Tech Data Kongress im MVG-Museum

Von der Tram in die Cloud

20.10.2015 von Ronald Wiltscheck
Eigentlich war der vierte Tech Data Kongress als Startplattform für den Cloud-Marktplatz gedacht, doch der Distributor hat diese Chance verpatzt.

Mit der Location, dem Münchner MVG Museum, in dem alte Straßenbahnwaggons ausgestellt sind, hat Tech Data eine gute Wahl getroffen. Und dass die vertiefenden Workshops genau in diesen Trams stattgefunden haben, kam bei den Besuchern gut an.

Doch den "Tech Data Cloud Solutions Store" nicht auf der Hauptbühnen vorstellen zu lassen, kann nur als Fehlentscheidung gedeutet werden. Der kleine dafür vorgesehene Saal war rasch überfüllt, viele Interessenten kamen gar nicht erst rein und mussten draußen warten.

Michael Dressen, Regional Managing Director von Tech Data Deutschland und Österreich: „Wir als Distributor müssen komplexe Dinge einfacher machen. Unsere Rolle ist es, dem Fachhandel dafür die passende Plattform zu liefern."
Foto: Tech Data

Auch der Start des eigenen Cloud-Marktplatzes fiel relativ unspektakulär aus: keine roter Knopf, kein Konfetti-Regen, keine Fanfaren. Ob es wohl daran lag, dass bis dato nur Microsoft und Carbonite als Anbieter im"Tech Data Cloud Solutions Store" gelistet sind?

Immerhin, Tech Data-Geschäftsführer Michael Dressen hat die Zahl der Reseller genannt, als Pilotkunden den Marktplatz testen durften: 10. Und auch die anderen Broadliner haben auch nur eine Handvoll Hersteller in die eigenen Cloud-Stores eingebunden.

Im Gespräch mit ChannelPartner betonter Dressen, dass es Tech Data darum gehe, einen durchgängigen Bestellprozess zu gewährleisten. Die Prozesse zwischen Hersteller, Distributor, Systemhaus und dem Endkunden sind klar definiert und in dem Tech Data eigenen-ERP-System von SAP prozesstechnisch abgebildet. Der Reseller tritt immer als Geschäftspartner des Endkunden auf, der Cloud-Lösungs-Anbieter als Vertragspartner.

4. Tech Data Kongress im Münchner MVG-Museum
4. Tech Data Kongress
Dass Cloud auch Spaß machen kann bewiesen die Gäste des 4. Kongresses.
4. Tech Data Kongress
Das Cloud Kompetenz Team auf der Bühne mit Barbara Koch, Managing Director TD Azlan Deutschland und Österreich, und Gastgeber Michael Dressen.
4. Tech Data Kongress
Scheckübergabe an Condrobs e.V. v.l.n.r.: Ana Bloem (Mitarbeiterin Condrobs e.V.), Michael Dressen (Tech Data), Frederik Kronthaler (Geschäftsführer Condrobs e.V.), Melanie Contu (Projektleiterin Condrobs.e.V.)
4. Tech Data Kongress
Alex Fürst (Vice President & General Manager Europe Acronis) und Markus Othmer (Moderator) auf der Hauptbühne.
4. Tech Data Kongress
Charmant moderierte Markus Othmer den Elevator Pitch zur Kurzvorstellung der Vorträge
4. Tech Data Kongress
Spannende Vorträge garantierten ein volles Auditorium
4. Tech Data Kongress
Gerd Leonhard (Futurist) inspirierte für die Zukunft der Digitalen Welt
4. Tech Data Kongress
Gerd Leonhard (Futurist) zeigte die vielen Chancen speziell für den Mittelstand auf
4. Tech Data Kongress
Gespräche an der Tram-Haltestelle.
TD_Kongress_Network_2
Bistro-Atmosphäre im Münchner MVG-Museum
TD_Kongress_Network_3
Tech Data-Chef Michael Dressen im Gespräch mit Kunden.
4. Tech Data Kongress
Die Podiumsdiskussion lieferte klare Statements und konkrete Anforderungen an alle Marktbeteiligten.
4. Tech Data Kongress
Marcel Sternkopf, Geschäftsführer von SecureHead, fordert mehr Transparenz bei Cloud Lösungen und Services für den Channel / Martin Puscher, der Moderator der Podiumsdiskussion, sorgte mit viel Hintergrundinformation für eine kurzweilige und interessante Gesprächsrunde
4. Tech Data Kongress
Heiko Meyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett-Packard GmbH und Vice President der Enterprise Group Deutschland, stellte klar, dass sich die Cloud über ihren Business-Nutzen definiert (links: Daniel Hagemeier ist strategischer Berater des Vorstands der Deutsche Börse Cloud Exchange AG und Gründer mehrerer Cloud-Unternehmen)
4. Tech Data Kongress
Frank Obermeier, Country Leader Oracle und Head of Technology Sales für das Deutschland-Geschäft von Oracle, wünscht sich mehr Weitblick in die Zukunft.
4. Tech Data Kongress
Michael Dressen, Regional Managing Director Tech Data DA, versprach dem Handel passende Plattformen für das komplexe Cloud Business zu liefern
4. Tech Data Kongress
Barbara Koch (Managing Director TD Azlan GERAUS) lieferte zusammen mit Michael Görner (Director der Business Unit IBM sowie Solutions & Innovations der TD Azlan) Einblicke und Ausblicke in das TD Cloud Konzept
4. Tech Data Kongress
Anspruchsvolle Cloud Thematiken wurden in kleineren Gruppen in den historischen Straßenbahnen besprochen.
4. Tech Data Kongress
Karsten Specht, Business Specialist vCloud Air bei VMware Global Inc., machte die hybride Cloud zu seinem Thema und überzeugte mit beeindruckenden Fakten
4. Tech Data Kongress
Ingo Kraft, Channel Manager HP Cloud Business der Hewlett-Packard GmbH, stellte auf dem Weg zur Digitalisierung die hybride IT und den “New Style of Business” in den Vordergrund.
4. Tech Data Kongress
Markus Othmer führte sehr eloquent durch den Tag, besonders gelungen ist ihm die Vorstellung der Sponsoren ("Elevator Pitch")

Im Fall von Microsoft funktioniert mittlerweile der Wiederkauf von "Office 365"-Paketen einwandfrei, davon konnte man sich am Demo-Point des "Tech Data Cloud Solutions Stores" überzeugen. Reseller können dort Cloud Services buchen, ihre Kunden bereitstellen, abrechnen und verwalten, etwa zusätzliche Einzelplatzlizenzen erwerben.

Für Managed Service Provider und ISVs

Dressen und die der für das Cloud-Business zuständige TD Azlan-Chefin Barbara Koch legen großen Wert auf Skalierbarkeit ihres Cloud-Marktplatzes. Man fange zwar klein an, doch schon bald dürfe man mit einer zweistelligen Anzahl an Anbietern auf dem Cloud-Marktplatz rechnen. Ab sofort darf sich auch jeder Reseller im Store anmelden, Mindestvoraussetzungen dafür gibt es keine.

Laut Dressen ist das Interesse der potentiellen Managed Service Providern (MSP), die den Marktplatz nutzen möchten, enorm. Für diese Cloud-Vertriebspartner hat Tech Data ein spezielles Programm (MSP Ecosystem) ins Leben gerufen. Auch zahlreiche ISVs (Independent Software Vendors) hätten schon an der Tür zum Cloud Solutions Store angeklopft. Für sie würde sich hier eine neue Vertriebsplattform auftun.

Besucher des Tech Data-Kongresses ließen sich von diesem Konzept überzeugen, so etwa Jens Hertwig, Geschäftsführer der N+P Informationssysteme GmbH: "Die Cloud ist für uns alle ein extrem wichtiges Thema und ich konnte auf dem Tech Data Kongress Anwendungsbeispiele sehen, die für den Mittelstand interessant werden können.

Von den gezeigten Hersteller-Vorträgen kann ich für uns einiges übernehmen und für meine Kunden nutzbar machen. Es ermöglicht uns innovative und neue Geschäftsmodelle, die jedoch in ihrer Umsetzung noch Zeit zur Argumentation und Realisierung benötigen. Wer sich nicht mit dieser Thematik auseinandersetzt, verpasst den Anschluss."

Anregende Impuls-Keynote eines Zukunftsforscher

Das Highlight des vierten Tech Data Kongresses schlechthin war die Eröffnungsrede des Zukunftsforschers Gerd Leonhard. Es ging um nicht weniger als die "Digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in den nächsten fünf Jahren". Der Futurist zeigte sich ganz optimistisch und skizzierte ein Szenario, in dem sich die heutige Software über "Intelligente Digitale Assistenten" (IDAs) bis hin zur Künstlichen Intelligenz im Jahre 2020 entwickeln wird.

Aber auch in der Biotechnologie wird es exponentielle Fortschritte geben. So werden wir laut Leonhard schon in ein paar Jahren in der Lage sein, unsere komplette DNA so umzuschreiben und zu reparieren, dass Krankheiten wie Alzheimer oder Krebs endgültig besiegt sein werden. "Und in spätestens 8 Jahren ist der Kapitalismus, wie wir ihn heute kennen, passé", so Leonhard. Zumindest dieser These widersprach Tech Data-Chef Michael Dressen im Anschluss vehement.

Doch die Zukunft wird nicht nur rosig sein, so Leonhard: "In den kommenden fünf Jahren werden 40 bis 50 Prozent der Jobs, die wir heute ausüben, komplett verschwinden". Als Beispiele für diese Disruption nannte der Futurist Schallplattenfirmen (Vergangenheit), TV-Sender und Verlage (Gegenwart) sowie Banken und Automobilhersteller (Zukunft).

Demnach werde Software immer mehr Aufgaben übernehmen, die heute noch von Menschen ausgeübt werden, eben die Banking-Geschäfte (auch Investment-Banking und Vermögensberatung), Buchhaltung etc. Seinen Vortrag schloss Leonhard mit einem Zitat des "Wired"-Herausgebers Kevin Kelly: "Menschen fragen, Maschinen antworten".

Diskussionsrunde mit den Cloud-Kombattanten

Zum Abschluss des Kongresses, der von Fernseh- und Eventmoderator Markus Othmer sehr kurzweilig moderiert wurde, gab es die übliche Diskussionsrunde, dieses Mal nur in einem kleine Kreis mit Vertretern von Tech Data (Michael Dressen), Oracle (Frank Obermeier), Hewlett Packard (Heiko Meyer) und mit Daniel Hagemeier von der Deutschen Börse Cloud Exchange AG.

Es ging natürlich um das Thema Cloud, aber auch um die Geschwindigkeit und die Notwendigkeiten des Wandels. Man war sich schnell einig, dass die Cloud längst angekommen ist und die Entwicklung deutlich rascher fortschreitet, als es führende Institute prognostizierten. Erfolgreich umgesetzt werden könne das Cloud-Geschäft nur gemeinsam im Schulterschluss mit Cloud-Anbietern, Cloud-Vermittlern, mit Managed Service Providern, der Distribution und mit allen übrigen Vertriebspartnern.

Michael Dressen definiert die Rolle der Distribution folgender Maßen: "Wir müssen komplexe Dinge einfacher machen. Unsere Rolle ist es, dem Fachhandel dafür die passende Plattform zu liefern." Daniel Hagemeier ging noch einen Schritt weiter und forderte: "Für die Cloud muss es einheitliche Rahmenbedingungen geben, damit die Angebote vergleichbarer werden."

Auch Frank Obermeier von Oracle fand klare Worte: "Wir müssen aufhören, uns nur mit der Gegenwart zu beschäftigen und sollten mehr in die Zukunft schauen. Wir als Hersteller haben die Aufgabe, die Cloud griffiger zu machen. Das Thema muss entmystifiziert werden, sodass auch der Kunde auf seinem Weg in die Cloud mitgenommen wird."

Ein Zeichen in der Flüchtlingskrise

Die Eintrittsgelder der Besucher (16.000 Euro) hat Tech Data in voller Höhe dem Integrationsprojekt für minderjährige Migranten der Condrobs e.V. gespendet.