Vier gewinnt

MSI setzt neue Akzente

08.10.2012 von Beate Wöhe
Die Sichtbarkeit von MSI im IT-Channel ist seit vergangenem Jahr zurückgegangen. Wir sprachen mit dem deutschen Management über die Gründe und die Pläne des Herstellers für die Zukunft.
MSI konzentriert sich auf vier Produktgruppen: All-in-One-PCs, Gaming-PCs, Grafikkarten und Motherboards,
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Am 23. April dieses Jahres trafen sich alle namhaften Notebook-Hersteller in München zu Intels "Ivy Bridge"-Launch mit ihrer jeweiligen zweiten Ultrabook-Generation. Doch ein Unternehmen war dieses Mal bei der Vorstellung der neuen Prozessor-Plattform nicht dabei: MSI.

Wo positioniert sich MSI derzeit? Das Unternehmen war auch in Deutschland in den vergangenen Jahren eine feste Größe im Notebook- und vor allem im Netbook-Markt. "Generell haben wir uns bereits 2011 strategisch anders aufgestellt und uns von da an im CE-Business zurückgehalten. Vorher sind wir vor allem im Retail mit einer Vielzahl neuer Notebook-Serien aufgefallen", bestätigt Dirk Neuneier, Manager Channel Marketing bei der MSI Technology GmbH. Der immer härter werdende Preiskampf im Consumer-Volumen-Business habe dazu geführt, die strategische Entscheidung zu treffen, sich aus diesem Markt Schritt für Schritt zurückzuziehen. Die damals durchgeführten monatlichen Try-and-buy-Aktionen des Herstellers für den Fachhandel hatten zuletzt nicht mehr den gewünschten Erfolg für beide Beteiligten gebracht, denn auch im Fachhandel ist der Preisdruck aus dem Retail- und Online-Handel in diesen Produktsegmenten längst angekommen. Auch andere Hersteller, die ähnliche Aktionen in Richtung Fachhandel aufgesetzt hatten, seien, wie laut Neuneier in der Branche zu hören gewesen sei, mit erheblichen Verlusten daraus hervorgegangen.

"Zu unklar waren im Notebook-Produktsegment die gewünschten Modellkonfigurationen." Dirk Neuneier, Manager Channel Marketing bei MSI
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In das neue Ultrabook-Segment, in dem die großen Hersteller versuchen, sich zurechtzufinden, will MSI mit dem Slider S20 erst zum Jahresende einsteigen. "Auch wenn MSI mit seiner X-Slim-Serie Pionier bei ultraleichten Notebooks war, wollten wir uns bei den Ultrabooks mehr Zeit lassen; bei der Suche nach dem richtigen Produkt und nach dem richtigen Kunden. Zu unklar waren in diesem Produktsegment noch die gewünschten Modellkonfigurationen", erläutert Neuneier.

Welche Produkte der Hersteller MSI nun über den Fachhandel anbietet, bringt Dirk Schnieders, Vertriebsleiter bei MSI Deutschland, auf den Punkt: "Alles das, was man von früher von MSI noch kennt. Nur das Thema Netbook hat sich durch die Tablets stark gewandelt. Andere Hersteller haben hier einen großen Lagerdruck. Wir haben eigentlich immer ein relativ sauberes Lager, und wir wollen kein Produkt produzieren, von dem wir wissen, dass wir gleich nach der Produktion wieder Geld investieren müssen." Die zahlenmäßig reduzierten Netbook-Modelle würden vorwiegend in Projekte verkauft, und von den Notebooks der C-Serie sind noch zwei Modelle auf der Website des Herstellers zu finden. Die Netbooks und Notebooks sind auch nach wie vor für den Fachhandel in der Distribution erhältlich. "Es ist aber für uns nicht mehr Ziel Nummer eins, auf dem Titel eines Flyers zu sein", ergänzt Schnieders.

Das Ultrabook MSI Slider S20 lässt sich als normales Notebook verwenden, . . ..
. . . oder als Tablet PC.
Als Betriebssystem soll Windows 8 zum Einsatz kommen.
Wer lieber auf der Tastatur tippt, kann den Bildschirm nach hinten schieben und auf der Tastatur arbeiten.
Winkel und Abstand des Displays sind frei wählbar.
Das S20 wird mit Intel CULV-Core-Prozessoren der dritten Generation (Ivy Bridge) ausgestattet.

Ein Markt, in dem noch Marge steckt

Das strategische Hauptthema im Bereich Mobile Computing heißt für MSI jetzt: Gaming-Notebooks. "Seit jeher haben wir eine ausgezeichnete Expertise im Gaming-Bereich, mit der wir uns zum Beispiel durch unsere Entwicklung im Grafikkartensegment einen guten Namen erarbeitet haben. In diesem Punkt sind wir gegenüber dem Mitberwerb technologisch eindeutig im Vorteil ", sagt Schnieders und beschreibt damit die positiven Aspekte gegenüber dem überschaubaren Wettbewerbsumfeld.

"Im All-in-One-PC-Umfeld muss man sich genau überlegen, wo man seine Produkte platziert." Sascha Faber, Manager Marketing Department bei MSI
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Auch im All-in-One-Segment hat sich MSI positioniert. "In diesem Umfeld muss man sich als Hersteller genau überlegen, wo man seine Produkte platziert", sagt Sascha Faber, Manager Marketing Department bei MSI. Während viele Hersteller sich mit ihren Produkten im Consumer-Massenmarkt tummeln, versucht MSI andere Wege zu gehen. "Wir sehen vor allem eine starke Nachfrage im Business-Segment." Vor allem in den Bereichen Education, Büroausstattung oder Digital Signage im PoS habe sich der Hersteller laut Faber gut positioniert.

Um mit den All-in-One-PCs auch stärker in den Consumer-Markt zu gehen, wartet MSI auf Windows 8. "Das wird vor allem die Touch-Funktionalität dieser Geräte nach vorne bringen, was mit Windows 7 bisher nur eingeschränkt möglich war", erklärt Akiang Chiu, General Manager bei MSI Deutschland. Nach dem Windows-8-Launch könnte es also durchaus möglich sein, dass es von MSI zwei unterschiedliche All-in-One-Modellgruppen gibt: Windows 7 für Business-Kunden und Windows 8 für Consumer-Kunden. "Ja und nein. Für den Einsatz eines bestimmten Betriebssystems entscheidet sich der kommerzielle Endkunde meist aufgrund der bestehenden Infrastruktur, die aktuell größtenteils auf Windows 7 und Windows XP basiert. Windows 8 könnte inzwischen gerade für den Wechsel von Windows XP durchaus einige Business-Kunden zu diesem neuen Betriebssystem führen, auch wenn das anfangs nicht die Mehrheit sein wird. Im Consumer-Segment wird sich Windows 8 vermutlich schnell verbreiten", stimmt Chiu vorsichtig zu.

Highend-Komponenten im Fokus

"Seit jeher haben wir eine ausgezeichnete Expertise im Gaming-Bereich." Dirk Schnieders, Vertriebsleiter bei MSI
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Eine nach wie vor wichtige Produktgruppe werden die Komponenten bleiben. Hier hat sich zum Beispiel im Mainboard-Segment das Feld der Hersteller mittlerweile auf vier reduziert. "Innovationen im Komponentenbereich stehen für uns im Fokus. Die Differenzierung zu anderen Herstellern spielt für uns eine große Rolle", sagt Marketingchef Neuneier. Seine weiteren Erklärungen dazu klingen durchaus abenteuerlich: In Kürze will der Hersteller das "Military-Class-PC-Programm" ins Leben rufen.
Bei Military Class handelt es sich um einen Qualitätsstandard. Dazu werden die Grafikkarten und Mainboards in einem amerikanischen Labor nach definierten Kriterien des amerikanischen Militärstandards getestet und bekommen dann ein entsprechendes Qualitätszertifikat. Auf Basis der zertifizierten Mainboards und Grafikkarten, die als Einzelkomponenten bereits seit einiger Zeit im Handel sind, sollen in Q4 oder spätestens im ersten Quartal 2012 PC-Serien ausgewählter Systemintegratoren auf den Markt kommen. Teilnehmenden Partnern will der Hersteller für die Vermarktung der neuen Serien "powered by MSI Military Class" Marketingunterstützung und vertriebliche Anreize geben. Dazu soll auch ein entsprechendes Partnerprogramm ins Leben gerufen werden. Neuneier sieht ausreichend Potenzial in diesem Segment.

Die passenden Vertriebspartner dieser Linien "sind häufig solche Fachhändler, die gleichzeitig auch E-Tailer sind", erklärt Neuneier. Die typischen Gamer seien sehr online-affin und kaufen die Komponenten demzufolge überwiegend im Internet. Bei den vorgefertigten Gamer-PCs sei das sehr ähnlich. Optimal sei für einen Gaming-Fachhändler daher eine Kombination von Ladengeschäft und Online-Shop.

Umsatzverteilung und Marktanteile

"Heute erreichen wir mit den vier Produktgruppen ein ausgeglichenes Umsatzverhältnis." Akiang Chiu, General Manager Deutschland bei MSI
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Entsprechend des Strategiewandels hat sich die Umsatzverteilung bei MSI Deutschland auch sichtbar verändert. Vor zwei Jahren lag der Umsatzanteil mit Notebooks noch bei 35 bis 40 Prozent. "Heute erreichen wir mit den Produktgruppen Mainboards, Grafikkarten, Notebooks und All-in-One-PCs ein ausgeglichenes Verhältnis von jeweils rund einem Viertel am Gesamtumsatz" sagt MSI-Deutschland-Chef Chiu. Die Menge der verkauften Notebooks sei zwar durch die neue strategische Ausrichtung zurückgegangen, durch den Fokus auf preislich höher angesiedelte Modelle sei damit jedoch kein Umsatzrückgang einhergegangen.

Bei den Motherboards blickt der Hersteller auf ein überschaubares Wettbewerbsumfeld von nur noch vier Anbietern und kann sich weltweit abwechselnd an zweiter oder dritter Stelle positionieren. Mit den Grafikkarten sieht Chiu MSI in Deutschland an zweiter Marktposition. "Bei den Notebooks gehe ich davon aus, dass wir uns aus den Top-10 verabschiedet haben", führt Chiu schmunzelnd aus. Und mit den All-in-One-PCs platziert sich der Hersteller laut IDC - projektabhängig - zwischen Platz fünf und Rang sieben.

Zur Positionierung von MSI im Deutschen Markt tragen derzeit 35 Mitarbeiter bei. Während der Service schon vor Jahren nach Polen ausgelagert wurde, ist im vergangenen Jahr auch das deutsche Lager in das europäische Zentrallager, an dem 14 MSI-Niederlassungen angehängt sind, nach Holland umgezogen.

Fragt man den Deutschland-Manager nach den Zielen von MSI Deutschland, kommt die Antwort schnell und pragmatisch: "Eine meiner wichtigsten Aufgaben ist es, in allen Produktgruppen ein stabiles Wachstum zu erreichen." Auch im zurüvkliegenden Jahr habe die deutsche Niederlassung laut Chiu dieses Ziel bereits erreicht. Gleichzeitig heißt es für den Hersteller, die Marktpositionen weiter auszubauen. So will das Unternehmen zum Beispiel im Grafikkartenbereich im deutschen Markt wieder zurück an die Führungsposition. "Wichtig sind für uns in allen Bereichen nach wie vor unsere Channel-Partner, denn auf der beständigen Kundenbindung zu unseren Partnern basiert unsere geschäftliche Zukunft", schließt Chiu. (bw)