EMC-Forum 2012

EMC spielt seine Trümpfe aus

19.09.2012
Dem bisherigen Platzhirschen NetApp erwächst in EMC ein stärker werdender Gegner im Mittelstandsgeschäft. Das wurde auf dem EMC-Forum sichtbar. Aber auch HP bekommt den jungen Channel-Player zu spüren. EMC spielen - neben der VNXe-Linie - vor allem die zugekauften Trümpfe Isilon, Datadomain und Avamar in die Hände. Und mit VSPEX hält EMC gegen die NetApp-Flexpods.
Rund 380 Partner lockte das EMC-Forum nach Frankfurt
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Dem Platzhirschen NetApp erwächst in EMC ein stärker werdender Gegner im Mittelstandsgeschäft. Das wurde auf dem EMC-Forum sichtbar. Aber auch HP bekommt den jungen Channel-Player zu spüren. EMC spielen - neben der VNXe-Linie - vor allem die zugekauften Trümpfe Isilon, Datadomain und Avamar in die Hände. Und mit VSPEX hält EMC gegen die NetApp-Flexpods.

Für viele Partner hat sich nach eigenem Bekunden der Weg zum EMC-Forum nach Frankfurt gelohnt. Denn abgesehen von der Gelegenheit, die Ansprechpartner des Herstellers zu treffen, wurden hier zahlreiche Neuerungen angekündigt.

Programm für Enterprise-Partner

So will EMC noch im laufenden dritten Quartal für Enterprise-Partner das Partnerprogramm "Enterprise Partner Select" auflegen. "Es honoriert Systemhäuser und Dienstleister, die bei ihren Bestandskunden Lösungen aus den neuen Bereichen (Isilon, Datadomain, Greenplum oder Avamar) verkaufen oder neue Großkunden akquirieren", führt Channelchef Martin Böker aus. Insgesamt habe EMC seit Beginn des Jahres rund 180 neue Endkunden gewonnen.

Deal-Registrierung beschleunigt

Mit Nachdruck brachte Böker auch das Thema Deal-Registrierung aufs Tablett, das die Partner im vergangenen Jahr heftig bewegte: "Das haben wir jetzt Portfolio-übergreifend im Griff." Egal, ob der Partner sein Projekt direkt bei EMC oder einem der Distributoren registriert - binnen 24 Stunden werde der Antrag geprüft und eine klare Zu- oder eine Absage erteilt. "Wenn sich ein Account-Manager bei EMC nicht an dieses Vorgehen hält, kriegt er das Projekt nicht", stellt Böker klar.

Diese Konsequenz spiegelt sich in den Zahlen wieder: Der Anteil der Deal-Registrierungen ist laut Aussage des Channel-Chefs binnen eines halben Jahres um 77 Prozent gestiegen. Der Anteil der gewonnenen Projekte kletterte nahezu um denselben Wert (74 Prozent).

Mehr Demo-Center und Test-Systeme

Schon IBM war mit den bundesweit eingerichteten PSCs (Partner Solution Center) erstmals der Durchbruch bei jenen Partnern gelungen, die vor allem Mittelstandskunden betreuen. Ähnliche Erfahrungen machte offenbar auch EMC, nachdem das seit langem bestehende Democenter in München um weitere Center in Schwalbach und Neuss ergänzt wurden. In Berlin öffnete Anfang August ein weiteres Center, im September folgte Stuttgart, und bis Ende des Jahres soll ein weiteres Labor in Hamburg ans Netz gehen. "Die Center werden extrem viel für Demos und Evaluierungen genutzt. Sie haben sich als Dreh- und Angelpunkt für Partner und Endkunden erwiesen", so das Fazit von Ingo Gehrke, Sales Director Midmarket & Public bei EMC.

Obendrein will EMC die Demo-Stellungen im Rahmen des Velocity-Programms um Datadomain-Lösungen erweitern. Und noch eine Forderung der Partner wurde umgesetzt: Sie können jetzt kleinere EMC-Systeme für 85 Euro pro Woche mieten.

VSPEX 2.0 kommt mit Middleware

Auf großes Interesse stieß in Frankfurt auch die Ankündigung von VSPEX 2.0. Bislang umfasste die Datacenter-Referenzarchitektur integrierte und vorvalidierte Storage-, Netzwerk-, Server-Systeme, eine Virtualisierungs-Plattform und teilweise auch Security-Komponenten.

Die neue Generation 2.0 wird zusätzlich mit Middleware von FluidOps ausgestattet sein, um Management und Integration zu erleichtern. Sie soll noch im Laufe dieses Quartals auf den Markt kommen. Der Einstandspreis liegt bei rund 6.400 Euro (HEK).
FluidOps ermöglicht es, den kompletten Stack zu steuern und neue Storage-Aufbauten zu kopieren. Wie bei den Vorgängermodellen bieten die beteiligten Hersteller auch für VSPEX 2.0 einen Single Support, den entweder der Partner selbst oder der externe EMC-Dienstleister DataOpt erbringt. Reseller können bei Kapazitäts-Engpässen außerdem auf EMC-Mitarbeiter zugreifen.

Finanzieren lassen sich die neuen wie die alten VSPEX-Designs inklusive 3rd Party Produkten über EMC GFS (Global Finance Services).

Vspex
VSPEX 2.0

Von den - verglichen mit den Vblocks - weitaus flexibleren VSPEX-Designs standen vor einem halben Jahr 15 Varianten zur Verfügung. Heute sind es 50, die allerdings oft nur geringfügig von den Haupt-Designs abweichen und überwiegend noch mit VMware ausgestattet sind.
"Im Bereich Forschung und Lehre steigt aber die Nachfrage nach Microsoft Hyper-V", so Böker, "was hauptsächlich daran liegt, dass Microsoft den F&L-Bildungseinrichtungen die Lizenzen kostenlos zur Verfügung stellt". Bei VMware gibt es hier offensichtlich Nachholbedarf - ein spezielles Programm für Forschung & Lehre fehlt noch.

"Ein Muss für Partner: Service-Providing"

Momentan vermarkten 35 EMC-Partner, unter ihnen IT-Haus, Janz-IT und Inforsacom, Cloud-Services auf Basis von VSPEX, häufig veredelt mit eigenen Dienstleistungen. "Ich bin überzeugt, dass mittelständische und kleine Kunden sehr schnell diese Art Services von Partnern einfordern werden", prognostiziert Gehrke.

Schon heute seien es keineswegs nur die großen Partner, an die sich mittelständische Kunden mit Cloud-Anfragen wenden, so die Erfahrung bei EMC. "Dreh- und Angelpunkt bei allen Anfragen ist aber, dass Dienste und Hosting in Deutschland erbracht werden", merkt Böker an.
Bei Mittelständlern seien vor allem Backup as a Service ebenso wie Hosting-Angebote beispielsweise für Sharepoint und Voice-Lösungen gefragt. "Partner, die sich nicht mit Services-Angeboten befassen, werden langfristig ein echtes Problem haben", mahnt Gehrke.

"EMC-Vertrieb gedreht"

EMC hat im ersten Halbjahr 2012 vor allem in den Support für die neuen Reseller und in die zugekauften Lösungsbereiche - allen voran Isilon und Datadomain - investiert. "Allerdings immer mit der Maßgabe, dass sich die Reseller bei Projekten nicht gegenseitig auf die Füße treten", wie Böker betont. Isilon und Datadomain wurden ins EMC-Partnerprogramm, die Vertriebsteams in die Channel-Organisation integriert.

Insgesamt hat EMC in diesem Zeitraum 141 Partner ausgebildet und zählt inzwischen 360 regelmäßig kaufende Reseller zu seinen Partnern. Im Bereich Midmarket liegt Channel-Rate derzeit bei 97 Prozent. "Jedes Neu-Geschäft und das klassische SMB-Business machen wir nur mit dem Channel", so Gehrke. "Wir haben die Vertriebsmannschaft hausintern gedreht. Das funktioniert, weil jeder Deal über den Channel dem EMC-Account einen echten Vorteil bringt. Diese konsequente und kontinuierliche Abstimmung zwischen Midmarket und Channelteam war und ist der Schlüssel zum Erfolg."

Mit Isilon und Datadomain gegen NetApp & HP

EMC-Management (v.l.): Ingo Gehrke, Sales Director Midmarket & Public, Sabine Bendiek, Deutschland-Chefin, und Martin Böker, Partner Sales Manager bei EMC Deutschland
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Die Bedeutung von Isilon, Datadomain, Avamar und Greenplum ist - neben der noch jungen eigenen Mittelstandsfamilie VNXe - für EMC kaum zu überschätzen. Denn für viele Partner wurde EMC als Alternative zu HP oder NetApp erst interessant, als sie dort ein umfassendes Portfolio vorfanden. "Das ist ein wesentlicher Haupttreiber. Viele kommen über diesen Weg zu EMC", berichtet auch TIM-Vorstand Jörg Eilenstein. Um 77 Prozent kletterte bei EMC der Umsatz mit Isilon im ersten Halbjahr 2012. Den Löwenanteil dazu (84 Prozent) steuerte der Channel bei.

Gewonnen hat ECM auf diesem Weg rund180 neue Midmarket-Endkunden - teils mit Datadomain und Avamar-Projekten, teils stand die Runderneuerung der kompletten Infrastruktur an. Unter ihnen waren nicht nur ehemalige HP-, sondern auch NetApp-Kunden.

Projekte werden gegen NetApp vor allem gewonnen, weil EMC nun über Unified Storage hinaus das kompletteres Portfolio anbieten kann, vor allem hinsichtlich Backup mit Datadomain, ebenso wie wir mittels Isilon jetzt das Thema Big Data Analysen abdecken können, bei denen bislang NetApp die Nase vorn hatte. Darin sind sich Partner und Distributoren mit EMC einig.

Behörden in Partner-Hand

Im Bereich der Öffentlichen Hand ist EMC ebenfalls klar auf Channelkurs: Der Umsatzanteil der Vertriebspartner liegt inzwischen bei 74 Prozent. Wir wickeln mit dem Channel viele Themen ab, die wir früher mit Fujitsu gemacht haben", so Gehrke. Zunehmend wichtiger werden hier neben klassischen Systemhäusern auch die Consulting-Partner.

"Ära Fujitsu und Dell abgeschlossen"

Die Trennung von den langjährigen Partnern Fujitsu und Dell, die sich seit etwa eineinhalb Jahren unabhängig von EMC mit eigenen Lösungen positionieren, scheint EMC inzwischen überwunden zu haben. Denn auch ohne die beiden Wettbewerber steuert der Channel in Deutschland aktuell rund 70 Prozent zum Umsatz bei. 2010 lag dieser Anteil zwar bereits bei 65 Prozent - allerdings schlug EMC damals auch die Umsätze mit Dell und Fujitsu noch dem indirekten Vertrieb zu. Und Dell allein steuerte in der Vergangenheit bis zu einem Drittel zum Channel-Umsatz bei.
Böker fügte allerdings einschränkend hinzu, dass sich der Channel-Anteil an den Gesamtumsätzen übers komplette Jahr 2012 gerechnet wohl eher bei 55 Prozent einpendeln werde, weil "über die sehr großen Partner auch einige sehr große Projekte laufen". Nähere Details dazu wollte das Unternehmen allerdings nicht bekannt geben.

Die wachsende Zahl aktiver Systemhauspartnern hat diese Einbußen offenbar mehr als wettgemacht. "Wir sind im ersten Halbjahr 2012 mit dem Channel um 20 Prozent gewachsen", zieht EMC-Channelmanager Martin Böker Bilanz.


"Wir haben die Ära von Fujitsu und Dell hinter uns gelassen", zieht Ingo Gehrke Bilanz. Noch nicht ganz abgenabelt hat sich EMC von der Partnerschaft mit Fujitsu im Bereich Öffentliche Verwaltung. Gehrke will aber auch diesen letzten Strang bis 2013 gekappt haben und prophezeit mit Blick auf die Verbrüderung des Wettbewerbers NetApp mit Fujitsu: "Auch NetApp wird noch das Problem bekommen, das EMC mit Fujitsu hatte."

(rb)