Zehn Tipps fürs Marketing

Sollen Online-Firmen Anzeigen schalten?

20.06.2016 von Renate Oettinger
Anzeigen sind „antiquiert“ und „out“. Dieser Auffassung sind viele persönliche Dienstleister wie Trainer, Berater und Coaches. Anders sehen dies viele Online-Unternehmen. Sie setzen, wenn es um das Gewinnen von Neukunden geht, immer stärker auf die klassischen Werbeinstrumente Werbespots im Fernsehen und Anzeigen, sagt Bernhard Kuntz.

"Content is king" - das verkünden Marketingberater seit einigen Jahren. Entsprechend viel Zeit investieren manche persönliche Dienstleister wie Trainer, Berater und Coaches heute unter anderem in das Verfassen von (Online-)Artikeln und Blog-Beiträgen - Zeit, die ihnen für andere Aktivitäten fehlt.

Als "antiquiert" gilt bei ihnen hingegen das Schalten von (AdWords-)Anzeigen, weshalb in den letzten Jahren viele Berater ihre Marketingbudgets umgeschichtet haben. Statt für Anzeigen geben sie ihre begrenzten Marketingmittel heute für andere Dinge aus - zum Beispiel für das Drehen von Videofilmchen, die sie auf solchen Kanälen wie YouTube veröffentlichen. Oder für das Füttern und Betreuen ihrer Social-Media-Accounts durch irgendwelche Online Marketing-Agenturen.

Wer Kunden erreichen will, muss Online-Marketing mit klassischer Werbung wie Zeitungsanzeigen verzahnen.
Foto: Yeko Photo Studio - shutterstock.com

Das führt auch zu einem Ausbluten der Fachzeitschriften-Landschaft - ein Ausbluten, das die Trainer, Berater und Coaches anschließend nicht selten beklagen. So bedauern es zum Beispiel inzwischen viele Verkaufs- und Vertriebstrainer, dass in Deutschland keine Verkäuferzeitschrift mehr existiert (in der sie ihre Artikel veröffentlichen könnten) - und dies, obwohl das Thema Verkaufen ein zentrales in jedem Unternehmen ist. Die letzte Verkäuferzeitschrift, SalesBusiness, stellte vor zwei, drei Jahren ihr Erscheinen ein.

Nicht eingleisig fahren

Dass Anzeigen alles andere als "old-fashioned" sind, davon kann man sich allabendlich beim Fernsehen überzeugen. Schaut man sich in den Privatsendern zum Beispiel solche Sendungen wie "Germany's next Topmodell" oder "Goodbye Deutschland" an, dann fällt in deren Werbeblöcken auf: Die meisten Werbespots stammen von Online-Unternehmen - unabhängig davon, ob es sich hierbei um Partnerschaftsbörsen, Online-Banken oder Online-Textilhändler wie Zalando handelt.

Warum schalten diese Unternehmen Werbespots in einem so antiquierten Medium wie einem Fernsehsender? Wäre es nicht konsequent, wenn sie sämtliche Werbemittel ins Online-Marketing investieren würden? Schließlich gehört den Online-Medien doch, wie man oft hört, die Zukunft?

Das taten die meisten Online-Unternehmen bis vor wenigen Jahren auch. Doch irgendwann registrierten sie:

  1. Es bindet extrem viele Ressourcen an Zeit und Geld, online dafür zu sorgen, dass unser Unternehmen die gewünschte Bekanntheit gewinnt. Viel effektiver - und oft auch kostengünstiger - ist es, einmal einen Werbespot zu drehen und dann zwei, drei Fernsehsendern den Auftrag zu erteilen, diesen täglich oder wöchentlich 10, 50 oder 100 Mal zu senden.

  2. Mit unseren Online- und Social Media-Aktivitäten erreichen wir immer wieder dieselben Personengruppen, während wir zu anderen keinen Zugang finden. Das wäre aber zum Ausbau unseres Kundenstamms wichtig.

Also integrierten sie die klassischen Werbeinstrumente wie (AdWords-)Anzeigen und Werbespots wieder in ihre Marketingkonzepte.

Online-Marketing und klassische Werbung verzahnen

Der Entwicklung hinken, wie so oft, die meisten Angehörigen beratender Berufe hinterher. Sie vertrauen weiterhin fast ausschließlich auf das Online- und Social Media-Marketing, wenn es um das Steigern ihrer Bekanntheit und das Anbahnen neuer Kundenkontakte geht, statt einmal wie die oben erwähnten Online-Unternehmen darüber nachzudenken: Wie können wir das klassische Marketing sinnvoll mit dem Online- und Social Media-Marketing verknüpfen? Dabei wäre es für nicht wenige zielführend, das Schalten von (AdWords-)Anzeigen wieder in ihre Marketingkonzepte zu integrieren - dies gilt insbesondere für die persönlichen Dienstleister, die ihre Zielkunden adressmäßig nicht oder nur schwer erfassen können.

Als Beispiel seien die Anbieter von Trainer- oder Coachausbildungen genannt. Oder die Coaches, deren potenzielle Kunden primär Privatpersonen mit den unterschiedlichsten "Problemen" sind. Oder Trainingsanbieter, die nicht auf ausgewählte Branchen, sondern auf solch allgemeine Themen wie "Präsentieren" oder "Führen" spezialisiert sind, weshalb im Prinzip jedes (Non-Profit-)Unternehmen in Deutschland ihr Kunde sein könnte. Denn ihnen allen fällt es in der Regel schwer, ihre potenziellen Kunden adressmäßig zu erfassen. Also sollten sie noch einmal neu darüber nachdenken, ob (Ad-Words-)Anzeigen eventuell eine Säule in ihrem Marketing-Konzept sein könnten. Deshalb hier einige Tipps, was Sie beim Konzipieren und Schalten von (AdWords-)Anzeigen beachten sollten.

Was Sie beim Anzeigenschalten beachten sollten

Tipp 1:

Anzeigen in Print- und Online-Medien haben vier Vorzüge. Erstens: Sie entscheiden (und nicht ein Redakteur), wann wo was wie erscheint. Zweitens: Sie können mit Anzeigen regelmäßig in ein- und demselben Medium präsent sein. Drittens: Sie erreichen mit Anzeigen auch Zielkunden, deren Adressen Sie nur schwer erfassen können - wie zum Beispiel die potenziellen Teilnehmer an einer Berater- oder Coachausbildung oder die (Privat-)Personen, die sich für ein Karriere-Coaching interessieren. Viertens: Sie können mit Anzeigen Teile Ihres Marketing- und Vertriebsprozesses standardisieren - zum Beispiel, indem Sie über einen definieren Zeitraum regelmäßig dieselbe Anzeige in einer Zeit-schrift oder eine AdWords-Anzeige bei Google schalten.

Tipp 2:

Prüfen Sie vor dem Anzeigenschalten genau, über welche Medien Sie Ihre Kunden erreichen. Print- oder Online-Medien? Fachzeitschriften oder regionale Tageszeitungen/Anzeigenblätter?

Tipp 3:

Prüfen Sie (insbesondere, wenn Sie wie die Anbieter vieler Aus- und Weiterbildungen Ihre Zielkunden adressmäßig nicht erfassen können), ob Sie nicht AdWords-Anzeigen bei Google für Ihre Leistungen schalten sollten. Checken Sie vor dem Anzeigenschalten jedoch, ob Sie Ihr Ziel "Gefunden werden" nicht auch durch ein suchmaschinentechnisches Optimieren Ihrer Webseite erreichen könnten. Das ist langfristig kostengünstiger.

Tipp 4:

Mit Anzeigen können Sie nur die Aufmerksamkeit und das Kaufinteresse potenzieller Kunden wecken. Um die Kunden zur Kaufentscheidung zu führen, sind andere Instrumente nötig.

Tipp 5:

Konzipieren Sie Ihre Anzeigen so, dass sie die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden wecken - zum Beispiel, indem Sie in Ihre Anzeigen in Printmedien ein ausgefallenes Foto, eine provokante Karikatur oder einen kecken Spruch integrieren. Und in den Kurztext einer AdWords-Anzeige? Drei, vier Schlagworte, die glasklar den Nutzen Ihrer Leistung für Ihre Zielkunden benennen.

Nicht zu viele Infos geben

Tipp 6:

Streichen Sie aus dem Anzeigentext alle (Detail-)Infos, die Sie Interessenten noch geben können, wenn diese mit Ihnen Kontakt aufgenommen haben - zum Beispiel: Seminartermin und -preis und Ihre Postadresse.

Tipp 7:

Schalten Sie in (Fach-)Zeitschriften lieber vier Mal pro Jahr eine die Aufmerksamkeit weckende Anzeige als zwölf Mal eine Anzeige, die kaum registriert wird.

Tipp 8:

Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung, ob Sie beim Marketing (stärker) auf Anzeigen statt auf Pressearbeit oder Mailings setzen. Auch die Arbeitszeit, die Sie dadurch sparen sollten Sie bedenken sowie, dass Sie beim Anzeigenschalten Teile Ihres Marketingprozesses standardisieren können und nicht stets neue Artikel(-varianten) erstellen und einen großen Adresspool aufbauen und pflegen müssen.

Tipp 9:

Prüfen Sie speziell als regionaler Anbieter, ob es nicht günstiger und effektiver wäre, einem Magazin in ausgewählten Postleitzahlbereichen einen Prospekt beizulegen als eine Anzeige zu schalten.

Tipp 10:

Unterschätzen Sie als Anbieter, dessen Geschäft primär ein lokales/regionales ist (wie bei den meisten Coaches), nicht die Werbewirksamkeit der lokalen Anzeigenblätter. In ihnen können Sie oft mit Kleinstanzeigen eine hohe Wirkung erzielen - selbst wenn die Leute sie nur auf der Toilette lesen.

Bernhard Kuntz ist Inhaber des (Online-)Marketing- und PR-Büros Die PRofilBerater, Darmstadt, das seit über 20 Jahren Trainer, Berater und Coaches beim Entwickeln und Umsetzen ihrer Marketingstrategie unterstützt. Er ist unter anderem Autor des im Verlag managerSeminare erschienenen Buchs "Die Katze im Sack verkaufen: Bildung und Beratung mit System vermarkten - offline und online". Internet: www.die-profilberater.de