Oliver Tuszik klärt auf

Warum Computacenter bei Becom zugeschlagen hat

01.12.2009
Mit der Becom-Akquisition durch Computacenter ist auch die letzte Tochter der insolventen TDMi-Holding verkauft worden. Vorher hatten schon Allgeier Comparex und Datagroup Arxes übernommen.

Mit der Becom-Akquisition durch Computacenter ist auch die letzte Tochter der insolventen TDMi-Holding verkauft worden. Vorher hatten schon Allgeier Comparex und Datagroup Arxes übernommen.

Mit Becom beschäftigt Computacenter in Deutschland rund 4.000 Mitarbeiter

Die Absicht des größten deutschen Systemhauses Computacenter, die Tochter der insolventen TDMi-Gruppe Becom übernehmen zu wollen, steht bereits seit zwei Wochen fest. Am Donnerstag, 26. November 2009, ist dieser Wunsch erfüllt worden. Doch warum haben sich die Kerpener ausgerechnet für Becom entschieden? ChannelPartner hat beim Computacenter-Chef Oliver Tuszik nachgefragt.

Drei Bedingungen müssen für Computacenter erfüllt sein, um ein anderes Systemhaus zu akquirieren. "Zu allererst muss der Übernahmekandidat ein Portfolio in petto haben, das unsere Services sinnvoll ergänzt", so Oliver Tuszik. Selbstverständlich muss das neu hinzukommende Produktsegment auch zum Wachstum von Computacenter beitragen. Mit Becom zeigt sich Tuszik diesbezüglich zuversichtlich: "Bei IBM waren wir bisher nicht als der Nummer-eins-Dienstleister gesetzt. Mit Becom sind wir nun einer der größten IBM-Partner in Europa."

Zweitens sollte auch die Kundenstruktur des zu akquirierenden Systemhauses passen. Da Becom nach Ansicht von Tuszik den gehobenen Mittelstand adressiert, gibt es hier kaum Überschneidungen bei den Zielkunden, denn Computacenter hat nach wie vor die großen Konzerne im Visier. Und IBM-Kunden mit über 1.000 Mitarbeitern, die Becom bereits bedient, hat Computacenter bisher noch nicht erreicht. So hat man sich gegenseitig bisher noch nicht als Wettbewerber betrachtet.

Computacenter und Becom

Becom hatte bereits Mitte 2006 das Systemhaus Morse erfolgreich übernommen, ein Jahr später kam noch Comparex hinzu, bis sich diese Firmen Ende 2007mit Arxes zur TDMi-Gruppe zusammenschlossen. Mit der völlig anderen Unternehmensphilosophie von Comparex kam das Becom-Management nicht zurecht, daran konnte auch später TDMi-Chef Hans-Jürgen Bahde nichts ausrichten. Erschwerend kam noch die Wirtschaftskrise hinzu, sodass die TDMi-Holding schließlich im Juli 2009 Insolvenz anmelden musste. Dadurch aber stand Becom wieder als potenzieller Übernahmekandidat zur Verfügung.

Computacenter Deutschland ging aus Jost Stollmans Compunet AG hervor. Der Firmen-gründer verkaufte das Systemhaus 1996 an General Electric (GE). Die Amerikaner gaben 2002 das IT-Dienstleistungsgeschäft auf, und die britische Computacenter plc. griff dankbar zu. Damit ist der Corporate Reseller auf den drei größten IT-Märkten Europas (Großbritan-nien, Frankreich und Deutschland) vertreten. Mit Becom kann Computacenter seine Stellung als Deutschlands größtes Systemhaus ausbauen.

Was springt für Becom heraus?

Mit Deutschlands größtem Systemhaus im Rücken könnten Becom-Consultants ihren Kunden nun auch noch PC- und Netzwerk-Infrastruktur sowie Security-, Collaborations- und Kommunikations-Produkte aus dem Hause Computacenter anbieten, und die Kerpener bekämen nun mit Becom endlich eine höhere Wertschätzung bei Big Blue. Denn der IBM-Partner hat sich bei Mainframe- und Midrange-Systemen einen Namen im Markt erworben. Deswegen wird Computacenter auch die Marke becom in einem auf IBM-Datacenter-Lösungen fokussierten Konzernsegment weiterführen. Leiten wird diesen Rechenzentrumsbereich der bisherige Becom-Geschäftsführer Detlef Linde.

"Mit Becom einer der größten IBM-Partner Europas" Oliver Tuszik, Vorstandsvorsitzender der Computacenter AG

Als dritte zu erfüllende Bedingung für die Übernahme eines Systemhauses nennt Tuszik die Mitarbeiter. "Für uns war von Anfang an klar, dass Becoms Geschäftsauffassung zu unserer Unternehmensphilosophie kompatibel ist." Das hätten bereits die ersten Gespräche zwischen den Top-Managern beider Firmen gezeigt. Außerdem kennt Tuszik den Becom-Chef Detlef Linde bereits seit Längerem. Ferner hätten beide Systemhäuser schon einige Fusionen hinter sich gebracht und entsprechende Erfahrungen gesammelt.

Für IBM ist das Zusammengehen Becoms mit Computacenter eine gute Nachricht: "Nun werden zwei unserer wichtigsten deutschen Partner als Team unsere gemeinsamen Kunden betreuen", so Marc Fischer, Vice President Systems & Technology Group bei IBM. Auch Linde freut sich auf seine neue Aufgabe: "Mit Computacenter haben wir einen soliden Partner gefunden. Unsere Kunden behalten die ihnen bekannten Ansprechpartner." (rw)

Meinung des Redakteurs

Diese Mega-Fusion macht durchaus Sinn: Ein Unternehmen mit über einer Milliarde Umsatz (Computacenter) übernimmt ein Systemhaus mit 120 Mitarbeitern (Becom). Es gibt kaum Überschneidungen im Portfolio oder bei den Kunden, da könnte Computacenter der Marke Becom zu neuer Blüte verhelfen.