DVD kommt langsam, aber gewaltig

11.10.2001
Schon zur Cebit im Frühjahr war klar: Die IFA wird zum Forum vieler DVDNeuvorstellungen. Die Hersteller des DVD+RW-Gremiums nutzen die Messefür die Vorstellung der ersten DVD+RW-Brenner und -Rekorder.

Die DVD ist zum Massenmedium geworden und auf dem besten Weg, sowohl CDs als auch das analoge VHS-Band zu verdrängen. Einzige Schwierigkeit: Derzeit steht nur das Format für die gepresste DVD-Rom wirklich fest. Bei den wiederbeschreibbaren Datenformaten streiten dagegen die Hersteller um die Vormachtstellung in einem milliardenschweren Markt.

Dass nicht immer der Erste den Markt für sich entscheiden kann, muss derzeit Panasonic erleben. Obwohl das Unternehmen bereits vor rund zwei Jahren vom offiziellen DVD-Forum den Segen für das DVD-RAM-Format als wiederbeschreibbares Medium erhalten hat, schwenkt der Mutterkonzern Matsushita nun zumindest auf einen Mittelweg ein und integriert in das neue Einbaulaufwerk LF-D321JD auch das lediglich einmal beschreibbare DVD-R- Format. Der Grund für den Strategieschwenk: Außer Panasonics und Hitachis DVD-Playern verweigern alle anderen die DVD-RAM-Wiedergabe.

Bei Pioneer scheint die Rechnung dagegen zuerst einmal aufzugehen. Im Herbst #99 führten diese im Alleingang ein DVD-R-Laufwerk für gut 10.000 Mark in den Markt ein. Seit dem Frühjahr kann man sich über die offizielle Standardisierung des DVD-RW-Formates freuen und den Brenner namens DVR-A03 vermarkten. Der hält sich seitdem stabil im Preis bei knapp 1.800 Mark. Kein Wunder, denn die von vielen erwartete Verknappung durch große Nachfrage aber geringen Stückzahlen beim Produktionsstart ist eingetroffen. Ab Herbst erwartet Pioneer Deutschland jedoch höhere Stückzahlen.

Pioneer-Marketingmanager Stefan Schiller hält es allerdings für "noch zu früh, eine exakte Prognose zum DVD-RW-Format zu machen. Fakt ist allerdings, dass sowohl die DVD-RW- als auch die DVD-RAM-Liga das VRF (Video-Recording-Format) nutzen, das vom DVD-Forum als einziges Format für DVD-Recording standardisiert wurde."

Das beeindruckt die mit einem dritten Format in den Startlöchern stehende Konkurrenz nicht. Philips, Ricoh, HP und einige andere Hersteller wollen mit DVD+RW den Markt erobern. Die technischen Unterschiede zu -RW sind nur minimal. Sicher ist, dass +RW im Gegensatz zu DVD-RW keine Finalisierung nach dem Brennvorgang benötigt und sowohl variable als auch konstante Bitraten zulässt. Damit will man den Brennvorgang verkürzen und die maximale Spielzeit der 4,7 GB großen DVD verlängern.

Das entsprechende Laufwerk von Philips (DVDRW 208 K) wird erst ab Mitte Oktober lieferbar sein. Über Stückzahlen des 1.000 Euro teuren Laufwerks will man dabei nicht spekulieren, doch Bernd Hippmann, Customer-Relation-Manager bei Philips, ist sich sicher, dass es mehrere Tausend sind.

Mitstreiter HP siedelt den Preis für sein erstes Laufwerk dagegen deutlich darunter an. Das dvd-100i-Laufwerk soll rund 750 Euro kosten und eigentlich bereits seit Anfang September lieferbar sein. Inzwischen geht HP vom Lieferbeginn Anfang November aus. Die technischen Daten sind mit dem Philips-Laufwerk nahezu identisch. Kein Wunder, denn die ersten +RW-Laufwerke kommen aus ein und derselben Ricoh-Fabrik.

Entsprechend will auch Ricoh ab Mitte Oktober ebenfalls sein Laufwerk MP5102 A ausliefern. Glaubt man dem Branchengeflüster, verschieben Probleme bei der Formatfestschreibung und der Laufwerks-Firmware den geplanten früheren Produktionsstart. Trotzdem zeigt sich Philips-Pressesprecher Klaus Petri von den Aussichten von +RW gegen -RW überzeugt: "Im europäischen und amerikanischen Markt werden wir +RW durchsetzen, in Japan dürfte dagegen -RW die Oberhand haben." Ein Problem sieht er darin nicht, denn "es ist ja nicht wie bei Beta, Video 2000 und VHS." Alle Laufwerke können zumindest die Medien des anderen Formats wiedergeben, auch wenn sie es nicht beschreiben können.

Durch den japanischen Markt rutscht Brachenprimus Sony trotzdem in eine besondere Position. In Japan baut man Pioneer-Laufwerke in die Desktop-Vaios und ist gemeinsam mit Pioneer, Sharp und Samsung Mitgliedsunternehmen in der RWPPI, einer DVD-Initiative für beschreibbare Medien. Diese hat sich auf die Fahnen geschrieben, "die Aufnahme und Wiedergabe der Kompatibilitäten zu anderen Zukunftsformaten wie etwa +RW zu untersuchen". Für die Brenner-Markteinführung auf dem europäischen und amerikanischen Markt will Sony dagegen auf einen Zwitter setzen, der sowohl +RW als auch -RW unterstützt.

Diesen wird es aber mit Sicherheit nicht vor der Cebit 2002 geben. Bis dahin dürfte sich auf dem PC-Markt bereits einiges getan haben, denn auch die Hersteller gehen davon aus, dass es dann die ersten DVD-Brenner unter 500 Euro gibt. Torsten Leye, Optical-Manager bei Verbatim, geht davon aus, dass zum Weihnachtsgeschäft der Markt mit DVD-Rohlingen anläuft: "Unsere Kunden erwarten, dass wir sowohl DVD-RW- als auch +RW-Rohlinge im Angebot haben, sonst fliegen wir aus den Programmen." Auch TDK-Marketing-Manager Jean-Paul Eek-hout definiert ganz klar: "Wir könnten +RW-Medien binnen zwei bis drei Monaten liefern."

Die Rohlinge unterscheiden sich im Aufbau kaum, doch durch die Land-pre-Pits-Adressierung der -RW-Rohlinge benötigt man zwei Einpresstiefen in der Produktion. Dadurch ist die Fertigung ein wenig komplizierter. Beim Endkunden wird sich das aber wohl kaum als Mehrpreis durchsetzen lassen. Torsten Leye von Verbatim erwartet ohnehin, dass sich bis Ende 2002 der Markt für ein Format entschieden hat. Für welches? Den Medienherstellern und letztendlich auch dem Endkunden kann es egal sein.

ComputerPartner-Meinung:

Das Hauptproblem der beschreibbaren DVDs liegt in dem immer noch fehlenden Standard. Erst wenn sich die Industrie hier endlich auf einen gemeinsamen Nenner einigt, wird auch der Boom bei den Brennern nicht mehr aufzuhalten sein. (jos)

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