Große Chancen für kleine Betriebe

So profitieren KMU von der Digitalisierung

16.05.2016 von Alexander  Henn
Die Digitalisierung und die damit verbundenen Prozesse haben nicht nur das Potenzial, große Konzerne zu transformieren. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben reelle Chancen, sich mit besserer IT-Unterstützung für die Zukunft zu wappnen.
 
  • Termine online zu vereinbaren, bedeutet zeit- und ortsunabhängig planen zu können.
  • Ein schlankes CRM hilft, mehr über den Kunden zu erfahren.
  • Die eigene App sorgt für eine optimale Rundum-Organisation.

Die meisten großen und mittelständischen Unternehmen haben angesichts des digitalen Wandels Konsequenzen gezogen. Das betrifft nicht nur ihre Produkte, sondern auch die Prozesse in der Verwaltung, der Kundenkommunikation, dem Marketing und anderen geschäftskritischen Bereichen. Kleine lokale Anbieter sind hier oft noch zurückhaltend. In Handwerksbetrieben, Restaurants oder Frisiersalons haben klassische analoge Prozesse nach wie vor die Oberhand.

Dafür gibt es Gründe: Mangelndes Wissen über die Chancen und Möglichkeiten der Umstellung auf digitale Prozesse, ein unzureichendes technisches Know-how und eine grundlegende Skepsis gegenüber digitalen Lösungen sind hier zu nennen. Viele Dienstleister fürchten darüber hinaus die Kosten. In den nächsten Jahren wird sich das ändern. Auch die KMU werden die Chancen der Digitalisierung nutzen und zu Instrumenten greifen, die sie von Wettbewerbern absetzen. Dieser Trend wird dadurch verstärkt, dass angepasst und bezahlbare Lösungen für kleine Dienstleister oder Anbieter mit einem Netz an kleinen Filialen auf den Markt kommen werden.

Online-Terminbuchung vereinfacht vieles

Ein einfaches Beispiel dafür, dass sich digitale Lösungen auch für kleine, lokale Dienstleister anbieten, ist die Online-Terminbuchung. Online bedeutet Zeit- und Ortsunabhängigkeit. Kunden können auch spätabends von ihrem Sofa aus in Ruhe herausfinden, welcher Termin ihnen zur Verfügung steht. So sind Dienstleister immer erreichbar und können gebucht werden. Für sie entfallen störende Anrufe, was zu einer höheren Auslastung führt.

Die Dortmunder Hamburger-Braterei Olivia`s Diners verlässt sich bei Reservierungen ganz auf den Online-Kanal.

Ein Beispiel ist Olivia's Diner, ein Burger-Restaurant in Dortmund. Für die beiden Betreiber stellten die Reservierungsanfragen per Telefon eine Herausforderung dar. Gäste riefen oftmals zu Zeiten an, in denen die Geschäftsführer noch unterwegs waren. Somit baute sich immer wieder eine lange Liste an verpassten Anrufen auf, die es abzuarbeiten galt. Das kostet Zeit und ist umständlich. Gleiches gilt für das Beantworten von Anfragen über E-Mail oder Facebook. Hinzu kamen telefonische Reservierungen von Kunden während des laufenden Restaurantbetriebs. Da der Gast am Tisch Vorrang hat, blieben diese Anrufe oft unberücksichtigt.

Olivia's Diner hat sich für ein Online-Booking entschieden und damit diese Herausforderungen gelöst. Die Zahl der Anrufe, Facebook-Nachrichten und E-Mails ging zurück, alle Anfragen können heute beantwortet werden. Mit der Online-Buchung wurde eine automatische SMS-Nachricht verknüpft, die den Kunden an seine Reservierung erinnert und es ihm ermöglicht, unkompliziert zu stornieren. Dadurch erhöhte sich die Auslastung der Restaurants, der Umsatz stieg. Die Kunden haben den neuen Service sehr positiv aufgenommen: Zirka 80 Prozent der Tischreservierungen gehen heute über das Online Booking ein.

Kunden-Management und Marketing

Auch für Kunden-Management und -Kommunikation bieten sich für Kleinbetriebe einfache digitale Lösungen an, für die keine umfassenden IT-Kenntnisse nötig sind. Ein schlankes CRM-System gibt beispielsweise Überblick darüber, wann ein Kunde zum letzten Mal da war oder was seine persönlichen Vorlieben sind. Diese und weitere Informationen sind für individuellen Service oft von großem Nutzen.

Die Münchner Fongs Kung Fu School nutzt ein einfaches CRM-System für die Kundengruppierung und -ansprache.
Foto: Ostill - shutterstock.com

Basierend auf den Kundendaten lassen sich zudem Kundengruppen generieren, die mit einer gezielten Ansprache zu erreichen sind. Der Münchener Kampfkunst-Anbieter Fongs Kung Fu School nutzt beispielsweise sein CRM, um Kunden zu gruppieren und ihnen passende Newsletter zukommen zu lassen. Durch die Möglichkeit, Informationen auch per SMS zu verschicken, erhöht er zudem die Wahrscheinlichkeit, dass diese auch gelesen werden. Mit Erfolg: Zirka ein Viertel der Newsletter wird kundenseitig sogar beantwortet, und über die Hälfte der Neukunden wurden zu Stammkunden.

Mit einer digitalen Kundenverwaltung lässt sich die Qualität der Dienstleistung optimieren und damit das Geschäft nach vorne bringen. Dienstleister können ihre Kunden nach einem Termin beispielsweise um Feedback bitten - automatisiert per E-Mail oder SMS. Beide Seiten können so ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Für den Dienstleister hat das den Vorteil, dass diese Beurteilung oft ehrlich und umfangreich ausfällt. Sie lässt sich einfacher in Verbesserungen transferieren als eine direkte Rückmeldung vor Ort. Zum anderen verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass unzufriedene Kunden ihrer Enttäuschung für jedermann sichtbar auf einer Online-Plattform Ausdruck verleihen.

Mobiles Management sorgt für Flexibilität

Zahnkosmetik Rantzsch in Paderborn organisiert Termine und interne Abläufe durch eine eigene App.
Foto: re_sky/Shutterstock.de

Auch im Management des eigenen Dienstleistungsbetriebs können digitale Lösungen kleinen, lokal agierenden Anbietern helfen. Manchmal reicht dafür eine einfache App. Ein Beispiel ist der Dienstleister Zahnkosmetik Rantzsch in Paderborn. Dessen Gründerin und Geschäftsführerin wird durch eine App in der internen Organisation unterstützt. Bisher war es für die Zahnkosmetikerin unerlässlich, unterwegs einen dicken Kalender bei sich zu tragen, um eine Übersicht, über Termine, Kunden und weitere Informationen griffbereit zu haben. Die eigene App, die wiederum mit der Online-Terminbuchungsfunktion ihrer Praxis verknüpft ist, ermöglicht ihr nun den notwendigen Überblick. Durch das "Büro in der Hosentasche" ist sie perfekt organisiert.

Manchmal gibt es auch Sinn, dass sich kleine Dienstleister ihre eigene App bauen lassen, um so die Möglichkeiten des mobilen Internets zu nutzen. So lässt sich mit dem Kunden jederzeit eine Verbindung herstellen. Termine können vereinbart, Reservierungen vorgenommen oder Bestellungen aufgegeben werden. Auch aus Marketing-Gesichtspunkten heraus ergeben sich neue Möglichkeiten: Dienstleister können ihren Kunden Push-Nachrichten senden, um sie auf Angebote, Aktionen oder Gutscheine aufmerksam zu machen.

Dies sind nur einige wenige Anwendungsszenarien, die um ein Vielfaches erweitert werden könnten. So gibt es beispielsweise auch in der Datenanalyse, der Planung von Arbeitszeiten oder in der Kundenabrechnung preiswerte, digitale Lösungen mit einem schlanken Funktionsumfang, die auch für kleine Dienstleister sinnvoll sind und für mehr Effizienz sowie höhere Umsätze sorgen können.

Die Vielfalt an Lösungen für diese Zielgruppe wird sich noch massiv erweitern - auch, weil immer mehr Startups, darunter auch Shore, mit neuen Geschäftsideen auf den Markt zu kommen, die auf Kleinbetriebe zugeschnitten sind. Sie werden den Versuch unternehmen, den digitalen Wandel mit innovativen und bezahlbaren Lösungen zu gestalten. Die dabei entstehende Konkurrenz wird nicht nur für eine breitere Angebotsvielfalt sorgen, sondern sich auch positiv auf die Preise auswirken. Für die einzelnen Dienstleister - egal, ob Friseur, Arzt oder Handwerker - gibt es dann immer weniger Argumente, die Chancen der Digitalisierung ungenutzt zu lassen.

In fünf bis zehn Jahren wird die Digitalisierung auch bei kleinen, lokalen Dienstleistern ein entscheidender geschäftlicher Faktor sein. Wer die Chancen frühzeitig nutzt, wird sich von der Konkurrenz absetzen und mehr Profitabilität erreichen können.