Interview mit Deutschlandchef

Wie Bell Micro durch die Krise kommen will

08.07.2009
Die Wirtschaftskrise hat auch Bell Micro erwischt. Paul Mehl, Country Manager Deutschland, erklärt, was der Distributor dagegen tun will und warum das Unternehmen seinen Vertrag für IBM-Software stilllegt.
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Die Wirtschaftskrise beherrscht die Schlagzeilen, immer mehr Unternehmen spüren ihre Auswirkungen, auch hier in Deutschland. Wie schätzen Sie die Situation auf dem Speichermarkt aktuell ein?

Paul Mehl: Das weltweit schwache Wirtschaftsklima zeigt natürlich auch hier Folgen. So gingen beispielsweise die IT-Ausgaben der Anwender zurück. Für das laufende Jahr wurde ein Geschäftsrückgang von 20 Prozent prognostiziert, das bezieht sich auf Arbeitskräfte und technische Lösungen gleichermaßen.

Wie bekommt dies Ihr Unternehmen - bezüglich des USA- und des Europageschäfts - zu spüren?

Mehl: Bell Micro hat im ersten Quartal einen Umsatz von 730 Millionen Dollar weltweit erzielt, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang von 27 Prozent. Auch unser Europageschäft ging um 27 Prozent zurück, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass sich der Anstieg des Dollarkurses ungünstig auf die europäischen Zahlen auswirkt. In Euro gerechnet sanken die Einnahmen im Jahresvergleich nur um sechs Prozent und legten gegenüber dem vierten Quartal 2008 sogar um vier Prozent zu. Insofern haben wir unsere Erwartungen für Q1 sogar leicht übertroffen.

Sie arbeiten mit diversen Herstellern zusammen und liefern den Händlern eine breite Produktpalette. In welchen Bereichen genau gab es Verluste oder Zugewinne?

Mehl: Auf Europa-Ebene laufen vor allem die Geschäfte mit HP und IBM sehr gut, speziell das Softwaregeschäft ist - besonders in Großbritannien - sehr gewachsen. Für Deutschland hingegen ist ein Rückgang des IBM-Geschäftes zu beobachten, hier werden vor allem in den Bereichen Industrial und Retail mehr Festplatten verkauft.

Software-Vertrag mit IBM wird still gelegt

Über einen Rückgang des IBM-Geschäfts hört man auch von anderen Unternehmen. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Mehl: Wir werden unseren Vertrag für IBM-Software stilllegen, und uns auf das Hardware-Geschäft konzentrieren. Was den Dienstleistungsfaktor angeht, wird dieser weiter ausgebaut: In Zeiten des rasanten Preisverfalls gilt es, andere Strategien zu finden, um Kunden an sich zu binden. Das Value-Added-Geschäft soll besonders in den Bereichen Digital Signage, CCTV oder Broadcasting vertieft werden.

Wie lautet Ihre Prognose für die kommenden Monate?

Mehl: Wachstum erwarten wir vor allem im Bereich Value Add, bereits im ersten Quartal war hier ein Anstieg zu verzeichnen. Dazu tragen auch die Leistungen unseres Integration Centers in Poing bei, wo wir unter anderem für Partner wie Quelle, MSC oder Conrad arbeiten.

Auf welche Bereiche wollen Sie sich konzentrieren?

Mehl: Im Bereich Digital Signage sind wir der einzige Distributor, der maßgeschneiderte Lösungen anbietet: Der Kunde sagt uns, welches Konzept er benötigt und wir realisieren das Projekt dann gemeinsam mit unseren Herstellern - von der Planung über die Implementierung bis zum Rollout. Ebenfalls wichtiges Thema sind Produkte aus dem Segment Arbeitsspeicher, also Flash-, DRAM- und SSD-Lösungen. Auch hier erzielten wir in den vergangenen Monaten bereits sehr gute Ergebnisse und verzeichnen ein Wachstum. Verträge hierzu wurden unter anderem mit A-Data und Kingston geschlossen.

Mit welcher Philosophie kann man sich in diesen schwierigen Zeiten am Markt behaupten?

Mehl: Eine Spezialisierung auf bestimmte Bereiche ist ein guter Ausgangspunkt. Gepaart mit Know-how und Kompetenz auf diesem Gebiet, kundenfreundlichem Auftreten sowie schnellen Reaktionszeiten und kurzen Entscheidungswegen übersteht ein Unternehmen auch die derzeitige Lage. (haf)