Trusted Shops Umfrage: Abmahnungen gehören für Online-Händler zum Alltag (mit Video)

27.04.2007
Immer mehr Händler leiden unter dem Missbrauch des rechtlichen Instruments Abmahnung. Der Zweck, Wettbewerbsgleichheit herzustellen, wird immer häufiger dafür missbraucht, Profit aus den kleinsten Verstößen zu schlagen.
Was tun bei einer Abmahnung? Die Rechtsanwälte Johannes Richard und Andreas Schmidt erklären wie man damit umgeht.

Ursprünglich haben Abmahnungen den Zweck, Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Aber viele Onlinehändler leiden unter einem Missbrauch dieses legitimen Instruments: Vermeintliche Mitbewerber und unseriöse Vereine versuchen zunehmend, durch massenhafte Abmahnungen aus geringsten Anlässen Profit zu schlagen.

Trusted Shops befragte im Zeitraum vom 1. Januar bis 1. Februar insgesamt 686 Shopbetreiber zu ihren Erfahrungen mit Abmahnungen.

Kernergebnisse der Studie

Abmahnungen gehören zum Alltag

Für die meisten Shopbetreiber gehören Abmahnungen zum ganz normalen Alltag. Der Durchschnittswert liegt bei insgesamt 2,1 Abmahnungen pro Shop. Auch wer noch nicht abgemahnt wurde, muss laufend damit rechnen, abgemahnt zu werden.

Missbrauch schadet dem Ruf des Abmahnwesens

Fast die Hälfte aller Befragten hält die erhaltenen Abmahnungen nach eigenem Empfinden für unberechtigt. Neben der undurchsichtigen Rechtslage wird vor allem kritisiert, dass die Anwaltsgebühren viel zu hoch sind, auch Bagatellen abgemahnt werden können und Abmahnungsmissbrauch vielfach ungestraft möglich ist. Dadurch leidet der Ruf des an sich legitimen Instruments der Abmahnung insgesamt.

Rechtliche Grauzonen werden ausgenutzt

Neben klaren Rechtsverstößen werden zu einem erheblichen Anteil auch solche Verstöße abgemahnt, die höchst-richterlich ungeklärt sind oder auf Fehlern des amtlichen Widerrufsmusters beruhen.

Abmahnungen bedrohen Existenzen

Die Hälfte der Befragten hatte einen Schaden von über 1.500 Euro. In Einzelfällen kamen mehrere Zehntausend Euro zusammen. 40 Prozent der Unternehmer, insbesondere KMU, sehen sich durch Abmahnungen in ihrer Existenz bedroht. Auch wer sich im Recht wähnt, verteidigt sich wegen des unkalkulierbaren Prozesskostenrisikos häufig nicht.

Anwälte verlangen oft zu hohe Gebühren

In 22 Prozent der Fälle haben die abmahnenden Anwälte auf einen Teil Ihrer ursprünglich verlangten Gebühren schon außergerichtlich auf Verlangen des Abgemahnten verzichtet. In 5 Prozent der Fälle haben die Gerichte diese Kosten gekürzt.

Widerstand zahlt sich aus

In nur 13 Prozent der Fälle war Widerstand gegen eine Abmahnung erfolglos. In 19 Prozent der Fälle wurde die Abmahnung schon ohne Gerichtsprozess zurückgezogen, und in 22 Prozent der Fälle wurde eine Kostenreduzierung ohne gerichtliche Hilfe erreicht. Häufig wird nach erhaltener Abmahnung selbst eine Abmahnung als "strategisches Verteidigungsmittel" eingesetzt (sog. Gegenabmahnung).

Massenabmahnungen durch wenige Marktteilnehmer

Ein kleiner Teil der Marktteilnehmer ist für einen großen Teil der Abmahnungen verantwortlich. Die ersten drei Abmahner sprachen allein rund 39 Prozent aller Abmahnungen aus. Nicht immer erfolgten die Abmahnungen berechtigt: Gegen den zweithäufigsten Abmahner läuft mittlerweile ein Strafverfahren wegen Betruges. Andere Vielfach-Abmahner sahen sich zumindest einer sehr kritischen Presseberichterstattung ausgesetzt.

Häufig abgemahnte Verstöße

Die Anlässe für eine Abmahnung sind breit gestreut. Am häufigsten wurde moniert, dass der Händler seinen Kunden bei eBay-Auktionen "nur" die üblichen 2 Wochen Widerrufsrecht einräume, obwohl eine verlängerte Frist von einem Monat gelte. Insgesamt waren Abmahnungen zum Widerrufsrecht besonders häufig. Auch unzulässige AGB-Klauseln, Fehler im Impressum, Marken- und Urheberrechtsverstöße sowie unzureichende oder irreführende Preisangaben waren überdurchschnittlich oft Stein des Anstoßes. Dagegen spielten falsche Angaben zu Lieferzeiten oder unzureichende Alterskontrollsysteme eine untergeordnete Rolle.

Ausnutzen rechtlicher Grauzonen

Neben klaren Rechtsverstößen, wie z.B. Übernahme fremder Produktfotos, fehlende Grundpreisangaben, unzulässige Haftungsausschlüsse in AGB, Verstöße gegen die Buchpreisbindung oder gänzlich fehlende Hinweise auf das gesetzliche Widerrufsrecht, basieren eine Vielzahl von Abmahnungen auf einer unklaren Rechtslage. Hier kann sich der Abmahner das Gericht aussuchen, das seine Rechtsauffassung teilt, so dass eine Verteidigung wenig Aussicht auf Erfolg hat (sog. "fliegender Gerichtsstand" im Internet).

So wird z.B. die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung bei eBay dem Textformerfordernis genügt und damit eine zweiwöchige Frist gilt, von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. In 12 Prozent der Fälle wurde die Rechtsprechung des OLG Hamburg und des KG Berlin ausgenutzt, welche im Gegensatz zu den Landgerichten Münster und Flensburg von einer Monatsfrist bei eBay ausgeht.

Ein ähnliches Beispiel ist ein angeblich fehlerhaft platzierter Hinweis darauf, dass Mwst und Versandkosten enthalten sind. Auch hier nutzen Abmahner gezielt die Rechtsprechung des OLG Hamburg aus, das einen Hinweis direkt neben jedem Preis fordert, während der BGH bereits eine andere Sichtweise angedeutet hat (Platzierung in AGB, BGH, Urteil vom 5.10.2005 - VIII ZR 382/04) und die strittige Rechtsfrage im Juni 2007 entscheiden wird (Az.: I ZR 143/04).

Auch die genaue Platzierung der Widerrufsbelehrung im Online-Shop bzw. auf einer eBay-Artikelseite ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Während der BGH bei der gesetzlichen Anbieterkennzeichnung sog. "sprechende Links" und längere Verweisketten (Kontakt-Impressum) zulässt, sind einige Landgerichte der Meinung, eine Widerrufbelehrung müsste direkt auf der eBay-Artikelseite enthalten sein. Auch diese Rechtsprechung nutzten zahlreiche Abmahner aus.

Fehlerhaftes Muster des Bundesjustizministeriums

Besonders pikant ist laut Trusted Shops, dass auch Passagen aus dem amtlichen Widerrufsmuster des Bundesjustizministeriums abgemahnt wurden. So berichten die befragten Händler immerhin von 2 Prozent Abmahnungen einer angeblich fehlerhaften Wertersatzklausel. Diese Klausel ist fälschlicherweise in dem amtlichen Muster enthalten, und zwar unabhängig davon, ob eine entsprechend vorgeschriebene Belehrung in Textform vor oder nach Vertragsschluss erfolgt.

Bei eBay kann wegen des technischen Ablaufs eine entsprechende Belehrung erst nach Abschluss des Vertrages erfolgen. Der vom Bundesjustizministerium vorgegebene Wertersatz-Passus darf somit bei eBay-Verkäufen gar nicht enthalten sein, weil die entsprechende Belehrung dort zu spät erfolgt. Dies wurde den befragten Händlern zum Verhängnis.

2 Prozent der Abmahnungen monieren zudem die falsche Darstellung des Fristbeginns, d.h. eine unpräzise oder unvoll-ständige Nennung der relevanten Faktoren. So heißt es im Muster, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", obwohl die Frist erst am Tag nach Erhalt der Belehrung in Textform, der Ware und Erfüllung weiterer Pflichten beginnt. Auch dies ist ein Fehler im Muster, der trotz Kritik aus Rechtsprechung und Literatur bislang nicht korrigiert wurde.

Damit dürfte die von der Bundesregierung vertretene Auffassung, dass es keine Abmahnungen wegen Verwendung des amtlichen Widerrufsmusters gebe, widerlegt sein. Diese Position hatte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der FDP vertreten (BT-Drucks. 16/3595 v. 28.11.2006). Die FDP hat kürzlich die Korrektur des Musters im Bundestag beantragt (BT-Drucks. 16/4452 v. 28.2.2007).

4. Bewertung der Abmahnungen

Fast die Hälfte aller befragten Shops hält die Abmahnungen nach eigenem Empfinden für unberechtigt. Dass bedeutet zwar nicht immer, dass die Shops die Abmahnungen als rechtlich unzulässig einstufen. Einigen Shopbetreibern ist durchaus bewusst, dass das eigene Empfinden und die Rechtslage auseinander klaffen. So wird in vielen Fällen eingesehen, dass ein Gesetzesverstoß begangen wurde. Die Mehrheit der Händler hat jedoch kein Verständnis für das Instrument der Abmahnung mit den damit verbundenen Sanktionen.

So beklagt ein Händler: "Abmahnungen sind sicherlich wichtig, aber die Erstkonsequenzen für Kleinbetriebe und Neugründer sind teilweise zu hart. Eine kostenfreie Erst-Ermahnung mit Beseitigungsfrist wäre fair und sinnvoll. Erst wenn dann der berechtigten Rüge nicht nachgekommen wird ist eine kostenpflichtige Strafe angemessen."

Teilweise fehlt jegliches Verständnis für Rechtsverstöße. So sehen einige Händler nicht ein, dass die Widerrufsbelehrung nicht nur auf der "mich"-Seite untergebracht, sondern auch "sprechend" darauf verlinkt werden muss, z.B. mittels eines Links "Widerrufsrecht" auf die Passage der "mich"-Seite. Andere stufen sich selbst unzutreffend als Privatverkäufer ein. Auch wird vertreten, dass bei einer Vielzahl von unverbindlichen Preisempfehlungen keine Kontrolle der Richtigkeit möglich sei, obwohl dies natürlich in den Verantwortungsbereich des Händlers fällt, der ja keine Vergleichspreise angeben muss.

Kritik an deutschen Rechtsvorschriften

In der Mehrzahl der Fälle wird jedoch nachvollziehbare Kritik an vorhandenen gesetzlichen Regelungen, der un-klaren Rechtslage oder der in Deutschland gängigen Abmahnpraxis geübt.

So wird etwa der Sinn eines Hinweises auf die enthaltene Mwst. und die Versandkosten unmittelbar beim Preis in Frage gestellt, "da der Kunde dies weiß und im Laufe der Bestellung sowieso exakt dargestellt bekommt." Ähnlich hatte auch schon der BGH argumentiert.

Auch die Pflicht zur Erklärung geläufiger Abkürzungen stößt vielfach auf Kritik: "UVP ist mittlerweile eine allseits bekannte Abkürzung." Auf Unverständnis stößt auch die deutsche Regelung zu den Versandkosten beim Vertragswiderruf: "Warum sollte ich unfreie Sendungen annehmen, die jeweils 12 Euro kosten?"

In der inhaltlichen Kritik steht auch die Rechtsprechung zur Monatsfrist bei eBay: "Nein ich halte das nicht für berechtigt, da in der Artikelbeschreibung klar und deutlich auf die Widerrufsfrist hingewiesen wird, und der Käufer kurz nach Auktionsende eine E-Mail erhält, in der unter anderem auch die Widerrufsbelehrung enthalten ist. Somit ist der Käufer mehr als ausreichend informiert. Außerdem sehe ich keinen Grund, warum eBay hier einen Sonderstatus haben sollte, und warum z.B. bei anderen Internet-Plattformen diese 1-Monats-Regel auch nicht greift."

Fehlender Einfluss auf Hersteller und Preisvergleichsseiten

Besonders zu schaffen macht den Händlern der mangelnde Einfluss auf Hersteller, Distributoren und Preisvergleichsportale. "Auf Preisportalen zu niedrig ausgewiesene Versandkosten sind in der Sache nicht in Ordnung, leider ist der direkte Einfluss der Händler auf die Formen und Templates der Preisvergleiche zu gering." Vielfach sind Pflichten für die Händler auch faktisch nicht erfüllbar: "Die Angabe zur Energieeffizienzklasse gibt es bei Glastürkühlschränken nirgends, wie soll man diese dann angeben?" Manche Abmahnungen resultieren auch aus der ungeprüften Übernahme von Herstellerangaben. Hier sind Rechtsverletzungen nicht erkennbar, und der Händler hat keine Marktposition, die ihm den Regress beim Hersteller erlaubt: "Ich erwarte, dass der Lieferant von Waren sicherstellt, dass es sich beim angebotenen Produkt um markenrechtlich unbedenkliche Waren handelt. Wie soll ein kleiner Onlinehändler mit vernünftigem Aufwand sicherstellen, dass in allen Ländern, in die er verkauft, keine Markenrechte verletzt?"

Kritik an überhöhten Anwaltsgebühren

Kein gutes Haar lassen Internethändler an Anwälten. Neben Pauschalkritik wie "Geldmaschine für Anwälte, kein Wettbewerbsvorteil" oder "Es ist offensichtlich, dass hier nur die Anwälte verdienen wollen", wird einmal mehr das Abmahnverfahren kritisiert: "Ein freundlicher Hinweis auf den Fehler hätte auch gereicht, das geht auch ohne Anwalt." Die Forderung nach einer kostenfreien Erstabmahnung zieht sich wie ein roter Faden durch die Antworten: "Die Abmahnung an sich ist ok! Ich würde nur nicht gleich mit Geldstrafen oder Unterlassungserklärungen kommen. Diese würden im Wiederholungsfall auch reichen!" Begründet wird dies auch damit, dass viele Pflichtverstöße auf Unwissenheit beruhen.

Besonders die hohen Kosten sind für die Mehrheit der Händler nicht gerechtfertigt. An den Antworten wird deutlich, dass Anwälte die Kosten häufig zunächst zu hoch bemessen und diese dann erst von Gerichten gekürzt werden: "Bei einem Artikelpreis von 1,99 bis 25.000 Euro Streitwert" oder "Für ein Kabel im Wert von 3,90 Euro einen Streitwert von 15.000 Euro ist mehr als lächerlich."

Gesetzgeber macht seine Hausaufgaben nicht

Kritik erntet schließlich der Gesetzgeber selbst, der durch unklare Regelungen und wenig Informationen über neue Gesetze aus Sicht der Händler erheblich zu dem Problem beiträgt: "Für den normalen Kaufmann, der ehrlich seinen Geschäften nachgeht, sind die juristischen Spitzfindigkeiten heutzutage nicht mehr zu kalkulieren. Ein falsches Wort, und man muss zahlen. Eine gemäßigte Regulierung ist hier sinnvoller als direkt Rechtsanwälte das Geld eintreiben zu lassen."

Reaktionen auf Abmahnungen

Nur eine Minderheit der Shopbetreiber hat die Abmahnungen widerstandslos hingenommen. Lediglich 4 Prozent der Abmahnungen wurden völlig ignoriert. In den meisten Fällen wurde die Abmahnung vollständig zurückgewiesen. Aber immerhin 17 Prozent der Abmahnungen wurden aus Angst vor hohen Folgekosten akzeptiert, obwohl sich die Händler inhaltlich im Recht sahen.

Finanziell schwächere Position wird ausgenutzt

Dies zeigt, dass die Abmahnung für finanzstarke Marktteilnehmer ein besonders wirkungsvolles Instrument ist. Während große Unternehmen es sich leisten können, strittige Rechtsfragen über mehrere Instanzen klären zu lassen, nehmen kleinere Händler die Abmahnung oft wegen des Prozesskostenrisikos hin, obwohl sie sich im Recht fühlen: "Lt. Aussage meines Anwaltes hätte ich vor Gericht wahrscheinlich gewonnen - aber das Prozesskostenrisiko war zu hoch."

Angesichts uneinheitlicher Rechtsprechung wird das Risiko auch als wenig kalkulierbar empfunden: "Abmahnungen sind ein gutes legales Mittel um finanzschwache Mitbewerber auszuschalten. Da es keine eindeutige Rechtslage gibt und jeder Richter anscheinend anders entscheiden kann, kann sich ein kleiner Händler es kaum leisten, z.B. in Berufung zu gehen oder überhaupt vor Gericht."

Oft steht bei der Frage, ob ein Anwalt mit der Verteidigung beauftragt werden soll, nicht die Unterlassungserklärung, sondern das kurzfristige Einsparpotenzial im Vordergrund: "Bei Einschalten eines Anwaltes kann dieser die Kosten zwar drücken, jedoch entstehen durch diesen weitere Kosten, wodurch eine maximale Kosteneinsparung von ca. 10 Prozent veranschlagt werden kann." So verpflichten sich einige Händler mangels Rechtsberatung zur Unterlassung eines bestimmten Wettbewerbsverhaltens, ohne dass dies rechtlich erforderlich wäre. Der wirtschaftliche Handlungsspielraum wird dadurch unnötig eingeengt.

Dies zeigt z.B. der Fall des mittlerweile aufgelösten Abmahnvereins "Ehrlich währt am längsten", gegen deren Vorsitzenden und dessen Tochter nun Anklage wegen gemeinschaftlichen Betruges erhoben wurde. Immerhin 392 der über 5.000 abgemahnten Händler haben hier die verhältnismäßig geringen Abmahngebühren in Höhe von 146,16 Euro gezahlt, statt sich für mehr Geld beraten zu lassen. Gleichzeitig haben sie aber auch viel zu weit formulierte Unterlassungserklärungen unterschrieben, die bei Einschaltung eines Anwaltes hätten abgeändert werden können.

Unzufriedenheit mit dem eigenen Anwalt

Nicht immer sind die Händler jedoch mit ihrem eigenen Anwalt zufrieden oder sogar empört, wenn trotz erfolgloser Verteidigung gegen die Abmahnung die eigenen Anwaltskosten auch noch gezahlt werden müssen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Anwalt beauftragt wurde, der nicht auf Wettbewerbsrecht bzw. gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert ist: "Sinnlose Anwaltskosten (eigene), die Abmahnkosten an Gegner waren geringer". Dies könnte sich ändern, wenn der Gesetzgeber - wie vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben - neue Regelungen schafft, nach denen auch eine erfolgsabhängige Vergütung des Rechtsanwaltes möglich ist.

Erfolgreicher Widerstand gegen Abmahnungen

Widerstand zahlt sich in der Regel aus. In 19 Prozent der Fälle haben Shopbetreiber erreichen können, dass eine Abmahnung vollständig zurückgezogen wurde - und zwar schon bevor ein Gericht bemüht wurden musste. Noch häufiger hat der Kontrahent eine Änderung der Unterlassungserklärung oder eine Kostenreduzierung akzeptiert. Kommt es doch zu einem Gerichtsverfahren, erzielen die abgemahnten Shops häufig wenigstens Teilerfolge, zum Beispiel eine Reduzierung der ursprünglich angesetzten Kosten.

Vielfach überhöhte Anwaltsgebühren

Das Ergebnis zeigt, dass die Gegenstandswerte und damit die Anwaltsgebühren bei Abmahnungen häufig zu hoch angesetzt und Unterlassungserklärungen zu weit formuliert werden. Dies kann der Händler als rechtlicher Laie jedoch zumeist nur erkennen, wenn er selbst einen Anwalt beauftragt, der wiederum Kosten verursacht. Dem könnte entgegen getreten werden, wenn bei unberechtigten Abmahnungen der Abmahner auch die gegnerischen Kosten tragen müsste. Das ist nach geltendem Recht jedoch nur in Ausnahmefällen so.

Gegenabmahnung als strategisches Mittel

Häufig wird eine Gegenabmahnung als strategisches Instrument eingesetzt: "Durch Gegenabmahnung hat der Abmahner seine Abmahnung zurückgezogen." - "Abmahner abgemahnt - beide Fälle damit erledigt." Auch wer sich vermeintlich sicher wähnt, erfährt auf diese Weise von rechtlichen Grauzonen. Auch die Gegenabmahnung setzt allerdings voraus, dass ein eigener Anwalt beauftragt wird, dessen Kosten gezahlt werden müssen. Für viele Händler stellt es jedoch die bessere Alternative dar, den eigenen statt den fremden Anwalt zu bezahlen.

Gerichte wenden gesetzliche Bagatellklausel kaum an

In nur 4 Prozent der Fälle erkennen die Gerichte auf Abmahnungsmissbrauch. Die Dunkelziffer dürfte hier wesentlich höher liegen, weil der Missbrauchsnachweis in vielen Fällen nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. Hier sind detaillierte Kenntnisse über Art und Umfang gleich gelagerter Fälle erforderlich, die in der Regel nur durch Zusammenarbeit von Händlernetzwerken aufgedeckt werden können. Die gesetzlich vorgesehene Bagatellschwelle des § 3 UWG in der Praxis eine untergeordnete Rolle. Die Gerichte sehen diese Schwelle in 99 Prozent der Fälle als überschritten an und gingen von erheblichen Wettbewerbsverstößen aus.

Anzahl der erhaltenen Abmahnungen

Fast jeder zweite Shopbetreiber gab an, zwei oder mehr Abmahnungen erhalten zu haben. Acht Shops (1,3 Prozent) hat es ganz hart getroffen: Sie erhielten bislang 12 oder mehr Abmahnungen. Ein Shop wurde sogar 25 Mal abgemahnt. Der Durchschnittswert liegt bei 2,1 Abmahnungen pro Shop. Die Abmahnung ist daher für Internethändler zum Alltag geworden. Viele Shop-Betreiber fühlen sich potenziellen Abmahnungen ausgeliefert: "Die Abstände, in denen Abmahnwellen kursieren, werden immer kürzer und damit wird es immer wahrscheinlicher, auch wieder von einer dieser Abmahnungen, die gezielt Grauzonen betreffen, betroffen zu sein."

Finanzielle Schäden durch Abmahnungen

Abmahnungen können, insbesondere wenn sie sich häufen, eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Zu den eigenen und fremden Anwaltsgebühren kommen je nach Konstellation noch Lizenzgebühren für Bildnutzungen, Gerichtskosten oder Vertragsstrafen im Fall von Verstößen gegen Unterlassungserklärungen hinzu. Etwa die Hälfte der betroffenen Shops musste auf diese Weise insgesamt über 1.500 Euro bezahlen. Sechs Prozent hatten sogar einen Schaden von über 10.000 Euro. (mf)