Welche Computer gefragt sind

Womit sich PC-Händler 2010 beschäftigen sollten

12.03.2010
Die weltweiten PC-Größen sind allesamt entschlossen, auch in diesem Jahr um Marktanteile zu kämpfen. Auf welche Zugpferde sie aber setzen, fällt ihnen diesmal besonders schwer zu sagen.

Von Wolfgang Leierseder

Die weltweiten PC-Größen sind allesamt entschlossen, auch in diesem Jahr um Marktanteile zu kämpfen. Auf welche Zugpferde sie aber setzen, fällt ihnen diesmal besonders schwer zu sagen.

Prognosen zu dem PC-Markt 2010 gibt es, wie jedes Jahr, mehrere. Was sie eint, sind Wachstumsprognosen, die bei um die 20 Prozent gegenüber dem für die erfolgsverwöhnte Branche desaströsen Jahr 2009 liegen. Das heißt: In diesem Jahr sollen rund 366 Millionen PCs verkauft werden gegenüber knapp 306 Millionen neuen PCs im Jahr 2009.

2010 soll das Jahr verschiedener Formfaktoren werden.

Was die Prognosen aber gravierend unterscheidet, ist die Gewichtung der Geräte, die für dieses Wachstum sorgen sollen.

So erklärte Marktforscher IDC, der Desktop-PC sei Google und Apple zum Trotz noch lange nicht tot, doch der PC-Markt 2010 werde insbesondere durch All-in-One-PCs und Notebooks bestimmt. Zudem werde jeder zehnte Desktop in Unternehmen ein virtueller sein, - was wiederum eine Einschätzung dessen erlaubt, welche (Standard-) Server besonders gefragt sein werden.

Doch um bei den Desktops zu bleiben: Die niedrigpreisigen Netbooks, so argumentiert IDC in seiner Studie "Personal Computing 2010 Top 10 Predictions", werden weiter begehrte Gadgets sein, doch ihre Attraktion werde nach und nach nachlassen. Notebooks aber würden auch in diesem Jahr die Alternative schlechthin zu PCs darstellen.

Wie die Geräte allerdings ausgerüstet sein werden, ob mit Touchscreen oder ohne, ultradünn oder mit allerhand Peripherie wie zum Beispiel Blu-ray-Laufwerke, mit WiMax- oder UMTS-Karten - darauf wollen sich die Marktforscher nicht festlegen.

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Man werde "ein Jahr verschiedener Formfaktoren" erleben, sagte etwa IDC-Analyst Bob O'Donnell. Er erwarte experimentierfreudige Käufer, gleich ob Endkunden oder Unternehmen. Denn niedrige Preise verführten nun mal zu einem neugierigen Kaufverhalten.

Des Weiteren seien Unternehmen weiterhin unsicher, ob sie den Wünschen ihrer Angestellten - gerne unter dem Stichwort " Consumerization" zusammengefasst - nachkommen sollten oder bei Bewährtem plus garantiertem hauseigenen Support bleiben.

Computeranbietern gibt er den Rat, die momentane Experimentierfreude auszunutzen, um sich am Markt mit attraktiven Geräten präsentieren zu können.

Allerdings warnte O'Donnell davor, bestimmten Moden, etwa den kaum mehr einen Zentimeter hohen Notebooks, zuviel Aufmerksamkeit zu schenken. Sie machten derzeit kaum fünf Prozent des Notebookmarktes aus und seien für den Massenmarkt zu teuer. Und, um das anzumerken, sie hängen zu oft an dem Ladegerät, da ultradünn und brauchbar langlebige Batterien sich bis heute nicht vereinbaren lassen.

George Shiffler, Analyst bei Gartner, pflichtet bei. "Die Entwicklung wird zum überwiegenden Teil von mobilen PCs angetrieben." Im Gegensatz zum IDC-Kollegen setzt er auf ein "schnelles Wachstum von neuen Ultraportables und Tablet-PCs der neuen Generation".

Shifflers Kollegin Mikako Kitagawa ist sich sicher, dass auch in diesem Jahr Kunden sich "sehr preissensibel" verhalten würden. Sie glaubt nicht an eine starke Konjunktur, weshalb sie davon ausgeht, dass auch in diesem Jahr die Geräte im Durchschnitt billiger werden dürften.

Dem hält IDC jedoch entgegen, dass die prognostizierte größere Nachfrage den starken Preisverfall des vergangenen Jahres bremsen könnte. So geht der Marktforscher davon aus, dass sich in diesem Jahr der starke Verfall des Durchschnittspreises deutlich verlangsamen wird. Und IDC fügt hinzu, 2010 sei weniger wahrscheinlich als bisher, dass die Hersteller mit Niedrigpreisen ihre Marktanteile vergrößern lassen wollten.

In jedem Fall einig sind sich die beiden Marktforscher, dass auch in diesem Jahr der Umsatz mit der Stückzahl nicht Schritt halten werde. Gartner zufolge wird der Umsatz der PC-Industrie in diesem Jahr um rund zwölf Prozent auf 245 Milliarden Dollar ansteigen.

Worauf der Handel setzen kann

Geht schon aus dem bisher Gesagten hervor, dass die Gerätevielfalt ein entscheidender Faktor bei der Kundennachfrage und -beratung sein wird, so ist genauso damit zu rechnen, dass die Einführung neuer Geräte wie beispielsweise leistungsfähiger Smartphones, ja sogar Touch-Tablet-PCs a la Apples "iPad" die Gewichte der Beratung verschieben könnte.

Neue Geräte werden den PC-Markt verändern.
Foto: Malte Jeschke

Nachdem mobile PCs im vergangenen Jahr rund 55 Prozent aller verkauften Geräte ausmachten, und Analysten zufolge im Jahr 2012 rund 70 Prozent, gilt es als ausmacht, dass die Interessen der Käufer, gleich ob es sich um Endkunden oder Geschäftskunden handelt, von dieser Entwicklung bereits jetzt angeleitet sein wird. Zumal, wie der amerikanische Marktforscher Forrester erklärte - und Gartner beipflichtete -, diese neuen Geräte so viele verschiedene Funktionen in sich vereinigten, dass sie eine wirklich brauchbare Alternative zu gängigen Notebooks darstellten.

So folgt: Diese neuen Geräte könnten den PC-Markt verändern. "Das iPad von Apple ist ein Beispiel für die neuen Rechner, die den PC-Markt verändern werden und ihn mit der Handybranche überlappen lassen", sagt Gartner-Analyst Ranjit Atwal. "Für die Hersteller ergeben sich neue Herausforderungen, die den Markt erweitern und die Auswahl und den Wettbewerb vergrößern. Der iPAD bündelt Internet, Multimedia, E-Book und Spiele in einem Gerät.

Zudem können die aufkommenden Geräte eine Reihe von Anwendungen aus der sogenannten Wolke beziehen und dort wieder speichern - gegenüber herkömmlichen Handys, aber auch Notebooks ohne brauchbare Web-Anbindung ein Vorteil, der viele Kunden interessieren dürfte.

Fazit

Mag in dem vergangen Jahr die Einführung von Windows 7 und eine sich aufdrängender Investitionsstau der wichtigste Anschub für PC-Käufe gewesen sein - in diesem Jahr werden die Gewichte wieder in Richtung Hardware verschoben.

Vor allem tragbare Geräte werden Kunden anziehen. Aber nicht allein ihre Ausstattung wird ausschlaggebend sein, sondern auch, wie sie mit anderen, existierenden Geräten zusammenarbeiten und wie sie in Unternehmensumgebungen eingebunden und administriert werden können. Für letzteres sorgen die in Unternehmen immer wichtiger werdenden Regeln zur Bestimmung des Wertes der IT und des Umgangs mit Daten (Compliance und Datenschutz).

So glaubt Gartner-Analyst Brian Gammage, dass die "Consumerization" längst in Unternehmen angekommen ist, weshalb er auch sagt, dass die bis dato vorherrschende Betrachtung der Firmen-PCs als dröge Arbeitsmittel der Vergangenheit angehört.

Womit er das ausspricht, was auch IDC meint: Endverbraucher und Profi-Anwender werden 2010 neue Formfaktoren bei den Desktops ausprobieren.

Foto: Sony Ericsson

Im Übrigen passt dies zum Schluss doch zu den Strategien der weltgrößten Desktop-Hersteller: Sie alle haben neue Notebooks angekündigt, des Weiteren Netbooks und Smartphones mit Touchscreen. Aber sie wollen garantiert auch Desktop-PCs verkaufen. Für den Handel heißt das: Die Angebote der Hersteller genau prüfen und sich auch aufzeigen zu lassen, in welche Richtung die heutigen IT-Geräte entwickelt werden.

Der Hersteller nämlich, der Trends verschläft oder aber zu früh propagiert, wird auf mittelfristige Sicht wenig Bedeutung haben.

Der Anbieter aber, der eine Kombination aus Neugeräten und Dienstleistung bis hin zu Managed Services anbieten kann, und vielleicht sogar auch zeigt, wie der Endkunde zu Hause seine Multimedia-Zirkus miteinander verknüpfen kann, wird in der Gunst des Kunden weit nach oben klettern. (wl)