Teil 2 der ChannelPartner-Studie

Stimmungslage bei den Systemhäusern

04.09.2009
Der konjunkturelle Einbruch ging natürlich auch an den Systemhäusern nicht spurlos vorüber. Während sich einige von ihnen sehr gut behaupten konnten, mussten andere Insolvenz anmelden.

Auch in diesem Jahr haben wir wieder Deutschlands 75 größte Systemhäuser nach den für sie wichtigsten Themen gefragt. Es galt, die Megatrends 2010 herauszufinden. Wie in den Vorjahren lag auch 2009 das Marktsegment Virtualisierung ganz vorne. 95,7 Prozent aller von uns befragten Häuser beschäftigten sich bereits damit. Hier von einem Megatrend zu sprechen wäre allerdings vermessen - Virtualisierung ist lediglich in der Systemhauslandschaft angekommen und Commodity geworden.

Dennoch: Dass sich ein Trend so schnell durchsetzt, ist schon bemerkenswert. Vor zwei Jahren haben sich gerade etwas mehr als die Hälfte der großen Systemhäuser mit dieser Technologie auseinandergesetzt. Doch Virtualisierung ist nicht immer gleichbedeutend mit einer Verringerung der Server- und Storage-Systeme. An der Hardwarekonsolidierung wollen nur 34,8 Prozent der von ChannelPartner befragten Systemhäuser partizipieren.

Managed Services sind Pflicht

Neben Virtualisierung ist ein weiterer angeblicher Megatrend auf dem besten Weg, keiner mehr zu sein: Managed Services offerieren bereits 71,7 Prozent der von uns befragten Systemhäuser, 2007 waren es gerade mal 37,5, im Vorjahr aber schon 61,1 Prozent der Corporate Reseller, die ihren Unternehmenskunden derartig Dienste feilboten. Diese reichen von der Fernwartung der Server bis hin zum Auslagern der gesamten IT-Infrastruktur. Immerhin treten 37 Prozent der großen Systemhäuser hierzulande auch als Outsourcer auf.

Die Megatrends 2010 unter den Top-75-Systemhäusern Deutschlands
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Ein Megatrend ist aber auf jeden Fall IT-Security. Noch vor zwei Jahren war dies nur für jedes achte Systemhaus ein Thema, mittlerweile bietet jeder zweite größere Corporate Reseller entsprechende Lösungen und Services. Dies ist angesichts der rechtlichen Vorgaben - Stichwort "Compliance" - auch kein Wunder. Denn Unternehmenskunden werden vom Gesetzgeber angehalten, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Daten gut geschützt werden. Gleichzeitig nehmen die Gefahren aus dem Internet ständig zu, seien es lästige Spam-Mails oder auch feindselige Angriffe von Wettbewerbern.

Security wird immer wichtiger

Aus diesem Grund spüren auch die IT-Security-Anbieter am wenigsten die derzeitige Wirtschaftskrise. Es ist ebenso dumm wie leichtsinnig, auf die notwendigen Vorkehrungen zur Sicherung des eigenen Datenbestands zu verzichten. Ein Ausfall der IT-Systeme kann in einigen Branchen bereits nach Stunden zum völligen Niedergang des Unternehmens führen. Und dies gilt beileibe nicht bei den üblichen Verdächtigen Google, eBay, Amazon und Co., sondern auch etwa für den Maschinenbau. Dort sind die Firmen mit Lieferanten, Partnern und Kunden mittlerweile so eng vernetzt, dass es zur webbasierten Kommunikation und zum elektronischen Datenaustausch keine Alternative gibt.

Über die Hälfte der Top-Systemhäuser in Deutschland sorgt sich um ihre Auftragslage
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Kein Trend (23,9 Prozent) ist hingegen das Thema Mobilität. Offenbar setzen die meisten Systemhäuser bereits voraus, dass Mitarbeiter ihrer Kunden oft unterwegs sind und mit tragbaren Rechnern ausgestattet sein müssen. Nicht zuletzt deshalb bleibt das Thema Storage für einen Großteil der Systemhäuser (45,7 Prozent) nach wie vor wichtig. Im Vorjahr lag dieser Anteil sogar noch ein wenig höher, da interessierte sich noch jedes zweite Systemhaus für die richtige Backup- und Recovery-Strategie für die auf den mobilen Clients verteilten Daten.

Unified Communications im Kommen

Ein weiterer Megatrend ist auf jeden Fall die an Nummer fünf genannte Technologie, Unified Communications. Hat sich im Vorjahr nur jedes fünfte von ChannelPartner befragte Systemhaus damit auseinandergesetzt, so ist dieses Geschäftsfeld mittlerweile für 39,1 Prozent der Corporate Reseller von Bedeutung. Und Hersteller wie Microsoft, Avaya oder Cisco bieten mittlerweile brauchbare Lösungen für die "vereinheitlichte Kommunikation". Mit dem richtigen Smartphone in der Hand verfügt der mobile Mitarbeiter nicht nur über eine allgegenwärtiges Kommunikationsgerät, sondern gleich über ein gut ausgestattetes mobiles Büro. Deshalb wird auch immer öfter von "Business Communications" als der Weiterentwicklung von Unified Communications gesprochen.

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Der wichtigste Megatrends 2010 dürfte der Themenkomplex "Software-as-a-Service (SaaS) / Cloud Computing" werden. Haben sich dafür vor einem Jahr erst 13 Prozent der von ChannelPartner befragten Systemhäuser dafür interessiert, so tut es mittlerweile fast ein Drittel (30,4 Prozent) von ihnen. Offensichtlich wollen diese Corporate Reseller selbst derartige Dienste aus der Wolke anbieten.

Green IT ist selbstverständlich

Auf dem absteigenden Ast befindet sich dagegen die gesamte Green-IT-Thematik. Die Bedeutung der grünen Hardware sank von 31,5 Prozent im Vorjahr auf aktuell 23,9 Prozent. Offenbar ist es für die großen Systemhäuser selbstverständlich, möglichst wenig Strom verbrauchende Endgeräte ihren Kunden anzubieten. Außerdem sind diese Aspekte in den Themenkomplexen "Virtualisierung" und "Hardwarekonsolidierung" zum Teil schon abgehandelt.

Bechtle bleibt der wichtigtste Wettbewerber in der Systemhausszene von Computacenter und T-Systems
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Genauso wichtig wie Green IT oder auch die zunehmende Mobilität ist den deutschen Systemhäusern mit knapp einem Viertel an Nennungen (23,9 Prozent) das Thema Dokumentenmanagement. ChannelPartner trägt diesem Trend Rechnung und veranstaltet am 29. September in München den Channel-Sales-Day "Drucken und Archivieren".

Sorgen und Nöte

Selbstverständlich haben wir auch dieses Jahr die Top-75-Systemhäuser Deutschlands nach ihren drängendsten Sorgen und Nöten befragt. Hier gab es - krisenbedingt - die größten Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Haben sich 2008 noch über drei Viertel (77,8 Prozent) der Systemhäuser über den Fachkräftemangel am Markt beklagt (2007: zwei Drittel), so tut dies aktuell nicht einmal ein Drittel (31,9 Prozent) von ihnen. Fusionen, Insolvenzen und zunehmende Kurzarbeit haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen.

Was ihre eigenen Umsätze 2009 betrifft, da zeigen sich die hiesigen Systemhäuser optimistisch.
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Dafür machen sich nun 57,4 Prozent der von ChannelPartner befragten Systemhäuser Sorgen um ihre Auftragslage, das sind zehn Mal so viele Unternehmen wie im Vorjahr, als sich gerade mal 5,6 Prozent von ihnen über die Investitionsneigung ihrer Kunden den Kopf zerbrachen. Hier schlägt die aktuelle Wirtschaftskrise also voll durch. Besonders hart trifft der Auftragsrückgang diejenigen Systemhäuser, die ihre Kundschaft vorwiegend aus krisengebeutelten Branchen wie Maschinenbau oder Automobilindustrie rekrutieren, wie etwa die Bechtle AG, die aus diesem Grund in Baden-Württemberg Kurzarbeit anmelden musste.

So verwundert es nicht, dass mehr als jedes fünfte Systemhaus die Nichtauslastung der eigenen Kapazitäten beklagt; über zurückgehendes Projektgeschäft berichten 21,3 Prozent der von ChannelPartner Befragten. Und falls mal ein größeres Projekt zu stemmen ist, mangelt es 17 Prozent der Systemhäuser oft an Mitteln, die dafür zu beschaffende Hard- und Software vorzufinanzieren. Im Vorjahr war die fehlende Liquidität für gerade mal zwei Systemhäuser ein Thema. Hierfür ist eindeutig die restriktivere Kreditpolitik der Banken im Zuge der Finanzkrise verantwortlich.

Die Wettbewerber

Etwas überraschend ist die Tatsache, dass das Direktgeschäft der Hersteller dieses Jahr für nur ein Drittel (34 Prozent) der Systemhäuser ein Thema ist; im Vorjahr klagten noch 42,6 Prozent von ihnen über dieses Channel-feindliche Verhalten. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, welche Hersteller nun besonders stark im angestammten Revier der Systemhäuser wildern würden. Nun, es ist keinesfalls Dell, sondern es sind Siemens und HP. Letzteres hat ja mit der Übernahme des global agierenden Dienstleisters EDS im Servicesegment an Schlagkraft dazugewonnen. Beide Hersteller werden von 11,6 Prozent der Systemhäuser als Wettbewerber angesehen. Das ist eine kleine Verschiebung gegenüber dem Vorjahr, als Siemens von 12,2 und HP von 10,2 Prozent der Befragten als Konkurrenten bezeichnet wurden.

Ihre künftige Personalplanung betreffend zeigen sich Deutschlands Systemhäuser vorsichtig
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IBM samt der Dienstleistungssparte Global Services zählen 9,3 Prozent der Corporate Reseller zu ihrer Konkurrenz, im Vorjahr waren es nur 8,2 Prozent. Alle anderen Hersteller wurden nur jeweils ein Mal als Mitbewerber im Projektgeschäft genannt. Der wichtigste Spieler in dem Systemhausmarkt ist nach wie vor die deutschlandweit präsente Bechtle AG. Die Nordschwaben werden von 46,5 Prozent der Systemhäuser als Wettbewerber wahrgenommen, im Vorjahr waren es noch 51 Prozent. An zweiter Stelle blieb in diesem Ranking Computacenter stecken - mit 34,9 Prozent der Nennungen (Vorjahr: 40,8 Prozent). Mit 27,9 Prozent konnte der Drittplatzierte T-Systems seine Stellung im Konkurrenzumfeld gegenüber 2008 (28,6 Prozent) weitgehend halten.

Für Cancom hat sich die Sysdat-Übernahme insoweit ausgezahlt, als die Ostschwaben nun in der Szene mit 9,3 Prozent stärker als Wettbewerber wahrgenommen werden als im Vorjahr (8,2 Prozent). Genauso bedeutend als Systemhaus (9,3 Prozent) ist übrigens auch die PC-Ware AG: Im Vorjahr erreichten die Leipziger nur einen Wert von 4,1 Prozent. 2008 gar nicht einzeln als Wettbewerber aufgelistet waren die Systemhäuser Bürotex und Dimension Data, die 2009 einen beachtlichen Wert von sieben Prozent erreicht haben.

Überhaupt, der Wettbewerbsdruck hat sich gegenüber dem Vorjahr (22,2 Prozent) in diesem Jahr nochmals verstärkt. Fast jedes dritte Systemhaus (27,7 Prozent) klagt über mehr Konkurrenz. Angesichts der zurückgehenden Auftragseingänge und immer mehr verschobener Projekte ist das leicht nachvollziehbar. In Anbetracht dieser Riesensorge namens Konjunktur tritt die bei durchgeführten Projekten erzielte Marge fast schon ein wenig in den Hintergrund. Hat 2008 und in den Jahren davor nahezu zwei Drittel der Systemhäuser die mangelnde Ertragslage bekümmert, so ist es derzeit nur etwas mehr als die Hälfte (51,1 Prozent) der Corporate Reseller, die sich um ihre Handelsspanne sorgen.

Das Investitionsklima

Am besten spiegelt sich die derzeitige Stimmung der Systemhäuser in der Einschätzung des aktuellen Investitionsklimas wider. Hier glaubt die überwiegende Mehrheit der Befragten (58,7 Prozent), dass ihre Kunden 2009 weniger IT-Equipment bestellen und weniger Services nachfragen werden als 2008. Im Vorjahr rechnete nur eine verschwindend geringe Minderheit (1,9 Prozent) mit einer Verschlechterung ihrer Lage. Dennoch, das Konjunkturklima hat sich bereits 2008 eingetrübt: Gingen 2007 noch 80,4 Prozent der Systemhäuser davon aus, dass die Investitionsneigung ihrer Kunden steigt, taten dies im Vorjahr lediglich 37,7 Prozent der Befragten. Aber unverbesserliche Optimisten gibt es immer noch: So glauben 6,5 Prozent der Corporate Reseller, dass ihre Kunden 2009 mehr in IT investieren werden als 2008. Und über ein Drittel von allen, immerhin 34,8 Prozent, sind der Meinung, dass das aktuelle Jahr nicht schlechter werden wird als 2008.

Nicht wirklich überraschend: Die Mehreit der Systemhäuser hier zu Lande glaubt, dass 2009 das Investitionsklima im Keller ist
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Noch besser fällt die diesjährige Prognose aus, wenn man man die Systemhäuser nach ihren Umsatzerwartungen befragt. So rechnen lediglich 14,9 Prozent mit leichten Rückgängen bei ihren Erlösen. Ein weiteres knappes Viertel (23,4 Prozent) zeigt sich bereits vorsichtig optimistisch, sie wollen so stark wie der Markt wachsen. Nachdem aber alle Marktforschungsinstitute durch die Bank mit einem Rückgang des IT-Segments in diesem Jahr rechnen, würde dies bedeuten, dass nur 38,3 Prozent der von ChannelPartner befragten Systemhäuser der aktuellen Rezession Rechnung tragen müssen. Im Vorjahr hat lediglich ein einziger IT-Dienstleister einen rückläufigen Umsatz prognostiziert.

Fast die Hälfte (48,9 Prozent) der großen Corporate Reseller in Deutschland ist der festen Überzeugung, dass sie 2009 leicht zulegen, mehr als jeder achte (12,8 Prozent) glaubt gar, in diesem Jahr seine Umsätze stark steigern zu können. Woher diese Zuversicht kommt, bleibt zwar unklar, aber fast alle (95,7 Prozent) von uns befragten Systemhäuser rechnen für die kommenden zwölf Monate mit weiteren Fusionen und Insolvenzen, sodass sich wohl bei den dann verbleibenden Häusern die Umsätze doch überdurchschnittlich entwickeln könnten.

Allerdings plant nur gut ein Viertel (25,6 Prozent) der hiesigen Corporate Reseller, andere Unternehmen aufzukaufen; im Vorjahr sah sich noch etwa ein Drittel der Befragten dazu in der Lage. Wachsen wollen sie aber auch 2009 fast alle - lediglich drei Systemhäuser rechnen mit dem Abbau von Geschäftsfeldern in diesem Jahr. 2008 zeigte sich nur ein einziger IT-Dienstleister so pessimistisch.

Kaum Neueinstellungen

Immerhin sind die Systemhäuser hierzulande etwas vorsichtiger, was ihre künftige Personalplanung betrifft. Immerhin noch 40,4 Prozent von ihnen wollen noch in diesem Jahr ihre Belegschaft aufstocken (2008 wollten dies noch 77,3 Prozent tun). Fast der gesamte Rest (55,3 Prozent) plant, seine Mannschaftsstärke zumindest konstant zu halten. Lediglich drei Systemhäuser rechnen 2009 in der Tat mit einem Personalabbau. Die letztjährigen Erhebungen haben aber immer wieder aufgezeigt, dass diese optimistischen Prognosen nie so eintreffen: Meist müssen einige Systemhäuser mehr ihre Belegschaft verringern, und viele sind schon froh, wenn sie hier bei plus/minus null stehen bleiben.

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Und es gibt noch einen weiteren Indikator dafür, dass sich Systemhäuser derzeit mitten in einer starken Wirtschaftskrise befinden: Sie alle wollen nicht nur weiterhin mit ihren Bestandskunden Geschäfte machen sondern sind nun bestrebt, Neukunden zu gewinnen. Im Vorjahr zeigten sich elf Prozent der Systemhäuser an der Neukundenakquise gar nicht interessiert, dazu waren sie wohl mit ihren bestehenden Kunden zu beschäftigt.

2008 konnten die Top-25-Systemhäuser in Deutschland zusammen einen Umsatz in Höhe von 4,72 Milliarden Euro erwirtschaften, ein Jahr davor betrugen die aufsummierten Erlöse dieser 25 Unternehmen 2,4 Prozent weniger. Legt man aber die Umsätze der Top-25-Systemhäuser aus dem Jahr 2007 zugrunde, so hat sich deren Gesamtumsatz im Vergleich zum aktuellen Ranking kaum verändert. Die damals 25 größten Corporate Reseller in Deutschland konnten knapp ein Prozent weniger umsetzen als die Top-25-Systemhäuser im Vorjahr. Immerhin standen 2008 mit 17.241 Personen 2,4 Prozent mehr Beschäftigte bei den großen Corporate Reseller in Lohn und Brot als 2007. (rw)