Microsoft-Partner in der Cloud

Wie der ISV NeoGeo mit Azure arbeitet

22.06.2010
Mit der Windows Azure Platform öffnen sich Microsoft-Partnern neue Geschäftsmöglichkeiten. In einer Serie stellen wir Ihnen erfolgreiche ISVs vor, die schon heute in der Cloud gutes Geld verdienen.

Von Christoph Witte

In einer Serie stellen wir Ihnen ISVs vor, die schon heute in der Cloud gutes Geld verdienen

Mit der Windows Azure Platform öffnen sich Microsoft-Partnern neue Geschäftsmöglichkeiten. In einer Serie stellen wir Ihnen ISVs vor, die schon heute in der Cloud gutes Geld verdienen. Ein in der Wolke erfolgreich tätiges Softwarehaus ist zum Beispiel die NeoGeo New Media GmbH aus Elmshorn.

Wie viele andere Microsoft-Partnern hat dieser ISV relativ rasch erkannt, dass sich mit Azure erstellte Anwendungen und Services einfach in die Cloud portieren lassen. So bietet ihnen die Azure Platform dank Multi-Mandatne-Fähigkeiten, automatischem Load-Balancing und einfacher Skalierbarkeit die Chance, zu sehr viel geringeren Kosten Services zu Verfügung zu stellen, als das bisher der Fall war. NeoGeo hat erste diesbezügliche Erfahrungen mit Azure bereits sammeln können.

Eindrücke vom Channel-Sales-Day Managed Services
Kaffeepause
Thomas Hefner. Kaseya
Großes Gedränge am Stand von antispameurope
Aufemerksame Zuhörer
Das Buffet ist eröffnet
Christian Meyer, Chefredakteur ChannelPartner, eröffnete die Veranstaltung
Der Empfang
Diskussionsrunde am Mittag: Michael Reiserer, Prometheus, Bernhard Koch, CHG-Meridian; Ronald Wiltscheck, ChannelPartner und Dieter Schumann, Net Integration (v.l.n.r.)
Dr. Ronald Wiltscheck. Stellv. Chefredakteur ChannelPartner: "Putzfrau als Managed Service
Jens Greine, Epson, Armin Weiler ChannelPartner. Michael Braun, Componente
Jens Schneider,Visionapp
Heiko Hübner, Panda Security

"Cloud-Computing ist der nächste Schritt in Richtung industrialisierter Software-Entwicklung", da ist sich Marc Höppner ganz sicher. Der Geschäftsführer der NeoGeo New Media GmbH zieht hier die Parallele zur Chip-Industrie: "Als diese Branche noch jung war, produzierte jeder Hersteller seine Chips selbst. Heute existieren viele erfolgreiche Anbieter, die nur noch das Design selbst machen und die Bausteine in speziellen Produktionsfabriken von anderen Anbietern fertigen lassen. Ähnlich wird es den Software-Entwicklern gehen. Die Cloud ist die Produktionsfabrik, in der Entwickler ihre Applikationen und Services betreiben."

In drei Jahren ist Azure Mainstream

NeoGeo entwickelt kundenindividuelle Software hauptsächlich auf Basis von Microsofts Dotnet-Technologie. Das Softwarehaus berät seine Kunden, konzipiert, entwickelt und implementiert die gewünschte Applikation. Geschäftsführer Marc Höppner begleitet die Entwicklung von Microsoft Azure Platform bereits seit einigen Jahren. "Die Plattform ist noch im Aufbau, aber in drei bis fünf Jahren wird sie zum Mainstream gehören", da ist sich Höppner aufgrund der vielen Vorteile für ISVs ganz sicher.

Sein Unternehmen hat bereits mit RaidGate einer Community-Plattform für Online-Gamer, erste Gehversuche auf Azure unternommen. RaidGate ist eine Online-Plattform, über die Gamer kostenlos ihre sozialen Interaktionen wie gemeinsame Zeitplanung, das Vor- und Nachbereiten gemeinsamer Events und anderes erledigen können. RaidGate funktioniert unabhängig vom jeweiligen Massive Multiplayer Online Game (zum Beispiel World of Warcraft mit 13 Millionen Abos) und ist durch Werbung gegenfinanziert.

"Der Service bildet ein Testfeld für uns und unsere Kunden", erklärt Höppner. "Wir erreichen damit eine große Nutzerzahl und bieten Funktionen wie gemeinsame Datenhaltung, KommuniKation, Calendaring und etliche andere kollaborative Fähigkeiten - also alles, was Kunden auch in Business-Applikationen brauchen.

Beratung auf Basis eigener Erfahrungen

Konkreter und sehr viel businessnäher ist die Beratung, die NeoGeo auch aufgrund seiner eigenen Erfahrungen mit Raidgate seinen mittelständischen Kunden in Sachen Cloud angedeihen lässt. "Wir können anderen ISVs und gewerblichen Kunden vorrechnen, unter welchen Voraussetzungen es sich lohnt, auf Azure Platform zu gehen", meint Höppner. Sein Unternehmen stoße im Zuge der Beratungsarbeit immer wieder auf Anforderungen, für die Azure die geeignete Plattform wäre. Das fange damit an, dass Kunden "einfach nur einige Server anfordern, die sie aber nicht selbst betreiben wollen", und reiche bis zu Unternehmensanwendungen wie Buchhaltung oder Personalwesen.

"Da ist es nicht damit getan, irgendwo eine Virtual Machine zu mieten, sondern es müssen Themen wie Verfügbarkeit, Sicherheit, Backups, Disaster-Recovery und andere berücksichtigt werden. Wenn die Anwendung dann auch noch in Asien oder Nordamerika läuft, dann ist die traditionelle IT eines Mittelständlers mit der Betreuung einer so verteilten Landschaft relativ schnell überfordert. Mit Azure gibt es erstmals eine programmatische Plattform, die wir in diesem Zusammenhang nutzen können", erzählt Höppner.

Für NeoGeo als Microsoft-Partner sei es dabei natürlich vorteilhaft, dass sich auf Basis von Microsoft Entwicklungsumgebungen geschaffene Services sehr leicht auf die Cloud-Plattform portieren lassen. "Dort lassen sich Services, die zunächst für eine kleine Gruppe gedacht waren, sehr leicht und schnell hochskalieren auf 100 000 User und mehr", so Höppner.

Software-Entwicklung wird billiger

Seine Freude ist absolut nachvollziehbar: Bisher musste bereits in der Entwicklung von Applikationen und Services die Voraussetzung für Skalierung und Load-Balancing geschaffen werden. Das bringt für jede Applikation einen enormen Entwicklungsaufwand mit sich. "Wenn ich eine Software schreibe, die gleichzeitig von 100 000 Benutzern und mehr genutzt werden kann, dann muss ich das architektonisch berücksichtigen." Da sich dieser Aufwand aber für sehr viele Kundenprojekte nicht rechne, sei bei den meisten Applikationen mit Erreichen einer bestimmten Nutzerzahl Schluss. "Ist diese Grenze überschritten, kann ich die Software eigentlich oft wegschmeißen und neu schreiben", so Höppner weiter.

In Azure ließe sich die Zahl der Nutzer dank des selbst skalierenden Table-Storage und dem Zu- und Abschalten zusätzlicher CPUs mit sehr vertretbarem Aufwand erhöhen. Auf diese Weise kann es sich für ISVs lohnen, Applikationen, die sie für einen Kunden geschrieben haben, als Service in die Cloud zu stellen. Der Aufwand ist so überschaubar, dass sich schon bei relativ wenigen zusätzlichen Nutzern die Gewinnschwelle erreichen lässt.

Kann ein ISV den Aufwand für einen Service oder eine Applikation auf mehrere Kunden verteilen, dürfte er diese Kostenvorteile zumindest teilweise an seine Kunden weitergeben. Mit solchen multimandantenfähigen Services kommen auch Unternehmen in den Genuss von hochwertigen, global verfügbaren Dienstleistungen, die sie sich bis dato nicht leisten können.

Mit Azure Platform gelangen auch flexiblere Abrechnungsmodelle wie Software as a Service (SaaS) in die Reichweite von kleineren und mittelgroßen Systemhäusern. Eine Lohnbuchhaltung pro Buchung und Mandant abzurechnen ist bisher für die meisten ISVs viel zu aufwendig. Mit Azure wird das möglich. Damit wird auch die Aussage von Microsoft-Chef Steve Ballmer verständlich, der Azure Platform häufig als "Monetarisierungsplattform" bezeichnet.

Beispiel Video-Portal

Dass Web-Applikationen robuste Skalierungsmöglichkeiten benötigen, liegt auf der Hand, aber auch Enterprise-Services profitieren davon. Höppner zitiert als Beispiel das Video-Portal eines großen Unternehmens. Normalerweise sei die Nutzung solcher Portale recht überschaubar, aber wenn wichtige Botschaften des Top-Managements verbreitet würden, steige die Nutzerzahl plötzlich rapide an. "Wenn das Video des Vorstandschefs weltweit an mehrere 100 000 Mitarbeiter gleichzeitig gestreamt werden soll, kann die normale Infrastruktur eines solchen Konzerns das vielleicht nicht mehr stemmen", erläutert der Cloud-Kenner.

"Über die Geo-Location-Funktionalität von Azure können solche Videos und die dazugehörige Applikation nah an den Standort der jeweiligen Niederlassung gebracht werden, sodass sich Nutzer nicht über eine eventuell zu enge Leitung in Deutschland einwählen müssen." Für die paar Mal im Jahr, wenn eine so große Kapazität gebraucht werde, lasse sich diese über Azure buchen und nur bezahlen, wenn das Unternehmen sie wirklich nutze.

Der viel zitierte löchrige Datenschutz in der Cloud stellt laut Höppner für ISVs keinen Grund dar, nicht in der Cloud tätig zu werden. Beispiel Lohnbuchhaltung: Systemhäuser, die eine solche Applikation nicht beim Kunden selbst betreiben, sondern in einem anderen Rechenzentrum hosten, hätten ohnehin "die Verpflichtung die Daten so abzusichern und zu verschlüsseln, dass sie nicht von unberechtigten Dritten eingesehen werden können. Dieses Prinzip gilt auch in der Cloud. Die Daten werden verschlüsselt gespeichert.

Der Autor

Christoph Witte ist IT-Publizist in München

ISVs wissen, wie sie die Daten ihrer Kunden schützen, und entwickeln die Lösungen entsprechend." Der Maßgabe, personenbezogene Daten nicht außerhalb Europas zu speichern, werde Azure durch die zwei Rechenzentren in Dublin und Amsterdam gerecht. Das Argument, die automatische Replikation der Daten in Azure heble dieses Prinzip aus, verweist Höppner ins Reich der Fabel: " Die Replikation findet immer im gleichen Rechenzentrum statt. Das Feature der Geo-Replikation gibt es bei Azure bisher nicht." Weil es damit sehr viel leichter wäre, Disaster-Recovery-Dienstleistungen anzubieten, bedauert Höppner das Fehlen dieser Funktion. (rw)