Fest steht, die IT-Landschaft verändert sich drastisch, und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass in zehn Jahren Anwendungen ausschließlich über eine Cloud-Infrastruktur bereitgestellt werden. Darauf müssen sich Anbieter und Anwenderunternehmen gleichermaßen einstellen. (rb)

Rollen der Partner im Cloud Business -
Was alle Rollen eint
Die Hauptaufgabe der Partner wird im Cloud-Geschäft sein, Kunden strategisch zu beraten, die künftigen Prozesse zu definieren und bei der Auswahl passender Cloud-Dienste zu unterstützen. Wo beispielsweise könnten sich für den Anwender Standardapplikationen lohnen? Wo zusätzliche Ressourcen aus der Cloud bezogen werden? Was sollte der Kunde auf keinen Fall auslagern?
Cloud Consultant
System- und Beratungshäuser müssen dazu Cloud-spezifisches Technologie-Know-how aufbauen, Demo-Kapazitäten bereitstellen und gegebenenfalls eigene Betriebsumgebungen aufbauen.
Cloud-ISV (Independent Software Vendor)
Bietet seine Applikationen als Web-basierte Services an (SaaS). Vermarkten lassen sich die Anwendungen auch über B2B-Marktplätze (Appstores), die zunehmend von Herstellern, beispielsweise von IBM, Fujitsu, HP, SAP, aber auch seit kurzem von der Telekom angeboten werden.
Cloud-Dienstleister
Anbieter von Dienstleistungen rund um die Cloud, mit Schwerpunkt auf Orchestrierung und Integrierung von Cloud-Leistungen für und beim Kunden. Hier geht es darum, den Mix aus traditionellen On-Premise-Applikationen (betrifft vor allem ERP-Software) mit Cloud-basierten Services und Applikationen zu verknüpfen und dafür ein einheitliches Management zu schaffen.
Cloud Provider
Anbieter oder Hoster von Platform as a Services (PaaS). PaaS umfasst zusätzlich zur Infrastruktur auch Entwicklungsumgebungen, Vereinbarungen über die Laufzeiten, Monitoring, Skalierung, Service Level Agreements (SLA), Abrechnungssysteme, etc.
Cloud Builder
Partner, die Kunden dabei unterstützen, Rechenzentren und Applikationen so umzurüsten, dass sie Cloud-fähig werden