Das Fragerecht des Arbeitgebers nach Schwerbehinderungen von Bewerbern

10.07.2007
Von Dr. Christian
Arbeitnehmer müssen nur Auskünfte über Beeinträchtigungen erteilen, die für die vorgesehene Tätigkeit von Bedeutung wären.

Arbeitgeber dürfen Bewerber um eine Arbeitsstelle im Rahmen des Einstellungsgesprächs nur sehr eingeschränkt nach einer möglichen Schwerbehinderung befragen. Arbeitnehmer sind lediglich verpflichtet, darüber Auskunft zu geben, ob sie unter körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen leiden, durch die sie für die vorgesehene Tätigkeit ungeeignet sind. Ein generelles Fragerecht nach einer bestehenden Schwerbehinderung besteht dagegen nicht. Diese Rechtslage hat das Landesarbeitsgericht Hamm am 19. Oktober 2006 in einer neuen Entscheidung zu dieser sehr praxisrelevanten Problematik bestätigt.

In dem vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer geklagt, der durch einen Schlaganfall zu 60 Prozent schwerbehindert war. Der Kläger wurde als Industriereiniger und Staplerfahrer in dem beklagten Unternehmen eingesetzt.

Als der schwerbehinderte Mitarbeiter in zwei Fällen die vom Arbeitgeber angeordnete Mehrarbeit ablehnte, erhielt er zwei Abmahnungen. Hiergegen setzte er sich vor dem Arbeitsgericht zur Wehr. Im Rahmen des Klageverfahrens verwies er auf seine Schwerbehinderung und auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz. Als der Kläger kurz darauf auch noch erkrankte, focht sein Arbeitgeber den Arbeitsvertrag gem. § 123 BGB wegen einer arglistigen Täuschung an. Der Arbeitgeber begründete dies damit, dass ihm die Behinderung des Klägers bis zur Abmahnung nicht bekannt gewesen sei.

Das Gericht gab jedoch dem Kläger und nicht seinem Arbeitgeber Recht. Es wies in seinem Urteil darauf hin, dass schwerbehinderte Mitarbeiter nicht benachteiligt werden dürfen.

Der beklagte Arbeitgeber habe nach Ansicht des Gerichts sogar noch selber angegeben, dass er den Kläger bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Frage nach einer Behinderung gar nicht erst eingestellt, also benachteiligt hätte. Außerdem habe der Arbeitgeber in dem konkreten Fall nicht nachweisen können, dass dem Kläger eine entscheidende Funktion oder Fähigkeit fehle, um seine Arbeit sachgerecht ausüben zu können. Die Schwerbehinderung führte jedenfalls nicht dazu, dass der Kläger für die vorgesehene Tätigkeit als Industriereiniger und Staplerfahrer generell ungeeignet war. Daher hätte der Kläger in dem Bewerbungsgespräch vor seiner Einstellung auch nicht generell nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung befragt werden dürfen (LAG Hamm, Urteil vom 19.10.2006, Az.: 15 Sa 740/06).

Der Autor: Dr. Christian Salzbrunn arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen das Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht sowie die Themen Insolvenz und Inkasso. Kontakt und weitere Informationen: Telefon +49 (0)2 11. 1 75 20 89-0, Telefax +49 (0)2 11. 1 75 20 89-9, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de (mf)

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