Cloud & Co.

Welche Trends Systemhäuser für 2012 sehen

29.08.2011 von Ronald Wiltscheck
Wie in den vergangenen drei Jahren haben wir auch 2011 die 75 größten Systemhäuser ausführlich zum IT-Markt 2012 befragt.

Wie in den vergangenen drei Jahren haben wir auch 2011 die 75 größten Systemhäuser ausführlich zum IT-Markt 2012 befragt.

Beim Thema Cloud Computing von einem Megatrend zu sprechen, verbietet sich eigentlich, ein Trend war es vielleicht noch vor zwei Jahren. Mittlerweile ist es für viele Unternehmen fast schon Commodity, Dienste aus der Wolke zu nutzen - privat, aber auch geschäftlich.

Kleine und große Systemhäuser befassen sich nun auch ernsthaft mit diesem Thema: Entweder sie bieten ihren Kunden selbst Cloud-Dienste aller Art an, oder sie vermitteln diese Services und lassen sie von großen Providern bereitstellen. Für fast 90 Prozent der von uns befragten 75 größten Systemhäuser in Deutschland ist Cloud Computing ein ganz wichtiges Geschäftsfeld. Vor einem Jahr war es nur für etwa mehr als die Hälfte (59,3 Prozent) der großen Dienstleister ein wichtiges Thema, und 2009 stand Cloud Computing noch gar nicht auf der Agenda der Top-Systemhäuser in Deutschland.

Zahl der Virtualisierungsprojekte stagniert auf hohem Niveau

Damals war aber Virtualisierung das alles beherrschende Thema, 95,7 Prozent der von uns befragten großen IT-Dienstleister hier zu Lande gaben Mitte 2009 zu Protokoll, dass sie vornehmlich Virtualisierungsprojekte bei ihren Kunden realisieren würden. Dies war für uns ein Grund, da genauer nachzufragen. Im Jahr darauf wollten wir nun von den Systemhäusern wissen, um welche Art von Virtualisierungsprojekten es sich dabei handelt. 2010 gaben knapp 70 Prozent der IT-Dienstleister an, dass sie hauptsächlich Server- und Storage-Infrastrukturen ihrer Kunden auf eine virtuelle Basis bringen. Nur unwesentlich geringer (67,8 Prozent) war damals der Anteil derjenigen, die im Geschäft mit Desktop- und Client-Virtualisierung ihre Zukunft sehen würden.

Doch hier scheint der Höhepunkt der Virtualisierungswelle schon überschritten zu sein. In diesem Jahr glaubt nur noch etwas mehr als die Hälfte der von uns befragten Systemhäuser, dass Unternehmen ihre IT-Infrastruktur noch weiter virtualisieren würden. Sogar im Desktop-Bereich (56,1 Prozent) sieht es so aus, als ob die Bereitschaft, die verbliebenen Fat-Clients aufzugeben, abnehmen würde. Nicht viel anders steht es um das Server- und Storage-Segment: Dort rechnen nur noch 54,4 Prozent der von uns befragten Systemhäuser mit weiterem Virtualisierungsbedarf.

Hier stimmen also die Dienstleister weitgehend mit den großen Virtualisierungsanbietern wie VMware oder Citrix überein. Für sie war das virtualisierte Rechenzentrum nur der Vorläufer zur Cloud. Und offenbar wollen auch immer mehr Business-Anwender von den Vorteilen der Anwendungen aus der "Wolke" profitieren. Darauf deutet das von 33,2 auf 45,5 Prozent gestiegene Interesse an Thema "Outsourcing". Das heißt, trotz der guten konjunkturellen Bedingungen wollen viele Unternehmen ihre eigene IT-Abteilung klein halten oder sie gar ganz aufgeben.

Managed Services stärker nachgefragt

Dazu passt auch, dass die so genannten Managed Services nach wie vor en vogue sind. Dies sind die vom externen Dienstleister beim Kunden zu erbringenden Leistungen, etwa Betrieb und Wartung der Clients und Server, ferner Backup der Daten, Absichern der IT-Infrastruktur vor internen und externen Gefahren, Patch-Management und so weiter.

Ein Teil dieser Dienste, wie die Datensicherung oder der Betrieb bestimmter Anwendungen, kann in die Cloud verlagert werden, ein Teil wird sicherlich im kundeneigenen Rechenzentrum verbleiben. Daher haben wir uns bei den großen Systemhäusern hier zu Lande auch danach erkundigt, welche Dienste sie aus der Wolke anbieten wollen. Immerhin tun dies bereits 75,4 Prozent der IT-Dienstleister, wobei wir bei der Fragestellung nicht zwischen der "privaten" und "öffentlichen" Cloud unterschieden haben. Das heißt, auch das auf Cloud-ähnlicher Architektur aufbauende kundeneigene Rechenzentrum ("private Cloud") zählt dazu.

Zusammen mit den Systemhäusern (sieben Prozent), die in nächster Zukunft vorhaben, selbst Cloud-Services anzubieten, steigt der Anteil der "Wolken"-affinen Dienstleister auf 82,5 Prozent. Von diesen Systemhäusern offerieren die meisten (79,5 Prozent) Infrastruktur als Service (IaaS, Infrastructure as a Service) an. Damit ist das klassische Rechenzentrum gemeint, dass mittels Cloud-Technologien mandantenfähig gemacht wurde. Endkunden können dadurch auf viele Bestandteile der eigenen IT-Infrastruktur verzichten, etwa auf Server-Hardware. Kleinere Unternehmen sind durchaus in der Lage, ihr gesamtes Rechenzentrum in die "Wolke" auszulagern.

Doch nur die wenigsten der uns befragten Systemhäuser treten selbst als IaaS -Anbieter an, diese Aufgaben übernehmen meist darauf spezialisierte Provider wie Colt und Akamai oder Hersteller wie IBM. Fujitsu und HP. Systemhäuser vermitteln diese IaaS-Angebote an ihre Kunden, reichern diese Rechenzentrumsleistungen gegebenenfalls mit eigenen Services an und passen sie den Kundenwünschen entsprechend an. Alternativ dazu statten diese Dienstleister die kundeneigenen Rechenzentren mit Cloud-Technologien aus und betreiben diese Data-Center bei Wunsch auch für ihre Kunden. Aus diesen Gründen ist der Anteil der IaaS offerierenden Systemhäuser auch so hoch, schon im Vorjahr war dieser Cloud -Service mit 68,9 Prozent der am häufigsten angebotene.

Software als Service (SaaS) ist dieses Jahr die Nummer zwei im Ranking der am häufigsten angebotenen Dienste aus der "Wolke". Das war im Vorjahr noch nicht der Fall: Gerade mal vier von zehn Systemhäuser hatten 2010 SaaS im Portfolio, aktuell sind es fast Drittel (65,5 Prozent). Damit stieg die Nachfrage Software aus der Wolke enorm an, denn noch vor einem Jahr war diese nur die Nummer sechs der am häufigsten gewünschten Cloud-Services.

2010 boten schon 64, 4 Prozent der Cloud-affinen Systemhäuser hier zu Lande Security als Managed Service an, die Nachfrage nach derartigen Dienstleistungen blieb auch 2011 relativ stabil auf einem hohen Niveau (61,4 Prozent). Ähnlich verhält es sich auch bei dem Thema Cloud-Storage. Fast sechs von zehn Systemhäusern mit Cloud-Erfahrung (59,1 Prozent) bieten ihren Kunden an, ihre Daten in einem Datenzentrum außerhalb ihres Geschäftssitzes zu sichern. Im Vorjahr lag der Anteil der Cloud-affinen Dienstleister, die Backup in der "Wolke" offerierten, auch schon bei beachtlichen 57,8 Prozent.

Datensicherung und Security sind geschäftskritisch

Überhaupt, dem Thema Datensicherung räumen Unternehmen einen immer höheren Stellenwert ein: War Storage im Vorjahr nur bei 35,6 Prozent der Systemhäuser ein wichtiges Geschäftsfeld, so stieg der Anteil derjenigen, bei denen Backup- und Recovery-Projekte im Kommen sind, auf 42,1 Prozent. Ähnlich stark (von 28,8 auf 35,1 Prozent) nahm die Nachfrage nach Security-Lösungen zu.

Ein weiterer von Markt akzeptierter Dienst aus der Wolke ist "Plattform als Service" (PaaS). Darunter verstehen Marktforscher die im externen Rechenzentrum bereitgestellten Softwareentwicklungsumgebungen, Datenbanken oder gar komplette Betriebssysteme. Als Paradebeispiel für eine Plattform in der "Wolke" gilt Microsofts Cloud-Windows-Edition "Azure". Etwa jedes zweite Systemhaus mit Cloud-Erfahrung (52,3 Prozent) bietet derartige Plattformdienste an, hier gab es gegenüber dem Vorjahr (48,9 Prozent) keine großen Veränderungen zu verzeichnen.

Umso mehr tat sich dagegen bei Managed Desktop Services. Diesen von uns neu abgefragten Dienst hat bereits mehr als die Hälfte der Cloud-affinen Systemhäuser in ihr Portfolio aufgenommen. Im Vorjahr gaben nur einige vereinzelte Dienstleister an, auch die Desktops ihre Kunden aus der Ferne zu managen. Offenbar verlangen immer mehr Unternehmen auch für ihre Desktops nach einem Dienst, den sie aus einem internen oder externen Rechenzentrum beziehen können. Diesem Wunsch entsprechen Anbieter wie VMware und Citrix mit ihren gerade frei gegeben Desktop-Virtualisierungs-Konzepten.

Top 25 Systemhäuser 2011 - alle Rankings
Top 10 Systemintegratoren im Mittelstand in Deutschland; Quelle: Lünendonk 2011

Und ihnen spielt ein neuer Trend besonders gut in die Karten - das "Bring Your Own Device"-Modell. Immer mehr Arbeitgeber stellen es nämlich ihren Angestellten frei, ihr eigenes mobiles Endgerät, ob Tablet-PC oder Smartphone, mit ins Unternehmen zu bringen und dort geschäftlich zu nutzen. Diesen von Marktforschern auch als "Consumerization" bezeichneten Trend haben wir unter dem Oberbegriff "Mobility" zusammengefasst.

Und hier stieg das Interesse der Systemhäuser am stärksten: Befasste sich im Vorjahr nicht einmal jeder Dritte (27,1 Prozent) mit diesem Thema, so stiege 2011 der Anteil derjenigen, für die Mobility-Projekte ein wichtiges Geschäftsfeld darstellen, auf 40,4 Prozent an. Der Vielzahl der Projektanfragen seitens der Kunden konnte dann nicht einmal Computacenter standhalten. So sah sich Deutschlands größtes Systemhaus gezwungen, den im Apple-Umfeld tätigen Systemintegrator HSD Consult von der Gravis-Gruppe zu kaufen. Aber auch die anderen Systemhäuser berichten, dass sie den Wünschen ihrer Kunden nach einer sicheren Einbindung von iPads und iPhones in ihre Netzwerke nicht rechtzeitig nachkommen können. Denn mit der Beschaffung der passenden Endgeräte ist es nicht getan. Auch die für das tägliche Business notwendige Software muss auf diesen Devices zuverlässig arbeiten. Hierzu brauchen Unternehmen dann doch die fachkundige Beratung der auf Mobility-Projekte spezialisierten Systemhäuser.

Denn mobile Mitarbeiter wollen und müssen für ihre Kunden und Partner stets erreichbar sein. Dass sie mit den passenden Kommunikationsendgeräten ausgestattet sind, ist das eine, aber es geht auch darum, dass die Außendienstler auch von unterwegs aus ihre E-Mails abrufen können, dass Anrufe auf ihren Festnetzanschluss automatisch auf ihr Mobiltelefon weitergeleitet werden und dass auch ihr CRM-System auf dem Smartphone die volle Funktionsvielfalt bietet. Denn nur dann bringt der Einsatz der neuen mobilen "Devices" die versprochenen Einsparungseffekte mit und führt letztendlich zu höheren Umsätzen.

Nur wenige UCC-Anbieter

All diese Komponenten lassen sich unter dem Oberbegriff "Unified Communications" (UC) zusammenfassen. Vielfach wird diese Begriff auch noch um Gruppenarbeit erweitert und unter der Sammelbezeichnung Unified Communications & Collaboration (UCC) vermarktet.

Doch die Zahl der darauf spezialisierten IT-Dienstleister ist begrenzt, nicht einmal jedes dritte Systemhaus (26,3 Prozent) befasst sich schwerpunktmäßig mit dieser Thematik. Ebenfalls relativ gering ist die Menge der Cloud-Spezialisten in diesem Umfeld, gerade mal fünf IT-Systemhäuser vermitteln Tk-Dienste aus der Cloud. Da steht es sogar um Managed Print Services besser aus. Darunter versteht man alle über den reinen Verkauf von Druckern hinausgehende Services wie die Abrechnung anhand der ausgedruckten Seiten, automatische Benachrichtigung des Technikers im Störungsfall oder bedarfsorientierte Bestellung von Verbrauchmaterialien, aber auch komplexe Software-Projekte, etwa für das Drucken aus der Cloud oder die Weitergabe der Druckdaten an ausgewählte Endgeräte.

Web 2.0 im Kommen

Wir haben Systemhäuser auch zu neuen Trends wie Social Media befragt, doch soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook stelle nur für 17,5 Prozent der IT-Dienstleister hier zu Lande einen wichtigen Trend dar. Dafür geht es mit dem Thema "Business Intelligence" aufwärts. Fast jedes fünfte Systemhaus (19,3 Prozent, im Vorjahr: 13,6 Prozent) beschäftigt sich damit, wie sich aus vorhandenen Kundendaten Potential für neues Geschäft erschließen lässt.

Green IT kein Thema mehr

Immer mehr an Bedeutung verliert das vor drei Jahre noch vielbeschworene Mantra der "grünen IT". Nicht einmal für jedes achte Systemhaus (12,3 Prozent) gelten Stromverbrauch und Nachhaltigkeit der verwendeten Materialien Verkaufsargumente. Auf der einen Seite benötigen Endgeräte wie Monitore, PCs, Server und Drucker immer wenige Strom, andererseits lagern immer mehr Unternehmen Teile ihrer IT in die "Wolke" aus, so dass sie sich mit den Hardware-Spezifikationen immer seltener beschäftigen müssen. (rw)