Exklusiv-Interview

"Cyberport wird auch weiterhin neue Stores eröffnen"

16.04.2014 von Matthias Hell
Ende 2013 kündigte Cyberport an, mit einer neuen, vierköpfigen Geschäftsführung rund um Jeremy Glück und Rainer Kiefer die nächste Expansionsstufe einzuleiten. Im ChannelPartner-Interview erklären die beiden, mit welcher Strategie der Elektronikversender zur gewohnten Wachstumsstärke zurückfinden will.
Die Cyberport-Geschäftsführer Rainer Kiefer (Sprecher, Produktmanagement, Finanzen) und Jeremy Glück (Marketing, Stores, Webshop, Vertrieb)

Nach dem außergewöhnlichen Wachstumsjahr 2012 stieg der Umsatz bei Cyberport 2013 nur um 2 Prozent auf 548 Millionen Euro. Wie ist es zu diesem Einbruch beim Wachstum gekommen?

Rainer Kiefer: Verantwortlich waren mehrere Gründe. Allen voran fehlende Innovationen in Sortimentsbereichen, die in den vergangenen Jahren Umsatztreiber waren. Ein weiterer Kerngrund war die Verschiebung des Replacement Cycles bei Notebooks durch den Erstkauf von Tablets. Ein weiterer Einmaleffekt war das Ende der Kooperation mit Niedermeyer in Österreich.

Dieses Jahr sind diese Themen aber weitgehend verdaut und wir sind mit der Umsatzentwicklung sehr zufrieden.

Nicht nur Cyberport, auch andere Elektronikversender verzeichneten 2013 geringere Wachstumsraten. Zeichnet sich hier eine Sättigung des Online-Markts ab?

Jeremy Glück: Eine wirkliche Sättigung des Online-Umsatzes stellen wir bei Cyberport keinesfalls fest. Im letzten Jahr ist das Marktwachstum unter anderem durch fehlende Produktinnovationen schwächer ausgefallen als in den Vorjahren. Wir gehen aber davon aus, dass das Wachstum in 2014 wieder anziehen wird. Der Markt wird sich mit neuen Geschäftsmodellen weiter vorwärts bewegen und es werden die Unternehmen erfolgreich sein, die sich schnell und immer wieder neu erfinden können.

Bevor Rainer Kiefer Mitte 2013 zu Cyberport stieß, amtierte er als CFO der Burda Tech Group
Foto: Cyberport

Von der Notwendigkeit, sich "neu zu erfinden", sprach vor kurzem auch Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer. Was sind hier aus Sicht von Cyberport die wichtigsten Themen?

Jeremy Glück: Bezüglich der Geschäftsmodelle gibt es noch viel Potenzial und bereits zum aktuellen Zeitpunkt erfreuliche Entwicklungen, die den Onlinehandel noch attraktiver für den Kunden machen. Das reicht von der Live-Beratung für Onlinekunden - wie bei uns im Live-Chat - bis zum Same-Day-Delivery- und Same-Day-Pickup-Service. Es geht vor allem darum, die Vorteile des stationären Kaufs auch beim Onlinekauf anbieten zu können.

Als echter Multichannel-Händler können wir dies schon jetzt gewährleisten: Beispielsweise bieten wir den Filialkunden an Webshop-Terminals uneingeschränkten Zugriff auf das gesamte Sortiment und Onlinekunden werden umfassend telefonisch beraten. Solange sich alle Kanäle bereichern und gegenseitig befruchten, profitiert der Kunde.

"Dienstleistungen und Services sind erfolgskritische Faktoren"

Kam im November 2013 von der Media-Saturn E-Business GmbH zu Cyberport: Jeremy Glück

Welche Rolle spielen Fachhandel-Services im Online-Geschäft? So kündigte Wedemeyer an, Notebooksbilliger als "beratungsstarken Online-Fachhändler" positionieren zu wollen…

Jeremy Glück: Langfristig werden nur die Unternehmen erfolgreich sein, die in der Lage sind, differenzierte Strategien zu entwickeln und vor allem umzusetzen. Die Differenzierung seitens des Kunden passiert heutzutage zum einen über Beratung und Service, da Produktzyklen immer kürzer werden und gerade neue Produktwelten wie vernetzte Geräte und Home Automation sehr erklärungsbedürftig sind. Wir sehen Dienstleistungen und Services als erfolgskritischen Faktor für ein kundenausgerichtetes Multichannel-Unternehmen. Neben den üblichen Liefer- und Aufstellservices bieten wir den Cyberport-Kunden zertifizierte Inhouse Apple-Reperaturservices, Online-Bestellungen im Store, Same-Day-Delivery und Same-Day-Pickup an.

Rainer Kiefer: Zum anderen erfolgt die Differenzierung über das Sortiment. Unsere Kunde will Produktkompetenz spüren und bei uns Premiumprodukte erleben. Auch ist eine Abkehr vom Prinzip "Hauptsache billig" zu verzeichnen, die Marktteilnehmer haben erkannt, dass sich Kundenvertrauen und -treue darüber nicht erzielen lassen.

Cyberport Store im Bikini Berlin -
Cyberport-Mitarbeiterin Anne
Die Cyberport-Mitarbeiterin Anne machte bereits einige Tage vor der Eröffnung bei Facebook auf den neuen Store aufmerksam
Wacom Shop-in-Shop
In dem Store befindet sich auch das bislang erste Wacom Experience Center in Deutschland
Cyberport Store
Blick in den Store
Eröffnungsangebote
Zur Eröffnung lockt Cyberport mit attraktiven Angeboten
Bikini Berlin
Das Bikini Berlin befindet sich zwischen Bahnhoff Zoo und Ku'damm im Herzen Westberlins

"Burda steht der Entwicklung von Cyberport positiv gegenüber"

Cyberport-Geschäftsführer Jeremy Glück bei der Eröffnung des neuesten Stores im Berliner Einkaufszentrum Bikini

Beratung und Service sind - gerade in einem stationären Umfeld - nicht gerade billig. Das lässt sich auch an den gestiegenen Kosten ablesen, die Cyberport in seinem letzten Geschäftsbericht ausweist. Wie entwickelt sich die Ertragslage derzeit bei Ihnen?

Rainer Kiefer: Wir kommentieren unsere Ertragssituation nicht.

Steht Ihre Muttergesellschaft Burda Digital trotz der durch die stationäre Expansion deutlich höheren Kosten weiterhin fest zu Cyberport?

Rainer Kiefer: Die Transformation des Consumer Electronics Marktes vom rein stationären Handel zu Multikanal- und Onlinehandel wird sich auch in den nächsten Jahren unvermindert stark fortsetzen. Gleichzeitig wachsen Content und Commerce immer enger zusammen. Cyberport ist für diese Transformation und das daraus resultierende Wachstum hervorragend aufgestellt und wird in einzigartiger Weise die Kundenbedürfnisse sowohl offline als auch online bedienen können. Die Multichannel-Strategie wurde gemeinsam mit Burda Digital erarbeitet. Sowohl Burda Digital als auch wir sehen unserer Geschäftsentwicklung sehr positiv entgegen.

Sie haben vor wenigen Tagen ihren dritten Store in Berlin eröffnet. Im Herbst folgt in München das bislang größte Cyberport-Geschäft. Würden Sie diese Neueröffnungen aus heutiger Sicht noch einmal genauso machen?

Jeremy Glück: Unser neuer Store im Bikini Berlin hat ein außerordentlich erfolgreiches Eröffnungswochenende hinter sich und startete auch die erste Woche sehr erfolgreich. Wir versprechen uns hier ein ähnlich gutes Wachstum wie bei unseren anderen Berliner Stores und stehen vollkommen hinter dem neuen Standort. Auf München freuen wir uns besonders, da dieser Store mit zahlreichen Neuerungen an den Start geht, die für unsere Kunden sehr spannend sein werden. Auch hier sind wir vom Erfolg unseres Store-Konzepts überzeugt.

Wird es nach Berlin und München in absehbarer Zeit noch weitere Store-Neueröffnungen geben?

Jeremy Glück: Wir sind mit unserem bestehenden Netz gut aufgestellt. Ziel unserer Expansionsoffensive, die bereits 2003 begann, war es, in allen deutschen Großstädten vertreten zu sein. Das haben wir größtenteils geschafft und sind in einigen Städten, wie beispielsweise Berlin und Dresden, aufgrund des sehr guten Zuspruchs bereits mit mehreren Filialen vertreten. Wir werden aber auch 2015 weitere Stores eröffnen und halten die Augen offen nach passenden Flächen.

Zeichnet sich einmal mehr durch ein hochwertiges Laden-Design aus: Der Cyberport Store im Bikini

Wie wichtig ist das Store-Netz für die Geschäftsstrategie von Cyberport? Würde Ihr Geschäftsmodell auch ohne stationäre Geschäfte funktionieren?

Jeremy Glück: Die Stores sind fester Bestandteil unserer Multichannel-Strategie und werden es auch bleiben. Der heutige Technik-Kunde möchte über verschiedene Wege einkaufen beziehungsweise sich informieren - und genau das bieten wir unseren Kunden. Über unsere Stores erreichen wir dabei auch Kunden, die beratungssuchend und noch unentschlossen sind, beziehungsweise bereits eine Vorauswahl passender Geräte getroffen haben und eine persönliche Hilfestellung bei der Entscheidung benötigen. Hier punkten wir mit kompetenter Face-to-Face-Beratung. Die Stores präsentieren unsere Marke in der Region und sind somit ein physisch vorhandenes Fenster für den Onlineshop. Außerdem generieren sie zusätzliche Umsätze und sind Treiber für das Onlinegeschäft.

"Der Markt ist durch einen intensiven Wettbewerb gekennzeichnet"

Bei den Elektronikversendern zählt Cyberport mit dem erzielten Umsatz zur absoluten Spitzengruppe. Wie bewerten Sie die Herausforderung einerseits durch den "Online-Platzhirsch" Amazon und andererseits durch die E-Commerce-Aufholjagd von Media-Saturn?

Rainer Kiefer: Wir sehen uns durch unsere Positionierung und Nähe zum Kunden in einer sehr guten Marktposition. Selbstverständlich stellen Media-Saturn und Amazon zwei große und erfolgreiche CE-Retailer in Deutschland dar, die Größe des Marktes lässt aber mehrere Geschäftsmodelle und Alternativen für den Kunden zu.

Haben Neueinsteiger im Elektronik-Online-Handel Ihrer Meinung nach heute noch eine Chance? Das rasante Wachstum von Getgoods schien das für einige Zeit immerhin nahezulegen…

Rainer Kiefer: Der CE-Markt in Deutschland, sowohl online als auch stationär, ist gekennzeichnet durch starken und intensiven Wettbewerb. Gerade im Onlinebereich gibt es immer wieder kleinere Händler, die für kurze Zeiträume an Ware kommen. Eine nachhaltige Handelsmarke können Sie aber so nicht aufbauen. Nachhaltig stark zu wachsen, gelingt dann eher über Nischenprodukte.

Cyberport-Store-Eröffnung in Köln -
Auch außen stylish: Der neue Cyberport Store in Köln
Zur Eröffnung wurde das Glücksrad gedreht
Blick ins Laden-Innere
Cyberport: Das "Apple der Online-Elektronikhändler"
Punkt 12 Uhr erschien Heino zur Store-Eröffnung
Der sich derzeit als "Rocker" vermarktende Schlagerbarde erwies sich als Publikumsmagnet
Heino bewarb die zusammen mit Bild.de angebotenen "Volks.Notebooks" von Cyberport
Eine ehemalige "Depot"-Filiale wurde in den letzten Monaten zum Cyberport Store umgebaut
Blick in die Baustelle
Attraktive Lage: Der Store-Standort (noch als "Depot"-Filiale") bei Google Maps