Ohne Rückgrat und Erfahrung geht nichts

Mit B2B-Kunden erfolgreich verhandeln

14.07.2016 von Renate Oettinger
Preis- und Vertragsverhandlungen im B2B-Bereich gewinnt meist der Partner, der mit dem klareren Ziel in das Kräftemessen geht und auf die taktischen Spielchen des Gegenübers souverän reagiert. Horst Bayer gibt sieben Tipps für Verkäufer, wie sie ihre Erfolgschancen bei Verhandlungen erhöhen.

Tipp 1: Machen Sie sich das Wesen einer Verhandlung bewusst.

Bei Preis- und Vertragsverhandlungen im B2B-Bereich stehen meist die Verkäufer und die Einkäufer unter einem hohen Erfolgsdruck, denn beide Seiten müssen vorgegebene, teils stark voneinander abweichende Ziele erreichen. Deshalb ist es nicht nötig, Verhandlungen mit dem Vorsatz zu führen: Ich will gewinnen.

Verhandlungen gewinnt meist derjenige, der die klarere Strategie und Zielsetzung verfolgt und am besten vorbereitet ist. Wirklichkeitsfremd ist die Vorstellung, dass sich in ihnen beide Seiten immer fair verhalten. In vielen Verhandlungen muss sich der Verkäufer rasch von einem - meist vorgetäuschten - Win-win-Kuschelkurs verabschieden.

Nur wenn sich an die Grundregeln guter Verhandlung hält, führt seine Firma zum Erfolg.
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Preis- und Vertragsverhandlungen im B2B-Bereich sind meist so komplex, dass man mit einem standardisierten Vorgehen und Verhalten selten erfolgreich ist. Gefragt sind Persönlichkeiten mit Rückgrat und Erfahrung, die flexibel auf die Situation und den Partner reagieren; Persönlichkeiten zudem mit sozialer und emotionaler Intelligenz, die strategisch denken und sich taktisch klug verhalten, und bei allem Willen, Erfolg zu haben, auch zur Kooperation bereit und fähig sind. Solche Verhandler entwickeln sich im Verlauf vieler Jahre - durch ein fortwährendes Studieren der Partner sowie ein kritisches Reflektieren des eigenen Verhaltens und dessen Wirkung.

Tipp 2: Versetzen Sie sich in die Perspektive des Einkäufers.

Einen Perspektivenwechsel in die Sichtweise des Einkäufers zu vollziehen, kann Wunder bewirken. Bei einem Ausbrechen aus der Ich-Perspektive eröffnet sich oft eine ganz neue Welt kreativer Ideen, um eine gemeinsame Verhandlungsbasis zu schaffen.

Fühlen sich Einkäufer mit ihren Bedürfnissen sowie als Person wahr- und ernstgenommen und verstanden, dann wollen sie mit dem Partner eine Lösung finden. Das heißt: Die Energien des Verkäufers und des Einkäufers bewegen sich in dieselbe Richtung. Also finden sie auch eher eine Lösung, mit der beide Seiten leben können - ohne dass ein Partner seine Verhandlungsziele aus dem Blick verliert.

Tipp 3: Erzeugen Sie das nötige Wertbewusstsein für Ihre Lösung.

Die zentrale Aufgabe des Verkäufers ist es, beim Einkäufer ein Wertbewusstsein für seine Problemlösung zu schaffen. Er muss den Einkäufer mit einer kundenspezifischen Verkaufsargumentation davon überzeugen, dass es für ihn und sein Unternehmen vorteilhafter ist, das Produkt X oder die Dienstleistung Y bei ihm zu kaufen - selbst wenn der Preis etwas höher als bei der Konkurrenz ist.

Hierfür müssen Verkäufer das Geschäft ihrer Kunden verstehen und ihre aktuelle Marktsituation kennen. Je mehr Kompetenz ein Verkäufer in diesem Bereich hat und je souveräner er folglich agiert, desto schwerer fällt es dem Einkäufer, auf Preisreduzierungen zu pochen oder den Auftrag an einen Wettbewerber zu vergeben.

Tipp 4: Seien Sie verbindlich, dreschen Sie keine Phrasen.

Wenn es in Verhandlungen knifflig wird, zum Beispiel weil der Einkäufer einen echten Knackpunkt anspricht, dann zeigen viele Verkäufer ein Ausweichverhalten. Das heißt, sie sprechen Nebensächlichkeiten an oder dreschen Phrasen. Das "nervt" die Einkäufer und kann zum Verlust des Vertrauens und somit Auftrags führen.

Wenn ein Verkäufer ein solches Ausweichverhalten zeigt, dann schließen Einkäufer hieraus: Dieser Verkäufer ergreift auch die Flucht, wenn es in der Zusammenarbeit nach Vertragsabschluss Probleme gibt. Das heißt, er und sein Unternehmen werden stets irgendwelche Ausreden haben statt unsere Wünsche und Probleme ernst zu nehmen und sich ihrer anzunehmen. Deshalb ist er ist kein attraktiver Partner.

Die gnadenlosen Killerphrasen der Kunden

"Das ist aber alles andere als ein Schnäppchen!"

"Letzlich entscheidet der Preis, ob wir zusammenkommen!"

"Sie sind mindesten 20 Prozent teurer als der Wettbewerb!"

"Jetzt packen Sie die alle einfach mal aus. Dann können wir morgen über günstige Ausstellungsstücke reden."

"Ein Bekannter hat vielleicht die Hälfte dafür bezahlt."

"Wie ist denn der Preis, wenn Sie die "vergoldete" Verpackung weglassen?"

"Das ist doch eh ein Auslaufmodell."

"Sie wissen doch so gut wie ich, dass nach einem halben Jahr der Preis um die Hälfte runtergeht."

"Das gibt es doch bestimmt gebraucht wesentlich günstiger, oder?"

"Sie haben ein Geschäft – ich habe hunderte."

"Jetzt versuchen Sie es bitte nochmal mit Kopfrechnen."

"Hallo? Ich möchte nicht gleich den ganzen Laden kaufen!"

"Holen Sie mir mal den Chef ran!"

"Was muss denn passieren, damit Sie mit dem Preis runtergehen?"

"Über den Wartungsvertrag reden wir dann morgen."

"Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?"

"Ich kaufe doch schon so lange bei Ihnen ein."

"Sie wollen doch auch mal einen Großauftrag von uns bekommen, oder?"

"Ich wette, dass Ihr Kollege dort drüben wesentlich billiger ist."

"Sie kennen wohl geizhals.at nicht, was?"

"Und ich dachte immer, Sie hätten die besten Preise weit und breit."

"Da kann ich ja gleich in der Apotheke einkaufen."

"Ist doch nicht mein Problem, wenn Sie zu teuer einkaufen!"

"Jetzt kommen Sie mir nicht wieder mit Ihren Mondpreisen!"

"Für so was habe ich noch nie mehr bezahlt."

"Warum kostet das denn soviel? Das kommt doch eh alles aus China."

"Bei meinem Umsatz mit Ihnen müssen fünf Prozent Rabatt locker drin sein!"

"Der Preis muss schon knackig sein, wenn Sie im Rennen bleiben wollen."

"Ich empfehle nur jene weiter, die mir einen guten Preis machen."

"Sie wollen doch Folgegeschäfte mit mir machen, oder?"

"Jetzt nennen Sie mir einfach mal den Projektpreis dafür."

"Dafür verdienen Sie doch an allem anderen sehr gut."

"Im Internet habe ich das viel billiger gesehen!"

"Wie sagt man so schön: A bisserl was geht immer!"

"Wollen Sie mich nun als Kunden oder nicht?"

"Welche günstigeren Alternativen haben Sie denn?"

"Für Service zahle ich prinzipiell nichts."

"Hopp oder topp – mehr zahle ich nicht."

"Ich weiß genau, dass Sie da immer noch gut daran verdienen."

"Reden wir nicht lange rum: Was ist Ihr bester Preis?"

"Ich bin ganz Ohr, was Ihr Entgegenkommen anbelangt."

"Sie sind doch sicherlich an einer längerfristigen Zusammenarbeit interessiert, oder?"

"Rechnen Sie bitte nochmal mit spitzem Stift nach."

"Das liegt weit über meinem Budget."

"Ihr Angebot liegt weit über dem der anderen."

"Ich bin sicher, dass das nicht Ihr letztes Wort war."

"Ohne ein Entgegenkommen wird das nichts mit uns!"

"Warum sind Sie eigentlich so viel teurer als andere?"

"Was kostet es, wenn ich 300 Stück abnehme?" (wohlwissend, dass der Bedarf bei zwei Stück liegt)

"Sehen Sie, mir ist das letztlich doch eh egal, von wem ich das kaufe."

"Das kann ich woanders viel billiger kaufen!"

Tipp 5: Bauen Sie eine Beziehung zum Einkäufer auf - frühzeitig.

Oft versuchen Verkäufer den "bösen" Einkäufer zu umgehen und suchen stattdessen den Kontakt mit den Fachabteilungen. Dies kann kein Einkäufer tolerieren. Also lässt er den Verkäufer "auflaufen".

Verkäufer begründen ihr Umgehen des Einkaufs meist mit dem Argument: "Die Einkäufer haben fachlich keine Ahnung". Dabei sind Einkäufer heute meist Experten, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung technische Abläufe und Prozesse sehr wohl verstehen - ebenso betriebswirtschaftliche Zusammenhänge.

Suchen Sie als Verkäufer, so früh wie möglich den Kontakt zum Einkauf. Und wenn Gespräche mit den Fachabteilungen geführt werden, beispielsweise um den künftigen Bedarf auszuloten? Dann sollten Verkäufer ihre Gesprächspartner in den Fachabteilungen fragen: "Wer aus dem Einkauf ist dafür zuständig? Gerne möchte ich mich ihr / ihm vorstellen." Sonst rächt sich dies bitter, wenn es um die Auftragsvergabe geht.

Tipp 6: Präsentieren Sie sich und Ihr Unternehmen als möglichen strategischen Partner.

In Verhandlungen im B2B-Bereich geht es oft darum, eine strategische Partnerschaft zu vereinbaren, also die Weichen für eine langfristige Zusammenarbeit zu stellen. Denn sie hat für beide Seiten Vorteile. So können zum Beispiel aufgrund der stabilen, von Vertrauen geprägten Geschäftsbeziehung effizientere Prozesse vereinbart werden - wie ein Entfallen der Wareneingangsprüfungen oder ein vereinfachtes Bemusterungsverfahren.

Anbieter, die eine strategische Partnerschaft mit einem Unternehmen anstreben, müssen nicht nur dessen akuten Bedarf befriedigen können. Sie müssen über weitere Eigenschaften verfügen, um als Partner attraktiv zu sein - zum Beispiel eine hohe Innovationskraft, Entwicklungskompetenz und Liquidität. Überzeugen Sie als Verkäufer die Einkäufer davon, dass Ihr Unternehmen über diese Eigenschaften verfügt.

Tipp 7: Reagieren Sie gelassen und souverän auf taktische Fouls der Einkäufer.

Einkäufer müssen für ihr Unternehmen das bestmögliche Verhandlungsergebnis erzielen. Deshalb ist es normal, dass sie sich - wie Verkäufer - manchmal gewisser Tricks und Kniffe bedienen. Hierüber zu jammern, bringt nichts. Denn dies gehört zum Verhandeln wie die "taktischen Fouls" beim Fußball-Spielen. Entsprechend gelassen sollten Sie hierauf reagieren. Hierfür einige Beispiele:

Einkäufer-Trick: Der Einkäufer pauschalisiert negative Einzelfälle

Verkäufer-Reaktion: nicht hinnehmen, weitere Beispiele verlangen

Einkäufer-Trick: Einkäufer betreibt durch ständige Nachforderungen eine Salami-Taktik

Verkäufer-Reaktion: zunächst alle Verhandlungspunkte sammeln und erst dann verhandeln

Einkäufer-Trick: Einkäufer versucht beim Verkäufer durch ein Aufbauschen von Nebensächlichkeiten oder Vortäuschen von Desinteresse Stress zu erzeugen

Verkäufer-Reaktion: gelassen bleiben, weiter ruhig argumentieren, keine Gegenangriffe starten

Einkäufer-Trick: Einkäufer versucht den Verkäufer einzuschüchtern, indem er ihn zum Beispiel lange warten lässt, laufend nebenher telefoniert

Verkäufer-Reaktion: mutig und offen, jedoch mit einem Lächeln ansprechen, dass man die Tricks der Gegenseite durchschaut

Verkäufer müssen die "taktischen Fouls" der Einkäufer erkennen. Denn nur dann können sie hierauf souverän reagieren. Kann ein Verkäufer dies nicht, wird er vom Einkäufer als wenig durchsetzungsstark eingestuft - auch im eigenen Unternehmen. Entsprechend behandelt er den Verkäufer fortan. Deshalb sollte eine Maxime bei "unfairen Tricks und Kniffen" von Einkäufern lauten: Flagge und Selbstbewusstsein zeigen. Denn nur dann werden sie von den Einkäufern als Verhandlungspartner ernst genommen.

Horst Bayer ist Senior-Berater und -Trainer bei der Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld (www.schreiber-training.de). Vor seiner Beratertätigkeit arbeitete der Betriebswirt 30 Jahre in den Bereichen Einkauf, Logistik und Materialwirtschaft für Fertigungs- und Investitionsgüterindustrie. Zuletzt war er Leiter Einkauf und Logistik bei einem Automobilindustrie-Zulieferer.

Neukunden gewinnen im B2B-Bereich

Ohne neue Kunden können Firmen in der Regel nicht wachsen - zuweilen sogar nicht überleben, weil ihre Kundenbasis schrumpft. Entsprechend professionell sollten die Vertriebsmitarbeiter bei der Neukundenakquise agieren. Ingo Vogel gibt zehn Tipps.
Tipp 1
Denken Sie stets daran: Ein gewisses "Kundensterben" ist im B2B-Bereich normal – selbst wenn Ihr Betrieb eine Top-Leistung erbringt. Zum Beispiel, weil die Unternehmen ihre Strategien ändern. Oder fusionieren. Oder schlicht die Entscheider wechseln. Deshalb sollte das Akquirieren von Neukunden ein fester Bestandteil Ihrer Alltagsarbeit sein.
Tipp 2
Für den B2B-Bereich gilt: Echte Neukunden gibt es meist nicht, sondern nur Wettbewerber-Kunden. Denn die meisten Unternehmen existieren schon seit 10, 50 oder gar 100 Jahren. Also haben sie auch bereits Lieferanten für ihre Produkte und Dienstleistungen. Deshalb lautet die Herausforderung: Die Mitbewerber aus dem Boot drängen.
Tipp 3
Damit Ihnen dies gelingt, müssen Sie den Noch-nicht-Kunden einen Mehrwert bieten. Das können im Einzelfall günstigere Preise sein. Weit häufiger wechseln Unternehmen den Lieferanten aber, weil ein anderer Anbieter ihnen eine "bessere" Problemlösung bietet. Zum Beispiel schneller und effektiver zu produzieren oder zu kommunizieren. Oder neue Produkte oder Problemlösungen für ihre eigenen Kunden zu entwerfen.
Tipp 4
Arbeiten Sie deshalb, bevor Sie mit der Neukunden-Akquise beginnen, genau heraus, welchen konkreten Mehrwert, Sie Ihren Kunden mit Ihren Produkten und Dienstleistungen bieten – nicht nur auf der technischen, kaufmännischen und ablauforganisatorischen Ebene, sondern auch auf der Beziehungsebene, also der Ebene der Zusammenarbeit.
Tipp 5
Denken Sie beim Planen der Neukunden-Akquise stets daran: Mit den klassischen Marketing- und Werbeinstrumenten wie Anzeigen und Mailings können Sie Ihre Zielkunden zwar informieren. Aber nur bedingt für Ihr Unternehmen sowie dessen Produkte und Dienstleistungen begeistern. Diese Aufgabe fällt Ihren Verkaufs- oder Vertriebsmitarbeitern zu.
Tipp 6
Messen Sie der Auswahl Ihrer Vertriebs- und Verkaufsmitarbeiter eine hohe Bedeutung bei und schulen Sie diese systematisch. Selbstverständlich fachlich, aber auch im Bereich emotionale Kundenansprache. Zum Beispiel: Wie wecke ich das Interesse von Kunden? Wie präsentiere ich ihnen Produkte und Dienstleistungen so, dass sie zu träumen beginnen? Wie gewinne ich ihr Vertrauen?
Tipp 7
Ein weiteres wichtiges Trainingsfeld ist das Beziehungsmanagement. Denn gerade bei Produkten, deren Kauf für Noch-nicht-Kunden aus deren Sicht sehr risikobehaftet ist, wechseln Unternehmen den Anbieter nicht von heute auf morgen. Sie müssen erst Vertrauen zu ihm aufbauen. Also sollten Ihre Verkäufer über die Kompetenz verfügen, die Beziehung zu Noch-nicht-Kunden gezielt auszubauen.
Tipp 8
Schulen Sie Ihre Verkäufer auch darin, sich selbst zu motivieren, und sich vor Kundenkontakten in eine gute Laune zu versetzen. Denn warum sollten sich Ihre Zielkunden für Ihre Produkte begeistern, wenn Ihre Verkäufer diese Begeisterung nicht ausstrahlen.
Tipp 9
Denken Sie bei der Akquise von Neukunden daran: Auch Ihre heutigen Stamm- und Top-Kunden waren irgendwann einmal (ausbaufähige) Neukunden. Das beweist, dass sich das Engagement lohnt. Vermitteln Sie dieses Denken auch Ihren Verkäufern.
Tipp 10
Nehmen Sie die Aufgabe Neukunden-Akquise auch in die Zielvereinbarungen mit Ihren Verkäufern auf, damit diese nicht nur im Pool Ihrer Stamm-Kunden fischen, wo es leicht ist, Folge-Aufträge an Land zu ziehen. Und: "Honorieren" Sie das Akquirieren von Neukunden entsprechend.