Hohe Zuwachsraten und Margen

"Die Signage-Türen stehen allen offen"

04.07.2011
Der Markt für vertikale Display-Lösungen, gemeinhin unter dem Begriff Digital Signage zusammengefasst, entwickelt sich prächtig. Besonders groß ist die Nachfrage nach Public Displays im Retail am Point of Sales (POS), darin sind sich alle einig.
Diese Tabelle von DisplaySearch zeigt den weltweiten Forecast für Public Displays bis 2016.

Digital Signage ist ein sehr weites Feld und geht weit über die eigentliche digitale Beschilderung hinaus. Denn darin enthalten sind nicht nur der stark wachsende Bereich Retail Signage mit Displays am Point of Sales (POS), sondern auch für Krankenhäuser, Hotels (neudeutsch Hospitality) Bildung (Education) und vieles mehr.

"Noch in der Frühphase mit viel Zukunftspotenzial", sieht Kindermann-Vertriebschef Fries den Markt.

ChannelPartner hat dazu führende Hersteller sowie den Distributor Kindermann befragt und konzentriert sich dabei auf den Bereich Public Displays. "Obwohl Digital Signage in aller Munde ist, befinden wir uns immer noch in einer Frühphase mit viel Zukunftspotenzial", findet Kindermann-Vertriebsleiter Michael Fries und erkennt eine starke Nachfrage nach Gesamtlösungen, wo sein Unternehmen neben Hardware auch Software im Portfolio habe, so zum Beispiel die intuitiv erlernbare DS-Software Easescreen.

"Wir sehen aber auch, dass gerade bei der Software und Programmierung noch eine Hemmschwelle seitens des Handels besteht. Daher bieten wie kontinuierlich Schulungen an, die nächste findet im Juli statt", klopft sich Fries auf die Schulter.

Viel Potenzial in Deutschland

Neben Retail zeigen auch andere Bereiche wie etwa Hotel.TV einen deutlichen Aufwärtstrend, sagt LG-Manager Speidel.

"Der Markt für Digital Signage wächst weiterhin mit guten Raten, so auch bei LG", erklärt der langjährige Display-Produktmanager und künftige Product Development Manager Dieter Speidel und nennt für sein Unternehmen (Stand Mai 2011) im Bereich Digital Signage ein Wachstum von 210 Prozent.

"Neben dem Bereich Retail zeigen unter anderem auch Industrie, Hospitality und Bildung einen deutlichen Aufwärtstrend", fügt er hinzu, sieht aber auch, dass die Märkte in anderen europäischen Ländern teils wesentlich schneller wachsen als in Deutschland.

"Vor allem in Deutschland sind nach wie vor hohe Wachstumsraten festzustellen, die den Markt auch in den kommenden Monaten beleben werden", sagt indes Frank Kalisch, Sales & Marketing Director Display bei Samsung Electronics Deutschland und liegt damit nicht zwingend im Widerspruch zu LG-Manager Speidel.

"Vor allem in Deutschland sind nach wie vor hohe Wachstumsraten festzustellen", so Samsung-Manager Kalisch.

"Auf europäischer Ebene betrachtet, erwarten wir 2012 für Public Displays ein Marktvolumen von mehr als 200 Millionen Dollar", so Kalisch. Am stärksten ist ihm zufolge immer noch die Nachfrage nach Lösungen am Point of Sales und Point of Information (POI), aber auch Informationen und Werbung in Form sogenannter Infoscreens (teils vernetzt und mit Touch-Lösungen) ausgestattet, rückten immer mehr in den Fokus.

Hyundai IT freut sich, dass im Juni 2011 bereits der Gesamtabsatz des Vorjahres erreicht wurde. Die meisten Anfragen und Verkäufe kommen wie bei den anderen Anbietern überwiegend aus dem Retail-Segment in der DACH-Region. Das Unternehmen ist stolz, mit kundenspezifischen Lösungen europaweit Großprojekte unter anderem von französischen Automobilkonzernen gewonnen zu haben.

Thema erfasst Groß wie Klein

Digital Signage gewinnt laut NEC-Manager Hardge branchenübergreifend an Bedeutung.

Von teils überdurchschnittlichen Wachstumsraten, weiß Lutz Harde, General Manager Sales Central Europe & Central East Europe, bei NEC Display Solutions Europe, zu berichten. "Das Thema gewinnt branchenübergreifend massiv an Bedeutung und betrifft Unternehmen jeder Größenordnung", freut sich Hardge, schließlich geben sich sein Unternehmen und Samsung, was die Marktführerschaft angeht, insgesamt oder in einzelnen Segmenten immer wieder die Klinke in die Hand.

Schön in Szene gesetzt, der 65-Zöller aus der neuen NEC V-Serie.

Die meisten Anfragen kämen aus dem Retail, aber auch in der Mode- und Transportbranche würden die Lösungen verstärkt eingesetzt. Wie der NEC-Vertriebschef betont, bietet sein Unternehmen ein sehr umfassendes Portfolio "von praktikablen Einstiegsmodellen wie den Public Displays der V-Serie mit Digital-Signage-Software über innovative Touch-Lösungen bis hin zu LED-basierenden Videowänden für anspruchsvollste Outdoor-Installationen".

Gemeint ist zum Beispiel Public Viewing, wofür meist solche LED-Wände eingesetzt werden. Panasonic hat gerade mit Abmessungen von 200 x 80 Fuß die weltgrößte Outdoor-Bildwand mit HD-Auflösung für den Charlotte Motor Speedway in North Carolina aufgestellt.

NEC-Vertriebschef Hardge zufolge profitiert auch sein Unternehmen von der steigenden Nachfrage nach Videowalls oder LED-Modulen. "Die Integration von Digital-Signae-Displays in Stelen und Möbeln spielen in Verbindung mit Interaktivität mittlerweile ebenfalls eine wichtige Rolle." Langfristiges Ziel der DS-Lösungsanbieter sei es, Informationen jederzeit und überall abrufbar zu machen.

"Im Prinzip können alle möglichen Endgeräte wie Smartphones und Tablet-PCs in diese Anwendungen eingebunden werden", so Hardge. Als "Marktführer und Vorreiter bei Public Displays habe NEC jahrelange Erfahrungen in Projekten gesammelt und ein großes Komponentennetzwerk aufgebaut.

Geht PC-Replacement nicht vor?

Die Frage, ob nach Abebben der Krise nicht eher Gelder in das PC-Replacement und Monitorneukäufe als in Digital Signage fließen, wird von der Unternehmensvertretern sehr unterschiedlich beantwortet. Hyundai IT zum Beispiel sieht keine direkte Abhängigkeit zwischen Monitormarkt und Public Displays, da beide Bereiche aus "unterschiedlichen Budgettöpfen gespeist" werden und es sich meist auch um verschiedene Käufergruppen handele. Public Displays böten aber das größere Wachstumspotenzial.

LG war einer der ersten Hersteller mit so einem Strechted Display, das wie hier nicht nur als Bahnhofanzeige verwendbar ist.

LG-Manager Speidel sieht ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen PC-Replacement und dem DS-Geschäft. In beiden Bereichen werde aktuell investiert. Ähnlich äußert sich auch Samsungs Display-Direktor Kalisch. Was Digital Signage angehe, sei eine vermehrte Investitionsbereitschaft festzustellen. "Die Mittel dafür entstammen oftmals aus einer Neubudgetierung vorhandener Werbemaßnahmen, zum Teil aber auch aus zusätzlich geschaffenen Budgets."

Kindermann-Vertriebschef Fries hingegen ist mit den positiv gestimmten Herstellervertretern nicht ganz d‘accord. "Nach der Krise sind noch nicht alle Etats wieder freigegeben. Kurioserweise kam für mane Unternehmen der Aufschwung so schnell, dass man noch gar keine Budgets für Digital Signage vorgesehen hat. Daher rechnen wir erst ab nächstem Jahr mit gesteigerten Investitionen in dem Bereich.

3D geht öffentlich nur ohne Brille

Als ein Trend in dem Bereich macht er immer größere Bilddiagonalen aus, denen Kindermann in Bälde mit einem sehr "interessanten 70-Zoll-Display" begegnen werde. Ein anderer wichtiger Trend ist für Fries der zu steglos zusammengesetzten mehreren Displays.

Samsung-Videowand als Lösung für Shopping Malls.

Kalisch zufolge hat Samsung im Juni mit einer Reihe "neuer LED Large Format Display-Serien" einen wichtigen Trend aufgegriffen. In naher Zukunft werde Samsung auch verstrkt Präsenz mit Touch- und eBoard- sowie Software-Lösungen für Content Management etwa zeigen. Samsung arbeite nach Präsentation eines großen Prototypen auf der IFA 2010 auch schon verstärkt an brillenlosen 3D-Lösungen, womit dies ebenfalls ein Zukunftsthema für Digital Signage werden soll.

In Einkaufszentren könnte sich 3D zu einem Werbemagneten entwickeln, aber da man dort nicht jedem Vorbeilaufenden eine Brille aufsetzen kann, geht es mit autostereoskopischen Displays, die eben keine Rot-Grün-, Polfilter- oder Shutterbrille erfordern.

Hier ist der autostereoskopische 55-Zöller von Tridelity in der animierten Aktion.

Was solche zukunftsweisenden autostereoskopische Public Displays angeht, sieht sich der Schwarzwälder Hersteller Tridelity ganz weit vorn und hat auf der diesjährigen Computex in Taipei (Taiwan) auch schon einen solchen 55-Zöller präsentiert, der wirklich ein überzeugendes 3D-Bild ohne Brille erzeugt. Andere früher gezeigte Lösungen wie etwa von Toshiba waren immer noch sehr stark vom Blickwinkel und Betrachtungsabstand abhängig.

So auch die ersten von LG. Der koreanische Hersteller hat bei dem deutschen 3D-Guru Lutz Möhr in der ständigen Ausstellung vor Jahren schon ein brillenloses 3D-Display für Shopping Malls gezeigt, da die kritische Masse aber nicht erreicht wurde, ist das Gerät aber nie in die Serienproduktion gegangen. Das Ziel sei aber bei allen Anbietern das gleiche: 3D ohne Brille, sagt LG-Manager Speidel.

Wenn es um Größe geht, lagen Plasmabildschirme wie der 103-Zöller von Panasonic lange vorn, aber das LCD-Lager holt auf.

Die aktuellen Trendthemen

Trendthemen, die er heute und in Zukunft im DS-Markt sieht, sind "sparsamere, umweltfreundliche Geräte, neue Einsatzgebiete und die Vernetzung der Geräte über das Web. Die Software wird ganz neue Möglichkeiten und Perspektiven auftun, so auch neue Interaktionsmöglichkeiten auf den Plan bringen", so Speidel.

Hyundai IT sieht die digitale Außenwerbung als einen großen Wachstumstrend und habe in Klimaextremen wie Skandinavien und Spanien schon entsprechende Lösungen erprobt. 3D spiele im DS-Markt zwar eine untergeordnete Rolle, aber mit dem S488FL habe Hyundai IT ein 3D-fähiges Public Display entwickelt, das sich problemlos zu einer großen 3D-Videowand aufbauen lasse.

Den fast rahmenlosen NEC MultiSync X551UN muss man erstmal einzeln auf sich wirken lassen. Noch beeindruckender ist eine ganze Videowall daraus.

Das Unternehmen verweist dabei auf den 3D-Spezialdistributor VRLogic, bei dem diese Videowände angemietet werden können. Niedrigen Stromverbrauch und eine geringe Bautiefe, unterstützt durch LED-Backlight, nennt NEC-Manager Hardge als einen Trend, ein weiterer sind für ihn Schaufensterinstallationen, denen das Unternehmen mit dem exklusiv für helle Umgebungen entwickelten MultiSync X461HB begegne.

"Der große Digital-Signage-Trend in diesem Jahr sind Videowall-Installationen", fügt Hardge hinzu und nennt dabei den MultiSync X551UN als erstes Public Display mit Full-HD-Auflösung, direkter LED-Hintergrundbeleuchtung und einem ultraschmalen Rahmen von 5,7 mm.

Lohnt sich das Geschäft noch?

Auch Digital Signage und Public Displays sind einem gewissen Preis- und Margenverfall unterworfen, aber dieser scheint sich nach Aussagen der Hersteller sehr in Grenzen zu halten. "Der Preisverfall macht sich bei reinen Hardware-Verkäufen bemerkbar, allerdings weniger im Lösungsgeschäft. Da Händler hier neben dem Hardware- und Software-Equipment vor allem Support, Service- und Wartungsleistungen sowie Training anbieten, ist der Effekt eines möglichen Preisverfalls in der Gesamtbetrachtung her gering", sagt Samsung-Manager Kalisch und verweist Händler auf das "Samsung IT Power Partner Program", das von Info- und Marketingmaterial bis hin zur Projektunterstützung reicht.

"Insbesondere bei Dienstleistungen wie Installation, Wartung und Content-Produktion bieten sich interessante Handelsspannen. Darum ist es für den Fachhandel wichtig, dem Kunden mit Know-how und Erfahrungswerten zu begegnen", meint Hardge und fügt hinzu, dass NEC die Händler mit dem Partnerprogramm SolutionsPlus, durch Trainings, Vorort-Support, mit Info- und Markeingmaterial sowie mit Web-Tools wie den Public-Display und Videowand-Konfigurator unterstütze.

LG hat hierzu den Partner Club aufgelegt und will diesen noch erweitern, indem er "zu einer zentralen Ressource für Dokumente und Material ausgebaut wird", erklärt der dezidierte Business Development Manager Speidel.

Außerdem winkten registrierten Händlern über ein neu aufgelegtes Punkteprogramm so manche "schöne Prämien". Last but not least suche LG auf den eigenen Veranstaltungen zum Thema Digital Signage das direkte Gespräch mit den Partner und Fachhändlern. Denn, so Speidel: "Uns ist bewusst, dass der gegenseitige Austausch wichtig ist und wir nehmen die Bedürfnisse unserer Händler ernst."

Fries zufolge hat Kindermann die Erfahrung gemacht, dass vor allem kleine Projekte noch durchaus interessant sind und da Margen von zehn bis zwanzig Prozent winken. "Gerade hier kann der Händler punkten, der sowieso die Nähe zum Kunden hat. So werden Digital-Signage-Lösungen zum lukrativen Zusatzgeschäft." Da der Markt noch Zukunftspotenzial habe, lohne sich der Einstieg auf jeden Fall für Händler, egal ob aus dem IT- oder AV-Channel. "Es liegt am Händler, ob er im Bereich Digital Signage tätig werden will, die Türen stehen allen offen", so Fries. (kh)