Facebook ist an der Börse und muss jetzt seinen Gewinn steigern. Wir zeigen Ihnen, wie Facebook bald unser Leben bestimmen könnte um profitabler zu werden.
Sarah Jacobsson Purewal (PC-Welt-Redakteurin)
Jetzt ist Facebook also an der Börse, wenn auch bis dato mit wenig Erfolg. Da der Aktienwert den derzeitigen Gewinn um ein Hundertfaches übertrifft, ist Facebook unter starken Druck, endlich seinen Profit zu steigern. Da drängt sich natürlich die Frage auf: Wie wird Facebook versuchen unser Leben zu verändern, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen? Natürlich wird es mehr Werbung geben, aber das ist nur ein kleiner Teil von Facebooks Plan. In den nächsten paar Jahren kann es durchaus sein, dass das Unternehmen versucht immer weiter in unser Privatleben einzudringen, um die „Welt zu beherrschen". Und wenn es mit der ganzen Welt nicht klappt, dann zumindest mit unserem Privatleben. Hierüber will Facebook Geld verdienen.
Hier stellen wir Ihnen zehn Wege vor, wie Facebook zukünftig unser Leben bestimmen will. Manche Wege hat Facebook bereits heute eingeschlagen.
Facebook regelt die Beziehungen zwischen Menschen
Facebook spielt bereits jetzt schon eine große Rolle bei unseren privaten und geschäftlichen Beziehungen und diese Rolle wird in Zukunft noch weiter wachsen. Den Nutzern fällt es nicht einfach, Facebook wieder zu verlassen, weil alle ihre Freunde noch bei Facebook sind. Und wie sonst soll man Kontakt mit dem (weiter entfernten) Freunde halten und wissen, was in deren Leben passiert? All diese Beziehungen sind nicht nur eine Erweiterung der Beziehungen, die wir im echten Leben geknüpft haben, sondern immer mehr Beziehungen werden überhaupt erst über Facebook aufgebaut. Und viele bleiben nur über Facebook bestehen.
Facebook spielt langsam auch eine immer größere Rolle bei unseren geschäftlichen Kontakten. Wie viele von uns haben Mitarbeiter als „Freunde" oder nutzen den Service, um professionell Kontakt-Netzwerke aufzubauen? Facebook mit seinen 900 Millionen Nutzern könnte LinkedIn mit dessen 161 Millionen Mitgliedern Konkurrenz machen, wenn es um professionelle Netzwerke und eine Plattform für Karrieren geht.
Facebook kontrolliert webbasierte „Real-Namen"
Vor Facebook gab es Netzwerke wie MySpace. Bei MySpace mussten die Leute nicht ihren gesamten Namen aufschreiben. Statt „Sarah Jacobsson Purewal" konnten sie sich einfach „Sarah" oder „Bob" oder gar „~++pRiNcEsS++~" nennen. Aber als Facebook bekannt wurde, hat es von den Nutzern verlangt, die Real-Namen zusammen mit dem Geburtsdatum anzugeben.
Facebooks Beutezug bei der Gesundheit
Facebook hat vor kurzem eine Organspende-Initiative gestartet, mit der die Leute ihren Status als Organspender auf ihrer Facebook-Chronik anzeigen lassen können. Momentan können alle Mitglieder diesen Status teilen. Laut Donate Life America, das mit Facebook zusammenarbeitet, haben sich 6000 Personen bereit erklärt ihre Organe zu spenden, als diese Aktion angelaufen ist. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie Facebook sein riesiges Netzwerk nutzen könnte, um Knochenmark- oder Nieren-Spender mit Empfängern zusammen zu bringen.
Facebook hat bereits in der Vergangenheit versucht in Gesundheits-Bereichen Fuß zu fassen. Im Dezember hat das soziale Netzwerk eine Kooperation mit National Suicide Prevention Lifeline gestartet um Online-Unterstützung für suizidgefährdete Menschen zu bieten. In dieser Initiative können Freunde und Verwandte von Facebook-Nutzern öffentliche Selbstmord-Kommentare bei Facebook „melden". Anschließend wird der Person, die den Kommentar hinterlassen hat, Suizid-Präventions-Hilfe angeboten.
Bereits jetzt dringt Facebook also in einen der privatesten Bereiche überhaupt ein: Die Gesundheit seiner Mitglieder. Und derzeit sind sie auch erfolgreich in diesem Bereich.
Facebook will die Werbung dominieren
Facebook bombardiert seine Nutzer ständig mit Werbung. Darunter befindet sich auch Werbung, die mit den Freunden zusammenhängt, nämlich die Empfehlungen. Die Idee dahinter basiert darauf, dass die Leute auf die Empfehlungen Ihrer Freunde hören. Wenn die Freunde also eine Werbung empfehlen, ist es wahrscheinlicher, dass andere darauf klicken. Abermals hat sich dies aber nicht als Geldquelle herausgestellt, aber es beeinflusst die Leute. Auch wenn wir nicht mehr Pepsi trinken, nur weil einer unserer Freunde eine Pepsi-Werbung gepostet hat, so werden wir diesen Freund doch mit Pepsi in Verbindung bringen.
Vor ein paar Monaten, als Facebook seine Privatsphären-Einstellungen geändert hatte, wollte Facebook das Recht geltend machen, alle Informationen, die es sammelt, zu nutzen, um Werbung an andere Seiten zu verkaufen. Mittlerweise hat Facebook die Anzahl der Werbung, die die Leute zu sehen bekommen, vergrößert.
Das größte Gedächtnis der Welt
acebook prahlt damit, dass seine Nutzer im Durchschnitt mehr als 300 Millionen Fotos pro Tag hochladen. Und hierin sind noch keine Dritt-Anbieter-Apps, die Fotos verbreiten, enthalten. Beispielsweise zählt das kürzlich erworbene Instagramm nicht hinzu.
Durch die Kombination der riesigen Foto-Datenbank mit der neuen Chronik wurde Facebook sogar zum größten Sammelalbum der Welt.
Facebook-Kontrolle über unsere „privaten" Daten
Facebook kontrolliert unsere Privatsphäre. Zu einem gewissen Teil zumindest. Denn viele von uns haben die komplette Kontrolle über die eigene Privatsphäre an Facebook übergeben.
Natürlich können Sie die Facebook-Einstellungen anpassen, sodass nur Ihre Freunde sehen können, was Sie auf Ihre Facebook-Pinnwand schreiben oder nur Ihre Verwandte Ihren Geburtstag, Heimatstadt und Telefonnummer sehen können. Aber wenn Sie diese Daten einmal bei Facebook eingegeben haben, müssen Sie darauf vertrauen, dass Facebook diese Privatsphäre respektiert und schützt. Nur wenn Sie diese Informationen erst gar nicht auf Facebook einstellen, können Sie wirklich Kontrolle über Ihre Privatsphäre haben.
Was bedeutet das also? Es heißt nicht, dass Facebook plötzlich Ihre privaten Daten veröffentlichen wird, denn das wäre wirklich dumm. Aber Facebook wird Ihre Daten weiter verwerten. Wenn Sie beispielsweise etwas im Internet mit „Gefällt mir" markieren, dann geben Sie Facebook explizit die Erlaubnis, Ihre Daten diesem Unternehmen, dem Produkt oder der Band zu übermitteln. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Facebook herausfindet, wie es dieses Wissen nutzen kann, um den größten Vorteil daraus zu ziehen.
Facebook: Der große Sündenbock
In dem Buch „Alone Together" geht Sherry Turkle, die Professorin am Massachusetts Institute of Technology ist, darauf ein, dass das Freundschaften schließen auf Facebook das Finden neuer Freunde im echten Leben ersetzt hat. Turkle meint, dass die Technik dazu führt, dass sich die Leute von echten Menschen entfernen und sich nicht mehr so gerne mit echten menschlichen Emotionen auseinander setzten.
Mit anderen Worten, dank Facebook und anderen Technologien (wie SMS, E-Mail, Skype und PC-Rollenspielen) haben die Menschen nicht länger das Bedürfnis, mit anderen in einer typisch menschlichen Art zu kommunizieren: also miteinander persönlich oder über das Telefon zu reden. Turkle hat mit hunderten von Kindern und Erwachsenen über diese Technologie gesprochen und dabei entdeckt, dass viele Jugendliche das Telefon nicht mögen, weil sie solche Gespräche als bloßstellend und zu neugierig empfinden. Ein Jugendlicher sagte „Wenn du über das Telefon sprichst, dann denkst du nicht so sehr darüber nach, wie bei einem Text. Im einem Telefongespräch kann viel zu viel offenbart werden."
Facebook bestimmt das Jetzt
Facebook hat über 900 Millionen Nutzer weltweit. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Facebook sein globales Netzwerk zu seinem Vorteil nutzen könnte. Es könnte das weltweit größte Online-Telefonbuch erstellen und plötzlich wäre die Idee eines Facebook-Telefons nicht mehr so abwegig. Es könnte eine Online-Auktions-Seite wie eBay erstellen, die jedoch wäre diese wesentlich vernetzter. Und dieses Auktionshaus wäre auch wesentlich vertrauenswürdiger, weil sich dich Leute vor einem Kauf besser kennenlernen könnten. Facebook könnte auch politische Revolutionen und soziale Änderungen fördern.
Wird Facebook die Smartphones kontrollieren?
Facebook wurde kritisiert, weil es keine eindeutige Smartphone-Strategie hatte. Obwohl zirka 488 Millionen Facebook-Nutzer auf das soziale Netzwerk über ein Smartphone oder Tablet zugreifen, war das Unternehmen lange Zeit nicht dazu in der Lage, die mobilen Nutzer mit Werbung innerhalb der App zu erreichen.
Mittlerweile hat Facebook aber damit begonnen hat den mobilen Markt zu übernehmen. Facebook macht es nur nicht so direkt, wie wir es erwarten würden. Beliebte Social-Media-Spiele wie Zyngas „With Friends"-Franchise oder OMGPOPs Draw Something nutzen Facebook fast ausschließlich, um die Nutzer zu verbinden. Andere Spiele wie Angry Birds ermöglichen es den Spielern immer noch Facebook für das Hochladen der Highscores zu nutzen.
Es mag sein, dass Facebook noch weit davon entfernt ist, in der mobilen Welt Fuß zu fassen, aber wenn es das macht, wird es von vornherein die größte Nutzerbasis haben.
Facebook beeinflusst Unternehmen
Jedes Jahr starten Millionen Amerikaner ein eigenes Unternehmen. Und Facebook will in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Hierbei will Facebook nicht nur das Marketing und die sozialen Netzwerkstrategien von kleinen Unternehmen (mit kostenloser Werbung) beeinflussen, sondern es will auch für die Kunden da sein.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Facebook diese Macht zu seinem Vorteil nutzen will. Denn wie wertvoll sind ausgewählte Kunden, von denen Sie wissen, welche Filme und Getränke sie mögen? Jedes aufkeimende Unternehmen kann damit sehr zielgerichtete Werbung erstellen. Und welches Unternehmen würde für einen solchen Vorteil kein Geld bezahlen?
Unternehmen wollen Facebook nutzen, um hierüber in Kontakt mit den Kunden zu kommen. Das mögen einige Unternehmen wie General Motors anders sehen - der US-Automobil-Hersteller hat vor kurzem festgestellt, dass sich Facebook nicht so gut für Werbung eignen würde und deshalb seine Werbung auf Facebook gestoppt. Doch viele Unternehmen sehen das anders und nutzen Facebook dafür um eine soziale Beziehung zu den Kunden aufzubauen.
Facebook beherrscht alles
Das waren die zehn Möglichkeiten, mit denen Facebook versuchen könnte, unser Leben zu beherrschen. Aber das bedeutet nicht, dass Facebook auch tatsächlich alle diese Wege einschlagen wird oder - falls Facebook es versuchen würde - dass es zwangsläufig erfolgreich sein muss. Als Microsoft vor einigen Jahren der unangefochtene Marktführer auf dem IT-Sektor war, hatten auch einige Pessimisten vorhergesagt, dass das Unternehmen in jeden Bereich unseres Lebens Einzug erhalten würde. Jetzt aber kann man sehen, wo Microsoft gelandet ist. Es ist nicht tot, aber es ist definitiv nicht überall und in einigen Bereichen überhaupt nicht die Nummer 1.
Dieser Artikel stammt von unserer Schwesterpublikation PC-Welt. (kv)