Die Zukunft des Channels (Teil 2)

Hersteller, Systemhaus und Distribution im Projektgeschäft

02.09.2015 von Andreas Raum
Vor allem die Großdistribution verdient ihre Brötchen schon lange nicht mehr nur durch Logistikdienstleistungen. Auch in der Projektabwicklung ist sie häufig das Glied zwischen Systemhaus und Hersteller.

Vergangene Woche haben wir den IT-Markt in Relation zum Umsatz der großen Drei gesetzt. Letztlich soll die Frage beleuchtet werden, wie sich der Markt angesichts der Spezialisierung der Großdistribution verändert.

Angesichts der schieren Größe der drei Großdistributoren Also, Ingram und Tech Data kann man davon ausgehen, dass die meisten Projekte im deutschen Markt von einem dieser Unternehmen bedient werden. Dabei dürfte es nahezu egal sein, ob es dabei um ein Projekt im Bereich Bildung, Medizintechnik oder Mobility geht. Die Grenzen sind dabei vermutlich in erster Linie durch die jeweilige Begrenzung des Portfolios gegeben.

Je nach Größe eines Projektes, kann dem Händler auch von Seiten der Distribution noch ein zusätzlicher Rabatt gewährt werden.
Foto: Monkey Business - Fotolia.com

In diesem Zusammenhang ist es interessant, einmal einen Projektablauf genauer anzusehen.

Nehmen wir zum Beispiel die Ausstattung einer Schule mit Software-, Hardware- und Netzwerkprodukten. Gerade kleinere Anbieter von Schulsoftware vertreiben ihre Produkte nicht über die Distribution. Sie unterhalten allerdings eigene Systemhauskanäle. Bedient einer ihrer Partner ein Schulprojekt, bezieht er die Software direkt beim Hersteller. Die erforderlichen Hardware- oder Netzwerkprodukte fragt er je nach Auftragsvolumen direkt beim Hersteller seines Vertrauens als Projekt an. Er erhält einen Projektpreis und bestellt die Ware bei seinem bevorzugten Distributor. Soweit die Theorie.

In der Praxis spielt die Herstellerbindung eines Systemhauses eine wichtige Rolle im gesamten Prozess. Wenige Hersteller, wie etwa HP, bieten (noch) alle Produkte aus einer Hand an. Andere Anbieter offerieren Teilsortimente: Acer Clients, Cisco Netzwerk und Server, Lenovo Server und Clients, Netapp nur Storage - und das ist jetzt nur eine kleine, willkürliche Auswahl. Je mehr Hersteller involviert sind, desto komplizierter wird die Anfrage für das Systemhaus. Denn jedes Unternehmen hat für die Vergabe von Projektpreisen andere Prozesse und andere Kriterien.

Weil bei den meisten Herstellern ein Partnerstatus die Voraussetzung ist, um Projektpreise und -unterstützung zu erhalten, ist die Bindung an einen oder mehrere Anbieter für Systemhäuser im Projektgeschäft unerlässlich. Und auch die Anforderungen an einen Partner sind unterschiedlich. Sie reichen von Umsatzvorgaben bis zu umfangreichen Schulungen und Zertifizierungen - meist ist eine Mischung aus beidem gefordert.

Die größten Distributoren in Deutschland (Rangliste nach Umsatz)

Das britische Magazin "Channelnomics" hat eine Rangliste der 30 größten deutschen Distributoren aufgestellt. Zu beachten ist, dass einige Umsatzangaben Schätzungen von Channelnomics sind und manche Umsätze von 2013, manche dagegen von 2014 stammen.
Platz 30: Wick Hill
Unternehmen: Wick Hill Kommunikationstechnik GmbH <br> Schwerpunkt: Security <br> Umsatz: 46,7 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Hamburg
Platz 29: Delo
Unternehmen: Delo Computer GmbH <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 56,4 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Recklinghausen
Platz 28: Littlebit
Unternehmen: Littlebit Technology Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 56,7 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Altenstadt
Platz 27: Allnet
Unternehmen: Allnet GmbH Computersysteme <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 58 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Germering <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 17 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 26: Action Europe
Unternehmen: Action Europe GmbH <br> Schwerpunkt: Komplettsysteme <br> Umsatz: 60 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Braunschweig <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 9 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 25: Exclusive Networks
Unternehmen: Exclusive Networks Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 63,3 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Münster
Platz 24: Fröhlich + Walter
Unternehmen: Fröhlich + Walter GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 70 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Saarbrücken
Platz 23: Infinigate
Unternehmen: Infinigate Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Security <br> Umsatz: 128 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Oberhaching
Platz 22: Michael Telecom
Unternehmen: Michael Telecom AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 130 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Bohmte <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 20: Bluechip
Unternehmen: Bluechip Computer AG <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 160 Mio. Euro (2014; inkl. Assemblierung) <br> Sitz: Meuselwitz <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 19: ComLine
Unternehmen: ComLine GmbH <br> Schwerpunkt: Apple-Produkte <br> Umsatz: 172 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Flensburg
Platz 18: ENO
Unternehmen: ENO Telecom GmbH <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 180 Mio. Euro (2013; Schätzung) <br> Sitz: Nordhorn <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 5 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 17: Systeam
Unternehmen: Systeam Gesellschaft für Computersysteme mbH <br> Schwerpunkt: Drucker <br> Umsatz: 200 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Ebensfeld <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 11 gelandet ("Preferred Distributor"). <br><br> Aktuellen Aussagen zufolge peilt Systeam für das laufende Geschäftsjahr einen Umsatz von 240 Millionen Euro an.
Platz 16: TIM
Unternehmen: TIM AG <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 233 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Wiesbaden
Platz 15: Westcon
Unternehmen: Westcon Group Germany GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 250 Mio. Euro (2014; Schätzung); nach Angaben von Westcon: 376 Mio. Euro <br> Sitz: Mönchengladbach
Platz 14: ADN
Unternehmen: ADN Distribution GmbH <br> Schwerpunkt: Data Center <br> Umsatz: 257 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Bochum <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Value Add Distribution" auf Platz 1 gelandet ("Channel Excellence Award").
Platz 13: Wortmann
Unternehmen: Wortmann AG <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 279 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Hüllhorst <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 4 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 12: Brodos
Unternehmen: Brodos AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 287 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Baiersdorf <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 7 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 11: dexxIT
Unternehmen: dexxIT GmbH & Co. KG <br> Schwerpunkt: Comsumer Electronics <br> Umsatz: 300 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Würzburg <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 19 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 10: Arrow ECS
Unternehmen: Arrow ECS GmbH <br> Schwerpunkt: Data Center <br> Umsatz: 300 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Fürstenfeldbruck
Platz 9: Herweck
Unternehmen: Herweck AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 317 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: St. Ingbert-Rohrbach <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 6 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 8: Komsa
Unternehmen: Komsa Kommunikation Sachsen AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 465 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Hartmannsdorf <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 1 gelandet ("Channel Excellence Award").
Platz 7: Siewert & Kau
Unternehmen: Siewert & Kau Computertechnik GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 490 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Bergheim <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 6: Wave
Unternehmen: Wave Distribution & Computersysteme GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 573 Mio. Euro (2014, inkl. anderer Aktivitäten) <br> Sitz: Linden <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 5 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 5: API
Unternehmen: API Computerhandels GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 629 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Aachen <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 2 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 4: Avnet
Unternehmen: Avnet Technology Solutions GmbH <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 700 Mio. Euro (2014, Schätzung) <br> Sitz: Nettetal <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Value Add Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 3: Tech Data
Unternehmen: Tech Data GmbH & Co. oHG <br> Schwerpunkt: Broadline <br> Umsatz: 2,2 Mrd. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: München <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Broadline-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 1: Ingram Micro
Unternehmen: Ingram Micro Distribution GmbH <br> Schwerpunkt: Broadline <br> Umsatz: 5 Mrd. Euro (2014, Schätzung) <br> Sitz: Dornach <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Broadline-Distribution" auf Platz 2 gelandet ("Preferred Distributor").

Mit seinen Projektpreisen beziehungsweise seiner Stückliste, falls keine Projektepreise vereinbart wurden, wendet sich das Systemhaus an die Distribution und fragt hier Verfügbarkeit und Preis an. Welchen Rabatt es aus der Distribution erhält, bleibt der Distribution überlassen. Gerade bei großen Projekten fragen Systemhäuser gerne mehrere Distributoren an, die dann über den Preis um den Auftrag konkurrieren. Was bei einer kleinen Schule, die 10 Notebooks kauft, relativ uninteressant ist, kann bei großen Projekten, in denen ganze Schulnetzwerke mit Infrastruktur, Servern und womöglich Storage ausgerüstet werden, durchaus lukrativ sein.

Allerdings ist festzuhalten, dass die Distribution wenn überhaupt erst sehr spät im Prozess von dem Projekt erfährt. Tatsächlich ist es für einen Distributor sehr schwierig nachzuvollziehen, zu welchem Zweck ein Systemhaus Produkte bestellt, welchen Kunden es bedient und ob ein Projekt in einer bestimmten Branche hinter einer Anfrage steckt. Und genau an dieser Stelle kommen die Spezialisierungen der Distributoren ins Spiel. Fortsetzung folgt. (bw)

Lesen Sie auch:
Teil 1: Der Beitrag der Distributoren zum IT-Markt

Folgende Fortsetzungen sind mittlerweile erschienen:
Teil 3: Vom Kistenschieben in komplexen Projekten
Teil 4: Womit die Distribution ihr Geld verdient
Teil 5: Wie die Distribution rechnet
Teil 6: Wie die Distribution arbeitet