Notebooksbilliger-Chef im Interview

"Wir wollen weg vom nachfrageorientierten Geschäft"

01.02.2016 von Matthias Hell
Mit einem Umsatz von mehr als 700 Millionen Euro in 2015 ist Notebooksbilliger.de nach Ansicht von Arnd von Wedemeyer groß genug, um selbst Produkttrends zu setzen. Der Firmenchef setzt dafür auf Herstellerkooperationen sowie weitere Stores und Services.

Herr Wedemeyer, vor einem Jahr berichteten Sie ChannelPartner, Notebooksbilliger.de habe 2014 mit einem Wachstum von mehr als 10 Prozent die Umsatzmarke von 600 Millionen Euro übersprungen. Wie hat sich das Geschäft 2015 weiterentwickelt?

Wedemeyer: Wir sind im vergangenen Jahr gut zweistellig gewachsen. Solange wir für Industrie und Kunden Mehrwerte bieten, gibt es für uns offensichtlich noch genug Platz nach oben. Und wir arbeiten daran, diese Mehrwerte weiter auszubauen.

Die Marke von 700 Millionen Euro dürften Sie 2015 somit geknackt haben?

Wedemeyer: Richtig geraten!

Sie wollen der Industrie zusätzliche Mehrwerte bieten - welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit den Herstellern in der Strategie von Notebooksbilliger?

Wedemeyer: Die Zusammenarbeit mit der Industrie ist für uns ein wichtiger Impulsgeber. Wir haben für Hersteller verschiedene Premiumkonzepte entwickelt und haben im dritten Quartal 2015 begonnen, für jeden Bereich zwei Premiumpartner zu definieren. Wir möchten immer mit der Top - Marke und mit einem schnellen "Verfolger" arbeiten. Und auf diese Hersteller werden wir uns fokussieren. Ich möchte weg vom nachfrageorientierten Geschäft. Sondern unseren Partnern zeigen, dass Notebooksbilliger.de eine Plattform ist, die Nachfrage generiert. Wir werden mit unseren Premium - Partnern gemeinsam identifizieren, wo die wichtigsten Anknüpfungspunkte sind, um das Einkaufserlebnis auf Notebooksbilliger.de mit der Marke des Premium-Partners optimal zu gestalten.

Geht es bei den Herstellerkooperationen auch um den weiteren Ausbau des Sortiments?

Wedemeyer: In der Breite ist der Sortimentsausbau bei uns eigentlich abgeschlossen, wir arbeiten nun hauptsächlich an der Sortimentstiefe. Ein gutes Beispiel dafür ist die Weiße Ware. Wir bieten hier inzwischen Produkte aus allen Bereichen an und unsere Kompetenz wird dabei immer besser. Das nehmen auch die Kunden zunehmend wahr.

Neue Kundengruppen im Visier

Wie erschließen Sie Kunden für neue Produktgruppen - vor allem über die Preisschiene?

Wedemeyer: Wir haben sechs Millionen Bestandskunden, denen wir jede Woche unsere Angebote der Woche schicken. Darin sind sämtliche Produktgruppen vertreten und wir können so gut Aufmerksamkeit für neue Sortimentsbereiche schaffen. Das Pricing ist eher ein Thema, wenn es darum geht, Neukunden zu erreichen. Auch hier machen wir gute Fortschritte. Bisher war der klassische Notebooksbilliger.de-Kunden meist männlich und unter 40 Jahre. Inzwischen stoßen wir auch in breitere Schichten vor. Durch unsere Angebote bei Weißer Ware und CE bestellen heute viel mehr Frauen bei Notebooksbilliger.de. Ältere Kunden und Rentner sind bei uns noch unterrepräsentiert, doch auch hier kommen wir jedes Jahr einen Schritt voran.

Welche Impulse bieten neue Produktkategorien wie Wearables oder Smart Home für Notebooksbilliger?

Wedemeyer: Beim Bereich Wearables glaube ich, dass die Produktrange noch sehr weit auseinander driftet. Und dass die Hersteller unterschätzen, dass ich zum Beispiel eine Smartwatch immer mit mir herumtrage. Und sie ja auch ein modisches Statement oder ein Prestigeobjekt ist. Daher finde ich persönlich diesen Markt noch etwas diffus in seiner Produktausgestaltung und bin gespannt, was die Zukunft bringt.

Smart Home ist dagegen schon jetzt interessanter. Der Markt startet gut und wir sind hier bereits mit einigen Herstellern im Gespräch. Es geht hier um eine strategische Weichenstellung, denn wir wollen uns für wenige Hersteller entscheiden, deren Produkte wir gut finden. Und der Lust hat, mit uns intensiv an einer qualitativ hochwertigen Vermarktungskonzeption seiner Produkte zu arbeiten.

Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer: "Smart Home-Markt ist interessant."
Foto: notebooksbilliger.de

Gerade hier müssen wir weg vom "lass uns mal auf den Kunden warten" hin zu "lass uns dem Kunden mal zeigen, welche tollen Möglichkeiten es gibt". Und "lass uns unserem Kunden gemeinsam helfen, diese Möglichkeiten auch umzusetzen." Sei es durch technische Services wie Hotline, Installationssupport oder auch durch Web-Services wie FAQs, Online-Support, Whats App Hilfe und so weiter. Hier sind wir natürlich durch unseren Systemhaushintergrund prädestiniert dafür, auch komplizierte Themen erfolgreich zum Endkunden zu bringen und sehen uns damit als einzigartig im Markt.

"Services werden immer stärker nachgefragt"

Was halten Sie davon, Smart Home über Abomodelle zu vertreiben,wie das zum Beispiel Mobilcom-Debitel macht?

Wedemeyer: Der Verkauf von Smart Home Lösungen über eine Monatsgebühr wäre schon denkbar, aber erst steht für uns die Auswahl der besten Technik im Vordergrund.

Notebooksbilliger Store-Eröffnung in Düsseldorf
Der erste Kundenansturm
Einen Ansturm wie bei Notebooksbilliger suchte man bei Saturn vergebens
Die Notebooksbilliger-Tram brachte nicht nur die Eröffnungsgäste in den Laden, sondern wird auch im kommenden Jahr für den Store werben
Auf dem Weg zur Store-Eröffnung: Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer und seine Gäste aus Industrie und Handel
Vor dem Store hatte sich bereits seit den frühen Morgenstunden eine Schlange gebildet
Mit vielen spektakulären Angeboten hatte Wedemeyer für die Ladeneröffnung geworben
Klare Regeln: Nur 1 Schnäppchen pro Person
Die Ruhe vor dem Sturm: Das Store-Team vor der Ladeneröffnung
Die Außenansicht des Düsseldorfer Stores von Notebooksbilliger
Kurz vor der Eröffnung um 11:11 Uhr wurde es vor der Ladentür ganz schön eng
Notebooksbilliger-Chef von Wedemeyer ließ es sich nicht nehmen, selbst für Ordnung zu sorgen
Die begehrteste Schnäppchenjäger-Trophäe war das Surface RT für 99 Euro
Große Freude: Dieser Kunden hatte eines der 111 reduzierten Tablets ergattert
Vom auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen Saturn gab es neugierige Blicke auf die Notebooksbilliger Store-Eröffnung

Und was ist Ihre Meinung zu Installationsservices, wie sie Apple-Store-Erfinder Ron Johnson in den USA mit seinem neuen Unternehmen Enjoy anbietet?

Wedemeyer: Hier sehe ich ein Henne-Ei-Problem: Kommt ein schlechter Techniker zum Kunden, funktioniert das Produkt trotzdem nicht richtig. Qualität lässt sich nun einmal nicht einfach skalieren. Daher möchten wir zwar Installationsservices anbieten, aber idealerweise zentralisiert. Zum Beispiel mit Produktspezialisten, die sich über Videochat beim Kunden dazuschalten und ihn unterstützen können.

Gilt diese Einschätzung auch für den Bereich Weiße Ware? Hier wären Installationsservices doch recht naheliegend...

Wedemeyer: Bisher wurden bei uns die Anschlussservices recht wenig angenommen. Das dreht sich aber immer mehr und wir tragen dem Rechnung, indem wir immer bessere Servicepakete mit unseren Partnern verhandeln. Alternativ könnte ich mir auch vorstellen, dass wir irgendwann mit eigenen Fahrzeugen und eigenen Mitarbeitern Haushaltsgeräte liefern und anschließen. In den Ballungsgebieten wäre das bundesweit durchaus denkbar. Aber zunächst hoffe ich darauf, dass wir die Serviceleistungen auf dem Level, wie wir sie uns für unsere Kunden wünschen und zu den Preisen, die wir für marktgerecht halten, mit Partnern anbieten können.

Für Same-Day-Delivery hat Notebooksbilliger.de kürzlich im Raum Hannover einen eigenständigen Lieferdienst gestartet - und das sogar gratis. Wird der Service bald auch auf die Einzugsgebiete der anderen Notebooksbilliger Stores ausgeweitet?

Wedemeyer: Das ist ein sehr interessantes Experiment. Wir haben herausgefunden, dass ein Teil unserer Kunden Same-Day liebt. Und ein anderer Teil es hasst. Gerade in Firmen stoßen wir verständlicherweise nicht auf Begeisterung mit der Ankündigung einer Lieferung um 21 Uhr. Daher bleiben wir sowohl am Thema Same Day, wie auch an einer Verbesserung der Zeitfenster-Zustellung mit unseren Partnern am Ball und testen verschiedene Konzepte. Wir planen, hier relativ kurzfristig weitere Ballungsräume anzuschließen.

"Wir wollen den stationären Kanal ausbauen"

Mit der Neueröffnung des Lagerverkaufs in Hannover-Laatzen ist Notebooksbilliger.de erstmals vom Konzept eher kleinflächiger, stark fokussierter Stores abgerückt. Welche Strategie steckt hinter dem 800 qm großen Ladengeschäft?

Wedemeyer: Auf der größeren Fläche können wir Sortimente ausprobieren, die wir in den Stores in München und Düsseldorf bisher nicht angeboten haben, wie zum Beispiel TV-Geräte und Displays. Ebenfalls neu ist, dass wir in Hannover Laatzen Aktionsartikel präsentieren. Wir haben damit bereits zum Start sehr gute Erfahrungen gemacht und werden künftig generell in unseren Stores mehr Aktionsware und mehr exklusive Angebote anbieten. Damit lassen sich nicht nur Neukunden gewinnen, sondern Angebote sind für uns auch Goodies, mit denen wir Bestandskunden gut aktivieren können.

Steht der neue Store also generell für die Weiterentwicklung des stationären Konzepts von Notebooksbilliger.de?

Wedemeyer: Ja, wir sind dabei das Thema Stores intensiver zu managen. Das betrifft zum einen Herstellerzusammenarbeiten, für die wir auch im stationären Bereich Premiumpartner benennen. Dabei geht es nicht unbedingt um eigene Instore-Flächen für einzelne Hersteller, sondern vielmehr um die Frage, wie sich Produkte optimal präsentieren lassen. Hier können zwei laufenden Meter in einem Regal sinnvoller sein als eine ganze Shop-in-Shop-Fläche.

Zum anderen setzen wir uns auch intensiv mit der Bestückung unserer Stores auseinander. In München haben wir beispielsweise einen Test mit einer halbautomatischen zentralisierten Bestückung gefahren und festgestellt, dass der Umsatz dadurch um 40 Prozent gestiegen ist.

Das einst eher ungeliebte Store-Thema scheint Ihnen zunehmend Spaß zu machen...

Wedemeyer: Stationär ist für uns inzwischen ein schöner Absatzkanal, den wir weiter ausbauen wollen. So suchen wir gerade nach Leuten, die Lust haben, an unserem Store-Konzept mitzuarbeiten, um unsere Läden noch besser und systematischer zu machen. Außerdem haben wir weiterhin zusätzliche Standorte im Visier. Im Hamburg eröffnen wir im zweiten Quartal dieses Jahres. Und auch in Berlin, dem Südwesten und im Osten Deutschlands würden wir gerne Stores eröffnen. (mh)