Ein neuer Konkurrent für Cisco

Warum HP Netzwerker 3Com kauft – was Marktbeobachter sagen

12.11.2009
Der IT-Riese HP geht daran, den Netzwerker 3Com für 1,8 Milliarden Euro zu erwerben. Während einige Marktbeobachter den Kauf als Beleg dafür werten, dass IT-Größen sich wieder in sogenannte "One-Stop-Shops" verwandeln, rätseln andere über die Netzwerkstrategie von HP.
Zwei Jahre nach der geplanten Übernahme durch Huawei und Bain Capital ist 3Com fündig geworden: Es verkauft sich an HP.

Der IT-Riese HP geht daran, den genau 30 Jahre alten Netzwerker 3Com für 1,8 Milliarden Euro (2,7 Milliarden Dollar) zu erwerben. Während einige Marktbeobachter den Kauf als Beleg dafür werten, dass IT-Größen sich wieder in sogenannte "One Stop-shops" (also "Alles aus einer Hand" inklusive Dienstleistungen) verwandeln, bewerten andere die Netzwerkstrategie von HP kritisch.

Mit einem gewaltigen Aufwand wird nun HPs Netzwerkabteilung "Procurve" für das Ziel, im Enterprise-Geschäft sich als Konkurrent Ciscos platzieren zu können, fit gemacht. Nicht weniger als 1,8 Milliarden Euro ist HP bereit, für den in Marlborough, Massachusetts, beheimateten Netzwerker zu zahlen.

Dave Donatelli, Chef der Enterprise Server und Networking-Geschäftseinheit bei HP, erklärte in einem vorbereiteten Statement, der Kauf mache Procurve zum zweitgrößten Anbieter von Netzwerkkomponenten und werde es HP ermöglichen, Kunden eine Netzwerk-Infrastruktur einzurichten, die alles - vom Netzzugang bis zu Datencentern - umfasse.

Sein Kollege Marius Haas, verantwortlich für Procurve, kündigte indirekt an, ab nun werde HP Cisco durch seine Preise in Verlegenheit bringen. Die chinesische 3Com-Tochter H3C mit rund 2.400 Entwicklern entwickelt und produziert weitaus billiger als Cisco, so dass 3Com derzeit in der Lage ist, Enterprise-Switches um bis zu 40 Prozent billiger als der scheinbar übermächtige Rivale Cisco anzubieten.

Der Kauf muss noch von der amerikanischen Kartellbehörde genehmigt werden. Er soll in der ersten Jahreshälfte 2010 abgeschlossen werden.

Was Marktbeobachter sagen

Von Marktbeobachtern waren erwartungsgemäß unterschiedliche Einschätzungen des Kaufes zu erhalten. So erklärten die einen, der Kauf mache deutlich, dass HP sich als "On-Stop-shop" für alle IT-Belange bei Unternehmen positionieren wolle und damit der Entwicklung folge, die die großen Akquisitionen der vergangenen Monate deutlich gemacht habe. So mache sich HP, wie IBM, Cisco, Dell und Oracle, aber auch beispielsweise Xerox und Avaya, daran, durch Zukäufe die gesamte Wertschöpfung, die durch eine umfassende IT-Ausrüstung möglich sei, Unternehmen anzubieten.

Andere Marktbeobachter, darunter die beiden US-Analysten Gartner und IDC, erklärten wiederum, mit dem Kauf könne sich HP definitiv als zweiter Netzwerker neben Cisco positionieren, da es jetzt erstmals auch Enterprise-Switches und -Router anbieten könne, die leistungsfähig genug für große Netzknoten, Datencenter und die hochgehandelten virtualisierten Server-Umgebungen sind. Damit meinten sie die seit ein paar Monaten auf den Markt gekommen H3C-Switches, insbesondere das Modell 12500, der mit Ciscos Core-Switch Nexus 7000 konkurriert, sowie die MSR-Router, die HP nun gegen Ciscos ausgesprochen erfolgreiche ISR-Router platzieren könne.

Doch es gibt noch mehr Meinungen: Einige Marktbeobachter zeigten sich besorgt über die Menge nahezu gleicher Produkte, die 3Com und HP anbieten. Das gilt sowohl für kleinere, darunter gemanagte und stapelbare Switches, des Weiteren Router inklusive WLAN-Router, ferner Netzwerk-Management-Software und VPN-Lösungen sowie andere Software.basierende Tools.

Hierzu hielt sich HP bedeckt: Es erklärte, es werde nach der endgültigen Übernahme sehen, wie es mit dem arg ramponierten, dennoch weltweit bekannten Brand 3Com verfahren werde, ferner, welche Entwicklungen es künftig bevorzugen werde, erklärten Analysten, die insgesamt rund 5.800 Mitarbeiter von 3Com müssten sich auf Entlassungen einrichten.

Das dürfte kaum für die rund 2.400 Mitarbeiter gelten, die in der chinesischen Millionenstadt Hangzhou angesiedelt sind. Dort entwickeln sie Netzwerkkomponenten und haben immerhin dafür gesorgt, dass rund die der Einnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar im chinesischen Markt, darunter mit Telekom-Größen wie China Mobile und China Telecom sowie dem Energie-Versorger PetroChina (PTR), erzielt wurden.

HPs Procurve-Abteilung, vor zwei Jahren laut Insidern noch ein Verkaufskandidat, erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/09 immerhin rund eine Milliarde Dollar Umsatz, trotzdem weist HP diese Umsätze nicht gesondert aus, sondern schlägt sie der TSG-Abteilung (Technology Solutions Group) zu.

Welche Auswirkungen der Kauf auf die mehrere Tausend Systemhäuser zählende Channel-Vertreter haben wird, ist völlig offen. (wl)

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