Cyberport und Notebooksbilliger.de

Warum E-Tailer stationäre Shops brauchen

23.04.2013 von Matthias Hell
Während einerseits stationäre Händler daran arbeiten, ihr Geschäftsmodell in Richtung E-Commerce zu öffnen, zieht es andererseits immer mehr Online-Händler ins Retail-Geschäft. Darunter gibt es prominente Beispiele.

Während auf der einen Seite stationäre Händler daran arbeiten, ihr Geschäftsmodell in Richtung E-Commerce zu öffnen, zieht es auf der anderen Seite immer mehr Online-Händler ins Retail-Geschäft. Das prominenteste Beispiel mit mittlerweile neun stationären Filialen ist hier der Elektronikversender Cyberport.

Ein Cyberport-Store

Der Einstieg in den stationären Handel erfolgte bei dem Online-Händler bereits 2003, damals noch ganz pragmatisch mit einem Store am Firmensitz im Dresdner Waldschlösschen-Areal. Doch bereits mit der Eröffnung des zweiten Cyberport-Stores in Berlin-Mitte 2007 signalisierte der Elektronikversender größere Ambitionen.

Zwar bemühte sich das Unternehmen mit der Wahl einer "1b-Lage" um eine überschaubare Kostenstruktur, doch verdeutlichte Cyberport mit einer großzügig bemessenen Ladenfläche und modernem Design seine Absicht, sich von der auf PC-Hardware und Gamer-Komponenten fokussierten Online-Konkurrenz abzusetzen und sich stattdessen als moderne Alternative zu Elektronik-Allroundern wie beispielsweise Saturn zu präsentieren.

Cyberport-Chef Olaf Siegel: "Für den Online-Handel gibt es keine Wachstumsgrenzen!"
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Während sich Ladenbau und Warenpräsentation sichtlich an die Welt der Apple-Stores anlehnen, verweisen die stationären Cyberport-Filialen dennoch klar auf ihren E-Commerce-Bezug. So werden die in der schlanken Online-Struktur begründeten Preis-Highlights selbstbewusst auf zentralen Podesten präsentiert, Online-Terminals verdeutlichen das Selbstverständnis der Läden als Teil des deutlich größeren Shop-Angebots, und die Abholtheken spielen für Internetbestellungen eine große Rolle.

Im Gegenzug wirken die Cyberport-Stores aber auch auf das Online-Angebot des Händlers ein. So ermöglicht die hochwertige Präsentation in den stationären Filialen den Verkauf von Selektivware auch im Internet; die Läden helfen bei der Akquise von Unterstützungsleistungen durch die Industrie, und nicht zuletzt wird das Bewusstsein der Ladenkundschaft für den Online-Händler Cyberport geschärft.

Auch wenn die Cyberport-Stores auf den ersten Blick gar nicht wie Filialen eines preisgünstigen Online-Anbieters wirken - für das Unternehmen zahlt sich das Engagement im stationären Handel aus: "Wir realisieren durch unsere stationären Standorte Umsatzeffekte, die über die in den Läden realisierten Umsätze hinausgehen", erklärt Cyberport-Geschäftsführer Olaf Siegel und kündigt für 2013 weitere Store-Eröffnungen in Köln, Essen, Stuttgart, Berlin-Charlottenburg und München an.

Notebooksbilliger.de geht offline gezielt vor

Einen dezidiert anderen Ansatz für das Store-Business hat dagegen Notebooksbilliger.de gewählt. So entspricht das Anfang 2010 eröffnete Ladengeschäft des Elektronikversenders in München viel eher den Erwartungen, die man mit einem Online-Händler verbindet. Der Notebooksbilliger-Store liegt zwar an einer stark befahrenen Straße in der Münchner Innenstadt und besitzt eine hohe Visibilität, doch Laufkundschaft verirrt sich nur selten in den Laden.

Store von Notebooksbilliger.de in Düsseldorf
Foto: Notebooksbilliger.de

Im Vergleich zu den Cyberport-Stores wirkt die Verkaufsfläche zudem weniger großzügig bemessen, die Warenpräsentation ist schlichter und das Sortiment klar auf die Bereiche Notebooks, PC, Tablets und Smartphones fokussiert. Doch geht es Notebooksbilliger.de auch nicht darum, im stationären Geschäft mit Media Markt und Saturn zu konkurrieren: "Wenn man bei Media Markt das Verhältnis von Personal und Fläche hochrechnet, steht dem kein entsprechender Kundennutzen gegenüber", erklärt Firmenchef Arnd von Wedemeyer.

Zwar gebe es in den Märkten ein Sortiment, das von Zahnbürsten bis hin zu Fernsehern reiche, doch das sei in keinem Bereich herausragend. "Früher war das noch ein Alleinstellungsmerkmal, und ein so breites Sortiment hat es sonst nirgends gegeben. Aber heute gibt es breitere Sortimente überall im Internet", so Wedemeyer.

Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer: "Wir sind auch offline der beste Händler!"
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Das Ziel des Notebooksbilliger-Stores ist es daher, die aus dem Internet bekannten Stärken des Online-Händlers auch in einem stationären Umfeld umzusetzen. Neben der Sortimentskompetenz zählen dazu auch Preise auf Online-Niveau und Tech-affine, beratungsstarke Mitarbeiter.

Auf aufwändig umzusetzende Multi-Channel-Funktionen wie die Rücknahme von Online-Bestellungen im Laden oder das Angebot von stationären Servicedienstleistungen verzichtet Notebooksbilliger.de dagegen bewusst. Während sich Cyberport die Mechanismen des stationären Einzelhandels für sein Online-Geschäft zunutze macht, versucht Notebooksbilliger.de in erster Linie, mit Online-Tugenden im Stationärhandel zu punkten. (mh)