View-Sonic: radikaler Sparkurs und Personalabbau

20.09.2001
Der amerikanische Display-Anbieter View-Sonic bekommt im deutschen Markt keinen Fuß in die Tür. Auch die Übernahme der Nokia-Monitor-Division hat daran nichts geändert. Jetzt zieht die US-Zentrale die Notbremse.

Den US-Markt hat View-Sonic bereits seit Jahren fest im Griff: In Nordameri-ka ist der Monitor-Hersteller eine fest etablierte Größe: Nummer eins nach verkauften Stückzahlen im CRT-Segment und Nummer zwei bei den LCDs. Ziemlich düster sieht es dagegen nach wie vor in den zentraleuropäischen Ländern aus. In Deutschland sitzt View-Sonic immer noch am Katzentisch der Monitor-Hersteller.

Jetzt scheint es allerdings dem bisher geduldigen amerikanischen Management zu reichen: Der deutschen Niederlassung in Willich, zuständig für Zentraleuropa (Deutschland, Österreich, die Schweiz, das Baltikum und die Türkei), verordnete das US-Headquarter vorerst eine radikale Schlankheitskur: "Die Entlassungen werden vor al-lem den administrativen Bereich wie Sekretariat und Finanzen sowie die interne IT-Abteilung betreffen", erklärt Erwin Heinze, Vertriebs-chef-Zentraleuropa bei View-Sonic in Willich, auf Anfrage von Compu-terPartner. Einen Geschäftsführer gibt es in Willich bereits seit 1999 nicht mehr: Der Posten fiel dem letzten Sparprogramm zum Opfer.

Noch sei nicht klar, wie viele Ar-beitsplätze dann endgültig vom Rotstift gestrichen werden. "Wir sind noch mitten in den Überlegungen", sagt Heinze. Der Ver-triebschef betont aber, dass es weiterhin ein Verkaufsteam in Wil-lich geben wird, dass sich auch weiterhin ausschließlich um den deutschen Markt kümmern soll. Derzeit besteht die Vertriebsmann-schaft in Nordrhein-Westfalen aus elf Mitarbeitern, wie viele davon bleiben, verrät Heinze allerdings nicht. Branchenkenner munkeln, dass nur zwei Vertriebler weiterhin auf der Gehaltsliste in Willich stehen werden. Bereits vor einigen Wochen wurde der interne User-Support - bestehend aus zwei Mitarbeitern - in Willich geschlossen und nach England verlegt. Auch andere Posten, die in Willich eingespart werden, sollen dann vom Headoffice in England übernommen werden.

Allerdings hat die View-Sonic-Europazentrale in Crawley bei Lon-don derzeit ihre eigenen Probleme: Michael Kommer, bis vor kurzem Europachef, hat das Unternehmen verlassen. Die aus den USA verord-nete Strategie passte dem Manager wohl nicht mehr, wie es von Bran-cheninsidern heißt, obwohl er sie lange Zeit mitgetragen hat.

View-Sonic hat erst sehr spät - Marktkenner sagen "zu spät, als der Markt bereits unter anderen Anbietern aufgeteilt war" - eine Niederlassung in Deutschland er-öffnet. Seit 1998 tummelt sich das Unternehmen erfolglos im deutschen Markt. Einen kräftigen Schub nach vorne versprach man sich von der Übernahme der Nokia-Monitor-Division Anfang 2000. Mitarbeiter, Kontakte und Vertriebs-kanäle vor allem im begehrten Großkunden-Segment wollte sich View-Sonic damit sichern. Für den US-Anbieter kann man heute, ein-einhalb Jahre später, den Deal als gescheitert erklären. Die Mitarbei-ter verließen zum größten Teil - noch vor Abschluss der Übernahme - das Unternehmen und auch viele Ex-Nokia-Partner setzten lieber auf andere Wettbewerber. Die Chance, Marktanteile über Systemhäuser in Deutschland zu gewinnen, war damit verspielt.

Jetzt steht man in Willich wieder da, wo View-Sonic schon mal 1999 stand: Sparkurs über Mitarbeiter-abbau, Verlagerung von Kompeten-zen nach England. Branchenken-ner vermuten, dass die Amerikaner sich das noch weitere sechs Mona-te ansehen werden "und dann Europa dichtmachen".

www.viewsoniceurope.com

ComputerPartner-Meinung:

Für View-Sonic in Willich könnte es diesmal der Anfang vom Ende sein: Schon zu lange versucht der Hersteller, den deutschen Markt zu beackern. Bisher ohne Erfolg. Es ist kaum anzunehmen, dass Partner jetzt noch - nach der Ankündigung des Sparkurses - einen Fokus auf View-Sonic/Nokia-Displays setzen. (ch/st)