Hartes Geschäft mit der Grünen IT



Karl-Erich Weber, Jahrgang 1959, ist Kaufmann, Autor, freier Journalist und Redakteur. Hauptberuflich seit 1991 mit ITK und Unterhaltungselektronik befasst, schreibt er seit 1998 für unsere Redaktion. Seine ITK-Lieblingsthemen sind die News, Analysen und Projektionen aus Wirtschaft, Markt und Fachhandel sowie die Hersteller mit ihren Produkten. Zudem bloggt, kritisiert und kommentiert er leidenschaftlich Medien und Politik. 
Durch Klimawandel und Strompreiserhöhung aufgeschreckt, verlangt die Öffentlichkeit vermehrt nach Grünen IT-Lösungen. Beim ChannelPartner-Roundtable "Green IT" diskutieren Experten, welche Chancen energieeffiziente IT hat und welche Widerständen es immer noch gibt.

ChannelPartner: Green IT ist sehr vielfältig. Was genau versteht Ihr Unternehmen darunter?

Silvio Weeren: Ich arbeite seit dem Jahr 2000 als Unternehmensbeauftragter für Produkt- und Umweltschutz; ursprünglich für IBM Deutschland, jetzt für IBM Europa. Im Moment wird Green IT im Wesentlichen als "Energieeffizienz only" diskutiert. In Wirklichkeit steckt natürlich viel mehr in dem Thema. Deswegen liegt der Hauptfokus auf unserem aktuellen Projekt "Big Green". Dabei geht es auch um das Thema Energieeffizienz, weil die Umsetzung beim Kunden dank der Kostenvorteile einfacher und damit schneller motivierend ist. In Wirklichkeit kommt noch viel mehr dazu, etwa Ressourcenverbrauch und möglichst lange Lebensdauer der Endprodukte. Es gibt aber auch den Aspekt Recycling oder das Design. Dabei achten wir darauf, dass man die Server so zusammenstellt, dass sie vernünftig, sprich: effizient genutzt werden können. IBM arbeitet international in entsprechenden Gremien wie etwa Green Grid mit.

Bernd Germandi: Ich arbeite im Produktmarketing bei Fujitsu Siemens Computers und bin unter anderem verantwortlich für den Absatz der Professional PCs für Deutschland. Das Thema Green IT ist für uns seit Jahren sehr wichtig. Es wird bei uns im Haus ganzheitlich betrachtet, sprich von der Produktentwicklung bis zum Recycling. Unsere Überlegungen gelten den Möglichkeiten, diesen "grünen" Anspruch sinnvoll technologisch umzusetzen. Daraus entwickelte sich letztendlich unser Green-PC. Und der beweist, dass es Lösungswege gibt, die bezahlbar sind. Der Verbraucher wird nicht mehr belastet. Ich halte das für einen sehr wichtigen Punkt an der Stelle.

Und jetzt ist es Zeit, energieeffiziente Server für Rechenzentren anzubieten sowie sparsame Consumer-PCs. Sobald die Verbraucherakzeptanz da ist, kann man das Thema vorantreiben. Denn wir brauchen auch Vorlieferanten, die entsprechende umweltgerechte Komponenten liefern können. Deswegen passt es ganz gut, dass wir uns in dieser Runde einfach mal austauschen, wo wir gemeinsam stehen und wie wir das auch gemeinsam nach vorne treiben können. Denn das geht nicht allein.

Björn Riebel: Das Thema Green IT ist weltweit gesehen eines der Top-Ten-Themen. Vor dem Hintergrund positioniert sich Citrix natürlich auch mit entsprechenden Lösungskonzepten. Die allgemeinen Rahmenbedingungen ändern sich, der politische Druck nimmt zu und die Konsumenten stellen entsprechende Anforderungen. Vor diesem Hintergrund können wir insbesondere mit dem Thema Virtualisierung sehr schön einzahnen. Wie eine Studie der Experton Group belegt, kann man mit der Virtualisierung auch Kosten senken und gleichzeitig grün wirtschaften.

Horst Strobender: Für Samsung als Hardwareproduzent ist es eine Grundvoraussetzung, dass Produkte energieeffizient arbeiten müssen. Wenn wir über Green IT sprechen, denken wir natürlich über die entsprechenden Produktionsprozesse nach. Und über lokale Produktionsstätten, um die Transportwege zu minimieren. Man ahnt ja nicht, wie viel Energie man verplempert und wie viel Dreck man durch den Transport von Fernost hierher verursacht. Samsung bekennt sich klar zu Green IT. Auf unserer Website haben wir hinterlegt, wie viel CO2 unsere Produktionsstätten in den letzten fünf Jahren ausgestoßen haben. Die gesamte grüne Philosophie ist dort erläutert.

Detlef Herb: Bei Kyocera steht der produktbezogene Umweltschutz im Vordergrund. Bereits vor 15 Jahren, als es den Begriff Green IT noch gar nicht gab, brachten wir schon unser erstes grünes Produkt unter dem Namen Ecosys auf den Markt. Wir setzen auf langlebige Technologien, das vermeidet Abfall und spart Energie. Der Umweltschutz beginnt bei der Entwicklung und reicht bis zum Recycling Als Umweltbeauftragter von Kyocera sitze ich in verschiedenen Gremien und Fachausschüssen und bin im Hause für die Einführung eines Umweltmanagementsystems zuständig. Da wir noch viel mehr im Umweltbereich machen, ist meine Kollegin Frau Jacoby mitgekommen.

Inge Jacoby: Als Presseverantwortliche unterstütze ich Herrn Herb speziell beim Thema Umwelt und PR. Kyocera kümmert sich auch über die Produkte hinaus um die Umwelt. Seit 20 Jahren unterstützen wir die Deutsche Umwelthilfe. Das Projekt heißt "Lebendige Flüsse", und das, obwohl das Thema Umwelt in den vergangenenzehn Jahren für viele nicht mehr so attraktiv war und der Umweltschutz eigentlich in Deutschland niemanden interessierte. Erst als es vor drei Jahren zur Flutkatastrophe in Deutschland kam, dachten viele erst wieder nach, weil sie selber betroffen waren.

Dieter Schramm: Das Thema Green IT ist für Intel natürlich genauso facettenreich wie zum Beispiel für IBM oder Samsung, denn wir sind auch Produzent. Auf unseren Webseiten reporten auch wir, wie sorgsam wir mit den Ressourcen umgehen. Und das ist eben nicht nur Strom, sondern auch Wasser, insbesondere bei der Halbleiterproduktion, sowie Transport und Verpackung. Es ist interessant, wie viel Energie man einsparen kann, wenn man die Verpackung optimiert und deswegen einfach weniger Gewicht hat.

Bei Energiediskussionen stehen wir natürlich immer am Pranger, weil unsere Prozessoren den ganzen Strom verbrauchen und der Rest eigentlich gar keinen Strom verbraucht. Den Vorwurf haben wir natürlich aufgegriffen, weil ein Prozessor tatsächlich Strom verbraucht. Aber ich denke doch, dass wir mit der Centrino-Technologie gezeigt haben, wie man den Verbrauch optimieren kann. Das ganze Know-how, was wir im Notebook-Bereich gewonnen haben, geht jetzt immer mehr in die Desktop- und Server-Technologie ein, etwa mit der Dual Core Microarchitecture.

Wir sind sehr engagiert in Initiativen wie etwa Green Grid im Datacenter-Umfeld sowie bei den Climate Savers mit dem WWF. Denn wir sind nicht nur Produzenten, sondern auch Nutzer. Bei Intel weltweit sind fast 100.000 PCs im Einsatz.

ChannelPartner: Alle Ihre Firmen sind seit vielen Jahren sehr "grün" ausgerichtet. Sie investieren viel Geld in den Umweltschutz, sie entwickeln und bauen grüne Produkte. Warum gibt es dann überhaupt noch so viele Strom fressende Produkte?

Weeren: Der Markt war ganz klar ein Treiber. Die Kunden haben mehr Rechenleistung verlangt, da immer mehr Anwendungen im täglichen Geschäftsleben effizienter mit IT gelöst werden. Autohersteller müssen keine teuren Crash-Tests mit echten Autos machen, da man sie am Rechner simulieren kann.

Schramm: Stimmt, der Markt hat diese Produkte nachgefragt. Als die Entwicklung zu immer kleineren und leichteren Notebooks ging, wollten die Leute auch mobil werden. Anfangs haben die Akkus nicht lange genug gehalten. Daraufhin haben wir die Centrino-Plattform entwickelt, und das Wort "Plattform" ist ja wichtig. Dabei haben wir übrigens herausgefunden, dass der Prozessor für gerade mal 30 Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich ist. Wenn der Rechner viel arbeitet, zum Beispiel ein Bild bearbeitet, dann ist er ja eigentlich sehr effizient. Das Problem beginnt erst, wenn ein Rechner nicht ausgelastet oder im Ruhezustand ist. Deshalb sollte man hier besser die Performance per Watt betrachten. Ein Rechner, der keinen Strom verbraucht, ist ausgeschaltet. Dann kann ich ihn auch nicht nutzen. Und seit letztem Jahr, seitdem wir denCore 2 Duo haben, wurde in diesem Bereich wirklich ein Quantensprung gemacht.

Weeren: Aber es gibt zwei Aspekte. Es gibt die Performance per Watt, diedann relevant ist, wenn man die Performance tatsächlich braucht, und es gibt den Anteil des Stromverbrauchs, der quasi verbraucht wird, ohne dass der Rechner irgendwas tut. Das ist der sogenannte Idle-Wert. Und aufgrund der technologischen Entwicklung der Miniaturisierung waren wir voriges Jahr an einem Punkt angelangt, an dem die Rechner ungefähr gleich viel gebraucht haben fürs Nichtstun wie für volle Leistung. Da geht es nicht nur um die Prozessoren, es geht auch um die Speicher. Die sind immer an. Aber der entscheidende Punkt ist, dass man häufig nur die Komponenten diskutiert.

Ich gehe mal einen Schritt weiter. Der Climate Saver geht dahin, dass Netzteile mit 80 Prozent Effizienz bis zum Jahr 2010 von Netzteilen mit 90 Prozent Effizienz abgelöst werden sollen. IBM hat übrigens seit 2003 Netzteile mit 90 Prozent Effizienz.

ChannelPartner: Und was bringt das an konkreter Energieersparnis?

Weeren: Viele Leute denken, das sind zehn Prozent Unterschied. Aber das ist es eben nicht. Wir haben einen Vergleichstest mit einem Bladecenter mit einem 90-Prozent-Netzteil und einem IU-Server mit den gleichen technischen Spezifikationen gemacht. Der kann, wenn er mit Netzteilen betrieben wird, die 82-Prozent-Spezifikation haben, dreimal so viel Strom brauchen wie ein Bladecenter mit der gleichen Technologie. Das sind in fünf Jahren 3.000 Euro mehr Stromkosten. Und das entspricht fast schon dem Einkaufspreis für das Blade. Der Grund für die Diskrepanz ist, dass die Netzteilkurven nicht linear sind. Diese gehen bei mittlerer Auslastung runter. Auch durch die Umweltzeichen bedingt stieg die Nachfrage nach Systemen, die man schön modular aufrüsten kann. Aber genau das ist der Tod der Effizienz. Der PC muss ja so designt werden, dass der Kunde reinstecken kann, bis es nicht mehr geht, und trotzdem muss das Netzteil genügen. Wenn man jetzt seinen Rechner vernünftigerweise relativ schmal ausstattet, liegt man halt relativ schnell in dem Bereich von 40, 50 Prozent oder darunter, wenn man nicht redundant arbeitet. Arbeitet man redundant, kommt man dann noch darunter auf 25 Prozent oder niedriger. Und da sind die Netzteilkurven eben dann so schlecht bei schlechterem Netzteil, dass man die Hälfte an Energie oder zum Teil sogar noch mehr an Wärme verbrät.

Germandi: Hier ist interessant: Wenn Komponenten im Server 70 Prozent dessen ziehen, was das Netzteil liefern kann, läuft das Netzteil am besten. Jetzt arbeitet man daran, dieses Optimum variieren zu können.

Weeren: Das Netzteil, das wir seit 2003 im Bladecenter verkaufen, hat den optimalen Effizienzpunkt bei 50-prozentiger Auslastung bei ungefähr 92 Prozent. Gerade wenn man konsolidieren will, läuft der Server ja nicht redundant. Und wir haben den optimalen Punkt von 50 Prozent quasi schon mit redundanter Last, und wenn wir dann runtergehen auf niedrigere Lasten, die man aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht fährt, ergibt das immer noch eine Netzteileffizienz von 80 Prozent.

Riebel: Auf der diesjährigen Computex wurden ja Stromversorgungseinheiten mit 1300 Watt angeboten. Das zeigt ja, dass der Endkunde das will.

Weeren: Aber der kann es ja gar nicht gebrauchen. Selbst durch die fähigsten Komponenten, die er in den PC einbauen kann, werden die Netzteile nicht einmal halbwegs ausgelastet. Wir Hersteller kommunizieren zwar im Großkundenumfeld, also dem Mainframe-Sektor, die Stromkosten schon seit 20 Jahren. Aber dort, wo es um die kleineren Systeme, etwa Intel-ID-basierte Systeme, geht, hat es die Kunden bislang nicht interessiert.

Strobender: Mein größter Motivationsfaktor, heute hierher zu kommen, war der Satz in Ihrer Einladung: Was können wir tun, um den Leuten diese Botschaft zu vermitteln? Eines, denke ich, kommt hier aus der Diskussion heraus: Die Hersteller tun eigentlich schon eine ganze Menge. Und seit drei, vier Jahren bemerkt selbst der private Endverbraucher, dass Strom nicht nur aus der Steckdose, sondern aus dem Portemonnaie kommt. Warum also achtet niemand auf Energieeffizienzklasse A? Uns als Hersteller und als Lieferant ist es noch nicht gelungen, diese Botschaft richtig rüberzubringen. Vielleicht weil wir uns zu sehr auf B-to-B-Kunden fokussieren.

Germandi: Ich sehe das nicht so negativ wie Sie, denn ein Lifestyle-Trend, der uns unterstützt, ist Mobilität. Die Leute wollen mobil sein. Ich habe jetzt gerade ein neues Handy mit einem tollen Display. Natürlich besitze ich wie der Rest meiner Familie ein Notebook. Es geht uns darum, mobil zu sein. Selbst meine Kinder erwarten von ihren Notebooks keine hohen Grafik- und Geschwindigkeiten etwa für Spiele, sondern Mobilität.

Im stationären Desktop-Bereich geht es wohl wirklich nur über Malus-Regelungen, nämlich darüber, dass die Kilowattstunde mehr kostet, sonst interessiert es die Leute nicht. Ich weiß auch nicht, ob es die Aufgabe der Industrie ist, die Kunden dahin zu erziehen, dass sie energieeffizient handeln sollen. Das liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Bürgers.

Weeren: Beim Kauf eines Gerätes müsste man einfach stärker auf die Folgekosten schauen. Wir als Hersteller müssten entsprechende Infos mitliefern. Es ist doch nun einmal Tatsache, dass im preissensitiven Segment einfach schlechtere Netzteile eingebaut werden, weil sie billiger sind und weil sich eben die allermeisten weigern, auch die Gesamtfolgekosten zu betrachten. Da ist für uns die Situation wesentlich schwieriger als für Anbieter Weißer Ware.

Herb: Ich bin auch Vater von drei Kindern, und ich kann mich an die Zeit erinnern, als ich hörte: "Papa, ich brauche eine neue Grafikkarte!" Oder: "Ich brauche ein neueres, stärkeres Netzteil." Und warum das alles? Weil die Spiele immer mehr Leistung von der Grafikkarte verlangten und deshalb die Netzteile in den einzelnen Rechnern aufgerüstet wurden. Ich habe denen das schon damals gesagt, "Kinder, denkt daran: Ihr verbraucht natürlich mehr Strom." Ich denke, es gibt eine ganze Menge an Kinderzimmern, wo es so ähnlich läuft. Ich schätze mal, es geht heute noch so. Diese Sucht nach mehr Leistung war und ist eben da.

Strobender: Ich verstehe Ihre Kinder, denn Computer Gaming ist auch das Hobby von mir und meiner Frau. In den vergangenen vier Jahren haben sich meine Energiekosten verdoppelt. Als typisch deutscher Bürger habe ich natürlich auf die Regierung geschimpft. Ich bin aber auch Techniker genug, um das zu hinterfragen. Und dabei habe ich erkannt, dass sich allein in den letzten fünf Jahren mein Energieverbrauch ebenfalls verdoppelt hat. Also muss ich mich nicht über Mehrkosten wundern. Und genau hier bin wohl nicht nur ich allein in der Zwickmühle. Wie kriegen wir die Botschaft rüber, wie viel Leistung man tatsächlich braucht und wo die Eigenverantwortung anfängt? Ich persönlich habe noch keinen Menschen erlebt, der freiwillig zehn Prozent mehr für ein Produkt ausgibt, das eine gute Ökobilanz hat.

ChannelPartner: Sie alle produzieren Ihre Produkte gemäß den verschiedenen Prüfzeichen. Da muss es doch das eine oder andere Zeichen geben, das als Basis für ein klares und von jedermann begreifbares grünes Zertifikat dienen kann ...

Strobender: Die meisten Prüfzeichen stellen doch nur Minimalstanforderungen; die sind vollkommen irrelevant. Ein Beispiel sind Pixelfehler der Klasse II, die laut ISO-Norm zulässig sind, doch ein Produkt mit diesem Fehler kauft uns keiner ab. Prüfsiegel wiegen die Leute doch nur in einer trügerischen Sicherheit. Wenn ich allein an die Arbeitsplatzgestaltung denke. Da haben Sie einen TÜV-Eco-Kreis drauf oder ergonomiegeprüft, trotzdem sind viele in einem grottenschlechten Zustand.Dennoch brauchen wir natürlich Normierungen, um zum Beispiel einen grundsätzlichen Kilowattstundenpreis zugrunde zu legen, den man dann in einem Datenblatt aufnehmen könnte.

Weeren: Der Energy Star 4.0 ist schon recht ambitioniert. Wir haben ihn für Monitore und Printer. Bei den PCs sind wir schon sehr weit, und jetzt arbeiten wir am Energy Star für Server. Da wird es schon wesentlich komplexer.

Germandi: Knallhart gesagt, ein Energy Star 4.0 kostet mehr. Weil die Stromversorgung beispielsweise beim Desktop effizienter, aber auch aufwändiger ist. Bei einer Großserienfertigung haben Sie in der Regel eine Effizienz zwischen 70 und 75 Prozent. Ein Energy Star 4.0 verlangt nochmals fünf Prozent mehr. Nur um eine Nummer zu nennen, kostet das den Kunden zehn Euro mehr für den Desktop. Und wissen Sie, was der macht? Der lacht Sie aus, weil er dadurch pro Jahr vielleicht 1,50 Euro Stromgebühren einspart. Bei Behörden, die niedrige Stromtarife haben, ist die Ersparnis noch niedriger. Das bedeutet aber, dass sich die Mehrkosten erst nach drei bis vier Jahren amortisieren.

Riebel: Ich finde es sehr wichtig, was Herr Strobender zum Thema Verantwortung sagt. Es ist doch relativ einfach, den Markt zu verstehen. Da gibt es ein Angebot und es gibt eine Nachfrage. Mal ganz überspitzt gesagt: Wenn ich das richtige Angebot schaffe, wird auch "das Richtige" nachgefragt.

Wir als Hersteller können uns drehen und wenden, wie wir wollen. Wir haben die Verantwortung für das, was wir tun - und zwar in jedem Geschäftbereich dieser Welt. Wir entscheiden, mit welchen Lieferanten wir arbeiten, welche Produkte wir entwickeln und wie umweltgerecht diese sind.

Und den zweiten damit verbundenen wichtigen Punkt hat Herr Strobender auch angesprochen. Es ist unsere Aufgabe, den Verbrauchern mehr Bewusstsein für die Umwelt zu vermitteln. Das ist das Schwierigste. Da versuchen wir, den Kunden je nach seinem Anwendungsportfolio zu beraten, dass es unter Umständen auch eine kleinere Prozessorklasse tut, die weniger Energie verbraucht. Dem steht der Wunsch des Kunden nach Investitionssicherheit für die nächsten Jahre entgegen, sodass viele dann doch größer dimensioniert einkaufen.

Wir können vielleicht einige Kunden überzeugen, indem wir ihnen Strommessgeräte zur Verfügung stellen. Aber so erreichen wir nicht den Endverbrauchermarkt. Und das ist ein riesiger, wichtiger Markt für uns alle.

Hier sollten wir mit Umweltverbänden kooperieren und versuchen, ein einheitliches Umweltzeichen zu bekommen. Derzeit gibt es da viel zu viele Logos, die sicherlich gut und richtig sind. Doch sie sind aus der Interessenlage eines Verbandes heraus getrieben, der sich auf bestimmte Themen fokussiert. Der WWF steht für Natur- und Artenschutz, Greenpeace konzentriert sich mehr auf das Thema Klima. Deshalb sollten einheitliche Richtlinien definiert werden, die die Anforderungen konkretisieren, an die die Hersteller sich zu halten haben. Und daraus können sich auch Verbraucherinformationen entwickeln, die verständlich sind.

Germandi: Kommt es wirklich auf das Umweltbewusstsein der Leute an? Worüber wird das gesteuert? Es wird immer noch über den Preis gesteuert. Der Kunde sieht beim Kauf allein das Preisschild und nicht das billige Netzteil, weil er eben die Stromkosten nicht einberechnet. Geiz ist geil hat sich ausgelaufen. Nichtsdestotrotz gucken die Leute immer noch aufs Geld. Das werden sie auch weiterhin tun. Und wir als Hersteller können ihnen noch nicht einmal konkrete Kostenrechnungen bieten. Denn jeder Rechner wird anders genutzt. Da gibt es die intensiven Gamer genauso wie diejenigen, die nur ab und zu eine E-Mail schreiben. Erst wenn man eine Standardbenutzung definiert, kann man berechnen, wie viel eine Kilowattstunde kostet.

Riebel: Ich weiß nicht, wie es auf internationaler Ebene ist, aber in Deutschland könnte man das schon durchsetzen. Denken wir doch nur an den Grünen Punkt.

Wenn Sie heute Datenblätter anschauen, sind das fast technische Handbücher. Warum? Weil Ausschreibungen erfordern, dass viele Details offen gelegt werden. Ich glaube, alleine im Energiebereich gibt es fünf oder sechs verschiedene Messwerte. Die muss aber erst mal jemand verstehen. Ich denke, da liegt eine wirklich große Aufgabe, und da ist es aus meiner Sicht auch über die Verbandsarbeit möglich, den Verbraucher sauber zu informieren.

Dann kriegen wir auch eine andere Nachfrage in Richtung Produkte, die weniger Ressourcen verbrauchen und trotzdem effizient sind. Die Technologie ist ja da. Die haben wir ja.

Jacoby: Für mich als Verbraucher wäre es sehr wichtig, wenn die Hersteller eine komplette Ökobilanz aufzeigen würden. Man hört immer Strom sparen, Strom sparen. Aber das reicht nicht. Wir wollen nicht nur Strom sparen, sondern unsere Energie organisieren. Und wie können wir insgesamt die Kosten senken? Und da möchte ich als Verbraucher wirklich aufgeklärt werden. Das fängt an bei den Produktionsprozessen, wie Sie schon erwähnt haben, hin bis zum Recycling

Schramm: Ohne uns zu sehr auf die Schulter zu klopfen, kann ich sagen: Wir leben das alles. Die Daten sind alle da. Aber jetzt fragen Sie mal Ihren Bekanntenkreis, wie viele sich auch wirklich darum bemühen. Die Daten sind ja nicht schwer zu bekommen. Wenn Sie auf die Intel-Seite gehen, sind es zwei Clicks, dann sind sie da. Bei IBM ist es ähnlich, aber die Leute müssen schon selbst die Energie aufbringen und die angebotenen Daten und Infos abrufen.

Weeren: Das bringt doch nichts. Wir können Ökobilanzen machen, aber es interessiert ganz, ganz wenige Menschen. Es muss vielmehr schick, es muss cool werden, Energie zu sparen oder nicht zu verschleudern. Wenn es eine Imagesache ist, dann wird es gekauft. Das sehen wir doch bei Apple. Die haben es geschafft, ein Produkt mit Image zu machen. Dagegen können wir als Ökos lange ankämpfen.

Riebel: Das sind doch alles Aktivitäten, die in der öffentlichen Wahrnehmung und in der des Endverbrauchers nicht stattfinden. Viel spannender ist es doch, zu fragen: Was kann die IT-Branche als solche tun? Wie kann man das Selbstverständnis jedes einzelnen Endverbrauchers tatsächlich so weit bringen, dass er versteht, wo IT in seinem täglichen Leben eine Bedeutung hat? Das ist wohl bisher noch nicht bei jedem Einzelnen angekommen.

Strobel: Wir müssen uns klarmachen, was sich im IT-Sektor in den letzten 20 Jahren verändert hat. Die Leistung stieg enorm, gleichzeitig konnte der Stromverbrauch spürbar gesenkt werden. Das liegt unter anderem an den diversen Prüfzeichen. Wir Hersteller müssen konform zu diesen Zeichen produzieren. Das ist nicht immer leicht, da die diversen Prüfinstitute in Konkurrenz stehen und deshalb ihre Anforderungen immer weiter verschärft haben. Den Kunden selbst hat das die ganze Zeit überhaupt nicht interessiert. Neun von zehn Leuten, die ich befragt habe, interessiert das nicht, da bei Ihnen der Strom aus der Steckdose kommt. Dass das Thema jetzt so hochkommt, hat mit Lifestyle zu tun. Und da müssen wir ansetzen.

Riebel: Wir, die Industrie, tragen die Verantwortung, dem Kunden wirklich energieeffiziente Geräte anzubieten. Das ist gesellschaftlich die einzige Verantwortung, der wir wirklich nachkommen müssen. Doch dabei sollten wir nicht zum Lehrer der Kunden werden. Die Leute sollen für sich selbst entscheiden.

Schramm: In die Rolle möchte ich auch nicht rein. IBM war einmal drin, als es nur Mainframes gab und sie klar gesagt haben, lieber Verbraucher, wir wissen, was gut für dich ist. Auch Intel meinte mal, sie wüssten es. Das ist ganz schlecht.

Es ist wichtig, dass die Kunden eigene Entscheidungen treffen. Wir können ihnen nur Alternativen anbieten. Es gibt den günstigen Rechner mit dem schlecht performanten Netzteil. Und es gibt auch den, ich sage jetzt mal, grünen Rechner.

Weeren: Wir müssen das Thema Lebensdauer mit reinnehmen, weil es von der Ökobilanz her in den Produktionskosten drinsteckt. Da komme ich auf das Thema "sinnvoll konsumieren und sinnvoller Verzicht". Das müssen wir auch lernen. Ich sage unseren Leuten, erstes Ziel muss sein, weniger Server zu verkaufen. Die Frage ist dabei: Wie können wir Umsatz machen, ohne Hardware rauszuhauen? Beispielsweise durch intelligente Systeme. Warum muss ich noch einen PC zu Hause haben, wenn ich alles wunderbar über ein Client-System machen kann. Ich würde mir wünschen, dass Thin Clients nicht nur einen Marktanteil von zehn Prozent hätten. Ich arbeite aktiv daran, obwohl wir bei IBM selbst kein Produkt dafür haben.

Riebel: Die Thin Clients haben momentan aus meiner Sicht ein sehr gutes Wachstum im Finanzdienstleisterumfeld. Warum ist das so? Da ist ein Arbeitsplatzprofil da. Die sagen, PC raus, Thin Client rein, ist erprobt, Verwaltungsaufwand kostet nicht viel. Er hat lange Lebenszyklen, keine bewegten, drehenden Teile drin, keine Mechanik. Da hängt es von den Unternehmen ab, welches Anwendungsportfolio die haben. Jetzt kommen neue Betriebssysteme, und die grafischen Oberflächen brauchen viel Rechenleistung.

Schramm: Bei mobilen Thin Clients sind die Netzwerkkosten zurzeit einfach noch zu hoch. Und deswegen stellt der Trend zur Mobilität, den wir ja alle sehen, für Thin Clients noch eine Hürde dar.

Strobender: Ich kann nicht begreifen, warum sich Thin Clients im Business-Bereich nicht durchsetzt haben. Vielleicht liegt es ja am Handel. Die meisten haben überhaupt gar keine Idee. Das Einzige, was die seit 20 Jahren können, ist, eine Hardware beim Distributor bestellen. Wenn es hochkommt, werden die Rechner zusammengeschraubt und weitergeben. Services und Beratung finden Sie nur vereinzelt und nicht in der breiten Masse. Da sehe ich für den Handel ganz gewaltige Chancen. Hier kann sich ein guter Berater, ein kompetenter IT-Spezialist etablieren und aufbauen. Dann kann er wirklich auch hier etwas bewegen. Und wir können ihn natürlich unterstützen, indem wir die passenden Produkte anbieten.

Germandi: Der Thin Client ist ein tolles, spannendes Thema. Das Problem ist nur: Sie landen heute in einer durchschnittlichen Thin-Client-Ausschreibung in der gleichen Mausefalle wie mit dem Desktop. Der Einkäufer geht hin, nagelt Sie an die Wand und will noch fünf Euro weniger zahlen für den Thin Client. Aber die Lösung ist ja nicht die Box. Die Box macht meine Bildschirmausgabe, vielleicht steuert sie noch meine Druckausgabe, ich habe eine Tastatur und eine Maus angeschlossen. Der Rest passiert im Hintergrund einer hochkomplexen Infrastruktur. Da rede ich über ganz andere Ansätze. Das sehen die Leute aber nicht. Aber genau da muss ich hin, weg von der reinen Boxbewertung und der Preisdrückerei und hin zu der Erkenntnis, dass es sich hier um eine vernünftige und nachhaltige Lösung handelt. Das ist ein Bewusstseinswandel, der allen Marktteilnehmern gut täte.

ChannelPartner: Selten habe ich eine so lebhafte Diskussionsrunde erlebt wie heute. Ich danke Ihnen allen für Ihr Engagement und die interessanten Beiträge.

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