Splunk-Chef Godfrey Sullivan über Big Data

"Wir machen spröde Daten sexy"

10.06.2014 von Michael Kroker
Big Data sieht Godfrey Sullivan, der Vorstandschef des US-Softwareanbieters Splunk, als riesiges Zukunftsgeschäft. Einbußen durch den NSA-Skandal befürchtet er nicht.

Mister Sullivan, Splunk operiert in einem der aktuell heißesten IT-Märkte Big Data, also der blitzschnellen Analyse gigantischer Datenmengen. Ist das nicht nur ein Modewort? Datenanalyse gab’s auch schon vor 15 Jahren ...

Irgendwann in den vergangenen fünf Jahren sind alle möglichen Geräte intelligent geworden und vernetzten sich drahtlos miteinander. Der wirklich neue und bedeutsame Teil von Big Data ist dieses Segment maschinengenerierter Daten.

Der Vorstandschef von Splunk, Godfrey Sullivan.
Foto: Citrix

Warum sind gerade die so relevant?

Weil man jene Daten analysieren und großen Nutzen daraus ziehen kann. In der Vor-Mobil- und Vor-Digital-Ära wäre man in ein Geschäft gegangen, läuft die Gänge entlang, schaut sich Produkte an und kauft schließlich einen Gürtel. Das Einzige, was dabei erfasst wurde, war der Kauf. In der Internet-Welt durchläuft man den gleichen Einkauf - das aber stößt eine Kanonade maschinengenerierter Daten an: Welche Produkte haben Sie angeschaut, bevor Sie den Gürtel gewählt haben, wie haben Sie sich angemeldet, war es eine sichere Transaktion und mehr. Im Digitalzeitalter werden 1000-mal so viele Daten generiert wie in der Analog-Ära.

Wie sinnvoll ist es, all diese Daten auszuwerten?

Sehr. Sie sind für Unternehmen ein wichtiger Informationslieferant über Vorlieben und Wünsche ihrer Kunden. Und auch der Endkunde profitiert, weil er besseren Service und besseren Zugang zu Informationen und Gütern erhält.

Und wie genau funktioniert das?

Die Lingua Franca in der Kommunikation zwischen Maschinen sind die sogenannten Log-Dateien, in denen jedes IT-Gerät seine Protokolldaten abspeichert. Die sind in der Regel riesengroß, unübersichtlich und sehen total unterschiedlich aus - je nachdem, ob es sich um einen Server, um einen Browser oder ein Mobilgerät handelt. Splunk durchforstet nun diese Masse von maschinengenerierten Daten, bereitet sie auf, entnimmt die jeweils wichtigen Informationen und speichert diese ab.

Und was kann ein Unternehmen mit diesen Auswertungen anstellen?

Nehmen wir an, ein Bestellprozess im Internet ist schiefgegangen. Splunk erlaubt es, mit einfachsten Suchabfragen aus vielen Millionen Datensätzen genau jene fünf herauszupicken, die dem E-Commerce-Anbieter Informationen über das Problem liefern können. Das kann man bei beliebigen Problemen und Datenmengen machen - und beinahe in Echtzeit.

"Wir legen eines der letzten Geheimnisse der IT frei"

Wer braucht so was?

Online-Händler wie Macy’s oder das Reiseportal Expedia setzen Splunk ein, um ihre komplexe Web-Infrastruktur zu überwachen. Das verhindert den Abbruch von Bestellvorgängen sowie Ausfälle der Systeme. In Stoßzeiten kann ein Systemausfall locker eine Million Dollar Schaden pro Stunde und mehr verursachen. Handynetzbetreiber können die Performance ihrer Netze jetzt bis runter zur einzelnen Basisstation überwachen. Früher hat der Kunde nur gemerkt, dass das Gespräch abbricht. Mit Splunk kann der Netzbetreiber einzelne Telefonate und die Weitergabe von Funkstation zu Funkstation grafisch auf einer Karte darstellen - und dadurch Schwachstellen im Netz genau identifizieren. Und das funktioniert, indem man die ohnehin anfallenden Log-Daten nutzt.

Foto: ben chams, Fotolia.de

Bei einem Umsatz von rund 300 Millionen Dollar ist Splunk an der Börse aktuell rund 9,5 Milliarden Dollar wert. Warum halten Anleger Splunk für so cool?

Weil Splunk es geschafft hat, schnöde Log-Dateien sexy zu machen. Die Daten waren immer schon da, aber vor uns war es sehr schwierig, diese zu analysieren. Kunden sagen mir oft: Splunk ist das Röntgengerät für unsere IT-Systeme. Wir legen gewissermaßen eines der letzten Geheimnisse der IT frei und sind so etwas wie der Babelfisch, der die Kommunikation zwischen verschiedenen Maschinen übersetzt.

Was antworten Sie Unternehmen, die zögern, Splunk als amerikanischen Anbieter einzusetzen, weil sie in Ihren Produkten Hintertüren zu den US-Geheimdiensten und damit Datenschnüffelei fürchten?

Ganz einfach: Unternehmen lizenzieren unsere Software und setzen sie typischerweise auf ihren eigenen Rechnern ein - das kann sogar hinter der eigenen Firewall und ohne externe Internet-Verbindungen geschehen. Dann kann die NSA auf die Daten überhaupt nicht zugreifen. Wir wachsen ungebremst weiter und sehen keinen direkten Einfluss auf unser Geschäft.

(Quelle: Wirtschaftswoche)