Cancom-Chef Klaus Weinmann

"Die Private Cloud wird dominieren"

16.12.2011
Die Cancom AG begann bereits vor vielen Jahren damit, ihren Kunden Managed- und Cloud-Services anzubieten. Vorstandsvorsitzender Klaus Weinmann sagt, was hier für ein erfolgreiches Geschäft entscheidend ist.
Klaus Weinmann, Vorstandsvorsitzender der Cancom AG: "Jedes Systemhaus muss sich darüber klar werden, dass hier alte Geschäftsfelder wegfallen."
Foto:

Die Cancom AG begann bereits vor vielen Jahren damit, ihren Kunden Managed- und Cloud-Services anzubieten. Vorstandsvorsitzender Klaus Weinmann sagt, was hier für ein erfolgreiches Geschäft entscheidend ist.

Wie haben Sie es geschafft, Ihr Geschäftsmodell und Ihren Vertrieb in Richtung Cloud zu drehen, gerade im Hinblick auf die Provisionsmodelle?

Klaus Weinmann: Da wir schon viele Jahre im Bereich Managed- und Cloud-basierte Services aktiv sind, war es in vielen Bereichen ein evolutionärer Prozess. Dieser Prozess wurde durch Schulungsmaßnahmen und klare Strategievorgaben des Managements begleitet. Aus dem erweiterten Portfolio ergeben sich für den Cancom-Vertrieb neue interessante Möglichkeiten, dem Kunden ein passendes Angebot zu unterbreiten.

Welche Rolle spielt die Distribution für Sie in diesen Modellen?

Weinmann: Einige der Public-Cloud-Angebote beziehen wir heute über die Distribution. Diese Services sind bereits stark standardisiert und paketiert. Damit lassen sich die Services einfach über unsere Standardkanäle und -prozesse beziehen. Des Weiteren beziehen wir über die Value Added Distribution ergänzende Support-Services für unsere Cloud-Services.

Cancom hat schon vor vielen Jahren begonnen, in das Managed-Service- und Cloud-Geschäft einzusteigen. Einige Systemhäuser, die diesen Weg ebenfalls gegangen sind, haben sich entschlossen, für dieses Geschäft eine eigene Unit oder GmbH zu gründen, weil die Anforderungen und Prozesse so unterschiedlich sind. Was hat Sie dazu bewogen, diese Trennung nicht vorzunehmen?

Weinmann: Unserer Meinung nach ist das Thema Cloud Computing eine Marktchance, mit der sich alle Unternehmenseinheiten befassen müssen, das Auslagern in eine eigene Einheit ist unserer Auffassung nach nicht ausreichend. Wir sind der Meinung, dass künftig praktisch alles mit der Cloud zu tun haben wird.

Inwiefern bilden die Partnerprogramme der Hersteller - gerade mit Blick auf die Hardwaresparten - den Cloud-Gedanken tatsächlich ab?

Weinmann: Den Cloud-Gedanken auf die Einsparung bei Hardwarekosten zu reduzieren trifft nur einen Teil des Cloud-Effektes. Viel bedeutender sind die möglichen Einsparungen bei den Betriebskosten des Kunden. Jedes Systemhaus muss sich darüber klar werden, dass hier alte Geschäftsfelder wegfallen. Dafür ist es aber auch möglich, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Mit unserer eigenen "Cancom AHP Private Cloud" wachsen wir dabei in sehr interessante Managed Service Opportunities hinein, die für uns ein wesentlich größeres und nachhaltigeres Gewinnpotenzial beinhalten als der traditionelle Hardwarehandel.

Welche Cloud-Angebote welcher Hersteller bieten Sie Ihren Kunden an?

Weinmann: Cancom bietet seinen Kunden sowohl Private-Cloud- als auch Public-Cloud-Lösungen an. Wir konzentrieren uns dabei speziell auf die Bereitstellung von Applikationen und Desktops aus "Private Desktop Clouds". Als Cloud-Architekt analysiert, plant und baut Cancom zudem Private Clouds für seine Kunden. Zu den Endkunden zählen Unternehmen, Behörden sowie Service-Provider.

Wie funktioniert die Bereitstellung dieser Private-Desktop-Clouds ganz konkret?

Weinmann: Den Nutzern wird hierbei ein virtueller Arbeitsplatz aus der unternehmenseigenen Private Cloud zur Verfügung gestellt. Mit diesem ist jederzeit und von jedem Ort aus der sichere Zugriff auf die Unternehmensapplikationen mit jedem beliebigen, internetfähigen Device möglich.

Inwiefern umfasst die Lösung auch Automatisierungs- und Verwaltungs-Tools?

Weinmann: Cancom entwickelt und implementiert seit Jahren eigene Lösungen zur Bereitstellung von hoch automatisierten und managebaren Private-Desktop-Cloud-Lösungen. Die "Cancom-AHP-Private-Cloud-Lösung" beispielsweise stellt Management- und Servicemechanismen zur Verfügung, die notwendig sind, um eine optimale Nutzung der Private Cloud zu gewährleisten.

Im Private-Cloud-Bereich stellen wir unseren Kunden außerdem Infrastructure-as-a-Service-Lösungen und Architekturen bekannter Hersteller wie zum Beispiel Cisco, Citrix, HP, IBM und VMware zur Verfügung. Damit lässt sich die flexible, dynamische und automatisierte Bereitstellung von IT-Ressourcen aus dem firmeneigenen Rechenzentrum realisieren. Optional bietet Cancom die Services auch als "Managed Private Cloud" an. Dabei wird dem Kunden eine Private Cloud zur Verfügung gestellt und betrieben. Die Private-Cloud-Infrastruktur kann in diesem Fall beim Kunden selbst oder im Hosting-Center installiert werden.

Welche Rolle spielen für Cancom Public-Cloud-Angebote?

Weinmann: Wir bieten im Reselling verschiedene Public-Cloud-Services an, beispielsweise Microsoft Office 365, Symantec.cloud für Email- und Web Security, Cisco Scansafe für Web Security.

Was funktioniert bei diesen Angeboten gut, und wo wünschen Sie sich Verbesserungen?

Weinmann: Die Angebote von Public-Cloud-Anbietern sind sehr gut geeignet für standardisierte Anwendungen und Services. Cloud-Lösungen für Email- und Web-Security beispielsweise sind klar strukturiert und lassen sich einfach in die bestehende Unternehmens-IT einbinden. Für die meisten Unternehmen wird jedoch die Private Cloud die dominante Cloud-Architektur der nächsten Jahre sein.

Weshalb gerade diese Architektur?

Weinmann: Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Unternehmens-IT in einem Private-Cloud-Computing-Modell mit allen Daten und Applikationen dediziert und exklusiv für einen Kunden betrieben wird. Somit behält der Kunde die ganzheitliche Kontrolle, insbesondere darüber, wo die Daten liegen und wer den Betrieb durchführt. Zudem wird eine individuelle Anpassung an die Anforderungen des Unternehmens möglich. Trotzdem genießt der Kunde die wesentlichen Vorteile des Cloud Computings: Die Anwender greifen jederzeit sicher über Intranet beziehungsweise via VPNs über das Internet auf die Cloud-Plattform und somit auf die Unternehmens-IT zu. Mithilfe von internen Infrastructure-as-a-Service-Konzepten lassen sich Flexibilität und Dynamik für die Bereitstellung von Ressourcen realisieren. Grundsätzlich setzt eine Private Cloud alle Designmerkmale einer Public Cloud voraus. Künftig werden Kunden zudem ihre Private-Cloud-Architekturen mit Public-Cloud-Angeboten ergänzen. Hierfür bedarf es Lösungen zur sicheren und performanten Anbindung.

Wie wickeln Sie diesen Mix aus On-Premise- beziehungsweise klassischen IT-Angeboten und webbasierten Diensten ab, und wie aufwendig ist das Abrechnungsprozedere?

Weinmann: Cancom bietet seit Jahren Managed-, Hosting- und Cloud-Services neben dem klassischen Projektgeschäft an. Daher sind die Prozesse inklusive der Abrechnung bereits durchgehend integriert und in unserem ERP-System abgebildet.

Hosten Sie die Dienste in eigenen Rechenzentren, oder nutzen Sie dazu auch die Rechenzentren eines Partners?

Weinmann: Cancom betreibt eigene Hosting-Center für SAP-Kunden. Die Rechenzentren sind die Basis für unseren weiteren Ausbau von Managed- und Hosted-Private-Cloud-Leistungen.

Was sind Ihre weiteren Pläne im Bereich Cloud Computing?

Weinmann: Cancom plant für die nächsten Jahre, die Stellung als führender Architekt und Managed-Services-Anbieter für Private-Cloud-Lösungen auszubauen.

Mit Blick auf die standardisierten Services: Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass hier einige Hersteller ebenso wie die großen Telcos dieses Geschäft komplett an sich ziehen?

Weinmann: Diese Gefahr sehen wir nicht.

(rb)