Sanierungsverfahren eingeleitet

Österreichische Elektrokette DiTech ist insolvent

11.03.2014 von Matthias Hell
Mit weit über 100 Millionen Euro Umsatz ist der österreichische Multichannel-Händler DiTech alles andere als ein Leichtgewicht. Nun leitet das Unternehmen ein Sanierungsverfahren zur Abwendung einer Insolvenz ein. Der Fall erinnert an mStore – aber auch an die aktuellen Probleme von Cyberport.
DiTech-Gründer Damian Izdebski räumt offen seine Fehler ein.

Vor einem halben Jahr hatte der österreichische Multichannel-Händler DiTech glaubhaft versichert, zwischenzeitliche finanzielle Schwierigkeiten überwunden zu haben (ChannelPartner berichtete). "Nach einem starken Investitionsjahr ist es zu kurzzeitigen Liquiditätsengpässen gekommen, die aber weder substanziell gefährdend, noch branchenunüblich sind", erklärte Firmenchef Damian Izdebski damals in einer Blog-Mitteilung. Gleichzeitig kündigte der DiTech-Gründer an, den Umsatz 2013 von 120 Millionen Euro auf 150 Millionen zu steigern und in fünf Jahren sogar die Umsatzschwelle von 200 Millionen Euro – selbst auf dem deutschen Markt wäre das eine beachtliche Größe – knacken zu wollen.

Nun meldet sich Izdebski erneut mit einem offenen Brief zu Wort und gibt die Einleitung eines Sanierungsverfahrens für sein Unternehmen bekannt. Das Verfahren zur Abwendung der Insolvenz werde im Laufe dieser Woche beim Handelsgericht Wien angemeldet. Begleitet von einem Sanierungsverwalter und externen Restrukturierungsspezialisten würden einige, vor allem kleinere Filialen geschlossen und die Logistik- sowie die Firmenzentrale verkleinert. Insgesamt würde in diesem Zusammenhang die rund 300-köpfige Belegschaft von DiTech um 60 bis 80 Mitarbeiter reduziert. DiTech wurde 1999 von Izdebski und seiner Frau gegründet und etablierte sich zunächst als Online-Händler. In den letzten fünf Jahren verstärkte das Unternehmen seine Anstrengung zum Aufbau eines stationären Filialnetzes und betreibt heute österreichweit 22 Standorte.

"Ich habe versäumt, das Wachstum nachhaltig abzusichern"

In der Ankündigung des Sanierungsverfahrens beschreibt Izdebski mit großer Offenheit und gutem analytischen Verstand die Gründe für die Schieflage seines Unternehmens: "Ich habe mich vom Erfolg des DiTech-Konzeptes und dem damit einhergehenden Wachstum blenden lassen und unterschätzt wie wichtig es ist, dieses enorme Wachstum nachhaltig finanziell abzusichern." Von der Größe her betrachtet, müsste sein Unternehmen eigentlich einen Lagerbestand von rund 15 Millionen Euro haben um die enorme Nachfrage unserer Kunden bedienen zu können, so der Firmenchef. "Seit Sommer 2013 arbeitet DiTech allerdings mit einem Lagerbestand von lediglich circa 5 bis 7 Millionen Euro. Die dadurch verursachten Umsatzrückgänge waren zwar nicht groß, aber verbunden mit immer geringer werdenden Margen und einer auf Wachstum ausgerichteten Kostenstruktur haben sie zu sehr großen Verlusten in den beiden letzten Jahren geführt."

Mit dem Sanierungsverfahren habe DiTech nun drei Monate Zeit, um durch eine Restrukturierung die nötige Effizienz wiederzuerlangen. "In Zeiten, in den ein Elektronikhändler 150 Smartphones oder Tablets verkaufen muss, damit das Monatsgehalt eines einzigen Verkaufsmitarbeiters bezahlt werden kann, werden nur Unternehmen überleben, die extrem effizient und produktiv sind", so Izdebski. Wie ein Firmensprecher dem österreichischen Fachmagazin Elektrojournal mitteilte, würden bereits Gespräche mit Banken und einem potenziellen Investor geführt.

Parallelen zur Entwicklung auf dem deutschen Markt

Parallelen zu mStore und Cyberport: der DiTech-Flagshipstore in der Wiener Shopping City Süd

Die Insolvenzanmeldung von DiTech weckt in Österreich zunächst Erinnerungen an das vergangene Jahr, als mit der Elektronikkette Niedermeyer ein ähnliches Branchenschwergewicht scheiterte. Gleichzeitig liegen auch Parallelen zu aktuellen Ereignissen auf dem deutschen Markt auf der Hand. So gab der Apple-Reseller mStore Ende vergangener Woche die Anmeldung eines Insolvenzverfahrens bekannt - ebenfalls trotz kräftiger Umsatzzuwächse. Nicht wegen des Insolvenz-Themas, wohl aber wegen eines ähnlichen Geschäftsmodells erinnert der Fall DiTech zudem an Cyberport: Der zum Medienkonzern Burda gehörende Elektronikversender betreibt ebenfalls ein ausgedehntes Ladennetz und setzt dabei wie DiTech auf ein bewusst hochwertiges Verkaufskonzept - beides Aspekte, die sich inzwischen vermehrt auf das Geschäftsergebnis von Cyberport auswirken.

DiTech, mStore und auch Cyberport zeigen damit, wie schwer es heute ohne eine über den reinen Warenkauf hinausgehende Wertschöpfungsstrategie ist, ein sowohl in der Größe wie auch vom Auftreten her ambitioniertes Retail-Konzept zu verfolgen. Denn wer den Großteil seines Umsatzes mit den einschlägigen Trend-Smartphones, -Tables und -Notebooks erwirtschaftet, bleibt aus Kundensicht mit den Platzhirschen Media-Saturn und Amazon austauschbar.

Die größten Pleiten in der ITK-Branche in den vergangenen Jahren -
IDS Scheer Consulting (September 2014)
Das IT-Beratungshaus IDS Scheer Consulting, das erst im Juni von der Software AG an die Scheer Group verkauft wurde, steht vor der Insolvenz. Jeder vierte Mitarbeiter muss gehen.
Printer Care (Juli 2014)
Einer der wichtigsten Online-Händler für Drucker und Zubehör hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Claus Grünig glaubt aber fest an eine Zukunft von Printer Care.
mStore (Juli 2014)
Gegen den Apple-Händler mStore wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die zunächst angestrebte Sanierung in Eigenverantwortung ist damit gescheitert. Noch in dieser Woche sollen die meisten Filialen der Kette geschlossen werden.
Vitec (Juli 2014)
Der britische AV-Distributor Imago will alle Mitarbeiter des insolventen Multimediaspezialisten Vitec übernehmen. Die Geschäfte sollen unter Vitec-Gründer Dr. Wilhelm Mettner am Standort Mainz weitergeführt werden.
ACI Supplies (März 2014)
Die Telefone stehen still bei ACI Supplies in Ratingen. Grund: Die Unternehmensmutter ACI Adam BV mit Sitz in Maastricht, hat Insolvenz angemeldet. Der Distributor ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
DiTech (März 2014)
Mit weit über 100 Millionen Euro Umsatz ist der österreichische Multichannel-Händler DiTech alles andere als ein Leichtgewicht. Im März 2014 musste das Unternehmen ein Sanierungsverfahren zur Abwendung einer Insolvenz einleiten.
Getgoods (November 2013)
Nachdem sich die Hinweise auf eine bevorstehende Insolvenz des Elektronikversender Getgoods gehäuft hatten, hat das Unternehmen Mitte November seine Zahlungsunfähigkeit offiziell bestätigt. Der Geschäftsbetrieb soll allerdings aufrechterhalten werden.<br>
BHS Binkert (November 2013)
Der auf das Imaging-Segment spezialisierte Distributor BHS Binkert hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Wie es weitergeht, ist derzeit noch ungewiss.<br>
Loewe (Juli 2013)
Nur wenige Wochen vor der IFA in Berlin ist Aushängeschild der deutschen Fernsehproduktion, Loewe, in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten geraten: Um einer Insolvenz vorzubeugen, hat sich das Unternehmen nun für ein Schutzschirmverfahren entschlossen.<br>
Chips and More (Juli 2013)
Der Freiburger Distributor Chips and More musste im Sommer 2013 Insolvenz anmelden. Der Grossist war unter anderem durch seine Eigenmarke CnMemory bekannt.
Niedermeyer (Mai 2013)
Sanierungskosten von bis zu 10 Millionen Euro – so viel war auch dem deutschen Onlinehändler Cyberport sein österreichischer Partner im stationären Handel nicht wert: Die Investorensuche für die Elektronikkette Niedermeyer blieb erfolglos, die verbleibenden 45 Filialen des einst 98 Standorte starken Filialnetzes mussten schließen.
Devil und COS (April 2013)
Nachdem die Kreditversicherer sowohl für Devil als auch für COS die Limits gekürzt hatten, mussten die beiden Distributoren im April 2013 Insolvenz anmelden.<br> Sechs Wochen später war die Zukunft von COS in Pohlheim gesichert: Der Api-Konzern wird das Unternehmen unter dem Namen COS Computerhandels GmbH weiterführen. Und im Juli 2013 wurde bekannt, dass der polnische Distributor Action S.A. den Braunschweiger Grossisten Devil übernehmen wird.<br>
b.com (März 2013)
Der Kölner Distributor B.com musste beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Ein bereits erarbeiteter Sanierungs- und Restrukturierungsplan sollte an die neue Situation angepasst werden.<br> Kurz Zeit später wurde mit der Wortmann AG ein Retter gefunden.<br>
Jet Computer (März 2013)
Auch der Spezialdistributor Jet Computer Products war in finanzielle Schieflage geraten und musste beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Vertrieb und Support sollten zusammen mit den Herstellern aufrechterhalten werden.<br>
BT Kopier (Dezember 2012)
Nachdem Büroring angekündigt hat, sich aus dem übernahmegeschäft mit BT Kopier zurück zu ziehen, musste der Büromaschinenspezialist beim Amtsgericht Duisburg Insolvenz anmelden.<br>
H&S (Oktober 2012)
Im Oktober 2012 hatte die H & S Entwicklungsgesellschaft Nettetal GmbH vor dem Amtsgericht Krefeld Insolvenz angemeldet. Besser bekannt war die Firma allerdings unter dem vormaligen Namen Terratec. <br>
Neckermann (Juli 2012)
Während die Rettung von Neckermann scheiterte, gab es zumindest für einen durch die Insolvenz in Bedrängnis geratenen Partner-Shop eine neue Zukunft: Der zum Distributor Wave gehörende Elektronikversender Alternate wollte den Onlinehändler Styleon.de weiterführen.<br>
ADA – Das Systemhaus (März 2012)
Das zu diesem Zeitpunkt siebtgrößte Systemhaus Deutschlands musste im März 2012 Insolvenz anmelden. Zum 1. Juli 2012 übernahm Ricoh das operative Geschäft und machte ADA zu einer Business Unit.<br>
PC live (Januar 2012)
Das Peripherie-Label Typhoon schien dem kein Glück zu bringen: Mit PC live wurde schon die dritte Eigentümerfirma insolvent. <br>
Asdis Software (Juni 2010)
Auch Thomas Benz, Geschäftsführer des Systemhauses Asdis Software, musste im Juni 2010 den Gang zum Insolvenzverwalter antreten.<br>
RZNet (August 2009)
Mit Lothar Papenberg, Vorstand der RZNet AG, musste ein weiterer Systemhaus-Chef im August 2009 den Gang zum Insolvenzgericht antreten.<br>
TDMi (Juli 2009)
Deutschlands drittgrößtes Systemhaus, die TDMi-Gruppe, musste im Juli 2009 Insolvenz anmelden. Betroffen waren die TDMi-Tochter Comparex, die Muttergesellschaften TDMi Deutschland Holding GmbH und die TDMi AG.<br>
COS (Juli 2009)
Besonders wild ging es bei der COS-Pleite im Juli 2009 zu: Erst verkaufte Firmenmutter Tiscon den Distributor an den russischen Investor Green Gold, der COS wohl entgegen den getroffenen Absprachen in die Insolvenz schickte. Als rettender Engel für die COS erwies sich ausgerechnet der Braunschweiger Wettbewerber Devil.<br>
Trekstor (Juli 2009)
Im Juli 2009 mussten auch die Trekstor-Geschäftsführer Daniel und Shimon Szmigiel (Foto) Insolvenz anmelden.<br>
Tandberg Data (April 2009)
Weil der Speicherspezialist Tandberg Data Kredite an den Investor Cyrus Capital nicht zurückzahlen konnte, musste das Unternehmen im April 2009 Insolvenz anmelden. Im Zuge der Restrukturierung verließen Deutschland-Chef Frank Roszyk und eine ganze Reihe führender Manager das Unternehmen und gründeten den direkten Wettbewerber Actidata.<br>
Finanzielle Schieflage
Auf den nächsten Seiten gibt es eine Auflistung der wichtigsten ITK-Distributoren, -Systemhäuser, -Hersteller, und -Händler die in letzter Zeit Insolvenz anmelden mussten oder pleite gingen.<br>
Netsquare (Juli 2015)
Distributor und PC-Fertiger Netsquare ist zahlungsunfähig. Ob der Geschäftsbetrieb weitergehen kann, ist laut Insolvenzverwalter noch nicht absehbar.
Weltbild (Juli 2015)
Also will die aus der Insolvenzmasse der Weltbild erworbenen Logistikaktivität nicht mehr finanziell unterstützen. Damit droht in Augsburg die Insolvenz.
Atelco (Juli 2015)
Das Sparprogramm, das die Atelco-Gruppe nach anhaltenden Umsatzrückgängen und Verlusten eingeleitet hatte, ist gescheitert. Nachdem Investorengespräche nicht schnell genug abgeschlossen werden konnten, beantragte das Unternehmen im Juli 2015 die Insolvenz.