Creative-Vertriebsleiter Plitsch

"Wir wollen den alteingesessenen Fachhändler gewinnen"

06.05.2011
Als DACH-Vertriebsleiter hat Marco Plitsch viel Wiederaufbauarbeit bei Creative geleistet, ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Er glaubt aber an die Produkte und das Unternehmen, wie er im CP-Interview sagte.

Als DACH-Vertriebsleiter hat Marco Plitsch in den letzten vier Jahren viel Wiederaufbauarbeit bei Creative geleistet, ein Prozess, der ihm zufolge noch nicht abgeschlossen ist. Er glaubt aber an die Produkte und das Unternehmen aus Singapur, wie er im CP-Interview sagte. Pure Wireless Entertainment mit der neuen ZiiSound DX-Serie von Lautsprechern, die sich drahtlos steuern und miteinander verbinden lassen, sind für ihn wichtige Hebel, um sich gegen die mächtige Konkurrenz von Logitech abzuheben.

CP: Herr Plitsch, Sie sind jetzt seit fast fünf Jahren dabei. Creative scheint sich ständig zu wandeln. Wie würden Sie den Wandel beschreiben?

Creative-Vertriebsleiter Plitsch kündigt im CP-Interview externe Konsolen-Soundkarten und ein umfassendes Fachhandelsprogramm an.

Marco Plitsch: Wir kommen ja vom Soundkarten-Geschäft und haben davon weltweit über 400 Millionen Stück verkauft. Seit geraumer Zeit wandeln wir uns immer mehr zum Komplettzubehör-Hersteller für Gaming, Entertainment und Kommunikation. Was den Gaming-Part angeht, wollen wir auch in den Konsolenbereich hinein, um so neben PC und Mac auch PS3 und Xbox abzudecken. So werden wir demnächst auch externe Soundkarten und Headsets für Konsolen herausbringen.

CP: Spielt der Soundkarten-Bereich denn überhaupt noch eine Rolle, nachdem viele sich nur noch mobile Rechner zulegen und Desktop-PCs in der Regel Sound schon integriert haben?

Plitsch: Die große Soundkartenzeit ist tatsächlich vorbei. Damals haben wird davon vielleicht noch 80.000 bis 100.000 Stück im Monat in Deutschland verkauft. Die Bundesrepublik ist heute immer noch der größte Soundkartenmarkt, und der wächst in jüngster Zeit wieder, weil mehr und mehr Leute guten Sound, auch in 3D-Qualität, zu ihren Spielen haben wollen.

CP: Von einem Soundkarten-Absatz im 80- bis 100k-Bereich kann heute aber wohl keine Rede mehr sein, oder?

Plitsch: Nein, heute kommen wir auf stabile 4.000 bis 5.000 interne wie externe Karten im Monat, mit OEM sind es vielleicht 8.000, wobei der Bereich der internen Karten immer noch 80 Prozent einnimmt. Um das neue Interesse an Soundkarten wachzuhalten, starten wir im nächsten Monat mit einer Kampagne und Ende 2011 mit einem völlig neuen Line-up, alle natürlich THX-zertifiziert und mit neuem Soundprozessor.

THX für 3D-Heimkinosound gehört ja zu 40 Prozent Creative und ist somit eine Selbstverständlichkeit für uns. Windows 7 hat uns dahingehend etwas beschnitten, wir hatten entsprechende Treiberprobleme, weshalb wir einige Hardware-Anpassungen vornehmen mussten. Jetzt gibt es keine Probleme mehr, auch dank unseres neuen X-Fi-Soundprozessors. Dieser berechnet die in MP3 zwar enthaltenen, aber vielfach unterdrückten Höhen und Tiefen wieder ein und sorgt so selbst über Standard-Kopfhörer für erstaunlichen 3D-Sound.

CP: Welche Produktbereiche haben Sie aktuell und welche wollen Sie besonders stark voranbringen?

Mit drahtlosen Lautsprechern der ZiiSound DX-Familie will sich Creative von Logitech und Co. abheben.

Plitsch: Alle sechs gleichermaßen. Diese sind die Bereiche Audio-Soundkarten, Gaming-Headsets, getrennt gesehen von Kopfhörern und Kommunikations-Headsets, darüber hinaus die Bereiche Webcams und Speaker, sprich Lautsprecher wie unsere neuen Produkte aus der Pure Wireless-Serie ZiiSound Dx. Der nächste logische Schritt wäre Wireless Video. Lassen wir uns überraschen.

CP: Apropos Webcams. Arbeiten Sie auch an 3D-Webcams?

Plitsch: Es gibt schon erste Notebooks mit zwei integrierten Webcams für 3D-Aufnahmen. Und natürlich arbeiten die Entwickler in Singapur schon an 3D-Lösungen. Hauptproblem ist aber, dass der Upstream meist zu langsam ist, womit die Übertragung von 3D an technische Grenzen stößt.

CP: Schaut man sich im Retail, allen voran bei Media Markt und Saturn um, sind Sie immer noch sehr präsent mit Ihren Produkten. Aber wie sie es mit dem dedizierten Fachhandel aus?

Plitsch: Wir haben letztes Jahr begonnen, neben dem Retail-Kanal auch den Fachhandel zu stärken und diesbezüglich mit den Distributoren gesprochen. Darüber hinaus haben wir auch an einem Fachhandelsprogramm gearbeitet, das unter anderem die Bereitstellung von POS-Material und Vorführgeräten beinhaltet. Mit solchen Maßnahmen wollen wir den alteingesessenen Fachhandel gewinnen. Dazu gehört übrigens auch der Launch bestimmter Produkte, die nur über den Retail und nur über den Fachhandel laufen sollen.

CP: Ist das neue Fachhandelsprogramm schon auf den Weg gebracht?

Plitsch: Der Softstart ist jetzt im Mai, der offizielle Lauch ist im Juni, Juli. Über die Unterstützung der Ladengeschäfte im Unterschied zu dem stabil wachsenden E-Tail-Geschäft wollen wir auch wieder mehr Brand-Awareness (Markenbewusstsein) erreichen. Für den Verkauf der erklärungsbedürftigen neuen Wireless-Speaker haben wir auch einen Trainer eingestellt und wollen insgesamt das Personal aufstocken.

CP: Nachdem Creative im Marketing und Umwerben des Fachhandels etwas nachgelassen hat, scheint sich in den Köpfen Ihrer Bosse in Singapur wieder etwas zu bewegen. Wir haben das ja auch in Taiwan erlebt, die wollten ja anfangs gar nichts für Marketing ausgeben und betrachteten ihre Produkte als Selbstläufer.

Plitsch: Wieder mehr in Marketing zu investieren, kostete mich einige Überzeugungsarbeit. Aber da ich einen sehr guten Draht nach Singapur habe, ist mir das auch gelungen. Wir sind immer noch dabei, den Vertrieb nach einiger Zeit des Outsourcing zu integrieren und sind dabei eine starke Niederlassung in Frankfurt am Main aufgebaut. Die Integration ist noch nicht abgeschlossen. Ich denke, der Prozess wir noch zwei bis drei Jahre dauern.

CP: Als Deutschlandchef von Creative hat Murat Ünol seinerzeit wutschnaubend der CeBIT den Rücken gekehrt. Bleibt es bei dem Nein?

Plitsch: Sage niemals nie. Die wichtigste Publikumsmesse für uns heute ist natürlich die IFA in Berlin. Aber mit dem neuen Konzept ist vorstellbar, dass die CeBIT uns als Aussteller wieder gewinnt. Wir hatten sogar schon für dieses Jahr darüber nachgedacht, konnten die jetzt präsentierten neuen Produkte der Pure Wireless-Familie aber nicht rechtzeitig an Land ziehen.

CP: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Plitsch.