Berufsunfähigkeitsversicherung: Kein Verweis bei kurzer Fremdtätigkeit

21.11.2006
Berufsunfähigkeitsversicherer dürfen Kunden, die nur vorübergehend eine andere als die übliche Tätigkeit ausüben, die Versicherungsleistungen im Ernstfall nicht verweigern.

Berufsunfähigkeitsversicherer dürfen Kunden, die nur vorübergehend und aus wirtschaftlichem Zwang eine andere als die übliche Tätigkeit ausüben, die Versicherungsleistungen im Ernstfall nicht verweigern.

Konkreter Fall: Ein über Jahre selbstständiger Fleischermeister hatte seinen Betrieb aus finanziellen Gründen verkaufen müssen. Der Käufer beschäftigte ihn zunächst weiter, löste die Firma dann aber auf und ließ sie durch den noch bei ihm angestellten Meister abwickeln. Dabei fielen vorwiegend kaufmännische Aufgaben an. Als der Fleischermeister wegen eines Rückenleidens berufsunfähig wurde, verweigerte sein privater Berufsunfähigkeitsversicherer die vertraglichen Leistungen, obwohl der Mann mit einem Gutachten nachwies, dass er keine schwere handwerkliche Arbeit mehr ausüben kann.

Versichert sei laut Vertragsbedingungen der zuletzt ausgeübte Beruf, so die Begründung des Versicherers für die Ablehnung. Das sei bei dem Mann eine kaufmännische Tätigkeit, da er zuletzt gut vier Monate mit der kaufmännischen Abwicklung des Betriebs befasst gewesen sei. Das Gutachten beziehe sich aber nur auf schwere körperliche Arbeit. Der Versicherte könne durchaus noch kaufmännische, organisatorische oder verwaltende Tätigkeiten ausüben, daher habe er keinen Anspruch auf Leistungen.

Diese Argumentation teilte das Oberlandesgericht Hamm allerdings nicht, das der berufsunfähige Fleischermeister daraufhin anrief (Az. 20 U 171/05). Der Versicherer dürfe keine substantielle Änderung des Berufs ableiten, wenn der Versicherte aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend gezwungen sei, andere Tätigkeiten zu übernehmen. Wer wie der Kläger einen Betrieb abwickle, in dem er jahrelang vorwiegend handwerklich gearbeitet habe, übe deswegen noch keinen neuen Beruf aus. Für eine rein kaufmännische Tätigkeit in Industrie- oder anderen Großbetrieben, auf die der Versicherer verwiesen hatte, fehle dem Fleischermeister die berufliche Kompetenz. Der Mann kann nun Anspruch Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen.

Weitere Informationen unter: www.forum-berufsunfaehigkeit.de/Schnelleinstieg/Kapital_Lv_Buz.asp. (moneytimes/mf)

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