Ranking 2011

Die 25 größten Systemhäuser in Deutschland

26.08.2011 von Ronald Wiltscheck
Der Wirtschaftsaufschwung hat auch die hiesige Systemhauslandschaft belebt. Unter den Top-25-Systemhäusern gab es im Vorjahr keine einzige Insolvenz oder Übernahme – im krassen Gegensatz den turbulenten Jahren 2008 und 2009.

Der Wirtschaftsaufschwung 2010 belebte auch die hiesige Systemhauslandschaft. Unter den Top-25-Systemhäusern gab es im Vorjahr keine einzige Insolvenz oder Übernahme – im krassen Gegensatz den turbulenten Jahren 2008 und 2009.

2010 hat die Bechtle AG zum ersten Mal die Umsatzmilliarde auch in Deutschland überschritten – und das gleich deutlich: Mit Erlösen in Höhe von 1,158 Milliarden Euro lägen damit die Schwaben deutlich vor der bisherigen Nummer Eins, der Computacenter AG, die 2009 nur knapp die Umsatzmilliarde in Deutschland geschafft hat. Doch auch die Kerpener konnten sich 2010 deutlich verbessern und überholten dann mit Erlösen von 1,173 Milliarden Euro doch noch Bechtle.

Wechsel an der Spitze 2012?

Der Kampf um Platz Eins in der deutschen Systemhausszene bleibt auf jeden Fall spannend, denn die Bechtle AG setzt ihre aggressive Expansionspolitik fort, aber auch Computacenter ließ mit einigen spektakulären Akquisitionen aufhorchen. So übernahmen die Rheinländer im April 2011 die HSD Consult GmbH, ein Apple-Systemhaus der Gravis-Gruppe mit Standorten in Berlin, Hamburg, München und Köln, das im Vorjahr mit Apple-Produkten und -Dienstleistungen einen Umsatz in Höhe von etwa 24 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Mit diesem Neuerwerb möchte Computacenter an dem starken Wachstum mit Projekten im Mac-Umfeld – Einbindung von iPads und iPhones in Unternehmensnetzwerken – teilhaben.

2011 ist Bechtle Deutschland vornehmlich organisch gewachsen – der Umsatz des Systemhauses hat im ersten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahresviertel um fast ein Drittel (28,6 Prozent) zugelegt. Setzen die Schwaben diese enorme Wachstumsrate fort, könnten sie dieses Jahr tatsächlich Deutschlands größtes Systemhaus werden. 2010 hat Bechtle noch einige „Versorgungslücken" in Norddeutschland mit der Übernahme von iits geschlossen, hinzu kamen diverse Akquisitionen in Österreich und in der Schweiz.

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Top 10 Systemintegratoren im Mittelstand in Deutschland; Quelle: Lünendonk 2011

Kampf um Platz 3

Während also der Zweikampf um die Spitze nach wie vor spannend bleibt, scheint der dritte Platz unter Deutschlands größten Systemhäusern auch in diesem Jahr fest vergeben zu sein. Nachdem Cancom im Vorjahr den Podestplatz PC-Ware entrissen und in Deutschland über eine halbe Milliarde Euro umgesetzt hat, wird das bayerische Systemhaus den Vorsprung auf die sich nun Comparex nennenden Sachsen in diesem Jahr wohl weiter ausbauen.

Im ersten Quartal 2011 konnte die nun nach München gezogene Konzernzentrale von Cancom von weiterhin sprudelnden Erlösen berichten – gegenüber dem Vorjahresviertel stiegen sie um fast ein Viertel (23,4 Prozent) an, was darauf hinausläuft, dass Cancom das Jahr 2011 wieder mit einem Rekordumsatz wird abschließen können. Daran wird auch der Anfang Juli 2011 erfolgte Verkauf der eTail-Tochter Home of Hardware (HoH) nichts ändern können.

Zwar konnte auch Comparex Deutschland (ex-PC Ware AG) 2010 ihren Umsatz um beachtliche 18 Prozent steigern, doch der Rückstand von über 130 Millionen Euro an Jahreserlösen auf Cancom scheint vorerst uneinholbar zu sein. Dafür ist Comparex international eine feste Größe, immerhin setzte das in 28 Ländern tätige Systemhaus im abgelaufenen Geschäftsjahr fast eine Milliarde (975 Millionen) Euro um. Hier ist Cancom noch nicht so weit: Die gesamte Gruppe, inklusive der Tochtergesellschaften in Österreich, der Schweiz und in Großbritannien, hat im Vorjahr 549,3 Millionen Euro umgesetzt.

Bechtle hat 2010 europaweit über 1,7 Milliarden Euro umgesetzt, das sind genau 25 Prozent mehr als im Jahr davor, und das entspricht genau der Wachstumsrate in Deutschland. Zum Vergleich: Die gesamte Computacenter-Gruppe hat 2010 fast 2,7 Milliarden Britische Pfund erlöst, das sind sieben Prozent mehr als 2009, in Deutschland waren es plus zwölf Prozent.

Allgeier kauft ein weiteres insolventes Systemhaus

Die Nummer fünf im ChannelPartner-Ranking ist die im Vorjahr neu in die Systemhausliste aufgenommen Allgeier Holding AG. Im letzten Jahr haben die Münchner einige ausländische Unternehmen akquiriert, so unter anderem einige Unternehmen vornehmlich in den Regionen DACH und Benelux, sowie im Juli 2011 ein US-amerikanisches Softwarehaus. Und nach der Übernahme von Bestandteilen der insolvent gegangen TDMi-Gruppe 2009 hat sich Allgeier 2010 auch noch die ebenfalls insolvente norddeutsche BSH-Gruppe einverleibt. All dies führte zu einem Umsatzsprung über die Viertelmilliarde-Euro-Marke.

Noch nicht ganz so weit (zumindest in Deutschland) ist Fritz & Macziol. International hat das Ulmer Systemhaus 2010 aber bereits 260 Millionen Euro umgesetzt. Und vor allem im Ausland möchte man 2011 wachsen: Die Standorte Philippinen und Singapur sollen ausgebaut werden. In Europa steht vor allem die Schweiz im Fokus. Dort hat Fritz & Macziol 2010 mit der Penta Group ein Unternehmen übernommen, dessen Portfolio das eigene Managed Services-Angebot ergänzt.

Hinter diesen Top-6-Systemhäusern tut sich bereits eine kleine Lücke auf: Es folgen Ada, Dimension Data und Profi Engineering, mit Jahresumsätzen knapp über 150 Millionen Euro. Was Ada betrifft, da sind wir auf Schätzungen angewiesen, als verbürgt gelten auf jeden Fall die Erlöse in Höhe von 156,6 Millionen Euro im Jahre 2009. Ebenso ungewiss ist der Jahresumsatz von knapp 100 Millionen Euro von Insight Technology Solutions, dort gilt nur der Jahreserlös von 97,8 Millionen Euro aus dem Jahr 2008 als gesichert. Allerdings könnten die Umsätze von Insight Deutschland in diesem sogar noch darunter liegen, denn Ende Juli 2011 hat sich die Münchner Niederlassung von 50 Mitarbeitern getrennt und die Betreuung der Kunden in Westeuropa komplett nach Großbritannien verlagert. Dafür will das Systemhaus künftig nicht nur Software sondern auch Hardware verkaufen, ferner wolle man „mehr Services" anbieten. Im Zuge dieser Umstrukturierung wird Insight innerhalb des Landkreises München Nord umziehen und neue Büroräumen in unmittelbarer Nachbarschaft zur südbayerischen Bechtle-Niederlassung beziehen.

Schmales Mittelfeld

Insgesamt umfasst das Mittelfeld der deutschen Systemhaus-Bundesliga sieben Unternehmen mit Jahresumsätzen um die 100 Millionen Euro. Bis auf Controlware sind all diese Systemhäuser im Vorjahr zweistellig gewachsen. Einen der größten Sprünge nach vorne hat hierbei MR Datentechnik GmbH getan, die Nürnberger sind um sagenhafte 43,6 Prozent gewachsen, was zu einem Aufstieg vom Rang 16 auf Platz zwölf gereicht hat.

In die Top-10 haben es die Franken aber nicht geschafft, denn dort hat sich die SVA GmbH festgesetzt. Die Hessen konnten im Vorjahr über 20 Millionen Euro mehr erlösen als 2009. Ähnlich stark wie MR Datentechnik ist SYSback gewachsen, das Hamburger Systemhaus konnte im Vorjahr seine Umsätze sogar um 43,8 Prozent steigern, was zum Aufstieg in die Top-25-Liga auf jeden Fall gereicht hat. Insgesamt hat SYSback sechs Plätze gut gemacht, so viele wie nur der andere Aufsteiger, die Concat AG aus Bensheim. Die Hessen haben auch um sehr beachtliche 35,2 Prozent an Erlösen zugelegt.

Bei zwei Aufsteigern muss es naturgemäß auch zwei Absteiger geben. Der eine ist die Pan Dacom AG aus Dreieich, die mit 54 Millionen Euro Jahresumsatz (plus 3,8 Prozen) auf den 27ten Rang abgefallen ist. Der andere „Absteiger" ist die Cenit AG aus Stuttgart, deren Tätigkeitsfeld (Softwarehaus, Beratung) doch zu sehr von dem Profil eines „klassischen" IT-Systemhauses abweicht, das meist als Vollsortimenter (Hard- und Software plus Integration) auftritt.

Als erfreuliche Tatsache ist hier anzumerken, dass von den Top-25-Systemhäusern des Vorjahres keines Insolvenz anmelden oder übernommen werden musste. Beides traf leider auf die BSH Systemhaus GmbH zu, die aufgrund von Missmanagement kurz vor Weihnachten 2010 zahlungsunfähig wurde und einen guten Monat später von Allgeier gekauft wurde.

Dafür ist das Systemhaus probusiness wieder in unserem Ranking aufgetaucht, wenn auch nur mit einem bescheidenen Jahresumsatz in Höhe von 4,5 Millionen Euro. Das ist aber auch kein Wunder, denn nach der Insolvenz der Hannoveraner Holding im August 2009 mussten auch die Niederlassungen in Hannover, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München ihren Geschäftsbetrieb aufgeben. Übrig blieb nur die Tochtergesellschaft in Hamburg. Diese hat sich mittlerweile in der Hansestadt etabliert und auch eine Niederlassung in Hannover eröffnet.

Der Markt wächst um fast ein Fünftel

Alle zusammen genommen haben die 25 größten Systemhäuser in Deutschland 2010 etwas über 5,5 Milliarden Euro umgesetzt, mehr als die Hälfte davon ist allerdings den Top-3 zu verdanken: Computacenter, Bechtle und Cancom. Dies ist ein deutlicher Indikator für die enorm starke Marktstellung dieser drei Systemhäuser. Während Computacenter im Vorjahr mit plus zwölf Prozent im Vergleich noch relativ moderat zugelegt hat, sind die Zuwachsraten von Bechtle (plus 25,6 Prozent) und Cancom (plus 30 Prozent) überdurchschnittlich. Denn insgesamt nahmen die Umsätze der 25 größten Systemhäuser in Deutschland im Vorjahr um genau 18 Prozent zu, das war auch die Wachstumsrate der viertplatzierten Comparex AG. Da heißt also, der Abstand zu der Führungstroika vergrößert sich weiterhin.

Summiert man die Umsätze, die die aktuell 25 größten Systemhäuser im Jahr 2009 erzielt haben, auf, so ergibt das mit 4,7 Milliarden Euro fast den gleichen Betrag wie die Summe der 2009er-Umsätze der 25 größten Systemhäuser aus dem Vorjahr. Das verwundert nichtm denn bis auf die zwei Aufsteiger im hinteren Drittel (Concat und SYSback) gab es in dem Top-25-Ranking keinerlei Veränderungen. Die oben erwähnten Akquisitionen wirken sich erst in den Zahlen von 2010 aus, oder werden sich erst in den 2011-er Umsätzen niederschlagen.

Wo bleibt T-Systems?

Im aktuellen ChannelPartner-Ranking haben wieder mal nicht die Deutsche Telekom (DTAG) und auch nicht ihre Systemhaus-Tochter T-Systems berücksichtigt. Grund dafür war die schlechte Vergleichbarkeit eines derartigen Konzerns mit immer noch relativ mittelständisch geprägten Systemhäusern wie Bechtle. Erschwerend kam noch der 2011 erfolgte Strategie-Wechsel der Deutschen Telekom. So bedient T-Systems International GmbH in Deutschland nur noch die Top-100-Konzerne mit mehr als 15.000 PC-Arbeitsplätzen.

Alle potentielle Kunden, die weniger Mitarbeiter beschäftigen, fallen im Prinzip in den Zuständigkeitsbereich des Geschäftskundenvertriebs bei der Deutschen Telekom GmbH. Dieser wiederum betreut nur Kunden mit 50 bis 500 PCs ausschließlich direkt, kleinere Telekom-Kunden werden teilweise auch von Vertriebspartnern der DTAG bedient. Im Zuge dieser Umstrukturierung bei T-Systems ist auch die Neubesetzung der Vertriebsleitung „Großkunden" in Deutschland zu verstehen. Dieser Bereich setzt sich aus den bisher getrennten Segmenten Key Account Management und Direct Sales zusammen. Seit dem 1. August agiert dort die ehemalige Tech Data-Geschäftsführerin Simone Frömming als Senior Vice President Germany Large & Major Accounts.

T-Systems ist Europas größtes Systemhaus

Um eine Vorstellung von der Größenordnung des Geschäftsvolumens dieser beiden Telekom-Sparten zu bekommen, liefern wir Ihnen hier ein paar Zahlen:

2010 hat T-Systems International (inklusive des Geschäftskundensegments der Deutschen Telekom) insgesamt 9,1 Milliarden Euro umgesetzt, 2009 waren es 8,8 Milliarden. Die entsprechenden Inlandserlöse betrugen 6,2 beziehungsweise 6,1 Milliarden Euro. Das heißt, 2010 hat T-Systems nur noch etwas mehr als zwei Drittel der Umsätze mit deutschen Kunden erzielt. Wollte man tatsächlich die originären Systemhausumsätze der Deutschen Telekom mit denen von Computacenter, Bechtle & Co. vergleichen, müsste man dazu ehrlicherweise nur die Computing- und Desktop-Services-Umsätze von T-Systems heranziehen. Diese wiederum betrugen im Vorjahr 4,6 Milliarden Euro, 2009 waren es 4,3 Milliarden Euro. Das aber sind die international erzielten Erlöse, die Inlandsumsätze der einzelnen Sparten veröffentlicht T-Systems nicht.

Zumindest ist die Beschäftigtenzahl von T-Systems Deutschland bekannt, im Vorjahr arbeiteten dort im Schnitt etwas mehr als 25.000 Mitarbeiter, 2009 waren es noch 500 mehr. In den Direktvertrieb mit mittelständischen Kunden sind davon etwa 8.500 involviert, der Rest betreut die Großkunden oder arbeitet mit Vertriebspartnern der Deutschen Telekom zusammen. (rw)