eBay-Deutschlandchef Martin Tschopp

"Wir brauchen mehr große Händler"

07.12.2012
Bei der Eröffnung des "Kaufraums" erklärte Martin Tschopp, Deutschlandchef von eBay, wie eBay mit seinen mobilen Lösungen auch dem lokalen Handel Mehrwerte bieten will und warum das Scheitern der neuen Bezahlabwicklung bitter ist.
eBay-Deutschlandchef Martin Tschopp bei der Eröffnung des "Kaufraums" in Berlin

Bei der Eröffnung des „eBay Kaufraums“ traf ChannelPartner Martin Tschopp, den seit April 2012 amtierenden Deutschlandchef von eBay, zum Interview. Im Gespräch berichtet Tschopp, wie eBay mit seinen mobilen Lösungen auch dem lokalen Handel Mehrwerte bieten will, warum das Scheitern der geplanten neuen Bezahlabwicklung für eBay Deutschland besonders bitter ist und welche Pläne der E-Commerce-Konzern für Markenhersteller und Onlinehändler hat.

ChannelPartner: Mit dem Kaufraum hat eBay einen stationären Pop-up Store eröffnet. Was bietet für einen E-Commerce-Giganten wie eBay eine – zeitlich begrenzte – Präsenz im stationären Handel?

Martin Tschopp: Unser Thema ist hier die Verschmelzung der Kanäle Online und Offline. Wir haben uns gedacht, dass das ein guter Anlass ist, um ein traditionelles Online-Unternehmen wie eBay auch einmal offline zu präsentieren. Wir wollen dabei zeigen, wie eBay den Wandel, der sich durch mobile Endgeräte für den stationären Handel ergibt, mitgestaltet. Vieles, was es hier an neuen Möglichkeiten gibt, können die Kunden hier und heute im eBay Kaufraum sehen. Zudem wollen wir auch zeigen, wie wir uns die Zukunft des Einkaufens vorstellen und haben dafür zwei Shopping-Showcases geschaffen, die deutlich machen, wie unterschiedliche Kanäle künftig zu einem Einkaufserlebnis verschmelzen.

Sie zeigen im Kaufraum unter anderem, wie die mobilen Shopping-Lösungen von eBay helfen können, dem stationären Handel Kunden zuzuführen. Rückt eBay damit wieder die kleinen und mittleren Händler – von denen viele zu den ersten Powersellern gehörten – in den Mittelpunkt? In den letzten Jahren hatte sich eBay ja schwerpunktmäßig um die Einbindung großer Markenhersteller und Onlinehändler bemüht…

Wir stehen für alles: Bei eBay gibt es Privatverkäufer, kleine und mittelgroße gewerbliche Anbieter und inzwischen auch über 100 der größten Hersteller- und Handelsmarken. Was uns von anderen absetzt, ist gerade diese Balance zwischen den verschiedenen Verkäufertypen und der daraus entstehende einzigartige Mix.

Auch das Thema Mobile spricht letztendlich alle an. Für die stationären Händler ist Mobile eine Antwort auf die Frage „Wie bekomme ich Kunden in meinen Laden?“. Eine Shopping App kann dabei helfen, über alle Kanäle hinweg Anreize zu schaffen, um Konsumenten in einen Laden zu locken.

Wir wissen, dass auch viele kleinere gewerbliche Anbieter einen eigenen Shop haben und dass für sie Mobile eine große Herausforderung ist. Bis vor 5 Jahren gab es nur eine Online-Plattform von eBay im Internet. Durch den Mobile-Boom sind wir mittlerweile auf vielen weiteren Plattformen vertreten. Diese Komplexität zu unterhalten, ist schon für uns nicht einfach. Für einen kleinen gewerblichen Händler wäre es daher eine riesige Herausforderung, auf einmal eine eigene iPhone- oder iPad-App zu haben. Stellt er seine Artikel dagegen bei eBay ein, ist er automatisch auf all diesen Plattformen vertreten. Das ist für Händler ein großer Mehrwert.

Mit Übernahmen und eigenen Neuentwicklungen hat eBay in den USA in den letzten Monaten ein hohes Entwicklungstempo vorgelegt. Können Sie sagen, was von diesen Neuerungen in nächster Zeit auch in Deutschland zu sehen sein wird?

Das „neue“ eBay mit dem personalisierten Angebots-Feed wird in Deutschland aller Voraussicht nach 2013 kommen. Außerdem werden wir hier auch das neue Schnell-Einstell-Tool einführen und planen einen besseren Checkout-Prozess. Wann der von eBay übernommene E-Commerce-Dienstleister GSI und das lokale Angebotsportal Milo.com in Deutschland verfügbar sein werden, kann ich noch nicht sagen. Grundsätzlich ist es so, dass eBay USA in vielem, was Innovationen betrifft, noch ein Stück voraus ist. Lange Zeit war auch die Smartphone-Verbreitung in Deutschland noch wesentlich geringer, doch ist die Tendenz inzwischen klar steigend.

"Neue Zahlungsabwicklung war als deutsches Pilotprojekt geplant"

Der gebürtige Schweizer Martin Tschopp ist seit 2003 bei eBay tätig

Das wirkt so, als ob eBay Deutschland immer nur nachvollzieht, was in den USA ausgedacht wird. Gibt es auch Bereiche, in denen die deutsche Landesgesellschaft eigene Projekte entwickelt, die später für die USA Vorbildcharakter besitzen könnten?

Ja, das gibt es. Mit der geplanten neuen Zahlungsabwicklung wäre Deutschland führend gewesen. Aber nach der Intervention der BaFin mussten wir dieses Projekt leider aussetzen.

Erst hieß es, eBay werde eine BaFin-konforme Zahlungsabwicklung 2013 bringen, jetzt wurde die geplante Neuerung komplett auf Eis gelegt. Wieso hat es eBay nicht geschafft, hier eine umsetzbare Lösung zu finden? Wettbewerber wie Rakuten und Hitmeister haben dagegen trotz zentraler Zahlungsabwicklung keine Probleme mit der BaFin…

Ich gehe davon aus, dass die Regelung die für uns zutrifft, auch für andere greift. Schauen wir mal, ob andere Anbieter auch künftig bei ihrem Modell bleiben können…

Wir standen schon während der Pilotphase für unsere neue Zahlungsabwicklung im Dialog mit der BaFin und haben dann kurz vor dem Roll-Out die Mitteilung erhalten, dass wir dafür eine Lizenz bräuchten – wovon wir davor nicht ausgegangen waren. Die zuständige Behörde ist dabei allerdings nicht die BaFin, sondern die luxemburgische CSSF, da dort die für die Zahlungsabwicklung zuständige eBay-Gesellschaft sitzt. Wir haben miteinander Gespräche geführt bis zu einem Punkt, an dem klar wurde, dass das so, wie es das Gesetz fordert, für uns nicht abbildbar ist. Das Gesetz ist ursprünglich für Banken geschrieben und fordert beispielsweise, dass Gelder nicht länger als einen Tag einbehalten werden dürfen. Das wäre so für uns nicht möglich gewesen, da das gesamte Risiko dann entweder beim Käufer, beim Verkäufer oder bei eBay gelegen wäre.

Deshalb haben wir uns entschieden, die neue Zahlungsabwicklung nicht in 2013 einzuführen. Allerdings sagen wir auch nicht, dass wir nie eine neue Zahlungsabwicklung einführen wollen. Wir haben das Vorhaben nun aber erstmal verschoben.

Trotzdem ist diese Entwicklung für eBay ausgesprochen unerfreulich: Amazon-Kunden beispielsweise sind schon lange an eine bequeme Checkout-Lösung gewöhnt. Dass eBay hier weiter auf dem Status quo verharrt, ist ein deutlicher Wettbewerbsnachteil.

Genau deshalb wollten wir mit der neuen Zahlungsabwicklung für mehr Einfachheit und einen besseren Käuferschutz sorgen. Denn Vertrauen ist in unserem Geschäft zentral. Vorerst empfehlen wir nun allen Kunden, mit Paypal zu bezahlen, um so den Paypal-Käuferschutz in Anspruch nehmen zu können. Außerdem sind wir gerade dabei, für unseren Customer Service eine 100-prozentig kostenfreie Telefon-Hotline auszurollen. Auch das ist wichtig, um bei den Kunden Vertrauen zu schaffen.

Während eBay in den letzten Jahren versucht hat, mit einem höheren Maß an Standardisierung und Einheitlichkeit Amazon immer ähnlicher zu werden, tritt nun mit Rakuten ein Plattformbetreiber auf, der genau das Gegenteil propagiert: Händler sollten innerhalb des Marktplatzes ihr unverwechselbares Profil behalten, um so die Kundenbindung zu stärken. Was halten Sie davon?

Wir sind sowohl Händler-zentriert, wie auch an den Kundenbedürfnissen interessiert und versuchen beiden Seiten zu bieten, was sie wollen. Im Übrigen, gibt es auch bei den Händlern unterschiedliche Interessen: Es gibt Verkäufer, für die ein eigener Markenauftritt sehr wichtig ist. So haben wir bei eBay Deutschland inzwischen mehr als 100 Markenhersteller und große Händler. Genauso gibt es aber auch Verkäufer, denen ihr eigener Auftritt nicht so wichtig ist. Das ist zum Beispiel im Elektronikbereich der Fall, wo die Produkte viel mehr im Vordergrund stehen. Wir bieten unseren Verkäufern sowohl die eine wie auch die andere Möglichkeit an.

Sie haben bereits wiederholt die rund 100 Marken- und Herstellershops auf eBay erwähnt. Das ist zwar eine schöne Zahl, verglichen mit der großen Anzahl an etablierten Online-Marken aber auch nicht besonders viel. Müssten aus Ihrer Sicht nicht noch viel mehr große Namen auf eBay vertreten sein?

Natürlich möchten wir, dass noch viel mehr große Händler und Hersteller eBay als Vertriebskanal nutzen. Wir sind überzeugt, dass wir ein guter Partner für alle Marken sein können und glauben daran, dass wir diese Zahl noch deutlich ausbauen können.

Welche Rolle spielen bei diesen Plänen IT- und CE-Händler? Vor einigen Jahren wurde dieser Bereich von eBay noch gezielt als Schwerpunkt genannt, nun stellen Sie Themen wie Fashion, Home & Garden und Kfz-Artikel in den Mittelpunkt.

Das liegt daran, dass der ITK-Bereich schon einen sehr großen Online-Anteil hat, während andere Bereiche noch einen deutlich geringeren Anteil aufweisen. Elektronik war eine der ersten Kategorien, die im E-Commerce online gegangen ist. In anderen Bereichen gibt es dagegen heute noch wesentlich mehr Wachstum. (mh)