MSH-Chef Norberg zum Online-Geschäft

Media-Saturn greift Amazon an

11.02.2013
Die erstmals gemeldeten Amazon-Umsatzzahlen für Deutschland haben in der Handelswelt für ein Erdbeben gesorgt, doch MSH-Chef Horst Norberg fürchtet den Online-Primus nicht: "Amazon verkauft ja nicht nur Elektrogeräte", so Norberg in einem Interview.
"Die Zukunft des Handels ist nicht mehr ausschließlich stationär": MSH-Chef Horst Norberg hat seinen Vertrag Ende 2012 bis 2015 verlängert.

Die erstmals gemeldeten Amazon-Umsatzzahlen für Deutschland haben in der Handelswelt für ein Erdbeben gesorgt, doch Media-Saturn-Chef Horst Norberg fürchtet den amerikanischen Onlinehandels-Primus nicht: "Amazon verkauft ja nicht nur Elektrogeräte", so Norberg nun gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Im Elektronikbereich bleibe Media-Saturn mit Abstand Marktführer, auch inklusive des Online-Geschäfts. Detailliert legt Norberg in dem Interview dar, wie er die Marktstellung der Retail-Gruppe bewahren will und auch im E-Commerce eine führende Rolle einzunehmen gedenkt.

Ziel von Media-Saturn sei es, zum größten vernetzten Händler Europas zu werden und Läden und Online-Geschäft zu einem Multichannel-Modell zu verbinden. "Wir bauen an der Zukunft des Handels, und die ist nicht mehr ausschließlich stationär", so Norberg gegenüber der FAS. Zwar liegt der Online-Anteil des Retailers erst bei knapp vier Prozent, bzw. 800 Millionen Euro im Jahr 2012, doch berichtet der MSH-Chef von einem "rasanten Wachstum": Nachdem sich der Online-Umsatz 2012 verdoppelt habe, werde Media-Saturn bereits 2014 einen E-Commerce-Anteil von zehn Prozent erreichen. Das würde einer Umsatzgröße von rund zwei Milliarden Euro entsprechen und MSH auch im deutschen Elektronik-Onlinehandel zum voraussichtlich wichtigsten Player machen.

Nach einem zögerlichen Start in den E-Commerce-Wiedereinstieg verstärken sich die Hinweise auf die große Rolle, die Media-Saturn inzwischen dem Online-Geschäft einräumt: So setzt der Retailer neben Saturn.de, Mediamarkt.de und der Online-Tochter Redcoon auch kräftig auf zusätzliche E-Commerce-Kanäle wie Mobile, Re-Commerce oder dem Plattform-Geschäft. Zudem weitet Media-Saturn seine Umsatzanteile im Netz gerade mit einer aggressiven Rabatt-Kampagne aus.

Wie Fabian Spielberger, Macher des Discount-Portals MyDealz, gegenüber dem E-Commerce-Blog Exciting Commerce berichtet, gebe es bei Mediamarkt.de und Saturn.de jenseits der stationären Ladenöffnungszeiten derzeit regelmäßig kräftige Nachlässe. "Saturn und Media Markt schießen momentan wahnsinnig viel Geld in ihren Onlineshop", so Spielberger. Dazu passt auch die Aussage von MSH-Chef Norberg, selbst im traditionell eher mauen Januar sei es der Retail-Gruppe gelungen, ihre Online-Umsätze im Vergleich zum Vorjahr zu verdoppeln.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, wie es mit Redcoon und dem stationären Handel bei Media-Saturn weitergehen soll.

Zahlungen von Herstellern an Media Markt
Auffallen um jeden Preis
<br>Was zahlen Hersteller an Media Markt, damit ihre Produkte und Logos so platziert werden, dass es den Kunden auffällt? Die Zahlen auf den folgenden Bildern stammen von der "Wirtschaftswoche".
Bis zu 60.000 Euro
<br>Bei TV-Geräten der jüngsten Generation zahlen Hersteller bis zu 60.000 Euro dafür, dass Media Markt sie ins Sortiment aufnimmt und ihnen prominente Plätze in den Regalen einräumt.
Bis zu 5.000 Euro
<br>Um an den Wänden die eigenen Logos anbringen zu dürfen, zahlen Unternehmen bis zu 5.000 Euro pro Fläche an den Media Markt.
Bis zu 40.000 Euro
<br>Wer seine Ware auf Palettenplätzen an von Kunden stark frequentierten Durchgängen positionieren will, muss dem Media Markt bis zu 40.000 Euro zahlen.
Bis zu 20.000 Euro
<br>Wenn Trittspuren auf dem Fußboden die Kunden zu einem bestimmten Produkt im Media Markt leiten sollen, ist das den Herstellen bis zu 20.000 Euro wert.

Wo steht Redcoon?

Auch mit dem 2011 übernommenen Pure-Onliner Redcoon zeigt sich Norberg gegenüber der FAS zufrieden. Die Aussage, das Unternehmen entwickele sich prächtig, darf jedoch als Zweckoptimismus verstanden werden. Zumindest in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres lag die Redcoon-Umsatzentwicklung deutlich unter den Erwartungen und schien sogar auf einen Umsatzrückgang hinauszulaufen. Ob die aggressive TV-Werbekampagne des Onlinehändlers hier in Q4 für eine Wende sorgen konnte, wird sich bei der Vorstellung des Metro-Geschäftsberichts Mitte März zeigen.

Interessant ist in Zusammenhang mit Redcoon jedenfalls Norbergs Interview-Eingeständnis, der Elektronikversender sei "mit dem Einkauf auf dem Graumarkt groß geworden". Allerdings verliere dieser Bereich aufgrund verstärkter Kontrollen der Industrie an Bedeutung. Zudem habe Redcoon inzwischen die Grenzen des Graumarkts erreicht und müsse sich heute für ein dauerhaft breites Sortiment andersweitig eindecken. Über Schwierigkeiten bei der Beschaffung hat sich Redcoon-Geschäftsführer Reiner Heckel bereits wiederholt beklagt (ChannelPartner berichtete).

Stationäre Expansion geht weiter

Der Online-Schwerpunktsetzung zum Trotz erwartet MSH-Chef Norberg jedoch kein Ende der stationären Erfolgsgeschichte von Media-Saturn. Ähnlich wie Expert-Vorstandschef Volker Müller geht Norberg von einem maximalen Online-Marktanteil von 25 Prozent aus. Beim Kauf von Elektronikgeräten spiele auch das Anfassen und Ausprobieren eine wichtige Rolle, was der Abwanderung von Kunden im Netz eine natürliche Grenze setze.

Der MSH-Chef will daher den Ausbau des stationären Filialnetzes weiter vorantreiben und konzernweit im laufenden Jahr "40 bis 50" neue Standorte eröffnen. Media-Saturn sei prinzipiell in der Lage, "in Städten ab 50.000 Einwohner profitable Märkte zu führen" – ein deutlicher Angriff auf die Flächenmärkte der Verbundgruppen, deren Bastion der klein- und mittelstädtische Bereich bislang ist.

Auch im stationären Geschäft der MSH hat E-Commerce aber mittlerweile seine Spuren hinterlassen. So erklärt Norberg gegenüber der FAS eine Abkehr vom dezentralen Media-Saturn-Modell, das die Preishoheit bisher den Filial-Geschäftsführern überließ. Heute sei es das Internet, das die Preise bestimme, so der MSH-Chef. Als Konsequenz würden Media Markt und Saturn künftig zu einer einzelnen Landesgesellschaft zusammengefasst und in der Konzernzentrale in Ingolstadt entsprechende Änderungen in die Wege geleitet. (mh)