Handelskonzern will Angebote prüfen

Will die Metro wirklich Media-Saturn verkaufen?

03.07.2014 von Matthias Hell
Die Metro AG schließt erstmals einen Verkauf von Media-Saturn nicht aus. Sollte Unternehmensgründer Erich Kellerhals ein Angebot vorlegen, will der Handelskonzern dieses prüfen. Die Preisvorstellungen des Mehrheitseigners wecken jedoch Zweifel an der Ankündigung.

Bisher hatte nur Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals die Möglichkeit eines Verkaufs der Media-Saturn Holding (MSH) öffentlich erörtert. Der 74-jährige hat nach eigener Angabe eine Gruppe von Investoren versammelt, die zur Übernahme des europaweit größten Elektronikhändlers bereit sind. Gegenüber der Tageszeitung Die Welt schloss nun erstmals auch Metro-Vorstand – und MSH-Interimschef – Pieter Haas einen Verkauf von Media-Saturn nicht aus.

"Verpflichtet zur Prüfung eines Angebots": Nach Erich Kellerhals spricht nun auch MSH-Chef Pieter Haas (Bild) erstmals öffentlich über einen möglichen Verkauf von Media-Saturn.
Foto: Media-Saturn

"Wenn Herr Kellerhals ein gutes Angebot vorlegen würde, wäre Metro schon aus Gründen der Sorgfaltspflicht verpflichtet, es zu prüfen", erklärte Haas. Metro-Vorstandschef Olaf Koch habe Kellerhals deshalb in den vergangenen Wochen mehrmals aufgefordert, mögliche Investoren zu nennen und sich zu dem für einen Verkauf maßgeblichen Bewertungsansatz zu äußern. "Bis dato hat Herr Kellerhals darauf nicht geantwortet", erklärt Haas – und schiebt den schwarzen Peter damit einmal mehr dem Media-Markt-Gründer zu.

Überhaupt sind an der Ernsthaftigkeit der Bereitschaft der Metro zum Verkauf von Media-Saturn Zweifel angebracht. Liest man den Bericht der Welt im Detail, zeigt sich das vor allem die Vorstellungen im Hinblick auf den Unternehmenswert der MSH deutlich auseinandergehen. Laut der Tageszeitung gehen die Berater von Erich Kellerhals von einem Bewertungsansatz von maximal drei bis vier Milliarden Euro aus. Die Metro vertrete dagegen die Ansicht, dass Media-Saturn bis zu zehn Milliarden Euro wert sei – eine Zahl, die auffällig hoch gegriffen scheint: Als MSH-Mitgründer Leopold Stiefel Anfang 2013 seinen Anteil von 2,97 Prozent an die Metro verkaufte, erhielt er dafür 230 Millionen Euro, was den Unternehmenswert des Konzerns auf rund 7 Milliarden Euro taxierte. Allerdings beruhte der Verkauf auf einer bereits 2002 festgelegten Bewertung. Dass Media-Saturn heute noch einmal drei Milliarden Euro mehr wert sein soll, ist dagegen in höchstem Maße fraglich.

Was plant Erich Kellerhals wirklich? Bis auf die Betonung der dezentralen Organisationsstruktur der MSH hat er jedenfalls bis heute keine radikal andere Zukunftsstrategie für Media Markt auf den Tisch gelegt.

Beide Seiten spielen ein gefährliches Spiel

Es kann also gut sein, dass Pieter Haas mit seiner öffentlich geäußerten Bereitschaft zum Verkauf an Kellerhals und seine Co-Investoren nur den Druck auf den Unternehmensgründer erhöhen will. Immerhin steht am morgigen Freitag eine Gesellschafterversammlung von MSH auf der Tagesordnung, auf der Kellerhals Haas als stellvertretenden Media-Saturn-Chef abberufen lassen will und erste Entscheidungen für die Bestellungen eines neuen CEO eingeleitet werden könnten.

Dennoch muss die Metro aufpassen, sich in dem Machtpoker nicht zu verkalkulieren. Mit der öffentlichen Erörterung eines Unternehmensverkaufs hat der Handelskonzern gewissermaßen de Büchse der Pandora geöffnet. Im Welt-Artikel werden sogleich weitere Zukunftsszenarien für Media-Saturn erörtert, wie zum Beispiel ein Spin-Off des Retailers im Rahmen eines Börsengangs. Findet die mit 30,01 Prozent als Großaktionär an der Metro beteiligte Unternehmerfamilie Haniel an einem dieser Gedankenspiele Gefallen, könnten diese schneller als gedacht zur Realität werden.

Aber auch Media-Markt-Gründer Kellerhals betreibt ein gefährliches Spiel. So ist höchst unklar, inwiefern sich Media-Saturn unter seiner Führung signifikant anders entwickeln würde als innerhalb der Metro-Gruppe. Bis auf die Betonung der dezentralen Organisationsstruktur der MSH hat Kellerhals jedenfalls bis heute keine radikal andere Zukunftsstrategie auf den Tisch gelegt. Ein abschreckendes Beispiel für Kellerhals könnte dabei Richard Schulze, Gründer des größten US-Elektronikhändlers Best Buy sein: auch dieser hatte nach Querelen den Rückkauf seines Unternehmens geplant, doch musste er - nachdem ihn seine Co-Investoren im Stich ließen – das Angebot zurückziehen. Alles was Schulze als Frucht seiner Anstrengungen erreicht hat, ist der Ehrentitel des "Chairman Emeritus".

Die wichtigsten Männer bei Media-Saturn -
Olaf Koch
ist seit 1. Januar 2012 Vorstandsvorsitzender der Metro AG, die seit Januar 78,38 Prozent der Anteile der Media-Saturn-Holding besitzt. Vorher war Koch zwei Jahre lang Finanzvorstand. Er ist Nachfolger von ...
... Eckhard Cordes,
der nach internen Turbulenzen erklärt hatte, seinen bis Oktober 2012 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Pieter Haas
ist seit dem zweiten Quartal 2013 Vorstandsmitglied bei der Metro AG, wo er unter anderem für Media-Saturn verantwortlich ist. Nach dem Rücktritt von Horst Norberg als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn wurde Haas in die Geschäftsführung der Media-Saturn Holding berufen, um die "strategische Neuausrichtung" und die damit verbundene "notwendige Restrukturierung" voranzutreiben – so lange bis ein neuer Chef gefunden wurde. <br> Nachdem ein Gericht im April 2015 die Klage von Erich Kellerhals, Minderheitsgesellschafter bei Media-Saturn, auf Abberufung von Haas abgewiesen hat, blieb Haas stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn Holding. <br> Haas arbeitet seit 2001 für Media-Saturn, zunächst als Geschäftsführer der niederländischen Landesgesellschaft. 2008 rückte er als COO in die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding auf.<br><br>
Erich Kellerhals
ist einer der Mitgründer von Media Markt und Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding (21,62 Prozent der Anteile). Damit verfügt er über eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung von Media-Saturn, die laut Firmenstatut bei 20 Prozent liegt und Grund für die internen Auseinandersetzungen der vergangen Monate war. Im Bild auch seine Frau Helga, die einst auch Mitgründerin war.
Leopold Stiefel
ist ebenfalls einer der Mitgründer des ersten Media Markts und war lange Zeit Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding. 2002 hat er seine Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn beendet. Seine letzten Anteile von 2,97 Prozent hat er im Januar 2013 für etwa 230 Millionen Euro an die Metro AG verkauft. Auch seine politische Karriere (CSU-Stadtrat in Ingolstadt) und seine Funktionärskarriere im Eishockey (ERC Ingolstadt) hat der mittlerweile 70-Jährige beendet.
Walter Gunz
war einer der vier Media-Markt-Gründer (dazu: Leopold Stiefel, Erich + Helga Kellerhals). Und obwohl er vor mehr als zehn Jahren ausgeschieden ist, sieht er sich weiter als Teil des Unternehmens. 2013 hat er ein Buch geschrieben ("Ich war doch nicht blöd"), in dem er auch auf die Anfangsjahre des Media Markt zurückblickt.
Horst Norberg
war von Anfang 2011 bis zum Mai 2014 CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Ende 2012 hatte er bekanntgegeben, dass er seinen Vertrag verlängert habe und noch bis Ende 2015 an der Spitze der Retail-Kette stehen werde.<br> Doch nach den neuen Entwicklungen im Eigentümerstreit zwischen den Media-Saturn-Gesellschaftern, die mit der "Stellenanzeige" von Erich Kellerhals begannen, fehlte ihm die nötige Rückhalt, so dass er seinen Rücktritt erklärte.<br> Norberg war 1987 zum Unternehmen gekommen – zunächst als Geschäftsführer der Media Märkte in Braunschweig und später Mülheim – und danach in die Geschäftsführung von Saturn aufgestiegen. Ab 2001 war Norberg Chief Operating Officer (COO) von Saturn und damit Mitglied der MSH-Geschäftsführung.
Martin Wild
trägt seit Mai 2014 den Titel des Chief Digital Officers (CDO) der Media-Saturn-Holding. Bereits im Juni 2013 war Wild als CEO an die Spitze des E-Tailers Redcoon gerückt (zunächst nur als Interims-CEO, dann vollamtlich), von dem Media-Saturn im Jahr 2011 für eine Kaufsumme von 125 Millionen eine 90-prozentige Mehrheit übernommen hatte. Zugunsten seiner neuen Aufgabe als MSH-CDO gab er seinen Posten ab.<br> In seiner Anfangszeit bei MSH war Wild Vice President Multi Channel gewesen. Einst hatte er den E-Tailer Home of Hardware (HoH) gegründet und ihn 2007 an den Bezahlsender Premiere verkauft, der das Unternehmen seinerseits 2008 an das Systemhaus Cancom weiterreichte (inzwischen gehört HOH zur Getgoods AG).
Wolfgang Kirsch
gehört dem Unternehmen seit 1993 an und ist seit 2008 Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding GmbH. Als Chief Operations Officer (COO) verantwortet er die deutsche Landesgesellschaft und der Media-Saturn-Unternehmensgruppe, der er auch als CEO vorsteht.
Klaus-Peter Voigt
verstärkt seit dem 1. Juli 2013 als Chief Procurement Officer (CPO) die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding (MSH). Voigt hatte bereits von 1989 bis 2008 in verschiedenen Funktionen dem Management der Media-Saturn-Unternehmensgruppe angehört, zuletzt als COO und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung. Sein überraschender Abgang 2008 wurde in Branchenkreisen damit erklärt, dass Voigt nach dem Rückzug des Firmengründers Leopold Stiefel selbst Ambitionen auf die Unternehmensführung gehegt hatte.
Michael Rook
war seit 1987 in verschiedenen Funktionen für den Media-Saturn-Konzern tätig. Von 2007 an war er Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt, zuletzt COO von Media-Saturn. Im Zuge der Schmiergeldaffäre wurde er im November 2011 fristlos gekündigt und kam in Untersuchungshaft. Gegen seine Kündigung hat er erfolglos geklagt. Von Juni bis Dezember 2012 musste er sich vor dem Landgericht Augsburg zusammen mit anderen Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Bestechung bzw. Bestechlichkeit verantworten. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
Rolf Hagemann
hat als CFO der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding seit 2006 angehört und war ab Januar 2011 ihr stellvertretender Vorsitzender. Ende April 2012 hat er das Unternehmen verlassen. Ihm folgte ...
Georg Mehring-Schlegel
..., der aber bereits Anfang Juni 2012 den Posten wieder aufgegen hatte, nachdem Kellerhals ihm öffentlich die Kompetenz abgesprochen hatte.<br> Von Anfang Mai 2014 an war Mehring-Schlegel als Nachfolger von Martin Wild zusätzlich und interimsmäßig CEO des Online-Händlers Redcoon. Ab November 2014 wurde er dort abgelöst von ...
Martin Sinner
..., der als ein ausgewiesener Experte der Online-, Start-up- und Gründerszene gilt. Sinner hatte im Jahr 2000 das heute führende deutsche Vergleichsportal Idealo gegründet, dessen CEO er bis 2012 war. Innerhalb des Media-Saturn-Konzerns soll Sinner auch die neue "Electronics Online Group" (EOG) aufbauen – mit Redcoon als Kern.
Oliver Seidl
Neuer CFO (und gleichzeitig auch CIO) ist seit 2013 Oliver Seidl, der zuletzt Vorstandsvorsitzender beim TV-Hersteller Loewe war.
Roland Weise
war bis Ende 2010 CEO der Media-Saturn-Holding und wurde von Horst Norberg abgelöst.
Reiner Heckel
war bis Anfang Juni 2013 Geschäftsführer des E-Tailers Redcoon, der seit Juni 2011 zu 90 Prozent der Media-Saturn-Holding gehört. Der frühere Media-Markt-Manager Heckel hatte Redcoon 2003 gegründet und bis zur Übernahme durch Media-Saturn auf einen Umsatz von 432 Millionen Euro geführt. 2011 übernahme der Retailer für eine Kaufsumme von 125 Millionen Euro eine 90-prozentige Mehrheit an Redcoon.
Andreas Oerter
ist ebenfalls Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Seit November 2011 ist Oerter Einkaufschef (CPO) von Redcoon. Zuvor war er als CPO der portugiesischen Landesgesellschaft von Media-Saturn tätig.
Axel Grimm
Seit dem 1. Mai 2013 ist auch Axel Grimm als CFO Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Vorher war er CFO der Media-Saturn E-Business Concepts & Services GmbH.
Ulf Adebahr
ist seit Mai 2014 CTO/CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Redcoon, wo er die Themen Customer Care, IT und Logistics verantwortet. Adebahr war bisher in führender Tätigkeit für die deutsche Organisation des u.a. für EAN-Codes zuständigen Stammdatendienstleisters GS1 tätig.
Philipp Haas
ist seit Mai 2014 Mitglied der Geschäftsführung der Media-Saturn E-Business GmbH. Haas begann 2005 seine berufliche Karriere bei Media-Saturn. Zuletzt war er mit Multichannel-Aufgaben bei Media-Saturn Spanien sowie in der Konzernzentrale in Ingolstadt betraut.
Ricardo Diaz Rohr
Seit Juli 2014 ist Ricardo Díaz Rohr Vice President IT Strategy & Steering bei der Unternehmensgruppe Media-Saturn und CIO der Media Saturn Holding GmbH. Damit verantwortet die strategische Ausrichtung der IT der gesamten Unternehmensgruppe. <br> Gleichzeitig ist Díaz Rohr CEO der IT-Tochter Media-Saturn IT Services GmbH (MSITS).
Carsten Strese
ist Geschäftsführer der Saturn Management GmbH.
Klaus Lahrmann
ist kommissarischer CEO der für die Eigenmarken von Media-Saturn (ok, Isy, Koenic und Peaq) verantwortlichen Unternehmenstochter Imtron.
Ditmar Krusenbaum
ist CEO der österreichischen Landesgesellschaft von Media-Saturn. Bis März 2014 war er CEO der Imtron GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der Media-Saturn-Holding, und damit für die Eigenmarken von Media Markt und Saturn verantwortlich.
Frank Kretzschmar
Frank Kretzschmar ist seit 2005 Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt und Saturn Österreich, 2008 hat er den Geschäftsführungsvorsitz übernommen. Von 2011 bis 2013 war er zudem COO der Media-Saturn-Holding in Ingolstadt.<br> Ab 2015 wird er als Chief Operations Officer (COO) innerhalb der Metro Group zu Real wechseln.
Andreas Oerter
war nach der Übernahme von Media-Saturn drei Jahre lang Einkaufschef von Redcoon gewesen, bis er das Unternehmen Ende 2014 auf eigenen Wunsch verließ. Oerter war ein klassischer "Metro-ianer", der seine berufliche Laufbahn 1991 bei Kaufhof begann. Über verschiedene Positionen im Metro-Konzern kam er Ende 2011 als CPO zu Redcoon, wo er auch in die Geschäftsführung einzog. Seit November 2013 fungierte Oerter dort allerdings nur noch als Managing Director und schied Anfang 2014 auch aus der Geschäftsführung aus.