Bewertungen im Internet

Die harte Währung im Online-Handel

30.10.2014
Wer online einkauft, kauft oft blind. Der Händler ist ein Fremder, das Produkt kennt man meist nur vom Foto. Kunden-Bewertungen sollen Käufern daher Orientierung geben. Viele Händler haben das erkannt – und nehmen ihr Ansehen im Netz in die eigene Hand.

"Komplett unbrauchbar", "Frechheit", "Einfach nur Schrott!" – Im Internet sind Kunden oft nicht zimperlich, wenn sie ihre Meinung über Produkte und Verkäufer aufschreiben. Viele Kunden lassen sich bei ihrem Kauf von den Kommentaren leiten, wissen Verkäufer und Experten.

Der Grat zwischen freier Meinungsäußerung und Verleumdung oder Beleidigung ist oft schmal. Für Online-Händler sind die Bewertungen so wichtig, dass einige sogar vor Gericht ziehen.
Foto: beermedia.de - Fotolia.com

Negative Bewertungen können für Online-Händler daher schnell zum Problem werden. "Schon wenn jemand viereinhalb statt vier Sterne hat, dann nimmt man beim exakt gleichen Produkt in der Regel den etwas 'besseren' Anbieter", sagt Experte für Online-Marketing Christian Bachem von der Agentur Companion.

Für Online-Händler sind die Bewertungen so wichtig, dass einige sogar vor Gericht ziehen. Zuletzt Ende Oktober, wo ein Händler für Bootszubehör vor dem Münchner Oberlandesgericht einen Kunden dazu bringen wollte, eine negative eBay-Bewertung zu löschen. Eine außergerichtliche Einigung lehnten die Parteien ab. Das Gericht entschied, dass der Käufer die schlechte Bewertung zurücknehmen muss.

Bewertung oder Beleidigung?

Der Grat zwischen freier Meinungsäußerung und Verleumdung oder Beleidigung ist oft schmal. "Bei der Meinungsäußerung bin ich relativ frei, solange ich nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite", erklärt Rechtsanwalt Alexander Busch. "Meinung wäre zum Beispiel die Bewertung: 'Ich fand den Verkäufer unfreundlich.' Ich stelle dabei die Sache in den Vordergrund. Wenn ich aber sage: 'Der Verkäufer ist ein Idiot', dann sind wir im Bereich der Schmähkritik."

Sieht das Gericht sogar eine Verleumdung, drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis. Und wenn eine unberechtigte Negativbewertung das Ansehen des Verkäufers schädigt, kann das für den Rezensenten auch richtig teuer werden, sagt Anwalt Busch: "Das kann schon mal Bereiche von 10.000 Euro oder mehr erreichen."

Eigentlich sollen Bewertungen aber nicht zu Streit führen, im Gegenteil: Sie sollen Vertrauen schaffen. Durch eBay ist das System der Bewertungen im Internet populär geworden. Schon beim Start des Auktionshauses in den 90er Jahren konnten sich Käufer und Verkäufer gegenseitig bewerten. Das hilft auch, die Anonymität zu überbrücken: Je mehr Bewertungen vorhanden sind, desto mehr Vertrauen können Handelspartner von Beginn an aufbringen.

Aus dem Online-Handel sind Bewertungssysteme heute kaum mehr wegzudenken. "Kunden suchen in der unübersichtlichen Online-Warenwelt vor allem eines: Orientierung. Und die finden sie natürlich am ehesten in den Erfahrungen anderer Käufer", sagt Marketing-Experte Bachem. Jeder zweite Internetnutzer hatte 2013 online seine Kauferfahrungen mindestens einmal mit anderen geteilt, wie eine Studie des Branchenverbandes Bitkom zeigt.

Was Online-Händler dagegen tun

Viele Händler wollen ihre Online-Reputation deshalb nicht dem Zufall überlassen. In der Kaufabwicklung bei eBay werden Kunden oft gebeten, bei Problemen erst einmal direkt beim Verkäufer zu reklamieren, bevor sie für eine Negativbewertung in die Tasten greifen.

Einige Firmen werben gezielt um Empfehlungen und umgarnen etwa bekannte Bloggerinnen der Modeszene. Firmen können Rabatte gewähren oder Produkte verschenken, in der Hoffnung auf eine positive Rezension. Denn einen Anspruch auf die Löschung schlechter Bewertungen gilt es grundsätzlich nicht.

Nicht alle Empfehlungen sind echt, sagt Marketing-Fachmann Bachem: "Es gibt Dienstleister, die falsche Bewertungen erstellen, vor allem aus dem Ausland. Das geschieht entweder mit echten Autoren oder auch automatisch mit einem Computer." Zwar überprüfen viele Handelsplattformen zum Beispiel die IP-Adressen der Kommentatoren oder gehen Hinweisen nach. "Die Anbieter von gefälschten Bewertungen denken sich aber immer wieder neue Wege aus", sagt Bachem.

Es gibt aber auch sanftere Wege, für gute Bewertungen zu sorgen. Der Online-Händler Amazon widmet seinen Bewertungsschreibern zum Beispiel eine eigene Hall of Fame. Auf einer Liste der Top-Rezensenten wetteifern Kunden um die Spitzenposition. Das ist ganz im Interesse des US-Handelskonzerns. "Die Schreiber werden im Prinzip zu Markenbotschaftern", erklärt Bachem. (dpa/tö)

Die häufigsten Gütesiegel für Online-Shops

Das Angebot an Gütesiegeln für Webshops ist zuletzt immer größer geworden. Damit Sie wissen, welche Zertifikate es für Internetshops gibt, haben wir die häufigsten zusammengestellt.
Trusted Shops
... ist ein häufig anzutreffendes Gütesiegel mit umfangreichen Testverfahren. Eigenen Angaben zufolge besitzen mehr als 19.000 Online-Shops in Europa dieses Siegel. Vor der Vergabe werden Rechts- und Sicherheitskriterien des Onlineshops geprüft, auch die Bonität des Händlers (Sichtung der Bilanzen). Gültig für ein Jahr mit jährlicher Folgeprüfung. <br><br>Gebühren: je nach Leistungspaket zwischen 708 und 1.188 Euro pro Jahr für den Shop-Betreiber.
TÜV Süd safer-shopping
... ist nach eigenen Abgaben das Gütesiegel mit dem umfangreichsten Test auf dem deutschen Markt. Händler werden zu Kontroll- und Beratungszwecken persönlich besucht. Fingierte Testkäufe, bei denen Benutzerfreundlichkeit und Kundenzufriedenheit über längeren Zeitraum getestet werden, sind Standard. Unbegrenzte Gültigkeit mit jährlicher Überprüfung. <br><br>Gebühren: abhängig vom Aufwand der Zertifizierung.
EHI Geprüfter Online-Shop
... ist ein Gütesiegel des EHI Retail Institute. Geprüft werden Rechts- und Sicherheitskriterien, auch Preistransparenz. Händler müssen neben Vorkasse mindestens eine weitere Zahlungsart anbieten. Gültig für ein Jahr mit jährlicher Folgeprüfung.
Sicher-Shoppen.info
... ist eines der jüngeren Zertifikate auf dem Markt. Es enthält einen Vermerk mit dem aktuellen Datum und dem Shop-Name, wodurch ein Missbrauch nicht mehr möglich sein soll. Sollte es ein Problem mit einem Shop-Betreiber geben, kann das Logo laut Anbieter direkt aus dem entsprechenden Onlineshop ausgeblendet bzw. deaktiviert werden. Die Überprüfung der Shops übernimmt eine unabhängige Kanzlei. <br><br>Gebühren 19,99 Euro pro Monat (zzgl. MwSt.)
Internet Privacy Standards (IPS)
... ist ein Gütesiegel, bei dem neben den Kundendaten auch der Bestellprozess überprüft wird. Das Siegel wurde gemeinsam mit Peter Schaar, von 2003 bis 2013 Bundesbeauftragter für Datenschutz, entwickelt. Gültigkeit: zwei Jahre. <br><br>Gebühren: abhängig vom Aufwand, i.d.R. über 1.000 Euro pro Jahr.
BoniCert
... ist ein günstiges, aber nicht besonders bekanntes Gütesiegel. Von der ComputerBild einst als "fragwürdiges Siegel, das auf lückenhafter Prüfung basiert", abgestempelt, hat der Anbieter mittlerweile einige Umstellungen vorgenommen. <br><br>Gebühren: ab 39 Euro pro Monat
xCert Internet
... ist ein Gütesiegel, das nicht unbedingt zu den bekanntesten Zertifikaten gehört. Dafür ist es aber ungeschlagen günstig – vorausgesetzt man wird als "Jung-Unternehmer" eingestuft und steigt frisch ins Online-Business ein. Besonderheit: Das xCert-Siegel können auch nicht-kommerzielle Webseiten bekommen, auf denen aber kein Shop eingebunden ist. <br><br>Gebühren: ab 5,95 Euro im Monat bei Jahresvertrag
Secured Shop
... ist ein Gütesiegel, das nach einer 50 Punkte umfassenden Einzelprüfung vergeben wird. Verbraucher-Shops und für Business-Shops lassen sich mit leicht unterschiedlichen Zertifikaten versehen. <br><br>Gebühren: ab 29 Euro pro Monat (B2C-Shop) bzw. 39 Euro pro Monat (B2B-Shop)
OnTrustNet
... ist ein Gütesiegel, das nach eigenen Angaben das unkomplizierteste Prüfverfahren aller Gütesiegel besitzt. Es fällt keine Einrichtungsgebühr an und ist monatlich kündbar. <br><br>Gebühren: ab 3,90 Euro pro Monat
Geprüfter Webshop
... ist ein Gütesiegel, das speziell für kleine und mittelgroße Online-Shops entwickelt wurde. Darüber hinaus will der Anbieter auch abmahnsichere Rechtstexte, Kundenbewertungstools, Rechtsberatung und Inkassodienst auch für die kleineren Shops bezahlbar machen. <br><br>Gebühren: ab 9,90 Euro pro Monat
ausgezeichnet.org
... ist ein Gütesiegel, das sich an Online-Shops, Handwerker, Hotels usw. richtet. Es ermöglicht, Kundenbewertungen zu sammeln und direkt auf der Webseite zu zeigen. Mit der All-in-One-Funktion lassen sich zudem Bewertungen aus externen Bewertungsportalen in das Siegel integrieren. <br><br>Gebühren: ab 29,95 Euro pro Monat
Top-Erfahrung.de
... ist ein Gütesiegel, das den potenziellen Kunden zeigt, wie gut ein Angebot ist und wie zufrieden die bestehenden Kunden sind. Dabei lassen sich auch Bewertungen aus anderen Portalen integrieren. <br><br>Gebühren: vier Stufen zwischen kostenloser Basisversion und 79,90 Euro pro Monat
Premium Shops
... ist ein Gütesiegel mit verschiedenen Prüfungen. Da es sich momentan noch im Aufbau befindet, sind kaum detaillierte Angaben möglich.
Geprüfte Seite
... ist ein Gütesiegel, das sich nicht nur speziell an Online-Shops richtet, sondern an alle Betreiber von Webseiten. Im Vordergrund steht, Websites vor teuren Abmahnungen zu schützen. <br><br>Gebühren: ab 12,90 Euro pro Monat
Käuferschutz zertifiziert
... ist ein Gütesiegel, das regelmäßige Nachkontrollen bei geprüften Online-Shops und Internetseiten verspricht. Optional gibt es eine Geld-zurück-Garantie. <br><br>Gebühren: ab 79 Euro pro Jahr
Internetsiegel
... ist ein Gütesiegel, das nicht von einem marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen stammt, sondern auf dem Kostenaufwand der Mitglieder des Vereins sicherer und seriöser Internetshopbetreiber e.V. basiert. Händler müssen nur versichern, für Datensicherheit zu sorgen und Zahlungsdaten verschlüsselt zu übertragen. Geprüft wird es aber nicht. <br><br>Gebühren: ab 15 Euro pro Monat.
Shopzertifikat
... ist ein Gütesiegel, hinter dem eine Firma aus Großbritannien steckt. Der Anbieter weist auf ein eingebautes "Kundenmeinungs-Tool" hin, durch den sich die zertifizierten Onlineshops von anderen Onlineshops abheben. <br><br>Gebühren: ab 29 Euro pro Monat.
Trustlabel
... ist ein Gütesiegel, das es in einer Form für Webshop-Betreiber (ab 29,90 Euro pro Monat) und für "normale" Webseiten-Betreiber (ab 4,90 Euro pro Monat) gibt. Anbieter ist ein Unternehmen in Österreich.
Zertifizierte Händler
... ist ein Gütesiegel, das Google erst seit kurzer Zeit auch in Deutschland vergibt. Nach eigenen Angaben wird der erstklassige Service und die hohe Zuverlässigkeit beim kompletten Bestellprozess mit dem Zertifikat belohnt.
Käufersiegel
... ist ein Gütesiegel des Onlinehandelsverbands Händlerbund. Lange Zeit hat sich der Bund vor allem durch das Anbieten von "abmahnsicheren" Rechtstexten für Webshop-Betreiber hervorgetan. <br><br>Gebühren: ab 39,90 Euro pro Monat