Unsinnige Gerüchte

Warum Apple kein Netbook baut

07.05.2009 von Stephan Wiesend
Auch wenn Gerüchte immer wieder ein Apple-Netbook ankündigen - die Chancen auf ein kompaktes und kostengünstiges Macbook sind gering.

Ohne viel Werbung wurden Netbooks einer der Renner des letzten Jahres. Nach dem großen Erfolg des ersten Modells, dem Eee PC von Asus, nahm fast jeder Computerhersteller Mini-Notebooks in sein Programm auf. Für 2009 rechnet man mit stattlichen 22 Millionen verkauften Geräten, dominiert wird das Geschäft laut IDC vom Hersteller Acer mit 32 Prozent Marktanteil. Die keine 300 Euro teuren Geräte verkaufen sich weltweit sehr gut und ermöglichen den Anbietern von Netbooks ihren Marktanteil zu steigern. Trotz hoher Verkaufszahlen hat sich Apple aber immer wieder gegen dieses Konzept ausgesprochen und hat dafür gute Gründe.

Unter einem Netbook versteht man ein Notebook, das gegenüber üblichen Portablen einen schwächeren Prozessor und einen bis zu zehn Zoll großen Bildschirm besitzt. Auf ein optisches Laufwerk verzichtet das Gerät, dafür sind WLAN und zum Teil sogar UMTS integriert. Einen vollwertigen Computer kann ein Netbook meist nicht ersetzen, für Surfen, E-Mail oder einfache Büroarbeiten ist es gut geeignet.
Hat man gerade ein Apple-Macbook gekauft, klingt die Preisgestaltung der Mini-Laptops wie aus einer anderen Welt. Einstiegsmodelle kosten ab 250 Euro, aktuell gibt es überdies die Modelle der ersten Generation als Auslaufmodelle. In Internet-Shops bekommt man so das Ur-Netbook Eee-PC 701 zum Preis von 150 Euro, ein Lenovo-Netbook mit Windows XP gibt es für 240 Euro. Bei Apple kriegt man dafür gerade einmal einen iPod.

Macbook Air statt Netbook

Bei der Vorstellung der Quartalszahlen im Januar hatte Apples COO Tim Cook auf die Frage nach einem Netbook noch eindeutig geantwortet: "Wir beobachten diesen Bereich, ungefähr drei Prozent des PC-Marktes liegen im Netbook-Bereich, also haben wir ein Auge darauf. Wir haben einige Ideen hierfür und glauben, dass die aktuellen Produkte minderwertig sind und Kunden nicht zufriedenstellen." In der nächsten Pressekonferenz im April antwortete er auf die gleiche Frage schon weniger entschieden. Vier Monate später hatte sich ja auch der Marktanteil der Mini-Rechner auf etwa acht Prozent erhöht. Diesmal bemängelte er nur die geringe Bildschirmgröße und die kleinen Tastaturen.
Mit diesen „minderwertigen“, aber preiswerten Geräten scheinen schließlich doch recht viele Käufer zufrieden zu sein, darunter auch Mac-Anwender. Im Internet kursieren bereits Anleitungen, wie man auf einem Netbook ein nicht offiziell unterstütztes Mac-OS X installiert. Was aber die Netbook zum Verkaufsschlager machte, war wohl weniger das technische Konzept. Der Durchbruch kam wohl vor allem durch den Schnäppchenpreis von knapp unter 300 Euro. Über den Preis kann Apple Massenhersteller wie Acer oder Asus aber nicht schlagen.
Eigentlich hat ja Apple mit seinem Macbook Air das bessere Netbook im Angebot. Das „dünnste Notebook der Welt“ ist ein Design-Kunstwerk, das man dank niedrigem Gewicht und geringen Abmessungen immer dabei haben kann. Das Display ist viel besser und größer als bei jedem Netbook, die CPU schneller und die Tastatur ergonomischer. Beim Preis hat Apple allerdings den entgegen gesetzten Weg gewählt - und es nicht niedriger sondern höher als ein Standard-Notebook positioniert. Betriebswirtschaftlich mach dies auch Sinn, bleibt doch beim Verkauf eines hochwertigen Macbook Air vermutlich mehr Gewinn übrig als bei fünf Netbooks. Damit die Strategie von Apple Erfolg hat, müssen aber genug Macbook Air verkauft werden. Genaue Verkaufszahlen des Macbook Air sind nicht bekannt, laut den Verkaufscharts von Amazon.com ist es aber kein Renner. Während bei den beliebtesten Laptops das Macbook auf dem zweiten Platz zu finden ist, folgt das Einstiegsmodell des Macbook Air abgeschlagen auf Platz 45. Vielleicht war es auch einfach Pech, kurz vor Beginn einer Wirtschaftskrise auf eine Hochpreisstrategie zu setzen.

Apple setzt auf hohe Preise, Margen und Qualität

Ein Netbook mit niedrigem Preis würde nur schwerlich in Apples Produktpalette passen. Es würde viele Interessenten vom Kauf eines Macbook oder Macbook Air abhalten, selbst wenn es viele Neukunden brächte. Vor Kurzem will die Seite Appleinsider deshalb von einer Preissenkung bei iMacs und Macbooks gehört haben - nicht zuletzt um der Konkurrenz der billigen Netbooks etwas entgegenzusetzen.
Mit seiner Hochpreispolitik liegt Apple aber vielleicht gar nicht so falsch. Laut Wall Street Journal musste der Netbook-Erfinder Asus zuletzt stark sinkende Unternehmensgewinne melden. Auch Acer, Marktführer bei Netbooks, meldete jetzt sinkende Umsätze und Gewinne. Auch Microsoft ist über die Netbook-Welle alles andere als glücklich, die Mini-Rechner laufen nämlich meist nicht mit Windows Vista. Um trotzdem präsent zu bleiben, verkauft Microsoft Windows XP-Lizenzen, für die es laut Wall Street Journal nur 15 US-Dollar pro Netbook bekommt.
Touchscreen-Macbook oder iPod XXL

Plausibler klingt ein anderes Gerücht: Statt einem Netbook soll Apple eine Art Webpad mit Touchscreen vorbereiten. Ein solches Gerät, eine Art iPod Touch im Großformat, hätte durchaus Marktchancen und würde keine Computerkäufe kannibalisieren. Laut Businessweek ist dieses Gerät als Abspielgerät für Musik, Videos und die Nutzung im WLAN gedacht. Man könnte es sich technisch etwa wie eine Sony PSP oder einen iPod Touch XXL vorstellen, geeignet auch als Abspielgerät für Filme aus dem iTunes Store. Ein größerer Bildschirm mit Touchscreen wäre wahrscheinlich, auch wenn dies auf Basis des iPhone-Betriebssystems nicht so einfach umzusetzen ist. Da alle iPhone-Programme fest auf die Auflösung 320 x 480 optimiert sind, kann man nicht einfach ein Display mit höherer Auflösung einbauen.

Fazit

So bald wird es kein 300 Euro-Netbook von Apple geben. Gerüchte über ein neues Apple-Macbook tauchen immer wieder auf, dabei handelt es sich aber wohl eher um das Wunschdenken vieler Anwender. Spätestens zur WWDC wird es dagegen sicher neue iPhones geben, bereits vorher vielleicht Preisanpassungen oder gar ein Webpad oder iPad - so der kolportierte Name der Apple-Lösung. (Macwelt/haf)