Interview mit NEC-Manager Hardge

"Vertikale Märkte sind häufig Nischenmärkte"

19.10.2010
Auf dem NEC Competence Day 2010 in Bonn hat ChannelPartner.de mit Lutz Hardge, General Manager Sales für Zentral- und Osteuropa bei NEC Display Solutions, gesprochen. Zentrales Thema waren vertikale Märkte, die Spezialität…

Auf dem NEC Competence Day 2010 in Bonn hat ChannelPartner.de mit Lutz Hardge, General Manager Sales für Zentral- und Osteuropa bei NEC Display Solutions, gesprochen. Zentrales Thema waren vertikale Märkte, die Spezialität des japanischen Herstellers.

CP: Als einer der ganz wenigen Hersteller haben Sie auch Kinoprojektoren und gerade einen DLP-4K-Vertreter auf den Markt gebracht. Lohnt sich das Geschäft überhaupt oder ist es mehr Demonstration der eigenen Stärke?

"Digital Cinema ist trotz kleiner Stückzahlen ein interessantes Geschäft, auch und besonders für unsere Partner", sagt NEC-Manager Hardge.

Lutz Hardge: Mit mehr als 300 verkauften digitalen Kinoprojektoren haben wir einen Marktanteil von über 30 Prozent Prozent in Deutschland. Außer Barco und Christie sind wir die einzigen der Hollywood-Studios-zertifizierten Anbieter solcher Projektoren. Wir sprechen hier von Geräten mit bis zu 31.000 Ansi-Lumen und austauschbaren Optiken zu Preisen von rund 50.000 Euro. Das ist trotz der kleinen Stückzahlen ein interessantes Geschäft, auch und besonders für unsere Partner. Denn die Komplettinstallation mit Sound und Verkabelung kostet je nach Größe des Kinosaals zirka 100.000 Euro und mehr.

CP: Was ist mit anderen Anbietern wie Sanyo oder projectiondesign, die ebenfalls 4K-Projektoren mit dem entsprechenden DLP-Chip von Texas Instruments haben? Und ist das auch etwas für das Vermietgeschäft?

Hardge: Speziell für kleinere Kinosäle haben diese Anbieter Berechtigung am Markt, der, bezogen auf den neuen 3D-Hype, ja erst am Anfang steht. Digitales Kino eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Die großen Kinoketten treiben dies stark voran. In der Vermietung spielen die DC-Projektoren bislang kaum eine Rolle.

CP: Mit Bonn haben Sie den NEC Competence Day erstmals nach Nordrhein-Westfalen, ins heimliche AV-Zentrum Deutschlands, geholt. Zeigt sich das an den Besucherzahlen?

Hardge: Ganz deutlich: ja, obwohl sich die Zahl der Besucher von Jahr zu Jahr steigert. Dieses Jahr sind es mit über 400 Fachbesuchern 20 Prozent mehr als 2009 im Münchener MOC. Erfreulich ist der große Branchenmix, den wir hier sehen. Da sind nicht nur Distributoren und Reseller, sondern auch von den Fachhändlern eingeladene gewerbliche Unternehmensanwender. Obwohl auf dem Competence Day teilweise auch CE-Produkte zu sehen sind, bleibt es beim strikten B2B-Charakter der Veranstaltung.

Rein B2B ist und bleibt laut Hardge Trumpf beim NEC Competence Day, der 2010 zum siebenten Mal stattfand.

CP: Sind auch mehr Lösungspartner als im Vorjahr hinzugekommen?

Hardge: Nein, aufgrund der gegebenen Örtlichkeiten mussten wir uns auf 26 Mitaussteller beschränken, was in etwa der Zahl vom Vorjahr entspricht. Die Nachfrage war weit größer, deshalb mussten wir eine Auswahl treffen und sind dabei nach dem Prinzip "first-comes, first served" vorgegangen.

CP: Welche anderen Veranstaltungen besuchen Sie? Von der CeBIT haben Sie sich ja schon vor Jahren verabschiedet.

Hardge: Vertikale Märkte sind häufig Nischenmärkte, weshalb wir uns auf Spezialmessen fokussieren. Allerdings haben wir mit unserer SpectraView-Serie von Monitoren für farbkritische Anwendungen erstmals die Photokina besucht. Es war zwar nur ein kleiner Auftritt, das Feedback war aber sehr gut. Für uns ein Muss ist die Viscom für Digital Signage, die große britische Education-Show BETT sowie die Didacta und allen voran die Profi-AV-Messe ISE (Integrated Systems Europe), für uns die wichtigste Veranstaltung, weil sich dort IT und AV in einem Maße begegnen wie sonst kaum.

CP: Education beziehungsweise der Bildungsmarkt ist das Thema für alle Beamer-Hersteller. Aber ist das auf Deutschland bezogen wirklich so spannend, wo doch die Schulen eher geizen müssen?

Hardge: Education ist ein sehr spannender Markt. Bei Whiteboards arbeiten wir eng mit Smart Technology zusammen. Gelder für Investitionen werden tatsächlich bereitgestellt, die Preispunkte gibt allerdings der Bildungsträger vor. Wenn man die nicht trifft, ist man aus dem Rennen.

CP: Wie viele sagen, scheinen oft die Lehrer auch nicht mitzuspielen. Das schreit danach, diese zu schulen. Was leistet NEC dahingehend?

Hardge: Als Projektorenhersteller können wir Schulungen nur hinsichtlich der Hardware anbieten. Der Markt wird aber von Software getrieben, weshalb wir hier mit Partnern zusammenarbeiten.

CP: Bei Projektoren ist Ihr Unternehmen teilweise in preisbrecherischer Manier in Aktionsangebote von Retailern oder Discountern unterwegs. Sind das die Brot- und Butterprodukte, mit denen Sie sich High-End-Bereiche wie Digital Signage, Kino oder Medical finanzieren?

Hardge: Wir verfolgen stets eine mittel- und langfristige Strategie. Nachhaltigkeit ist das, was uns auszeichnet. Digital Signage haben wir mitentwickelt und maßgeblich geprägt, als Nährboden sozusagen. Der Medical-Bereich und die SpectraView-Modelle für farbkritische Anwendungen sind weitere Beispiele. Bei Projektoren verfolgen wir unter anderem eine Strategie, die ich mit den Begriffen "Volume und Value" umreißen will. Beamer werden immer mehr zu Commodity-Produkten. Daher müssen wir uns damit auch den E-Tailern öffnen, denn jeder dritte Projektor wird in Deutschland online gekauft. Im Spätherbst werden wir wieder einen Deal mit einem Retailer haben.

Für farbkritische Anwendungen hat NEC Display Solutions die hardware-kalibrierbare SpectraView-Serie ins Leben gerufen.

CP: Können Sie etwas über die Performance von NEC Display Solutions in Deutschland und Europa sagen? Welche Produktbereiche laufen besonders gut?

Hardge: Das erste Halbjahr bis Ende September hat die Europe GmbH erfolgreich abgeschlossen und ein überdurchschnittliches Wachstum hingelegt. Um zu Ihrer ersten Frage zurückzukommen, Digital Cinema war dabei einer der Haupttreiber. Auch im Bereich Desktop-Monitore konnten wir überdurchschnittlich wachsen und den Marktanteil im B2B-Bereich auf 13 Prozent steigern. Bei Monitoren verfolgen wir ganz klar die Strategie mit Fokus auf B2B und nicht B2C, wobei das Unternehmenssegment Schwerpunktthema ist. Sehr gut läuft auch das Geschäft mit Kontrollraum-Applikationen, beispielsweise für die Feuerwehr oder Forschungszentren. Digital und vor allem Retail Signage sind weitere große Wachstumsbereiche.

CP: Sie sind jetzt fast fünf Jahre bei NEC Display Solutions. Was gefällt Ihnen bei dem Unternehmen? Man hört immer wieder, dass Japaner alles am liebsten selbst in die Hand nehmen und Entscheidungsprozesse dadurch verzögert werden.

Hardge: Im Gegenteil. Japaner sind von Perfektion getrieben, weshalb sie keine Schnellschüsse abgeben. Was mir besonders bei NEC gefällt, ist die Möglichkeit, aktiv mitgestalten zu können. So gewährt man uns zum Beispiel großen Einfluss auf das Produkt-Line-up, Konzeption und Gestaltung.

CP: Herr Hardge, vielen Dank für das Gespräch.