Apple, Amazon, T-Mobile

IT-Patente und manche kuriose Geschichte

20.04.2012 von Ruwen Schwerin
Um "iPod" und "eiPott" tobte 2010 ein heftiger Streit. Nur ein Beispiel für zahlreiche Rechtsklagen aus der Vergangenheit.

"Alles, was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden." Die Legende besagt, dass der US-amerikanische Jurist und Patent-Kommissar diesen Satz 1899 in einem Brief an den Präsidenten William McKinley geschrieben hat.

Zwar wird das weitgehend für unwahr gehalten – trotzdem war es gut, dass die für Patente und Markenzeichen zuständigen Stellen ihre Arbeit nicht eingestellt haben. Unzählige Erfinder und Geschäftsleute haben nämlich seither für genug Arbeit gesorgt, weil sie für ihre genialen Ideen einen rechtlichen Schutz beantragt haben. Es ist auch nicht absehbar, dass sich das jemals ändern wird.

Einige der Anträge zielten auf den Schutz von Ideen und Produkten ab, die die Welt verändert haben. Andere sind bemerkenswert, weil sie auch vorher schon Erfindern und Geschäftsleuten Kopfschmerzen bereitet haben dürften. Ganz unabhängig davon, dass diese Patente oder Markenzeichen sich teilweise auf Dinge beziehen, von denen die meisten Menschen sowieso nicht geglaubt hätten, dass man sie überhaupt patentieren kann – oder sie waren gefühlsmäßig einfach schon immer da. Wussten Sie etwa, dass man eine Farbe patentieren kann?

Im Folgenden stellen wir Ihnen neun bemerkenswerte Beispiele für Patente und Marken aus der Technikwelt vor. Doch wer selbst etwas patentieren möchte, sollte beachten, dass diese Materie nicht ganz einfach ist – und so lustig sich die Geschichten teilweise anhören, man sollte immer derjenige sein, der im Recht ist. Alles andere kann teuer werden.

Der Apfel, die Mac-Attacke

Im Jahr 1978 wurde die junge Computerfirma Apple Computer zwei Jahre alt und hatte bereits Mühe, die eigene Marke und die Corporate Identity zu etablieren. Schlimmer noch, die Störenfriede waren ein Quartett, das Steve Jobs wegen seiner Musik verehrte: The Beatles.

Apple Corps Ltd.

Die als „Fab Four“ bekannten Musiker, die ihr Unternehmen Apple Corps Ltd. im Jahr 1968 als Managementunternehmen gegründet hatten, um ihre Geschäfte international zu überwachen, waren der Ansicht, dass der Name und die Tätigkeiten des Unternehmens Apple Computer dem eigenen viel zu ähnlich seien. Deshalb verklagte die Apple Corps Ltd. das Unternehmen Apple Computer. Der Streit konnte im Jahr 1981 beigelegt werden – aber die nächste Klage folgte schon im Jahr 1986, weil die Computer von Apple sich immer mehr auch auf die Musik ausrichteten. Dieser neuerliche Streit konnte schließlich 1991 entschieden werden.

Doch ein Ende war nicht in Sicht. 2003 verklagt Apple Corps Ltd. Apple Computer erneut – diese waren mit ihrem iTunes Music Store mittlerweile im großen Stil ins Musikgeschäft eingestiegen. Im Jahr 2007 schlossen die beiden Unternehmen schließlich wieder Frieden – diesmal offensichtlich dauerhaft. Man sagt, dass die Einigung die noch lebenden Beatles-Mitglieder nicht gerade ärmer gemacht habe.

Das einzige Zeichen einer wirklich harmonischen Beziehung zwischen Apple und den Beatles wäre nach Ansicht der meisten Musikliebhaber und/oder Computerfreaks sicher, dass man die Alben der ursprünglich vier Musiker im iTunes Store kaufen kann. Doch zumindest das ist nicht der Fall.

Die Mac-Attacke

Ein früher Mitarbeiter von Apple, Jef Raskin, hatte einen Lieblingsapfel, den sogenannten McIntosh. Weil das aber auch der Name eines Herstellers von Highend-Audiogeräten war, verlieh er dem neuen Computer, den er maßgeblich mitentwickelte, den absichtlich falsch geschriebenen Codenamen Macintosh. Er glaubte damit jedes markenrechtliche Problem umgehen zu können.

McIntosh

Da lag er aber falsch: Die Leute von McIntosh waren nicht begeistert, dass es plötzlich einen Computer gab, dessen Name ganz ähnlich klang wie der der eigenen Lautsprecher. Da nützte auch ein Brief von Steve Jobs nichts: "Wir haben uns sehr an den Namen Macintosh gewöhnt. Ähnlich wie ein eigenes Kind, hat unser Produkt eine ganz bestimmte Persönlichkeit entwickelt." Laut dem Apple-Historiker Owen Linzmayer konnten sich die Computer-Firma und das Audio-Unternehmen 1983 einigen. Apple zahlte dafür, dass der Name Macintosh uneingeschränkt verwendet werden konnte – wie viel genau gezahlt wurde, ist bis heute ein Geheimnis. Immerhin gibt es beide Unternehmen noch heute.

Amazon, die Farbe Magenta

Amazons 1-Click-Funktion

Es klingt etwa so, als wolle man die Idee patentieren lassen, dass man in einem Supermarkt eine Kasse eröffnet, an der sich nur Kunden anstellen dürfen, die acht oder weniger Produkte bezahlen wollen. Aber Amazon hat seit 1999 tatsächlich die E-Commerce-Funktion patentieren lassen, dass die Kunden mit nur einem Klick Waren in ihrem Onlineshop kaufen können.

Die Folge ist, dass diese effektive Funktion des Großunternehmens in keinem anderen Internetshop zu finden ist, den eigenen Kunden den schnellen Kauf ermöglicht, viel Geld einbringt und die Konkurrenz mächtig verärgert. Amazon hat mittlerweile eine Lizenz für das 1-Click-Konzept an Apple für dessen iTunes Store verkauft – aber den Erzrivalen Barnes & Noble brachte man wegen einer sogenannten Express-Lane-Funktion vor Gericht.

In den vergangenen zehn Jahren haben die Kritiker des US-Patentsystems häufig die 1-Click-Funktion als Beispiel dafür gebracht, dass Unternehmen ein gesetzliches Monopol auf etwas erhalten, das es offensichtlich bereits vorher gab. Im Jahr 2001 versprach Technikexperte Tim O'Reilly 10.000 Dollar Kopfgeld – man musste nur aufdecken, dass die Idee bereits vorher verwendet wurde. Hinweise fanden sich etwa in einem europäischen Patent auf TV-Shopping und in TV-Serien wie Cheers, Doonesbury und Star Trek. Viele Aspekte des Patents sind mittlerweile aufgehoben worden, wenn auch nicht alle; trotzdem tut Amazon noch immer alles, um es zu bewahren.

Eine Farbe als Markenzeichen

T-Mobile und die Farbe Magenta

Wenn Sie etwas rosa färben, könnten Sie Ärger mit Owens Corning bekommen, denn dieses Unternehmen hat eine Marke auf die Farbe Pink für einIsolierungsmaterial angemeldet. Ja, es ist möglich, eine Farbe zu einer Marke zu machen – zumindest, soweit es sich um eine bestimmte Art von Produkt oder um ein bestimmtes Geschäftsfeld handelt. Der Präzedenzfall war eine Entscheidung von 1995 in den USA. Hier waren zwei Hersteller von Reinigungsmaschinen involviert, die sich über einen bestimmten Farbton (Grün-Gold) stritten.

Wenn Sie also ein Mobilfunkfirma gründen, müssen Sie mit der Farbe Magenta sehr vorsichtig sein. Das ist nämlich die Farbe von T-Mobile, sie ziert deren Logo, wird in der Werbung verwendet und bestimmt sogar die Dekoration der hauseigenen Geschäfte. Die Deutsche Telekom hat Magenta in Deutschland geschützt und macht das anderen Unternehmen notfalls mit rechtlichen Schritten deutlich.

In den Vereinigten Staaten ist es wohl noch kein eingetragenes Markenzeichen, trotzdem wendete sich T-Mobile 2008 an einen US-Blog namens Engadget, weil im Logo von Engadget Mobile (einem Blog zu Themen rund um Handys und Mobilfunk) ebenfalls die Farbe Magenta, zumindest so ähnlich, verwendet wird. Die Post von der Telekom erregte unter den für solche Themen sensiblen Bloggern viel Aufsehen und Engadget setzt seither erst recht auf diese Farbe.

R2-D2, ein heiliger Name

R2-D2 aus Star Wars

Handynamen sind eigentlich etwas ziemlich Banales, möchte man meinen. Das erste Android-Telefon von der US-Firma Verizon bekam einen eher ungewöhnlichen Namen: Droid. Noch ungewöhnlicher ist aber, dass man dafür um Erlaubnis fragen musste.

Das Unternehmen Lucasfilm von George Lucas hat sich diesen Begriff gesichert, dank einem Antrag auf Markenschutz, der auf das Jahr 1977 zurückgeht. Im gleichen Jahr erblickten C-3PO und R2-D2 in Star Wars das Licht der Welt. Lucasfilm sicherte sich den Begriff "Droid" für den Einsatz im Telefonbereich im Oktober 2009, kurz bevor die Geräte von Verizon in den Verkauf gingen. Das Ende vom Lied ist, dass dieser Name nun unter Lizenz von Lucasfilm verwendet wird.

Teilweise nachvollziehbar: Die Menschheit benannte menschenähnliche Maschinen zwar seit dem 18. Jahrhundert als "Androiden", aber George Lucas hat den Begriff "Droid" in seinem Star-Wars-Skript erst ein Vierteljahrtausend später geprägt.

Over the Edge – ein Name sei heilig

EDGE Games

Der Spieleentwickler EDGE Games aus Kalifornien hat seit Jahren keinen neuen Titel herausgebracht. Aber jedes Mal, wenn ein anderes Unternehme ein Spiel mit "Edge" im Namen herausbringt, dann kracht es. EDGE hat rechtliche Schritte gegen EA (Mirror's Edge), Namco (Soul Edge), New World Computing (Edge Planet) und gegen Marvel (diverse Comics mit Edge im Namen) angestrengt oder angedroht.

Am bekanntesten ist das Engagement des Unternehmens in einem langen, bizarren Rechtstreit mit Mobigames über dessen iPhone-Spiel Edge, das letztendlich in Edgy umbenannt wurde. Selbst diesen Namen empfand EDGE als der eigenen Marke zu ähnlich.

Danach wendete sich EDGE einem anderen iPhone-Spiel zu, Killer Edge Racing. Verschiedene iPhone-Spiele-Entwickler konterten auf ironische Weise: Sie kündigten Pläne für Spiele mit den Namen FEDGE, Edgeliss, LEDGE Dismount und Edgeward McEdgington an. EDGEs Haltung zu U2s „The Edge“, der Seifenoper „The Edge of Night“ und der Stadt Edgewood (Washington) bleibt abzuwarten.

Smileys, Podcasting

Emoticons

Seit den 1980er-Jahren werden Emoticons auf breiter Basis im Netz benutzt, um Freude, Traurigkeit, Schüchternheit, Verachtung oder andere Gemütsregungen auszudrücken, die ein Mensch empfinden kann. Ihre Vorgänger gehen bis auf das 19. Jahrhundert zurück. Aber das hat Schlauberger nicht davon abgehalten, Lücken zu suchen und Patente in diesem Bereich anzumelden.

Im Jahr 2005 meldete Cingular (jetzt AT&T Wireless) ein Patent an, das allgemein so eingeschätzt wurde, dass es dem Unternehmen die exklusiven Rechte an Emoticons auf Telefonen sichern würde. Einige jedoch sagten, dass es sich nur auf einen speziellen Knopf zur Erstellung von Emoticons bezog.

Im gleichen Jahr reichte Microsoft ein Patent für etwas namens „emotiflags“ ein – im Grunde schlichte Emoticons, mit denen ein E-Mail-Schreiber eine Nachricht je nach seiner Stimmung markieren kann. Das Patent ging im Jahr 2009 durch – auch wenn Lotus Notes schon lange sogenannte „Mood Stamps“ dafür nutzt, dass E-Mails vom Verfasser je nach aktueller Stimmung gekennzeichnet werden können. Hört sich gleich an, ist es wohl aber nicht.

Auch offline finden sich hier Beispiele: Im Jahr 2006 hat Wal-Mart erfolglos versucht, den lachenden gelben Smiley als Marke anzumelden, der wohl das bekannteste und am meisten verwendete Emoticon überhaupt ist. Dieser Versuch wirkt besonders anmaßend, wenn man bedenkt, dass ein Werbegrafiker bereits 1963 den ersten gelben Smiley gezeichnet hat.

Hey, wir haben gerade Podcasting patentieren lassen!

VoloMedia

Im Juli 2009 hat ein Medien-Vertriebs-Unternehmen namens VoloMedia – früher als PodBridge bekannt, davor als AudioFeast – angekündigt, dass ein Patent mit dem Titel "Verfahren zur Bereitstellung von episodischen Medien" angemeldet wurde, in dem ein System für die Verteilung von Audio- und Videoinhalten über das Internet beschrieben wird. Klingt ein wenig wie Podcasting? Nun, das Unternehmen selbst jedenfalls glaubt, dass es das tut: Der Titel der Veröffentlichung in den Nachrichten lautete: "VoloMedia bekommt US-Patent für Podcasting."

In einem Blog-Eintrag sagte Mergesh Navar von VoloMedia, "wir erwarten neue Marktteilnehmer in der Podcasting-Arena, in kooperativer Beziehung mit VoloMedia, wie bereits viele der aktuellen Spieler." Das klang ein bisschen wie eine Drohung gegen Möchtegern-Podcaster.

In einem zweiten Beitrag sagte Navar, dass VoloMedia ein Unternehmen sei, das "weder Produkte, noch Technologien habe, sondern Patente erwerbe und verwalten und gegen Verletzungen aufgrund von Rechtsstreitigkeiten angehe." Klingt etwas weniger alarmierend – nur dass Navar nicht meint, dass VoloMedia nicht selbst andere verklagen wird. Er sagt einfach, dass das Unternehmen nicht nur vorhanden ist, um andere Unternehmen zu verklagen.

Ärger mit der Maus

Mighty Mouse

Als Apple im Jahr 2005 eine Maus namens Mighty Mouse veröffentlichte, bat man vorsichtig um Erlaubnis von Viacom, dem derzeitigen Eigentümer von Mighty Mouse – einem animierten Nager, der schon seit 1942 virtuelle Kriminalität bekämpft. Viacoms Eigentum der Marke wurde von Apple anerkannt. Aber Apple hatte nicht den Segen des Unternehmens Man & Machine, einem kleinen Unternehmen für Peripheriegeräte, das mit dem Verkauf einer Mighty Mouse bereits im Jahr 2004 begann. Im Jahr 2005 klagte Man & Machine und dem Unternehmen wurde 2009 markenrechtlicher Schutz des Begriffs gewährt.

(Randnotiz: Der kriminalitätsbekämpfende Comic-Held hatte mal ganz vergleichbare Probleme. Er hieß nämlich erst Super Mouse, aber nur bis der Besitzer einer anderen Super Mouse dagegen klagte.)

Apple hat seine neuesten markenrechtlichen Probleme bei einer neuen Multitouch-Maus mit einem neuen, keine Marken verletzenden Name gelöst: Magic Mouse. Hoffen wir, dass Warner Bros., der Eigentümer von Merlin the Magic Mouse, das niemals merken wird.

An dieser Stelle könnte man einfach weitermachen. Zum Beispiel mit dem Mann, der 2004 versucht hat, das Internet zu patentieren ...

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag in der PC World (Autor: Harry McCracken), einer Publikation aus dem IDG-Konzern. (tö)