Media Markt

Unbeweglich wie ein Dinosaurier

05.09.2012
Viele Jahre lang waren die Marken aus dem Haus Media-Saturn hochinnovativ. Doch jetzt hat man das Gefühl, dass die Zukunft verschlafen wird. Eine Analyse des Media Markts.

Dieser Beitrag ist erstmals im Internetangebot des "Handelsblatts" erschienen. Autor ist Jens-Uwe Meyer, Inhaber des Beratungsunternehmens Die Ideeologen – Gesellschaft für neue Ideen mbH in Baden-Baden und mehrfacher Buchautor.

Innovative Konzepte sind immer nur für eine bestimmte Zeit gut. Irgendwann sitzen Unternehmen in der Innovationsfalle, weil sie Veränderungen nur noch im Rahmen des Bestehenden zulassen.

"Ich bin doch nicht blöd!" Dieser Werbespruch hat sich tief in das Gedächtnis einer ganzen Käufergeneration gebrannt. Media Markt war einst als radikaler Innovator angetreten, um ein komplett neues Angebot zu schaffen: einen Supermarkt für Elektronik, den es so zuvor noch nicht gegeben hatte. Die Devise: Billig! Billig! Billig! Oder zumindest so tun.

Nun ist Media Markt zum Opfer seiner eigenen Werbephilosophie geworden: Nein, die Kunden sind nicht blöd. Sie vergleichen. Und plötzlich bekommt das Unternehmen mit voller Wucht das zu spüren, was es jahrelang ignorieren konnte: die Macht des Internets.

Solange Kunden zwar woanders online bestellen konnten, jedoch der Prozess des Preisvergleichs aufwendig und kompliziert war, konnte Media Markt das Internet noch halbwegs ignorieren. Doch spätestens seit dem Smartphone-Boom, seitdem jeder Konsument die Konkurrenzangebote sozusagen in der Hosentasche hat, sitzt Media Markt in einer selbst gebauten Falle: Genau die Zielgruppe, die das Unternehmen jahrelang adressierte – die Schnäppchenjäger, die Geizhälse und die Billigheimer –, sind dem Unternehmen nicht treu.

Sobald es ein Produkt woanders billiger gibt, wechseln sie. Media Markt ist mit seinen Kunden in den vergangenen Jahre keine Ehe eingegangen, sondern hatte nur eine gelegentliche Affäre.

Mit dem neuen Online-Shop, der am 16. Januar freigeschaltet wurde, ist das Unternehmen da angekommen, wo kleinere Unternehmen bereits seit fünf bis zehn Jahren sind: Kunden können auch online etwas kaufen. Doch dieses "neue" Angebot ist alles andere als eine radikale Innovation. Eigentlich ist der Online-Shop es nicht einmal wert, eine Innovation genannt zu werden.

Während Konkurrenten wie Amazon seit 17 Jahren systematisch das Kaufverhalten ihrer Kunden auswerten, personalisierte Angebote erstellen und so die Möglichkeiten der personalisierten Ansprache voll nutzen, verkauft Media Markt weiterhin Massenware. Während andere Unternehmen bereits hochintelligente Apps mit GPS-Standorterkennung, Barcodescannern, Kundenbewertungen, Ein-Klick-Einkaufsmöglichkeit oder Anbindungen zu Applikationen wie Facebook oder Twitter haben, ist beispielsweise die iPhone-App von Media Markt bis heute nicht mehr als ein primitiver digitaler Katalog.

Auf der nächsten Seite: Schaut man hinter die Media-Markt-Kulissen, sieht man die Realität.

Zahlungen von Herstellern an Media Markt
Auffallen um jeden Preis
<br>Was zahlen Hersteller an Media Markt, damit ihre Produkte und Logos so platziert werden, dass es den Kunden auffällt? Die Zahlen auf den folgenden Bildern stammen von der "Wirtschaftswoche".
Bis zu 60.000 Euro
<br>Bei TV-Geräten der jüngsten Generation zahlen Hersteller bis zu 60.000 Euro dafür, dass Media Markt sie ins Sortiment aufnimmt und ihnen prominente Plätze in den Regalen einräumt.
Bis zu 5.000 Euro
<br>Um an den Wänden die eigenen Logos anbringen zu dürfen, zahlen Unternehmen bis zu 5.000 Euro pro Fläche an den Media Markt.
Bis zu 40.000 Euro
<br>Wer seine Ware auf Palettenplätzen an von Kunden stark frequentierten Durchgängen positionieren will, muss dem Media Markt bis zu 40.000 Euro zahlen.
Bis zu 20.000 Euro
<br>Wenn Trittspuren auf dem Fußboden die Kunden zu einem bestimmten Produkt im Media Markt leiten sollen, ist das den Herstellen bis zu 20.000 Euro wert.

Hinter den Kulissen

Kein Einzelfall: Media Markt ist ein Beispiel für kurzfristiges Innovationsdenken auf Kosten langfristiger Erfolge.
Foto:

Wie kann so etwas passieren? Wie kann ein Unternehmen, das selbst einst durch radikale Innovationen Märkte revolutionierte, so den Anschluss verpassen? Media Markt ist kein Einzelfall, sondern eher ein Beispiel für kurzfristiges Innovationsdenken auf Kosten langfristiger Erfolge, das es in vielen Unternehmen gibt. Das Management glaubt an die eigenen Unternehmensbroschüren, in denen der hohe Wert von Innovation und die Bedeutung der Kreativität von Mitarbeitern hervorgehoben werden. Man bezeichnet sich selbst wahlweise als "Pionier", "Innovationsführer" oder "zukunftsorientiertes Unternehmen".

Nach draußen vermittelt man den Eindruck, das Unternehmen sei auf dem Weg, zum Mond zu fliegen. Schaut man jedoch hinter die Kulissen, sieht man die Realität: Statt Mond reicht es maximal für eine Pauschalreise nach Mallorca. Innovation findet nur so lange statt, "solange wir von vornherein wissen, was am Ende dabei herauskommt" (Aussage des Geschäftsführers eines internationalen Baukonzerns hinter vorgehaltener Hand).

So war und ist es auch bei Media Markt: Solange Innovation bedeutet, die Verkaufsflächen noch attraktiver, besser und damit letztlich effektiver zu gestalten, solange es darum ging, die Regeln der Werbebranche durch hochinnovatives Marketing neu zu definieren, so lange war der Media Markt stets gut. Doch sobald Innovation den Rahmen des Inkrementellen verlässt, scheitern nicht nur Media Markt, sondern Unternehmen in anderen Branchen genauso.

Nicht nur der Einzelhandel tut sich mit den rasanten Entwicklungen des Internets schwer, sondern auch Banken, Versicherungen, die Tourismusbranche, die Bauindustrie, der Maschinenbau und die Automobilbranche. Viele Unternehmen verstehen die neuen Trends nicht. Sobald Innovationen mit dem bestehenden Erfahrungshorizont des Unternehmens und seines Managements beurteilt und durchgeführt werden können, so lange ist das Unternehmen innovativ. Kaum verlässt es diesen Rahmen, wird aus dem mutigen radikalen Innovator von einst ein ängstlicher, zögernder, zaudernder Verteidiger dessen, was geschaffen wurde.

Das hat Gründe: All diese Unternehmen haben etwas zu verlieren. Und sie nehmen Rücksicht auf interne Strukturen, Befindlichkeiten, Beteiligungssysteme und Ähnliches. Genau das ist der Grund, warum es zum Beispiel Sony letztlich nicht geschafft hat, ein Produkt wie iTunes auf den Markt zu bringen: Das Unternehmen musste auf bestehende Unternehmenseinheiten wie beispielsweise die CD-Produktion Rücksicht nehmen. Entsprechend waren Innovationsbemühungen in diese Richtung immer nur halbherzig. Apple hingegen hatte nichts zu verlieren.

Auf der nächsten Seite: Warum der Media Markt unfähig ist, sich aus den Strukturen zu befreien.

Die wichtigsten Männer bei Media-Saturn
Olaf Koch
ist seit 1. Januar 2012 Vorstandsvorsitzender der Metro AG, die seit Januar 78,38 Prozent der Anteile der Media-Saturn-Holding besitzt. Vorher war Koch zwei Jahre lang Finanzvorstand. Er ist Nachfolger von ...
... Eckhard Cordes,
der nach internen Turbulenzen erklärt hatte, seinen bis Oktober 2012 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Pieter Haas
ist seit dem zweiten Quartal 2013 Vorstandsmitglied bei der Metro AG, wo er unter anderem für Media-Saturn verantwortlich ist. Nach dem Rücktritt von Horst Norberg als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn wurde Haas in die Geschäftsführung der Media-Saturn Holding berufen, um die "strategische Neuausrichtung" und die damit verbundene "notwendige Restrukturierung" voranzutreiben – so lange bis ein neuer Chef gefunden wurde. <br> Nachdem ein Gericht im April 2015 die Klage von Erich Kellerhals, Minderheitsgesellschafter bei Media-Saturn, auf Abberufung von Haas abgewiesen hat, blieb Haas stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn Holding. <br> Haas arbeitet seit 2001 für Media-Saturn, zunächst als Geschäftsführer der niederländischen Landesgesellschaft. 2008 rückte er als COO in die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding auf.<br><br>
Erich Kellerhals
ist einer der Mitgründer von Media Markt und Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding (21,62 Prozent der Anteile). Damit verfügt er über eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung von Media-Saturn, die laut Firmenstatut bei 20 Prozent liegt und Grund für die internen Auseinandersetzungen der vergangen Monate war. Im Bild auch seine Frau Helga, die einst auch Mitgründerin war.
Leopold Stiefel
ist ebenfalls einer der Mitgründer des ersten Media Markts und war lange Zeit Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding. 2002 hat er seine Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn beendet. Seine letzten Anteile von 2,97 Prozent hat er im Januar 2013 für etwa 230 Millionen Euro an die Metro AG verkauft. Auch seine politische Karriere (CSU-Stadtrat in Ingolstadt) und seine Funktionärskarriere im Eishockey (ERC Ingolstadt) hat der mittlerweile 70-Jährige beendet.
Walter Gunz
war einer der vier Media-Markt-Gründer (dazu: Leopold Stiefel, Erich + Helga Kellerhals). Und obwohl er vor mehr als zehn Jahren ausgeschieden ist, sieht er sich weiter als Teil des Unternehmens. 2013 hat er ein Buch geschrieben ("Ich war doch nicht blöd"), in dem er auch auf die Anfangsjahre des Media Markt zurückblickt.
Horst Norberg
war von Anfang 2011 bis zum Mai 2014 CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Ende 2012 hatte er bekanntgegeben, dass er seinen Vertrag verlängert habe und noch bis Ende 2015 an der Spitze der Retail-Kette stehen werde.<br> Doch nach den neuen Entwicklungen im Eigentümerstreit zwischen den Media-Saturn-Gesellschaftern, die mit der "Stellenanzeige" von Erich Kellerhals begannen, fehlte ihm die nötige Rückhalt, so dass er seinen Rücktritt erklärte.<br> Norberg war 1987 zum Unternehmen gekommen – zunächst als Geschäftsführer der Media Märkte in Braunschweig und später Mülheim – und danach in die Geschäftsführung von Saturn aufgestiegen. Ab 2001 war Norberg Chief Operating Officer (COO) von Saturn und damit Mitglied der MSH-Geschäftsführung.
Martin Wild
trägt seit Mai 2014 den Titel des Chief Digital Officers (CDO) der Media-Saturn-Holding. Bereits im Juni 2013 war Wild als CEO an die Spitze des E-Tailers Redcoon gerückt (zunächst nur als Interims-CEO, dann vollamtlich), von dem Media-Saturn im Jahr 2011 für eine Kaufsumme von 125 Millionen eine 90-prozentige Mehrheit übernommen hatte. Zugunsten seiner neuen Aufgabe als MSH-CDO gab er seinen Posten ab.<br> In seiner Anfangszeit bei MSH war Wild Vice President Multi Channel gewesen. Einst hatte er den E-Tailer Home of Hardware (HoH) gegründet und ihn 2007 an den Bezahlsender Premiere verkauft, der das Unternehmen seinerseits 2008 an das Systemhaus Cancom weiterreichte (inzwischen gehört HOH zur Getgoods AG).
Wolfgang Kirsch
gehört dem Unternehmen seit 1993 an und ist seit 2008 Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding GmbH. Als Chief Operations Officer (COO) verantwortet er die deutsche Landesgesellschaft und der Media-Saturn-Unternehmensgruppe, der er auch als CEO vorsteht.
Klaus-Peter Voigt
verstärkt seit dem 1. Juli 2013 als Chief Procurement Officer (CPO) die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding (MSH). Voigt hatte bereits von 1989 bis 2008 in verschiedenen Funktionen dem Management der Media-Saturn-Unternehmensgruppe angehört, zuletzt als COO und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung. Sein überraschender Abgang 2008 wurde in Branchenkreisen damit erklärt, dass Voigt nach dem Rückzug des Firmengründers Leopold Stiefel selbst Ambitionen auf die Unternehmensführung gehegt hatte.
Michael Rook
war seit 1987 in verschiedenen Funktionen für den Media-Saturn-Konzern tätig. Von 2007 an war er Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt, zuletzt COO von Media-Saturn. Im Zuge der Schmiergeldaffäre wurde er im November 2011 fristlos gekündigt und kam in Untersuchungshaft. Gegen seine Kündigung hat er erfolglos geklagt. Von Juni bis Dezember 2012 musste er sich vor dem Landgericht Augsburg zusammen mit anderen Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Bestechung bzw. Bestechlichkeit verantworten. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
Rolf Hagemann
hat als CFO der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding seit 2006 angehört und war ab Januar 2011 ihr stellvertretender Vorsitzender. Ende April 2012 hat er das Unternehmen verlassen. Ihm folgte ...
Georg Mehring-Schlegel
..., der aber bereits Anfang Juni 2012 den Posten wieder aufgegen hatte, nachdem Kellerhals ihm öffentlich die Kompetenz abgesprochen hatte.<br> Von Anfang Mai 2014 an war Mehring-Schlegel als Nachfolger von Martin Wild zusätzlich und interimsmäßig CEO des Online-Händlers Redcoon. Ab November 2014 wurde er dort abgelöst von ...
Martin Sinner
..., der als ein ausgewiesener Experte der Online-, Start-up- und Gründerszene gilt. Sinner hatte im Jahr 2000 das heute führende deutsche Vergleichsportal Idealo gegründet, dessen CEO er bis 2012 war. Innerhalb des Media-Saturn-Konzerns soll Sinner auch die neue "Electronics Online Group" (EOG) aufbauen – mit Redcoon als Kern.
Oliver Seidl
Neuer CFO (und gleichzeitig auch CIO) ist seit 2013 Oliver Seidl, der zuletzt Vorstandsvorsitzender beim TV-Hersteller Loewe war.
Roland Weise
war bis Ende 2010 CEO der Media-Saturn-Holding und wurde von Horst Norberg abgelöst.
Reiner Heckel
war bis Anfang Juni 2013 Geschäftsführer des E-Tailers Redcoon, der seit Juni 2011 zu 90 Prozent der Media-Saturn-Holding gehört. Der frühere Media-Markt-Manager Heckel hatte Redcoon 2003 gegründet und bis zur Übernahme durch Media-Saturn auf einen Umsatz von 432 Millionen Euro geführt. 2011 übernahme der Retailer für eine Kaufsumme von 125 Millionen Euro eine 90-prozentige Mehrheit an Redcoon.
Andreas Oerter
ist ebenfalls Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Seit November 2011 ist Oerter Einkaufschef (CPO) von Redcoon. Zuvor war er als CPO der portugiesischen Landesgesellschaft von Media-Saturn tätig.
Axel Grimm
Seit dem 1. Mai 2013 ist auch Axel Grimm als CFO Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Vorher war er CFO der Media-Saturn E-Business Concepts & Services GmbH.
Ulf Adebahr
ist seit Mai 2014 CTO/CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Redcoon, wo er die Themen Customer Care, IT und Logistics verantwortet. Adebahr war bisher in führender Tätigkeit für die deutsche Organisation des u.a. für EAN-Codes zuständigen Stammdatendienstleisters GS1 tätig.
Philipp Haas
ist seit Mai 2014 Mitglied der Geschäftsführung der Media-Saturn E-Business GmbH. Haas begann 2005 seine berufliche Karriere bei Media-Saturn. Zuletzt war er mit Multichannel-Aufgaben bei Media-Saturn Spanien sowie in der Konzernzentrale in Ingolstadt betraut.
Ricardo Diaz Rohr
Seit Juli 2014 ist Ricardo Díaz Rohr Vice President IT Strategy & Steering bei der Unternehmensgruppe Media-Saturn und CIO der Media Saturn Holding GmbH. Damit verantwortet die strategische Ausrichtung der IT der gesamten Unternehmensgruppe. <br> Gleichzeitig ist Díaz Rohr CEO der IT-Tochter Media-Saturn IT Services GmbH (MSITS).
Carsten Strese
ist Geschäftsführer der Saturn Management GmbH.
Klaus Lahrmann
ist kommissarischer CEO der für die Eigenmarken von Media-Saturn (ok, Isy, Koenic und Peaq) verantwortlichen Unternehmenstochter Imtron.
Ditmar Krusenbaum
ist CEO der österreichischen Landesgesellschaft von Media-Saturn. Bis März 2014 war er CEO der Imtron GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der Media-Saturn-Holding, und damit für die Eigenmarken von Media Markt und Saturn verantwortlich.
Frank Kretzschmar
Frank Kretzschmar ist seit 2005 Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt und Saturn Österreich, 2008 hat er den Geschäftsführungsvorsitz übernommen. Von 2011 bis 2013 war er zudem COO der Media-Saturn-Holding in Ingolstadt.<br> Ab 2015 wird er als Chief Operations Officer (COO) innerhalb der Metro Group zu Real wechseln.
Andreas Oerter
war nach der Übernahme von Media-Saturn drei Jahre lang Einkaufschef von Redcoon gewesen, bis er das Unternehmen Ende 2014 auf eigenen Wunsch verließ. Oerter war ein klassischer "Metro-ianer", der seine berufliche Laufbahn 1991 bei Kaufhof begann. Über verschiedene Positionen im Metro-Konzern kam er Ende 2011 als CPO zu Redcoon, wo er auch in die Geschäftsführung einzog. Seit November 2013 fungierte Oerter dort allerdings nur noch als Managing Director und schied Anfang 2014 auch aus der Geschäftsführung aus.

Unfähig, sich aus den Strukturen zu befreien

Unbeweglich: Durch das Prinzip der "lokalen Fürsten" ist das Unternehmen vom Dinosaurier zum "Innosaurier" geworden.

Das Gleiche gilt für Media Markt: Das Unternehmen ist heute ein Reich lokaler Fürsten. Ein eigentlich sehr innovativer Ansatz: Die Geschäftsführer der einzelnen Standorte sind teilweise Miteigentümer. Das führt dazu, dass sie am Standort unternehmerischer denken und handeln als angestellte Filialleiter. Dieses System ist ein Teil des Erfolgs.

Doch es hat eine Kehrseite: Es hat Media Markt unbeweglich gemacht wie einen Dinosaurier. Das Unternehmen ist sozusagen zum "Innosaurier" geworden: unfähig, sich aus den eigenen festgefahrenen Strukturen zu befreien. Doch der Fortschritt nimmt keine Rücksicht darauf. Innovative Konzepte sind immer nur für eine bestimmte Zeit gut. So war es bei Kodak, beim Druckmaschinenhersteller Manroland und bei Schlecker. Innosaurier sitzen in der Innovationsfalle, weil sie Veränderungen nur noch im Rahmen des Bestehenden zulassen.

Um aus diesem Teufelskreis der inkrementellen Innovation herauszukommen, bedarf es neuer Dankansätze im Top-Management. Unternehmen müssen bereit sein, sich selbst zu kannibalisieren. Sie müssen lernen, sich scheinbar widersprechende Wege gleichzeitig zu gehen. Sie müssen lernen, dass es im Zeitalter radikaler technologischer Umbrüche keine Rezepte gibt, die sich bis auf Punkt und Komma genau für drei bis fünf Jahre im Voraus berechnen lassen. Und auch andere Beteiligte im Unternehmen – seien es Eigentümer, Aufsichtsräte, das mittlere Management oder der Betriebsrat – müssen lernen, dass der scheinbar so bequeme Weg, innovativ zu tun und letztlich das Gleiche doch nur anders zu machen, langfristig gefährlich ist.

Lokale Fürsten, die eine Veränderung des Bestehenden verhindern, machen das gesamte Unternehmen zur leichten Beute für Angriffe von außen. Betriebsräte, deren Mission hauptsächlich darin besteht, den Status quo zu sichern, tun Mitarbeitern keinen Gefallen. Im Gegenteil: Sie setzen leichtfertig ihre Zukunft aufs Spiel. Und Eigentümer, die ausschließlich sichere, erprobte und genau vorherberechenbare Strategien zulassen, denken kurzfristig, gefährden aber die Langfristigkeit des Erfolgs. Radikale Innovationen sind notwendig, sie erfordern ein radikales Umdenken. Was passiert, wenn das nicht stattfindet, lässt sich am Media Markt sehr gut sehen. (tö)