FWI-CEO Olaf Dierig

"Die IT wird aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen"

15.05.2014 von Regina Böckle
Social Media und Business Analytics werden das Geschäft von Unternehmen und IT-Dienstleistern grundlegend verändern, Kunden die Geschäftsprozesse direkt beeinflussen. Welche Hürden aber bis zu dieser komplett digitalisierten Welt noch zu überwinden sind, skizziert Olaf Dierig, CEO von FWI Information Technology, im Interview mit ChannelPartner.

Der Markt für die blitzschnelle Analyse großer, unterschiedlich strukturierter Daten, kurz Big Data Analytics, soll in Deutschland im Jahr 2014 um 59 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro wachsen, schätzt der Bitkom. Sie verfolgen die Entwicklungen im BI- und CRM-Markt bereits seit rund 20 Jahren. FWI ist als IT-Dienstleister in diesem Markt schon sehr lange aktiv. Wie bewerten Sie die Lage?

Olaf Dierig: Wir beobachten, dass die Nachfrage nach klassischen BI-Lösungen in der Tat enorm steigt, weil unsere Kunden ihre Endkunden viel stärker in den Planungsprozess für neue Produkte und Dienstleistungen mit einbinden wollen. Der Kunde erhält also ein Mitspracherecht darüber, wie ein Unternehmen sein Geschäft entwickelt - das ist wirklich neu. Entscheidend ist dabei aber immer auch, die Bestandskunden zu halten. Wenn es gelingt, die Kunden an den Daten für den Planungsprozess partizipieren zu lassen, sind wir schon einen Schritt weiter. Vom BI-Ansatz ausgehend ist das aber aktuell noch immer ein größerer Projektaufwand. Das ist ein ganz klassisches Thema. Die Hersteller wiederum beschäftigt vor allem die Frage, auf welche Daten der Kunde zugreifen will.

Olaf Dierig, CEO von FWI Information Technology: "Die Integration von Social Media wird das Gros der Unternehmen frühestens in 24 Monaten in Angriff nehmen."
Foto: FWI

Inwiefern spiegelt sich diese Entwicklung bereits in der Praxis wieder: Haben sich die BI-Ansätze Ihrer Kunden in den vergangenen Jahren verändert?

Dierig: Vor rund 20 Jahren basierte die Geschäftsplanung der Unternehmen ausschließlich auf den Erfahrungen der Vergangenheit. Später flossen auch die Prognosen für das laufende Jahr in die Disposition mit ein, basierend auf allgemeinen Marktdaten und anstehenden Ereignissen, beispielsweise Weltmeisterschaften. Heute ist es erforderlich, auch Social-Media-Daten, die Aufschluss geben können über kommende Trends oder Rückmeldungen zu bereits vermarkteten Produkten - mit den Daten aus den PPS- und WWS-Systemen zu integrieren und in die Planung einzubeziehen. Die Einbindung dieser Daten wird künftig für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend sein, denn die junge Generation - und somit die künftige Kundenklientel - kommuniziert nicht mehr über die herkömmlichen Wege, beispielsweise per E-Mail, sondern überwiegend über Social-Media-Kanäle.

Glaubt man den Versprechen der Hersteller, gibt es bereits Lösungen, die imstande sind, jegliche Art semi- oder unstrukturierter Daten - beispielsweise aus Social-Media-Kanälen wie Facebook & Co - in Echtzeit auszuwerten und mit strukturierten Daten aus den ERP-Systemen zu verbinden. Wie bewerten Sie die Lage?

Dierig: Es gibt zwar rudimentäre Ansätze in dieser Richtung, aber echte Lösungen kann ich hier noch nicht erkennen.

6 Tipps für die Social-Media-Daten-Analyse -
6 Tipps für die Social-Media-Daten-Analyse
Die Analysten von Accenture empfehlen, sich nicht in zu vielen Auswertungsvarianten zu verheddern. Sie schlagen ein Vorgehen anhand von sechs Punkten vor.
1. Bequemlichkeit für den Kunden:
Aus der Sicht des Kunden zu denken, ist für Accenture der Knackpunkt. Es geht dabei zum Beispiel um Fragen wie die Erreichbarkeit eines Geschäftes, um die Übersichtlichkeit der Warenpräsentation, um die Öffnungszeiten und anderes. Eben diese Aspekte müssen auf Social Media übertragen werden. Besuch des Webshops, Auswahl und Kauf der Produkte - diese und andere Prozesse müssen dem Kunden einfach und leicht fallen. Kunden vor der Shop-Eröffnung aktivieren Wer beispielsweise aus Facebook-Daten weiß, dass Anhänger eines bestimmten Geschäftes in der Stadt XY leben, kann diese Fans über die Eröffnung einer neuen Filiale an ihrem Wohnort informieren. Das gilt ebenso für gezielte Werbe-Aktionen in bestimmten Städten oder für bestimmte Marken.
2. Auswahl der Produkte:
Welche Produkte neu ins Sortiment aufgenommen und welche ausgelistet werden, gehört zu den Fragen, die durch simples Auszählen von Abverkäufen entschieden werden. Die Analyse von Social Media-Daten geht einen erheblichen Schritt weiter - sie kann als Trendforschung dienen. Wer beobachtet, was die eigenen Kunden im Netz anklicken oder worüber sie sich austauschen, erfährt viel über ihre Konsumwünsche.
3. Information/Expertise:
Trotz des Wegfalls der Tante-Emma-Läden und der Selbstverständlichkeit von Selbstbedienungsgeschäften wollen Kunden nach wie vor beraten werden und sich informieren. Wird das vernachlässigt, sinkt die Markenbindung. Daher sollte nicht nur das Verkaufspersonal gut ausgebildet sein. Auch im Netz müssen Verbraucher Informationen finden. Entscheider müssen sich bewusst sein, dass gerade das Netz eine wichtige neue Dimension darstellt: Kunden beraten sich gegenseitig und teilen sich unverblümt mit, wie sie ein bestimmtes Produkt oder das Einkaufen in einem bestimmten Geschäft finden.
4. Preisgestaltung:
Die Idee vom Einkauf und Abverkauf in großen Stückzahlen zwecks günstiger Preise bleibt unberührt. Ebenso die Praxis, vor Ostern mehr Lammfleisch und Hefezöpfe zu ordern. Punkten mit den Schuhen in Pink Das aber kann mittels Social Data weit stärker verfeinert werden als bisher. Dazu ein fiktives Beispiel: Eine bestimmte Kundengruppe verehrt eine Person des öffentlichen Lebens - und diese trug bei ihren letzten Auftritten ständig pinkfarbene Tennis-Schuhe. Wer mitdenkt, hat diese Schuhe rechtzeitig in größeren Mengen im Laden.
5. Kundenservice:
Durch Social Media findet Kundenservice nicht mehr nur im Geschäft oder am Kundentelefon statt, sondern auch im Netz. Kunden geben sich gegenseitig Tipps oder helfen sich weiter. Unternehmen können Verbraucher auch auffordern, Verbesserungsvorschläge einzureichen.
6. Zielgruppen-Ansprache:
Glaubt man Accenture, untersuchen zu viele Händler die in Social Media hinterlegten Profile ihrer Kunden nicht genau genug. Konkretes Beispiel: Jemand bezeichnet sich als Fan einer bestimmten Sportart. Für die Analysten kein Grund, ihm entsprechende Kleidung und Schuhe anzubieten. Möglicherweise sieht sich derjenige diesen Sport nur gern im Fernsehen an - praktiziert aber einen ganz anderen.

Inwiefern ist die Analyse großer Mengen unterschiedlich strukturierter Daten Ihrer Erfahrung nach bei mittelständischen Kunden heute schon tatsächlich ein Thema?

Dierig: Unsere Kunden sind an dem Thema interessiert, wir sprechen darüber. Bei den meisten müssen allerdings erst noch die Voraussetzungen geschaffen werden, um solche Projekte umzusetzen. Sie sind aktuell vor allem damit befasst, ihre Kundenbeziehungen mit Hilfe neuer CRM-Projekte zu optimieren, ihre Datenbestände zu normieren. In den zurückliegenden Jahren haben viele erst einmal neue ERP-Systeme eingeführt und gehen im zweiten Schritt das CRM-Thema an. Denn sie haben erkannt, dass sie heute die Anforderungen ihrer Kunden sehr viel schneller in Angebote verwandeln und schneller auf Kundenwünsche reagieren müssen.

Obendrein stehen mittelständische Unternehmen vor dem Problem, dass sich mit zunehmendem Wachstum immer mehr Datenmaterial anhäuft, das - unabhängig von der Struktur der Daten und der Menge - nicht mehr vergleichbar ist. Die zentrale Frage lautet also: Wie schaffen wir es, für diese Daten eine Normität, eine einheitliche Datenstruktur zu schaffen. Das gilt übrigens häufig auch für die Stammdaten. Aktuell stellt das die größte Herausforderung dar. Die zweite zentrale Herausforderung besteht darin, den Kunden - trotz des schnellen Wachstums - dazu zu bringen, sich mit diesem notwendigen Normierungsprozess zu befassen.
Eine weitere zentrale Anforderung besteht darin, Transaktionen, beispielsweise für die Produktionsplanung und -steuerung, über jede Art von mobilem Device rund um die Uhr zu steuern.

Glossar zu Big Data und Data Analytics -
Predictive Analytics
das Treffen von Prognosen durch die Analyse von Daten. Im Gegensatz zur Analyse historischer Zusammenhängen und Erkenntnissen; auch durch die Analyse von Daten, die möglicherweise urächlich nicht miteinander in Zusammenhang stehen (Quelle: Bitkom)
Open Source
quelloffene Werke, zum Beispiel Software bei der man den Quellcode erhält (Quelle: Bitkom)
Open Data
Konzept zum Zugang zu hoheitlichen Daten zu jedermann, beispielsweise Auskunft über die bei einer Meldestelle gespeicherten Daten über einen Bürger und die Einrichtungen, an die die Daten übermittelt worden sind. (Quelle: Bitkom)
Metadaten
Daten zur Beschreibung von Daten, unter anderem, um Datenmodelle zu entwickeln. (Quelle: Bitkom)
Mahout
wörtlich: Elefantentreiber; hier: eine Apache-Komponente zum Aufbau von Bibliotheken für das Machine Learning MapReduce Verfahren zur Datenverwaltung und Indizierung (Quelle: Bitkom)
Machine Learning
Oberbegriff für die künstliche Generierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Das System „erkennt“ Gesetzmäßigkeiten und kann somit auch unbekannte Daten beurteilen. (siehe Wikipedia). (Quelle: Bitkom)
Lustre
Linux-basierendes Betriebssystem für den Betrieb von Cluster-Architekturen (Quelle: Bitkom)
Lambda-Architektur
Eine konstruktiv nutzbare Vorlage für den Entwurf einer Big-Data-Anwendung. Die in der Architektur vorgesehene Modularisierung spiegelt typische Anforderungen an Big-Data-Anwendungen wider und systematisiert sie. (Quelle: Bitkom)
In-Memory
Bei In-Memory werden die Daten nicht physisch auf Datenträger gespeichert und wieder ausgelesen, sondern im Arbeitsspeicher gehalten und dadurch mit sehr hoher Geschwindigkeit verarbeitet. (Quelle: Bitkom)
HANA
Ursprünglich: High-Performance Analytical Appliance; ein von SAP entwickeltes Produkt zum Betrieb von Datenbanken im (sehr großen) Hauptspeicher eines Computersystems (Quelle: Bitkom)
Hadoop
Open-Source-Version des MapReduce-Verfahrens, in verschiedenen Distributionen erhältlich. (Quelle: Bitkom)
Fraud Detection
Erkennung von Betrugsversuchen durch die Analyse von Transaktionen und Verhaltensmustern (Quelle: Bitkom)
Eventual Consistency
Eine Schnittmenge des CAP-Modells hinsichtlich der ereignisbezogenen Konsistenz von Modellen. (Quelle: Bitkom)
Data Science
Datenkunde: die Kenntnis bzw. Anwendung neuer Verfahren zur Arbeit mit Daten und Informationen, z.B. Verwendung semantischer Verfahren oder die Erschließung neuer Datenquellen (Sensordaten) und die Erarbeitung von Mustern oder statistischen Verfahren zur Auswertung solcher Daten. (Quelle: Bitkom)
Data Mining
Anwendung statistischer Methoden auf sehr große Datenmengen, bspw. Im Gegensatz zur manuellen Auswertung über Funktionen eines Tabellenkalkulationsprogrammes (Quelle: Bitkom)
Data Management
Methoden und Verfahren zur Verwaltung von Daten, oft über Metadaten (Daten, die Daten beschreiben) (Quelle: Bitkom)
Customer Analytics
Gewinnung von Erkenntnissen über das Kundenverhalten (überwiegend in Consumer-orientierten Unternehmen), beispielsweise mit dem Ziel der Entwicklung massenindividualisierter Produkte und Dienstleistungen (Quelle: Bitkom)
CEP
Sammelbegriff für Methoden, Techniken und Werkzeuge, um Ereignisse zu verarbeiten, während sie passieren. CEP leitet aus Ereignissen höheres Wissen in Form von komplexen Ereignissen ab, d. h. Situationen, die sich nur als Kombination mehrerer Ereignisse erkennen lassen (vgl. Wikipedia). (Quelle: Bitkom)
Complex Event Processing (CEP)
Complex Event Processing (CEP, Verarbeitung komplexer Ereignisse) ist ein Themenbereich der Informatik, der sich mit der Erkennung, Analyse, Gruppierung und Verarbeitung voneinander abhängiger Ereignisse beschäftigt. (Quelle: Bitkom)
CEPH
ein Dateisystem, das gleichzeitig Objekte, Dateien und Datenblöcke verwalten kann (Quelle: Bitkom)
CAP-Theorem
Laut dem CAP-Theorem kann ein verteiltes System zwei der folgenden Eigenschaften erfüllen, jedoch nicht alle drei: C = Consistency = Konsistenz, A = Availability = Verfügbarkeit, P = Partition Tolerance = Partitionstoleranz (siehe Wikipedia)
Business Intelligence
Gewinnung von Erkenntnissen über Zusammenhänge zwischen Informationen aus polystrukturierten Daten aus unterschiedlichsten Quellen (Quelle: Bitkom)
Broker
Makler/Buchmacher, hier: Rolle des Übermittlers von Daten zwischen Quelle und Anwender Business Analytics Ermittlung von Kennzahlen für Unternehmen, durch die Analyse größerer Datenmengen mit dem Ergebnis neuer Erkenntnisse aufgrund einer breiteren Datenbasis. (Quelle: Bitkom)
Big Data
die Gewinnung neuer Informationen – die in kürzester Zeit sehr vielen Nutzern zur Verfügung stehen müssen – mittels enorm großer Datenbestände aus unterschiedlichsten Quellen, um dadurch schneller wettbewerbskritische Entscheidungen treffen zu können. (Quelle: Bitkom)
Analytics Appliance
vorkonfigurierte oder paketierte Lösungen aus Hardware und Software für die Koordinierung von polystrukturierten Daten, die Ausführung von Analysen und die Präsentation der Erkenntnisse. (Quelle: Bitkom)
Analytics Analyse
Gewinnung von Erkenntnissen durch komplexe Abfragen auf polsystrukturierte Daten, Datenbanken und Data-Warehouses mit spezifischen Abfragesprachen wie SQL oder Pig. (Quelle: Bitkom)

Greifen Analysten und Herstellern mit ihren Erwartungen an das Business-Analytics-Potenzial also schon zu weit vor?

Dierig: Die Marketingaussagen stimmen natürlich insofern, als heute sicherlich schon vieles machbar ist und in dem Thema ein enormes Potenzial steckt. Aber zunächst einmal gilt es Antworten zu liefern, wie Unternehmen ihre Zahlen, Daten und Fakten normiert bekommen, um sie anschließend überhaupt auswerten zu können. Diese Arbeit, das Master Data Management, muss vorher geleistet werden. Hinzu kommt die Fülle an Informationen aus dem Internet, die es schnell zu filtern und mit den Firmendaten zu kombinieren gilt.
Auf dieser Basis lassen sich neue Ideen entwickeln, um neue Analyseverfahren zu entwickeln. Wir lösen diesen Aspekt beispielsweise mit unserer Microsoft-basierten Cubeware-Lösung. Für viele dieser Anforderungen stehen schon seit langem Tools zur Verfügung - das gilt allerdings nur bedingt für die Einbindung unstrukturierter Daten.
Die Integration von Social Media in die IT-Systeme wird das Gros der Unternehmen meines Erachtens frühestens in 24 Monaten in Angriff nehmen. Bei Unternehmen, die ihre ERP- und CRM-Infrastruktur bereits modernisiert haben, könnte ich mir aber vorstellen, dass erste Social-Media-Projekte bereits in den nächsten Monaten auf der Agenda stehen.

Wie würden Sie ein Projekt angehen, in dem Social-Media- oder auch Maschinendaten eingebunden werden sollen?

Dierig: Der erste Schritt wäre die Analyse-Phase, in der geklärt wird, woher die benötigten Daten kommen, wohin sie fließen und wo sie eingebunden werden müssen. Auf dieser Basis wird ein Lasten- und Pflichtenheft erstellt und der Kostenrahmen definiert. Jetzt kann sich der Kunde entscheiden, ob der das Projekt umsetzen will oder nicht. Im zweiten Schritt definieren wir mit dem Kunden einen nicht unternehmenskritischen Bereich, in dem das Pilotprojekt für die Verknüpfung der unterschiedlichen Welten und Services ausgerollt werden soll. Die nötigen Entwicklungsarbeiten für die jeweiligen Schnittstellen übernimmt unser eigenes Entwickler-Team. Im dritten Schritt wird der Pilot ausgerollt. Die dort gesammelten Erfahrungen fließen dann in die Folgeprojekte ein.

Inwiefern unterscheiden sich die Anforderungen für Business-Analytics-Projekte vom "klassischen" Systemhausgeschäft? Welche Voraussetzungen muss ein Partner mitbringen, um in diesem Markt erfolgreich zu sein?

Dierig: Der Partner muss vor allem über umfassendes Know-how verfügen: Dazu zählt zum einen ein tiefes Verständnis für die Infrastruktur, die Datenbanken und die Schnittstellen, die der jeweilige Kunde einsetzt. Zum anderen muss der Partner erfassen, wie das Geschäft und die Prozesse des Kunden exakt funktionieren.

FWI-Zentrale am im österreichischen Steyr
Foto: FWI

Wie gehen Sie als erfahrener Microsoft-Partner im Bereich BI und CRM dieses Thema konkret an?

Dierig: Wir haben bei FWI 40 erfahrene Prozessberater, die die Prozesse des Kunden verstehen und vor allem auch seine Branche kennen. Zusätzlich bringen sie auch tief greifendes Verständnis der für ERP, CRM und BI jeweils charakteristischen Prozesse mit.

Kooperieren Sie bei solchen Projekten mit anderen Partnern?

Dierig: Ja. Gerade bei Spezialthemen, beispielsweise der Anbindung des Produktdatenmanagements für EDI, ist der Schulterschluss mit anderen Partnern extrem wichtig. Außerdem eröffnen sich damit für beide Parteien auch immer wieder Chancen für neue Geschäftsfelder.

Sie betreiben in Steyr ein eigenes Rechenzentrum, auf dessen Basis Sie Ihren Kunden auch Lösungen aus der Cloud anbieten. Wie gefragt sind diese Lösungen, insbesondere nach der NSA-Affäre?

Dierig: Es ist ein sehr sensibles Thema, Kunden wollen die Sicherheit ihrer Daten gewährleistet sehen. Das spielt uns in die Karten, denn der Standort des Rechenzentrums spielt für sie eine zentrale Rolle. Problematisch an Microsofts CRM-Lösungen aus der Cloud ist allerdings, dass diese Lösungen nicht individualisierbar sind - beispielsweise im Hinblick auf die Verknüpfung von Social-Media-Daten mit den CRM-Systemen. Mit den Lösungen, die wir in unserem Rechenzentrum betreiben, können wir diese Individualisierung aber leisten und die Anwendung exakt auf den Kundenwunsch anpassen. Für ein Unternehmen setzt Big Data Analytics aus der Cloud erst dann sein Potenzial frei, wenn Offenheit, Transparenz und Schnelligkeit gewährleistet sind.

Blick ins FWI-eigene Rechenzentrum am Standort der Firmenzentrale in Steyr.
Foto: FWI

Reines Hosting-Geschäft ist also Sie nicht relevant?

Dierig: Ja, denn ein reines Hosting-Geschäft ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht rentabel abbildbar. Welche Rolle die Cloud künftig spielen und welche Bedeutung der Einbindung von Social Media in bestehende IT-Systeme zukommen wird, lässt sich meines Erachtens heute noch nicht eindeutig beantworten. Wichtig ist aber, dass FWI beides bereits heute anbieten kann.

Wie wird sich die Rolle der CIOs verändern?

Dierig: Prozessänderungen in Unternehmen - egal in welcher Branche - werden sich ohne die Unterstützung durch IT, Infrastruktur und Kommunikation nicht mehr umsetzen lassen. Das bedeutet, die IT wird aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und der CIO wird sich konsequenterweise zum Prozess-Owner wandeln. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten werden CIOs künftig die treibende Kraft für die Optimierung und Ergänzung der Produktions- und Logistik-Prozesse sein, um einerseits Kosten zu senken und andererseits viel schneller Kundenwünsche zu erkennen und zu erfüllen.

Olaf Dierig wechselte im November 2013 von Prodware zu FWI und übernahm dort die Gesamtverantwortung für die FWI Gruppe und den Ausbau des Deutschlandgeschäfts. Dierig gilt als ausgewiesener Kenner der Materie rund um ERP, BI und CRM. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Kennzahlenmanagement, insbesondere in Produktionsumgebungen.
Dierigs Laufbahn begann 1988 nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Aufbau von Kennzahlensystemen in mittelständischen Industrieunternehmen. Seit 1999 war er in unterschiedlichen Vertriebs- und Managementfunktionen bei namhaften, internationalen Softwareunternehmen tätig. Darunter als Sales Manager bei Business Objects, als Managing Director bei Hummingbird für Deutschland und Österreich verantwortlich und bei dem von Hasso Plattner Ventures finanzierten Softwareunternehmen Facton für den Auf- und Ausbau des gesamten Vertriebs in Europa zuständig. Zuletzt zeichnete Olaf Dierig als Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung für den Vertrieb und das Marketing der PRODWARE in Deutschland verantwortlich.

Die FWI-Gruppe bietet als Full-Service-Provider Lösungen für die Bereiche ERP, CRM, Business Intelligence, SharePoint und IT-Services inklusive umfassender Projektierungs-Dienstleistungen an. Spezialisiert hat sich das Unternehmen vor allem auf die Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Lebensmittelindustrie und technischer Großhandel.
Zur FWI Information Technology Holding GmbH gehören neben dem in Steyr ansässigen Stammhaus FWI Information Technology Österreich die 2012 gegründete FWI Deutschland GmbH sowie der im April 2013 übernommene CRM-Spezialist Global Concepts GmbH mit Sitz in Neumarkt in der Oberpfalz. Insgesamt beschäftigt die Unternehmensgruppe mehr als 200 Mitarbeiter. Zu den Kunden zählt unter anderem der Waffel-Hersteller Manner.
Basierend auf Microsoft-Technologie AIX entwickelte FWI unter anderem eine Print & Packaging-Lösung speziell für die Verpackungsindustrie sowie eine weitere Branchenlösung für Zerlege-Betriebe. Im österreichischen Steyr betreibt FWI ein eigenes Rechenzentrum, in dem auch Kundenlösungen gehostet werden.

Sieben Geschäftsmodelle für Big Data -
Sieben Geschäftsmodelle für Big Data
Die von BCG identifizierten sieben Haupterfolgsmodelle beinhalten eine Mischung aus B2C- und B2B-Angeboten.
1. Build to Order:
Produkte und Services werden für Kunden maßgeschneidert - zum Beispiel, indem aus Location-Daten verschiedener GPS-Geräte eine individualisierte Verkehrsanalyse für ein städtische Planungsabteilung entwickelt wird. Vorteile dieses Modells seien der besondere Wert der Leistungen und die gesteigerte Kundenzufriedenheit. Dafür müssen die Kunden aber längere Wartezeiten in Kauf nehmen; überdies lassen sich die speziellen Produkte und Leistungen nur schwer weiterverkaufen.
2. Service Bundle:
Verschiedene Angebote werden miteinander verschmolzen. Energiehändler können beispielsweise die Gas- und Stromversorgung und die Energiesparberatung zu einem Service-Paket schnüren. Das kann laut BCG sehr profitabel sein, Konkurrenz aus dem Markt treiben und Cross-Selling-Möglichkeiten eröffnen. Hinterher ist es aber schwierig, die Verkaufspakete wieder aufzulösen. Und den Kunden muss nicht schmecken, dass sie den Wert der einzelnen Komponenten nicht mehr mühelos in Erfahrung bringen können.
3. Plug and Play:
Hier gibt es das immer gleiche Produkt für alle Kunden. Banken können beispielsweise Berichte über das Ausgabenverhalten ihrer Kunden verkaufen, die auf Basis gesammelter und anonymisierter Daten erstellt werden. Derartige Angebote lassen sich leicht zusammenstellen. Die Gefahr: Die Kunden könnte Personalisierung vermissen - und eventuell zur Konkurrenz flüchten.
4. Pay per Use:
Bezahlt wird nur, was auch gebraucht wird. BCG nennt als Beispiel ortsabhängige Skisportversicherungen. So lassen sich gute Margen realisieren; allerdings fehlen stabile Umsatzquellen - und die Akquisitionskosten können ausufern.
5. Commission:
Dauerhaftere Beziehungen lassen sich auf andere Weise etablieren. Zum Beispiel, indem Banken Kreditkartentransaktionen analysieren und Lokalen und Geschäften gegen Gebühr Rabatte gewähren. Diese basieren dann auf den generierten Umsätzen. Das Problem laut BCG ist hier die mangelnde Berechenbarkeit der Geldflüsse.
6. Value Exchange:
In diesem Modell bietet ein Dritter, der zwischen Unternehmen und Kunde steht, Rabatte oder zusätzliche Services an. So lassen sich die vom Marketing gewünschten Gruppen gezielt ins Visier nehmen. Langfristig kann es auch BCG-Sicht aber unerwünscht sein, bei diesen Geschäften einen weiteren Partner im Boot zu haben.
7. Subscription:
Abonnementlösungen sind laut BCG zum Beispiel im Healthcare-Segment möglich. So kann Patienten ein anonymisierter Informationsdienst angeboten werden, über den medizinische Befunde ausgewertet werden. Diese Geschäfte sind einerseits von stabilen und damit berechenbaren Umsätzen gekennzeichnet, dafür sind andererseits die Margen entsprechend niedrig.