Ingram-Manager Dassau

2010 im Zeichen von WM, Public Viewing und 3D

19.05.2010
Wie in jedem geraden Jahr einer Fußball-WM oder -EM rechnet Christoph Dassau, CE-Direktor von Ingram Micro, mit einem guten zweiten Quartal 2010 für Beamer. Sinkende Preise werden auch Full-HD, LED- und 3D-TVs pushen, wie er im CP-Interview erklärte.

Wie in jedem geraden Jahr einer Fußball-WM oder -EM rechnet Christoph Dassau, CE-Direktor von Ingram Micro, mit einem guten zweiten Quartal 2010 für Beamer. Sinkende Preise werden auch Full-HD, LED- und 3D-TVs pushen, wie er im folgenden CP-Interview erklärte.

CP: Wir schreiben das WM-Jahr 2010. Spiegelt sich das schon in den Beamer-Verkäufen wieder?

Auch als als CE-Direktor bleibt Dassau Herr der Displays bei Ingram Micro.

Christoph Dassau: Der Markt hat in den ersten drei Monaten nach Umsatz um 7,3 Prozent zugelegt, nach Stückzahlen sogar um 19 Prozent, was aber auch zeigt, dass der Preisverfall anhält. Ingram Micro konnte vom Absatz und Umsatz sogar stärker wachsen als der deutsche Markt. Das zweite Quartal ist in einem WM- beziehungsweise EM-Jahr besonders stark und wird im Vergleich zum Vorjahr sicherlich um mehr als 30% zulegen. Diese Wachstumsraten werden nicht das ganze Jahr andauern, wir hoffen jedoch, dass Absatz und Umsatz noch ein Stück auch im zweiten Halbjahr nach oben gehen, unter anderem auch durch die gewerblichen Anwendungen und in aller ersten Linie im Education-Umfeld.

Wo geht der Trend in punkto Auflösungen von Projektoren hin?

Dassau: Die SVGA-Auflösung spielt nur noch im Preissegment um die 300 Euro eine Rolle. Ansonsten geht der Trend in den letzten Jahren zu diversen Wide-Auflösungen hin - XGA dominiert weiterhin den Markt. Es ist davon auszugehen, dass es gegen Ende des Jahres noch einen ordentlichen Schwung Richtung Full-HD geben wird, bedingt von allem durch Preissenkungen.

Und welche Trends sind bei den Helligkeitswerten erkennbar?

Dassau: Was die Helligkeitswerte angeht, ist die Diskussion eigentlich nur bei neuen Technologien interessant ist. Insbesondere seit der erste LED-Beamer mit 1.000 Ansi-Lumen vorgestellt wurde. Bei Projektoren mit herkömmlicher Lampe hat sich das Thema durchschnittliche Helligkeit mehr oder weniger erledigt, denn das Wetter hat sich nicht so sehr verändert, dass wir plötzlich 1.000 Ansi-Lumen mehr bräuchten - Aschewolke hin oder her.

Vor zehn, zwölf Jahren konnte sich noch kaum jemand überhaupt einen Projektor, und da wurde jedes Quäntchen mehr Helligkeit oder Auflösung praktisch noch in Gold aufgewogen.

Dassau: Bei Projektoren ist der Preisverfall wie bei Notebooks oder bei Monitoren, eigentlich wie bei fast allen Massenprodukten der IT/TK/UE-Branche: Die Produkte werden ständig günstiger und können immer noch etwas mehr. Die Automobil- und andere Branchen zeigen uns seit vielen Jahren, dass es auch anders herum funktionieren kann.

Was erwarten Sie bezüglich Public Viewing in diesem Jahr?

Dassau: Public Viewing läuft in einem Fußballjahr natürlich immer, spätestens seit der WM 2006. In unserem Distributionsportfolio haben wir auch solche Projektoren sowohl für den Indoor- als auch für den Outdoor-Bereich, jedoch eher für Gastronomiebetriebe und maximal einige hundert Zuschauer. Der Vermiet- bzw. Eventmarkt der besonders lichtstarken High-end-Geräte oder gar LED-Wände zählen nicht zu unserer Domäne.

Outdoor-Boliden mit über 20.000 Ansi-Lumen von Christie oder Barco haben Sie also nicht im Portfolio?

Dassau: Nein. Das ist auch tatsächlich ein Markt mit nur ein paar Dutzend Spezialisten. Für Geräte, die mehrere zehntausend Euro kosten, sind die Skaleneffekte eines indirekten Vertriebsmodells für Hersteller und Installateure heute noch relativ gering.

Und das läuft wohl auch hauptsächlich im Mietgeschäft oder über Leasing.

Dassau: Ja, richtig. Finanzierungs- und Leasingmöglichkeiten bieten wir den Händlern im Rahmen von Projekten zwar auch an, jedoch sind diese anders gelagert als zum Beispiel ein Vermietgeschäft für einzelne Events. Was jetzt stark boomt, sind digitale 3D-Cinema-Projektoren, wie der Kinoerfolg "Avatar" beweist. Die Kinos statten sich damit jetzt aus, und vorausgesetzt, es kommen weitere 3D-Blockbuster in die Kinos, kann sich ein 50.000 Euro Gerät auch innerhalb von einigen Monaten amortisieren. Positiv für unsere Branche daran ist, dass insgesamt die Nachfrage nach 3D stimuliert wird, bei Massenprodukten - insbesondere für Konsumenten - profitieren Distribution und Handel auf breiter Ebene davon.

Bei den Privatverbrauchern ist das Thema Heimkino natürlich immer auch abhängig vom so genannten "Womens‘ Acceptance Factor". Viele Frauen wollen Beamer und Surroundanlagen mit mehreren Satelliten einfach nicht im Wohnzimmer haben…

Dassau: Eine Lösung könnte die Short-Throw Projektoren werden. Wenn diese preislich attraktiver werden, können Sie an der gleichen Stelle wie ein Fernseher platziert werden.

LED für die Hintergrundbeleuchtung oder als Lichtquelle für Beamer bis hin zu solchen im Westentaschenformat ist heute ein ganz großes Thema.

Dassau: Ja, mittlerweile haben wir sogenannte Piko- oder Mini-Beamer von mehreren Lieferanten im Angebot. Und technologische Fortschritte sind insbesondere in punkto Helligkeit zu sehen. Dennoch sollte keine überzogenen Erwartungen geschürt werden, dass die Westentaschenprojektoren auf absehbare Zeit größere Marktanteile auf sich vereinen werden. Die Ausstattung eines Konferenzraumes, der heutigen Standardanforderungen gerecht werden muss, kostet mittlerweile ja nicht mehr als 5.000 oder 10.000 Euro. Und wireless können viele Projektoren mittlerweile auch angesteuert werden. Somit brauchen Außendienstler auf Firmenbesuch für Präsentationen keinen eigenen Projektor mehr mitzunehmen.

Leuchtdioden oder LEDs gelten als wichtige Zukunftstechnologie. Was macht sie so besonders?

Dassau: Die Leuchtdioden sind sehr energiesparend, und in der Gesamtberechnung des Produktes auch weit umweltfreundlicher. Was Monitore mit LED-Backlight angeht, sieht man auch schon Unterschiede in der Bildqualität wie etwa beim Farbraum. Die Frage ist immer, braucht das wirklich jeder der Millionen Office-Anwender in Deutschland oder braucht das nur ein gewisses Klientel. Ähnlich wie bei 3D-Bildschirmen: Im CAD/CAM-Bereich wird heute schon vielfach 3D eingesetzt, aber solche Geräte werden nie den Großteil des Marktes ausmachen.

Apropos 3D. Viele sehen die Technologie eher im Consumer-Umfeld. Was ist da zu bevorzugen, TV-Geräte oder Beamer wegen der größeren Bilddiagonale?

Dassau: Das hängt von den Applikationen ab. 3D kann überall interessant sein. Das fängt an bei den 3D-Cinemizer-Brillen von Zeiss, mit denen man sich im Flugzeug oder im Zug ganz entspannt einen 3D-Film anschauen kann. Ganz klar konsumentenorientiert, aber vielleicht sind solche Lösungen auch im Business einsetzbar. Ein ganz anderes Thema sind brillenlose 3D-Displays für Retail Signage. Wir treffen solche Geräte heute vereinzelt in Shopping Malls an, vielleicht auch bald "outdoor". Logischerweise setzt man keine Spezialbrille auf, wenn man durch eine Mall geht. Aber ein werbewirksamer Hingucker ist 3D allemal.

Wo sehen Sie außerdem noch B2B-Anwendungen für 3D?

Dassau: 3D ist für den Bereich Education, Forschung und Entwicklung von Interesse. In erster Linie in Universitäten und Fachhochschulen oder in Labors, wenn es zum Beispiel um Medizin geht oder um Fahrzeugtechnik.

Leider sind die aktiven oder passiven Shutterbrillen, die heute mit 3D-Projektoren oder Fernsehern angeboten werden, meist nicht kompatibel zueinander.

Dassau: Auch aus der Position des Anwenders bleibt zu hoffen, dass es kurzfristig einen einheitlichen Standard gibt. Zur Entwicklung und Stimulation des Marktes sollten die Hersteller an einem Strang ziehen. Denn wenn man für jedes Gerät eine andere Brille braucht, ist das sicherlich nicht förderlich für den Gesamtmarkt. Und da kommen wir jetzt zu dem größten Markt, den für 3D-TV. Die Technologie ist nicht so teuer, dass ein 3D-Fernseher doppelt soviel wie ein Standard-2D-Gerät kosten muss. Schon recht bald werden die 3D-TVs den herkömmlichen 2D-Geräten preislich recht nahe kommen. Wir müssen sehen, wie sich das Jahresendgeschäft entwickelt. Die ersten Geräte kommen jetzt auf den Markt. 3D-Filme auf Blu-ray liegen preislich mittlerweile auch nicht mehr viel höher als die DVDs und werden zum Jahresende dem Thema sicherlich noch mal einen Schub geben.

Aber es gibt ja auch B2B-Anwendungen für TV-Geräte, in Banken zum Beispiel.

Dassau: Definitiv. Wenn ich B2B und TV zusammenbringe, denke ich aber vor allem auch an Hotel-TV. Das ist ein richtig spannender Markt! Hotels und Pensionen haben da richtig Handlungsbedarf, sonst verlieren sie schnell einen Stern und müssten dann ihre Angebotspreise um etwa 30 Prozent oder mehr nach unten korrigieren. Selbst Häuser großer Ketten bestellen teilweise autark. Da gibt es viel zu tun und sind wir gerne dabei.

In Hotels sind meist schon Netzwerke vorhanden bzw. werden künftig verstärkt installiert. Dann werden wiederum Sicherheits- und Speicherlösungen benötigt. Das alles können auch IT-Händler. Die Anzahl der Hotel-Projekte steigt kontinuierlich und wir erwarten als Ingram Micro, dass diese Tendenz noch länger anhält. Insgesamt liegt unser Fokus im TV-Geschäft ganz klar im B2B Segment. Das sind zwar heute noch deutlich unter zehn Prozent des gesamten TV-Marktes, aber es gibt sehr unterschiedliche Standpunkte, inwieweit TVs in den unterschiedlichsten Digital-Signage-Szenarien ihren Platz finden. Und somit sind dann TVs für den ganzen IT-Kanal wiederum sehr interessant. (kh)