Wiederbelebung von Marken

Das zweite Leben von Praktiker, Hertie und Co.

26.10.2016
Immer mehr bekannte Marken aus alter Zeit erleben eine Renaissance im Internet. Denn der altvertraute Namen kann einer jungen Online-Firma den Start erleichtern. Eine Erfolgsgarantie gibt es aber nicht.
Das Internet ermöglicht die Wiederbelebung eines alten Namens. Das jüngste Beispiel hierfür ist Praktiker.
Das Internet ermöglicht die Wiederbelebung eines alten Namens. Das jüngste Beispiel hierfür ist Praktiker.
Foto: tishomir - Shutterstock.com

Die Warenhauskette Hertie ging 2008 pleite, das Versandhaus Quelle 2009, die Baumarktkette Praktiker 2013. Doch wer will, kann heute wieder bei Hertie Haushaltswaren einkaufen, bei Quelle Privileg-Waschmaschinen bestellen und bei Praktiker die Preise für Heimwerkerartikel vergleichen. Das Internet hat den gescheiterten Marken ein zweites Leben ermöglicht.

Kein Wunder, findet der Marketingexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU. "Viele alte Marken haben noch nach Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad. Das macht sie für Unternehmen attraktiv. Denn eine völlig neue Marke aufzubauen ist auch im Online-Zeitalter extrem schwierig", meint er. "Es ist viel leichter, eine bekannte Marke wiederzubeleben - vorausgesetzt, sie löst beim Verbraucher noch positive Assoziationen aus."

Hertie etwa erlebte schon 2013 eine Wiedergeburt als Online-Shop, nachdem sich die Osnabrücker Internet-Unternehmer Nils und Jan Klöker die Namensrechte der 2008 in die Insolvenz geschlitterten Traditionsfirma gesichert hatten. Als Online-Kaufhaus bietet hertie.de nach eigenen Angaben heute wieder über 1,2 Millionen Produkte an - vom Halloween-Kostüm bis zum Holzkohlegrill.

Hertie-Sprecher Klaus-Martin Meyer sieht die Wiederbelebung des Namens als Erfolgsgeschichte. "Der Kauf des Namens Hertie hat sich gelohnt. Alle Erwartungen sind getoppt worden", berichtet er.

Hertie werde wegen des bekannten Namens auf Preissuchmaschinen häufiger angeklickt. Und auch die Rate der Online-Besucher auf der Website, die sich zum Kauf entschlössen, sei höher als normal. "Das ist eine ganz andere Liga, als wenn man einen Markennamen völlig neu aufbauen muss."

Das Versandhaus Quelle ist nach der Pleite im Jahr 2009 ebenfalls nicht für immer verschwunden. Hier übernahm der Konkurrent Otto den traditionsreichen Namen. Heute ist quelle.de eine zusätzliche Verkaufsplattform für Haushaltsgeräte, Möbel, Elektronik und Textilien im großen Otto-Imperium.

Die Beibehaltung des Namens Quelle diene nicht zuletzt dazu, "dass Kunden, die auf die alte Traditionsmarke schwören, sich weiterhin da zuhause fühlen können", heißt es im Unternehmen. Sogar die populäre einstige Quelle-Eigenmarke Privileg findet sich wieder im Angebot. Die Rechnung geht wohl auf. Denn im jüngsten Otto-Geschäftsbericht heißt es: Im Vergleich zu 2014 habe Quelle den Umsatz in Deutschland, Österreich und der Schweiz um 20 Prozent gesteigert.

Und der Trend geht weiter. Das jüngste Beispiel für die Wiederbelebung eines alten Namens ist Praktiker. Die Internet-Unternehmer und Heimwerker-Fans Christoph Kilz und Dirk Oschmann haben sich die Namensrechte der Baumarktkette gesichert. "Noch in diesem Jahr wird unter praktiker.de ein Online-Shop starten, der herkömmliche Baumärkte im Sortiment-Umfang deutlich übertreffen wird", kündigt Mitgründer Oschmann an.

Bisher beschränkt sich der im klassischen, blau-gelben Praktiker-Look gehaltene Online-Auftritt allerdings auf Heimwerker-Tipps und ein Preisvergleichsportal für Heimerker-Bedarf. Wie viel Zukunft der Markt hat, wird sich noch zeigen müssen. Denn im Internet sind die Praktiker-Rivalen aus alter Zeit wie Obi, Bauhaus oder Hornbach längst mit ihren eigenen Online-Shops präsent.

"Die Wiederbelebung einer alten Marke ist kein einfaches Unterfangen", betont Fassnacht. "Die Markenbekanntheit hilft am Anfang, aber sie müssen dann auch ein Konzept haben, das am Markt bestehen kann." (dpa/ib)

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