Canalys-CEO Steve Brazier

Partner kritisieren Qualität der Ansprechpartner bei Herstellern

18.10.2019 von Armin Weiler
Das Canalys Channels Forum ist eine der wichtigsten Veranstaltungen im europäischen Channel-Kalender. Ein Highlight dabei ist die jährliche Keynote von Canalys-Chef Steve Brazier, der die Lage kritisch analysiert und sich auch nicht scheut, kontroverse Aussagen zu machen.

Wer das Canalys Channels Forum (CCF) besucht, tut das sicher auch, um sich in der Keynote des Canalys-CEOs Steve Brazier die Bestandsaufnahme des Channels anzuhören. Und Brazier hat auch in diesem Jahr in Barcelona sein Publikum nicht enttäuscht.

"Wir gehen davon aus, dass Google in den kommenden 12 Monaten ein großes Hardware- oder Software-Unternehmen übernehmen wird", prophezeit Canalys-CEO Steve Brazier auf dem Canalys Channels Forum 2019 in Barcelona.

So sieht Brazier die zunehmende Vernetzung und Internet-Anbindung von Geräten als eine Riesenchance für den Channel. "16,7 Milliarden Geräte sind mit dem Internet verbunden. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zahl bis 2023 verdoppeln wird", prognostiziert er. Der Gund warum der Channel in eine starke Zukunft blicken könne, liege darin, dass diese Geräte verkauft und installiert werden müssen. "Sie können sie aber auch sichern, pflegen und am Ende auch recyceln", umreißt er die Aufgabenstellung. Und nicht zuletzt müssen die gesammelten Daten analysiert und verwaltet werden.

Einen weiteren Markttreiber sieht Brazier im Security-Business. Er bezeichnet dies als "Geschenk an den Channel". Public Cloud und Security seien gegenwärtig die am schnellsten wachsenden Geschäftsfelder der Branche. Die Ausmaße der sich daraus ergebenden Chancen seien "phänomenal". Dabei sieht er auch interessante Anforderungen an die Spezialisten. "Sie sollten Hacker beschäftigen", rät er den anwesenden Systemhausvertretern. Dies sei notwendig, um bestehende Systeme zu testen. Überhaupt werde die Nachfrage nach Spezialisten mit besonderen Fähigkeiten immens steigen. Man brauche Hacker und Leute die sich im Dark Web auskennen. "das ist ein Vollzeit-Job, zu überwachen, was gestohlen wird und was im Dark Web angeboten wird", erklärt Brazier. Solche Leute müsse man in Zukunft in großer Zahl rekrutieren. Er sieht aber auchein großes Risiko, dass Systemhäuser selbst zu Angriffszielen werden. "Wer Euch hackt, hackt auch Eure Kunden", warnt er.

Dass die gute allgemeine Lage aber fragil ist, sieht auch Brazier. Handelskriege und die derzeitige Politik seien wenig hilfreich. "Die Welt kann sich mit nur einem Tweet verändern", warnt er.

Bechtle überholt Computacenter

Ebenso optimistisch äußert sich Brazier zur Systemhauslandschaft. 13 Prozent Wachsum haben die Analysten in der EMEA-Region im Vergleich zum Vorjahr errechnet. Dabei hat sich in Europa Bechtle nach Canalys-Berechnungen mit einem Umsatz von 4,9 Milliarden Euro an Computacenter mit 4,6 Milliarden vorbeigeschoben.

Die Canalys-Experten befragen die Europäischen Reseller auch regelmäßig nach den Schmerzpunkten und Problemen in der Zusammenarbeit mit den Herstellern. Zwei Punkte hat sich Brazier in seiner Keynote herausgepickt: So seinen die Partner nicht zufrieden mit der Qualität der Ansprechpartner auf Herstellerseite. "Hier braucht man gute Leute und man sollte vermeiden, zu viel zu verändern", gibt Brazier den Herstellen mit auf den Weg. Laut Aussagen von Partnern haben deren Ansprechpartner teilweise dreimal in einem Jahr gewechselt. "Die Hersteller müssen Stabilität in ihre Key Accounts bekommen", fordert der Canalys-Chef. So sei es "irritierend", dass ständig neue Leute auf Herstellerseite auftreten, die dann den Geschäftsführern auf Partnerseite, die mitunter schon mehr als 30 Jahre im Channel unterwegs sind, sagen wollen, wie es zu laufen habe.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die wachsende Komplexität in der Zusammenarbeit mit den Herstellern. Das liege aber auch an der zunehmenden Zahl an Suscription-Modellen. "Investoren mögen vorhersehbare Geschäftsmodelle und Hersteller mögen Abo-Modelle, weil sie den Aktienkurs positiv beeinflussen", resümmiert Brazier.

Canalys Channels Forum in Barcelona 2019

Im Camp Nou, wo sonst die Spitzenkicker des FC Barcelona spielen, ist nun die Channel-Elite beim Canalys Channels Forum (CCF) zu Gast.

Zuerst geht es ins FC Barcelona-Museum.

"Das ist aber nicht mein FCB", stellt Bayern-Fan Michael Schickram (Schickram IT) fest.

Die Canalys-Community trifft sich zum Sun Downer am Spielfeldrand.

Wäre gerade ein Spiel, dann würden Jörg Hoffmann (Computacenter) und William Geens (Prianto) sicher gleich eingewechselt. So bleibt es bei einem Gastspiel an der Seitenlinie.

Bernhard Fauser (HP) und Roman Rudolf (Tech Data) setzen die Party in den Katakomben des Camp Nou fort.

Andreas Ruhland (Also) und Dominik Manka (AMD) haben sich auch eingefunden.

Canalys-Chef Steve Brazier und Armin Weiler (ChannelPartner).

Adam Simon (Context) und Chris Baldwin (10X Digital) mit der Cambridge-Analytica-Whistleblowerin Brittany Kaiser.

Eric Arcese (rechts, Dell EMC) kann sich bei Ben Stanton, Kelly Wheeler, Rita Chaher und Matthews Ball (alle Canalys) für ein tolles Event und die perfekte Organisation bedanken.

Dieter Wilk (Computacenter), Judith Schunke (Lenovo), Khaled Thaler (Computacenter) und Sabine Hammer (Lenovo) haben Messi bisher noch nicht gesichtet.

Die Catering-Crew gibt sich alle Mühe, um auch kulinarischen Glanz in den Fußballtempel zu bekommen.

Oliver Rootsey (Lenovo), Armin Weiler (ChannelPartner) und Sabine Hammer (Lenovo).

Zwei Urgesteine der Branche: Michael Urban (Tech Data) und der ehemalige Acer- und Notebooksbilliger.de-Manager Oliver Ahrens.

Der Nachtisch wird direkt an der Theke zubereitet.

Canalys-Marketing-Chefin Rachel Lashford freut sich, dass auch estnische Partner wie Kairo Alloja (MarkIT) auf dem Canalys Channels Forum vertreten sind.

Bernhard Fauser (Mitte, HP) hat seine Ex-Kollegen Christoph Blankenhagen und Oliver Rootsey (beide Lenovo) im Party-Gewühl entdeckt.

Nach Camp Nou ist die Nacht noch lange nicht zu Ende: Die Canalys-Familie trifft sich im angesagten ZUU Club.

Bei Prianto ist alles andere als die Luft raus, das beweist Marcel Mayer (Prianto).

Es darf auch getanzt werden!

Khaled Thaler (Computacenter), Susanne Kummetz (HP) und Andreas Ruhland (Also).

Stimmunkgskanonen im ZUU Club: Phil Brown (Exertis), Adrian Wood (CCL), Graeme Watt (Softcat) und Andy Gass (Tech Data).

Rudolf Hotter (2. v.l.) und Martin Mayr (2. v.r.) nehmen von Rita Chaher und Steve Brazier die Auszeichnung des Cloud Partners des Jahres entgegen.

Auch die anwesenden Distributoren nutzen die vielfältigen Netzwerkmöglichkeiten des CCFs: So hat Also die Händler der DACH-Region zum Dinner ins Esferic geladen.

Sven Meyer (EDV Partner) und Simone Blome-Schwitzki (Also) genießen den Abend am Fuße des Montjuïc.

Michael Schickram (Schickram IT) und Holger Dölle (Also).

Out of Rosenheim: Thomas Windsberger und Dejan Ivkovic vom oberbayerischen Systemhaus Co.Tec.

Sven Meyer (EDV Partner) mit Friedrich Paul Böhm (Friedrich Böhm Consulting).

Google wird einen Channel-Player übernehmen

Ein ebenfalls immer sehnlichst erwartetes Element in Braziers Keynotes sind seine Vorhersagen, was in den kommenden Jahren in der Branche passieren wird. Der Analyst gibt aber auch unumwunden zu, dass er durchaus manchmal daneben liegt. So hatte er vorausgesagt, dass Microft noch 2019 aus dem Surface-Geschäft aussteigen werden. "2019 ist ja noch zu Ende", scherzt Brazier. Seine Aussage sei also noch nicht falsch, aber angesichts der neuen Microsoft-Produkte eher unwahrscheinlich. Er bleibt aber bei der Annahme, dass das Hardware-Geschäft für Microsoft ein Zuschussgeschäft ist. "Microsoft geht es aber derzeit so gut, dass sie sich das leisten können", kommentiert er. Bei einer sich anbahneden Rezession könne sich die Stimmungslage aber schnell ändern.

Bei seinen aktuellen Vorhersagen hat sich Brazier unter anderem Google vorgenommen. Derzeit liegt der Konzern bei den amerikanischen Cloud-Anbietern nur auf dem dritten Platz. "Sie müssen aufholen und sie sind bereit, viel Geld zu investieren", umreißt er die Situation. "Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass Google in den kommenden 12 Monaten ein großes Hardware- oder Software-Unternehmen übernehmen wird", prognostiziert der Canalys-Chef. Google benötige eine breite Kundenbasis und dazu brauche man den Channel.

Im Netzwerkbereich wird sich laut Brazier die Konkurrenzsituation zwischen Cisco und VMware weiter verschärfen. So werde man Pat Gelsinger und Chuck Robbins im kommenden Jahr kein einziges Mal auf einer Bühne sehen, glaubt Brazier.

China läuft USA den Rang ab

Eine weitere Prognose betrifft den Handelskrieg zwischen China und den USA. "Die chinesischen Unternehmen haben gar keine andere Wahl, sich von US-amerikanischen Technologien unabhängig zu machen und werden dadurch definitiv gewinnen", erläutert Brazier. Als Beispiele nennt er künstliche Intelligenz, Smart Cities, Biometrie, 5G, Exascale Computing und Payment Lösungen. Die USA werden aber weiterhin beim Halbleiterdesign ein Führungsrolle behalten. "China wird aber bei globalen Innovationen überholen und es ist eine Tragödie, dass es kein ernsthaft wettbewerbsfähiges europäisches Unternehmen gibt", bedauert er.

Eine letzte Vorhersage wagt Brazier bei der bevorstehenden Einführung von Amazon Outposts. Die On-Premise-Cloud-Lösung werde "wahrscheinlich erfolgreich" sein. "Ich gehe davon aus, dass AWS Outposts innerhalb von drei jahren unter den Top-Vier-Anbietern von Servern gehören wird, zumindest in Westeuropa und den USA", prophezeit Brazier.

So lohnt es sich sicher, auch in den kommenden Jahren auf dem Canalys Channels Forum sich die Brazier-Keynotes anzuhören, alleine schon deswegen, was er zu den richtigen und falschen Prophezeihungen sagt. Die nächste Gelegenheit dazu gibt es dann vom 6. bis 8. Oktober 2020. Wo das CCF dann stattfinden wird, ist noch nicht entgültig entschieden. Es könnte aber durchaus wieder Barcelona sein.