Wer Arbeitszeit anspart, profitiert im Alter

06.09.2006 von Georg Köhler
Lebensarbeitszeitkonten und betriebliche Altersversorgung werden in der IT-Branche wichtiger. Eine Integration beider Modelle bringt Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter.

Hier lesen Sie ...

  • wie sich Lebensarbeitszeitkonten auf die betriebliche Altersversogung auswirken können;

  • wofür Mitarbeiter die angesparte Arbeitszeit verwenden können;

  • was Unternehmen bei der Einführung von Lebensarbeitszeitkonten zu beachten haben.

Die IT-Branche ist vergleichsweise jung, in der Vergangenheit war die betriebliche Altersversorgung kein Thema. Das ändert sich langsam: Unternehmensberater berichten von einem steigenden Interesse an Versorgungskonzepten - auch unter den IT-Profis. Die Firmen müssen davon ausgehen, dass sich der Anteil älterer Arbeitnehmer in Zukunft deutlich erhöhen wird. Eine Herausforderung wird darin bestehen, die Stärkena einer älter werdenden Mitarbeiterschaft zu fördern und deren Produktivität zu steigern. Die Programme zur Arbeitszeit, Vergütung und Versorgung müssen im Hinblick darauf gestaltet werden.

Die Mitarbeiter haben sich auf eine längere Lebensarbeitszeit einzustellen und durch fortlaufende Trainings die eigene Beschäftigungsfähigkeit abzusichern. Gerade in Zeiten hoher Leistungsfähigkeit und Vollzeitbeschäftigung sollten sie verstärkt an Phasen altersbedingt schwindender Leistungsfähigkeit denken. Zeit oder Geld auf ein Lebensarbeitszeitkonto gutzuschreiben wird von beiden Seiten als gute Möglichkeit angesehen, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten und an den betrieblichen Versorgungsprogrammen teilzuhaben.

Wer ein Lebensarbeitszeitkonto besitzt, kann geleistete Arbeitszeit beziehungsweise Arbeitsentgelt im Rahmen eines Wertguthabens aufbauen. Dieses kann später dazu verwendet werden, um sich von der Arbeit freistellen zu lassen oder die Anwartschaften für Versorgungsfälle zu erhöhen. Das Modell bietet auch finanziell Vorteile, da Steuern und Sozialabgaben unter gewissen Voraussetzungen erst bei Auszahlung des Guthabens anfallen.

Bisher wurden Lebensarbeitszeitmodelle und betriebliche Altersversorgungsprogramme in der Regel getrennt voneinander und mit unterschiedlichen Zielen entwickelt und finanziert. Da betriebliche Versorgungsprogramme zunehmend beitragsorientiert gestaltet werden, lassen sich Arbeitszeitkonten integrieren. Unternehmen und Mitarbeiter sind gemeinsam an den Programmen beteiligt, nicht zuletzt durch das Ansparen von Zeit und Geld in Lebensarbeitszeitkonten, die mit einer Eigenbeteiligung der Mitarbeiter an der betrieblichen Altersversorgung kombiniert werden.

Im Zuge dieser Integration profitieren Unternehmen von günstigeren Verwaltungskosten, da sie die Programme nicht mehr unabhängig voneinander verwalten müssen. Auch lassen sich durch Skaleneffekte günstigere Finanzierungen und höhere Gewinne erzielen. Die Mitarbeiter können durch ein Ansparen von geleisteter Arbeitszeit ohne finanzielle Einbußen früher in den Ruhestand gehen oder die Arbeitszeit reduzieren. Ist das nicht gewollt oder nicht möglich, fließen die Gelder auf ein Versorgungskonto. Über Arbeitszeitkonten lassen sich auch Phasen individueller Erholung und Weiterbildung, wie in Form von Sabbaticals, durch Mitarbeiter und Unternehmen gemeinsam "finanzieren".

Die Lebensarbeitszeitkonten müssen laut Gesetzgeber gegen einen Anspruchsausfall bei Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert sein. Zwar gibt es grundsätzlich keine Vorgaben, wie diese Absicherung auszusehen hat, bestimmte, ebenfalls mit Insolvenzrisiko behaftete Instrumente wie Konzernbürgschaften und Patronatserklärungen sind jedoch ausgeschlossen. Die Marktpraxis hat das Contractual Trust Arrangement (CTA) genannte Treuhandkonzept als Insolvenzsicherungsinstrument etabliert.

Wollen Unternehmen Lebensarbeitszeitmodelle erfolgreich einführen, müssen sie die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter im Vorfeld erfragen und auswerten. Die neuen Konzepte einschließlich ihrer Insolvenzsicherung müssen zudem ausführlich erläutert werden. Auch nach Einführung sind die Mitarbeiter regelmäßig über ihre "Kontostände" und ihre Handlungsmöglichkeiten zu informieren. Beschäftigte sollen ihre Wünsche bezüglich der Arbeitszeitgestaltung und Versorgung über entsprechende Intranet- oder Internet-Anwendungen durchspielen und finanziell kalkulieren können. (am)

*Georg Köhler ist Berater bei der Unternehmensberatung Towers Perrin in Frankfurt am Main.