Neuer Channel-Chef im Interview

Was Avaya im Channel vorhat

30.05.2011 von Thomas Hafen
Seit April 2011 verantwortet Salvatore Maimone den DACH-Channel von Avaya. Im Gespräch mit ChannelPartner erklärt Maimone, was er anders machen will als sein Vorgänger Robert Schmitz.
Will ein Gefühl für den SMB-Channel bekommen: Salvatore Maimone, Leiter Channel Group DACH, Avaya

Seit April 2011 verantwortet Salvatore Maimone den DACH-Channel von Avaya. Im Gespräch mit ChannelPartner erklärt Maimone, was er anders machen will als sein Vorgänger Robert Schmitz.

Sie kommen eigentlich aus dem Service-Provider-Vertrieb. Fehlt die Ihnen da nicht die Erfahrung für den Channel? Gerade der SMB-Markt tickt ja doch völlig anders.

Salvatore Maimone: Das ist sicher ein Bereich, in den ich mich tiefer einarbeiten muss. Was mir hilft, ist meine Zeit bei Cisco, meinem vorherigen Arbeitgeber. Da habe ich den Inside Sales Channel mit aufgebaut. Das waren 300 bis 350 auch kleinere Partner, über ganz Deutschland verteilt, die in einem ähnlichen Bereich arbeiteten, sicher mit einem anderen Fokus - aber andererseits ist mir die Welt doch nicht so ganz fremd. Derzeit bin ich unterwegs und besuche unsere großen Partner aber auch die SMB-Reseller, um näher am Markt zu sein und ein Gefühl dafür zu bekommen, wo wir stehen, was zu tun ist, was gut läuft, was vielleicht nicht so gut läuft.

In Deutschland liegt der Anteil des indirekten Geschäfts - bedingt durch die Tenovis-Übernahme 2004 - immer noch deutlich unter dem von Avaya weltweit. Wie hat sich das Verhältnis in den vergangenen Monaten entwickelt?

Maimone: Der Anteil liegt mittlerweile in Deutschland bei über 50 Prozent. Wir sind aber immer noch ein ganzes Stück vom Ziel entfernt, über 80 Prozent des Umsatzes indirekt zu erwirtschaften. In Europa außerhalb Deutschlands sind wir da schon viel weiter, da liegen wir bei über 90 Prozent indirektem Geschäft.

Abgesehen von der Steigerung des Partneranteils - welche Herausforderungen wollen Sie in Ihrer neuen Funktion als erstes angehen?

Maimone: Die Herausforderungen sind marktspezifisch. Die ganze Kommunikationswelt verändert sich, es kommen neue Themen wie Cloud und Collaboration dazu. Da werden wir ganz häufig gefragt, welchen Weg Avaya geht. Partner sind unsicher, ob wir auch in Zukunft mit ihnen zusammenarbeiten werden und wollen. Einige Fragen kommen auch von den früheren Nortel-Partnern, die jetzt sehr stark in unsere Partnerstruktur integriert sind. Diese Partner möchten gerne sicher sein, dass wir auch in Zukunft den Weg mit ihnen gemeinsam gehen.

"Werden den Datenbereich weiter ausbauen"

Und - werden Sie?

Maimone: Es war anfangs nicht selbstverständlich, dass Avaya den Datenbereich weiterführt. Das steht mittlerweile außer Frage. Wir wollen den Weg weiter gehen und dort auch ganz stark wachsen. Wir bilden die Partner auch weiter aus und binden sie viel mehr in die Entwicklung mit ein.

Ist denn die Integration der Nortel-Partner komplett abgeschlossen oder gibt es noch Baustellen?

Maimone: Es gibt noch ein paar Themen, an denen wir arbeiten. Von der Produktseite her ist die Integration mit dem Launch von IP Office 7.0 abgeschlossen. Im Contact-Center-Bereich ist mit der Freigabe von ACC die Integration ebenfalls beendet. Auf der Vertrags- und Service-Ebene haben wir noch parallele Welten, wie ein Ticket geöffnet wird, wo die Spezialisten sitzen, da haben wir noch ein paar Themen. Aber es ist nur noch eine Frage von Monaten oder Quartalen, nicht von Jahren, bis die Integration abgeschlossen ist.

Machen sich neue und alte Partner Konkurrenz oder ergänzen sie sich eher?

Maimone: Das ergänzt sich sehr gut. Wir arbeiten nun mit Partnern zusammen, die wir vorher gar nicht auf dem Radar hatten, die zum Teil schon in ihrem Namen den Mitbewerbscharakter haben. Aber da sehen wir zur Zeit sogar ein steigendes Business. Das entwickelt sich sehr positiv.

Wenn meinen Sie konkret?

Maimone: Zum Beispiel eine Firma wie Detewe, die ja durchaus als Partner für Avaya fraglich gewesen wäre. Das funktioniert momentan sehr gut. Detewe investiert auch sehr in Trainings für Unified Communications und will in Deutschland den Platin-Partner-Status erreichen.

Wie viel Partner hat Avaya denn überhaupt in Deutschland?

Maimone: Wir haben insgesamt in Deutschland 96 managed Partner, die direkt von einem Channel-Account-Manager betreut werden. Darüber haben wir zwischen 380 und 420 unmanaged Partner, die überwiegend telefonisch von Inside-Channel-Managern betreut werden. Da versuchen wir natürlich einige zu entwickeln, das hat nichts mit der Größe des Unternehmens zu tun, sondern damit, wie affin sie zum Avaya-Business sind. Aus diesem großen Topf gibt es durchaus einige, die wir entwickeln können.

"Im SMB-Bereich brauchen wir mehr Partner"

Und was ist mit den Partnern aus dem SMB-Bereich?

Maimone: Wir haben 60 Partner, die einen dedizierten Fokus auf den Small-Medium-Enterprise-Markt und den SME-Expert-Status haben. Diesen Kreis wollen wir erweitern um 80 zusätzliche SME Experts, mit dem Hintergrund, dass wir in dem Bereich noch relativ viel Direktgeschäft haben, das wir in Richtung indirekt entwickeln wollen. Dazu brauchen wir mehr Partner.

Was für Partner sollen das sein?

Maimone: Wir scannen gerade den Markt und sehen uns die Reseller an. Wir haben ein Team zusammengestellt, das Reseller danach bewertet, ob sie beispielsweise schon Know-how im Unified-Communications- oder Contact-Center-Bereich haben. Auch frühere Avaya-Partner, die aus irgendwelchen Gründen derzeit nicht mit uns zusammen arbeiten, könnten zurückgewonnen werden. Dann gibt es natürlich Partner von Mitbewerbern, die derzeit unzufrieden mit der Zusammenarbeit sind. Wir wissen, dass der eine oder andere Mitbewerber nicht so rosig dasteht. Es sind eben verschiedene Aspekte, die wir uns ansehen. Wir müssen auch über den Tellerrand hinausschauen, um Partner zu gewinnen. Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten, müssen uns anstrengen.

Wird eigentlich das Programm, Mitarbeiter für Partner weiterzubilden, weiterverfolgt?

Maimone: Ja, das wird in Zusammenarbeit mit unseren beiden größten Distributoren, Scansource und Westcon, weiter betrieben. Die Distributoren bilden die Mitarbeiter aus, die von uns gesponsert werden.

Für das Geschäftsjahr 2008/2009 hatte die Avaya German HoldCo GmbH, unter der die deutschen Ländergesellschaften firmieren, einen Umsatz von rund 441 Millionen Euro ausgewiesen. Im Jahr davor waren es noch 528 Millionen Euro. Wie hat sich das Geschäft seitdem entwickelt?

Maimone: Da wir derzeit in USA einen möglichen Börsengang vorbereiten, geben wir über Geschäftszahlen keine Auskunft.

"Der Fachhandel muss bei Cloud-Angeboten einbezogen werden"

Sie hatten as Thema Cloud bereits erwähnt. Wie sieht genau das Cloud-Geschäftsmodell von Avaya aus und wie soll der Fachhandel mit einbezogen werden.

Maimone: Der Fachhandel muss mit einbezogen werden, das steht außer Frage. Das Thema Cloud ist in einer Informationsphase. Die Leute möchten von uns informiert werden. sie wollen wissen, welchen Weg Avaya geht, wie die Welt in den nächsten Jahren aussieht, wie der Sicherheitsaspekt in der Cloud zu bewerten ist. Das sind alles Themen, die nicht nur die Partner sondern auch die Kunden umtreibt. Mein klares Ziel ist es, die Partner mit einzubeziehen. Die Partner der Zukunft werden zum großen Teil auch die Partner von heute sein aber es werden andere dazu kommen, große Service Provider und Systemintegratoren beispielsweise, die sich vielleicht in diesen Themen spezialisieren werden. Wir müssen die Partner, die dann diesen Weg mit uns gemeinsam gehen wollen, mitnehmen, das ist keine Nebeneinander sondern ein Miteinander. Da sehe ich uns als Avaya in der Pflicht, das Know-how, das wir als Vorreiter in den USA bekommen, mit hier rüberzunehmen und es bei den Partnern zu platzieren.

Gibt es denn ein konkretes Cloud-Angebot von Avaya?

Maimone: Es gibt kein konkretes Angebot. Wir sind momentan in der Evaluierung, wie das aussehen könnte, wie wir uns dort aufstellen.

Aber Avaya bietet mit Managed Services doch immerhin eine Cloud-Vorstufe an. Können Partner diese Services auch verkaufen?

Maimone: Ja, ein Partner hat die Möglichkeit, einen Managed Service bei Avaya anzufragen. Das ist nichts von der Stange, sondern kann von Partner zu Partner unterschiedlich aussehen. Das Angebot wird allerdings nicht allzu häufig in Anspruch genommen, weil die meisten Partner die Services lieber selbst erbringen. Aber bei den kleineren Partnern, die noch nicht den ganz großen Umsatz mit uns machen, ist das durchaus ein Wachstumsmodell.

Mit dem Partnerprogramm Avaya Connect wurden vor zwei Jahren auch die Spezialisierungen "Video-Experte", "Daten-Experte" und "Avaya Certified Solutions Architect" eingeführt. Wie werden diese Spezialisierungen angenommen?

Rund 53 Prozent der befragten Unternehmen verfügen bereits über eine konvergente IP-Infrastruktur.
Unternehmen wollen in den kommenden zwei Jahren vor allem in IP-Telefone und Infrastruktur investieren.
Zusammenarbeit (Collaboration), Computer-Telefonie-Integration (CTI) und Audio-Konferenzen sind die Haupteinsatzgebiete für UCC.
Wenn unternehmen in UCC-Funktionen investieren, wollen sie vor allem die Zusammenarbeit verbessern.
Noch immer gibt es Vorbehalte gegenüber UCC.
Bei der Planung und Umsetzung von UCC-Projekten werden zunehmend auch die Fachabteilungen einbezogen.
Nur nutzerfreundliche UCC-Lösungen haben eine Chance auf Akzeptanz.
Unternehmen setzen bei UCC-Projekten auf den ITK-Fachhandel.

Maimone: Die Spezialisierungen werden sehr gut angenommen. Die Wiederzertifizierungen sind sehr gut. Wir haben in Deutschland allein 12 Partner, die sich rezertifiziert haben, insbesondere mit dem Flare Device. Derzeit laufen die Trainings für die Spezialisten. Wir werden auch nochmals mit allen Partnern einzeln in die Gespräche gehen und versuchen den Business-Aspekt mehr in den Vordergrund zu stellen, weniger das technische Thema. Vor allem wollen wir auch nicht den Fokus auf das Device legen, sonder mehr auf die Idee dahinter und auf die Portabilität der Lösung. Da sehen wir ein sehr hohes Potenzial draußen im Markt.

Hat Flare denn schon eine kommerzielle Bedeutung für Avaya und seine Partner?

Maimone: Wir sind noch in einer frühen Phase. Es gibt aber nicht nur Demos, sondern auch Kunden die eine größere Anzahl Devices für ein Projekt geordert haben. Die sind jetzt beim Kunden und werden installiert. (haf)