PC-Laden aus Würzburg

Rechtsstreit zwischen Synaxon und Ex-Microtrend-Partner

26.03.2012 von Ronald Wiltscheck
Zusatzvereinbarungen zum Synaxon-Partner-Vertrag über die von Distributoren an die Einkaufsgemeinschaft über die Vertragslaufzeit des Partners hinaus zu zahlenden Provisionen haben einen Händler in Würzburg zur Klage gegen die Fachhandelskooperation bewogen.

Zusatzvereinbarungen zum Synaxon-Partner-Vertrag über die von Distributoren an die Einkaufsgemeinschaft über die Vertragslaufzeit des Partners hinaus zu zahlenden Provisionen haben einen Händler in Würzburg zur Klage gegen die Fachhandelskooperation bewogen.

Nach seiner Berufsausbildung zum Wirtschaftsinformatiker hat Ralf Gradl bei einem PC-Fachhändler in Würzburg gearbeitet und dabei auch gute Erfahrungen mit der Fachhandelskooperation Microtrend gesammelt. Daher war es für ihn nur selbstverständlich, dass er nach der Eröffnung seines eigenen 140 Quadratmeter großen PC-Fachgeschäfts in der Würzburger Innenstadt, des PC-Ladens, selbst Microtrend-Partner wurde. Der entsprechende Franchise-Vertrag mit dem damaligen Microtrend-Markeninhaber PC-Spezialist wurde am 24. Januar 2002 unterzeichnet und war damit auch rechtskräftig.

Doch nach fast zehnjähriger Mitgliedschaft bei der Fachhandelskooperation ließ Gradls Zufriedenheit mit deren Leistungen merklich nach. Gegenüber ChannelPartner klagt er vor allem über sinkende Margen, viel zu viele von ihm abzunehmende Microtrend-Flyer. Auch für die Online-Einkaufs- und Informationsplattform "Egis" hat er kein gutes Wort übrig: "Das kann man vergessen!" So stimmten dort seiner Erfahrung nach oft die gelisteten Preise nicht, und auch die dort hinterlegten Datenblätter wären falsch. So sah sich Gradl immer öfter gezwungen, selbst im Web zu recherchieren und zu telefonieren, so dass er in der Benutzung von "Egis" keinen Vorteil für sich sah.

Andere Microtrend-Partner sind hingegen mit dem Einkaufsportal durchaus zufrieden, so zum Beispiel Michael Weber, Einkaufsleiter Opitz Computer in Warburg, NRW: "Ohne die Einkaufsdatenbank stände ich auf dem Schlauch. Das Egis-Modus ist für unseren Bedarf ein Riesenvorteil!"

Für Ralf Gradl war aber die seiner Meinung nach schlechte Performance von Egis noch nicht der entscheidende Grund für den Bruch mit Microtrend, sondern etwas, was er im Herbst 2011 "unter der Hand" erfuhr. Demnach soll es zwischen der aktuellen Microtrend-Markeninhaberin Synaxon und den Distributoren - nach Ansicht von Gradl "geheime" - Vertragsklauseln geben. Denen zu Folge würden einige Distributoren auch noch dann umsatzabhängige Provisionen an Synaxon zahlen, wenn der diese Umsätze abrufender Fachhändler gar nicht mehr Mitglied einer der Synaxon-Kooperationen wie Microtrend mehr ist.

Wie es weiter ging ....

Briefwechsel zwischen den Anwälten

Synaxon-CEO Frank Roebers betrachtet den Rechtsstreit "relativ gelassen"

Daraufhin bat der Würzburger Fachhändler und Microtrend-Mitglied seinen Anwalt, eine entsprechende Anfrage an Synaxon zu stellen. Dieses Schreiben ging am 17. Oktober an Synaxon. Bereits drei Tage später, am 20. Oktober 2011, erhielt Gradl eine Antwort von Synaxon. Darin räumte die Fachhandelskooperation die Existenz derartiger Vereinbarungen zwischen Synaxon und Distributoren ein. Ein Anfrage von ChannelPartner bei Synaxon führte zum gleichen Ergebnis: "Es gibt Vereinbarungen mit Lieferanten, wonach diese auch nach Ausscheiden eines Partners für einen gewissen Zeitraum noch Provisionen auf die Umsätze dieses Partners an uns zahlen", bestätigt Synaxon-COO Andreas Wenninger. Sein Chef und Synaxon-CEO Frank Roebers wird da noch deutlicher: "Die Laufzeiten für diese nachvertraglichen Provisionen betragen drei oder sechs Monate, es gibt aber auch Verträge mit Distributoren, die diese nachvertraglichen Umsatzprovisionen nicht beinhalten."

Nachdem Synaxon dies - in Teilen - Gradl auch so bestätigt hat, sah sich der Fachhänderl durch diese "geheimen Zusatzvereinbarungen mit Dritten" arglistig getäuscht und reichte am 19. Dezember 2012 beim Landgericht Bielefeld Klage gegen Synaxon ein. In dem Klageschreiben verlangt Gradls Rechtsanwalt im ersten Schritt die Offenlegung der "geheimen" Zusatzverträge zwischen Synaxon und den Distributoren über die nachverträglichen Provisionszahlungen, also die Namen der Distributoren und die Höhe der Provisionen. Im zweiten Schritt fordert Gradls Rechtsvertretung die sofortige Einstellung dieser Provisionszahlungen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass Ralf Gradl nicht mehr lange Microtrend-Partner sein würde.

Denn bereits sieben Wochen davor, am 27. Oktober 2011, also genau eine Woche nach der schriftlichen Bestätigung der Existenz der nachvertraglichen Provisionszahlungen der Distributoren an Synaxon, hat die Fachhandelskooperation den Franchise-Vertrag mit Ralf Gradl fristgerecht zum 31. Dezember 2011 gekündigt.

Die Verhandlung über diesen Rechtsstreit fand dann am 24. Februar 2012 am Landgericht Bielefeld in der Kammer für Handelssachen statt. Der Streitwert betrug 25.000 Euro. Ein erstes Teilurteil fiel bereits zwei Wochen später, am 9. März 2012. Darin wird Synaxon verurteilt, Ralf Gradl Auskunft zu erteilen, mit welchen Distributoren die Fachhandelskooperation Vereinbarungen getroffen hat, die besagen, dass auch für die nach der Beendigung des Vertrags zwischen Microtrend und Ralf Gradl bei diesen Distributoren durch Ralf Gradl getätigten Umsätze zu Provisionszahlungen an Synaxon führen. Dieses Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung von 20.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Derzeit hat Ralf Gradl diese Summe beim Landgericht Bielefeld noch nicht hinterlegt, da er fest mit einer Berufung durch Synaxon rechnet. "Wir werden dieses Urteil mit der Berufung angreifen", bestätigt dies auch Synaxon-COO Andreas Wenninger. Er ist der Auffassung, dass Synaxon nicht verpflichtet ist, Gradl die gewünschte Auskünfte über die Provisionsvereinbarungen mit den Distributoren zu erteilen: "Das ist in der Vertragsbeziehung zwischen Lieferant und uns geregelt".

Was der Richter meint.....

Von Microtrend zu Idas World

Dem Auskunftsanspruch von Herrn Gradl würden berechtigte Interessen von Synaxon entgegenstehen. Immerhin hätte sich die Fachhandelskooperation in den zugehörigen Rahmenvereinbarungen mit den Distributoren ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zum anderen möchte Synaxon nur ungern die eigenen Konditionen offen legen, da man hier "im Wettbewerb mit zahlreichen anderen Einkaufskooperationen" stehe.

Pikant hierbei ist nun die Tatsache, dass Ralf Gradl bereits Mitglied einer anderen Fachhandelskooperation ist, der Idas World, und diese Organisation in Deutschland von seinem Bruder Stefan Gradl angeführt wird. Hier befürchtet nun Synaxon, dass Idas World Kenntnis von den eigentlich "geheimen" Vereinbarungen zwischen Synaxon und den Distributoren erlangen könnte und dies wettbewerbswidrig einsetzen könnte.

Microtrend-PC-Laden in Südlohn, Münsterland
Foto: Microtrend

Dem widerspricht der Richter in der Urteilsbegründung: "Der Kläger (Ralf Gradl, Anm. d. Red.) ist verpflichtet, strengstes Stillschweigen über die erhaltenen Preis- und Lieferanteninformationen zu bewahren. Bis auf weiteres ist davon auszugehen, dass der Kläger (Ralf Gradl, Anm. d. Red.) sich vertragsgerecht verhalten wird, zumal er für einen Verstoß gegen diese Pflicht eine Vertragsstrafe von 2.500 Euro versprochen hat. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger (Ralf Gradl, Anm. d. Red.) vertragswidrig Informationen an die Firma Idas World oder seinen Bruder weiter reichen wird."

Es ist aber davon auszugehen, dass Synaxon hier eine ganz andere Meinung vertritt, und wohl nicht zuletzt deshalb Einspruch gegen dieses Urteil einlegen wird. Außerdem ist die Einkaufsgemeinschaft aus Bielefeld die Auffassung, dass jeder Partner über die von den Distributoren an Synaxon gezahlte Provisionen Bescheid wüsste, auch wenn das über die nach dem Ausscheiden geleisteten Zahlungen so nicht in den Verträgen mit den Microtrend-Partnern stünde. Dort erklärt aber jeder Franchise-Nehmer, dass er keine Ansprüche auf Auskünfte zu diesen Provisionen erheben wird.

"Wir schließen derartige Vereinbarungen ab, weil wir berechtigterweise einen Ausgleich dafür beanspruchen, dass wir Lieferanten Zugang zu unseren insgesamt mehr als 2.800 Partnern gewähren und enorme Leistungen für die Partner und Lieferanten erbringen, die mit einer Mitgliedsgebühr alleine nicht zu finanzieren wären. Darauf weisen wir unsere Partner in den mit ihnen abgeschlossene Verträgen hin", so Synaxon-COO Wenninger.

Wie es außergerichtlich hätte laufen können ....

Nachverträgliche Umsatzprovisionen

Dennoch, das Gericht moniert in seinem Urteil, dass in den Verträgen nur von Provisionen für die während der Vertragslaufzeit getätigten Umsätze die Rede ist. "Dass die Beklagte (Synaxon, Anm. d. Red.) auch Provisionen aus Umsätzen erhält, die der Kläger (Ralf Gradl, Anm. d. Red,) als Nicht-Vertragspartner erzielt, ist vom Wortlaut nicht erfasst und auch durchaus überraschend", argumentiert der Richter.

Microtrend-PC-Laden in Südlohn, Münsterland
Foto: Microtrend

"Einem etwaigen Rechtsschutzinteresse von Herrn Gradl wäre Genüge getan, wenn wir ihm gegenüber auf die Provisionsansprüche verzichten würden. Er könnte die Verzichtserklärung dann in etwaigen Verhandlungen mit einer anderen Einkaufskooperation oder mit irgendwelchen Lieferanten jederzeit vorlegen, so dass die von ihm befürchteten Nachteile nicht eintreten würden", so argumentierte der Synaxon-Anwalt während der Verhandlung. Aber selbstredend ist eine Aufgabe der Provisionsansprüche rein hypothetisch, die Einkaufsgemeinschaft ist nicht bereit, eine derartige Verzichtserklärung abzugeben,

Nun bleibt abzuwarten, wann Synaxon Einspruch gegen das Teilurteil des Landgerichts Bielefeld vom 9. März 2012, Aktenzeichen 17 O 186/11, einlegen wird. Denn ein Sieg von Ralf Gradl auf ganzer Linie könnte unter Umständen doch zu weiteren Klagen von anderen Microtrend-Partnern führen. So betont auch Synaxon, dass die Klage von Ralf Gradl den bisher einzigen derartiger Fälle darstellt.

Und in der Tat, die meisten der 92 Synaxon-Partner, die ein Ladengeschäft im Microtrend-Design betreiben, sind mit den Leistungen der Einkaufskooperation durchaus zufrieden, so wie etwa Marcus Schneidewind, Geschäftsführer von ComTec 4 aus Waren/Müritz aus Mecklenburg: "Ich arbeite sehr gern mit Microtrend zusammen. Alle mir vorgeschlagenen Marketing- und Verkaufsfördernden Maßnahmen setzte ich zu 100 Prozent um, und den Erfolg spüren wir täglich. Vor einiger Zeit als ich noch ohne Ladengeschäft arbeitete, kamen einige Maßnahmen noch nicht in Frage, aber jetzt mit dem Ladengeschäft nutze ich Leistungen wie Egis, Flyer, Instore Marketing mit großem Erfolg. Noch zu erwähnen ist die wirklich professionelle Betreuung des gesamten Microtrend-Teams."

Dennoch, der Rechtsstreit zwischen dem Würzburger PC-Laden und Synaxon geht in die nächste Runde. Die Fachhandelskooperation wird höchstwahrscheinlich Einspruch gegen das Teilurteil vom 9. März 2012 einlegen. Ralf Gradl sucht dagegen noch Mitstreiter für sein Anliegen. ChannelPartner wird Sie über die Fortsetzung dieser rechtlichen Auseinandersetzung auf dem Laufenden halten. (rw)