Kein frischer Wind durch neue Speichertypen

28.06.2001
Die Umsätze in der Computerbranche dümpeln vor sich hin. Als Königsweg aus der Misere gelten bei allen Beteiligten neue, innovative Produkte. Doch trotz einer Vielzahl von Ankündigungen seitens der Speicherhersteller ist kein Ende der Flaute in Sicht.

Noch heute mokieren sich Insider über die selbstherrliche Art, mit der Intel dereinst SDRAM als neuen Standard für Arbeitsspeicher durchsetzt hat. Doch bei aller berechtigter Kritik darf man nicht vergessen, dass die Strategie erfolgreich war. Die Industrie stand, von den unvermeidlichen Nörglern und Zweiflern einmal abgesehen, geschlossen hinter dem Standard. Für Hersteller, Handel und Kunden brachte das homogene Produktfeld zum Beispiel in puncto Investitionssicherheit unbestreitbare Vorteile.

Das gleiche Kunststück gelang bei der Einführung eines Nachfolgers nicht mehr. Uneins darüber, ob Rambus oder DDR-SDRAM die bessere Lösung sei, versuchte man über den Markt eine Entscheidung herbeizuführen. Dafür hätte aber zumindest einer der Kontrahenten über einen akzeptablen Preis verfügen müssen. Für das bisschen Mehr an Leistung war niemand bereit, ein Vielfaches des normalen Speicherpreises zu zahlen. Gleichzeitig führte die Uneinigkeit bei den Herstellern zu Verzögerungen bei der Markteinführung, besonders bei DDR-Systemen. Inzwischen haben beide Techniken das Stigma des "ewigen Talents", wie es im Fußball heißen würde. Und auch die Industrie geht dazu über, mit der nächsten Generation von Speichern zu werben.

Stand der Technik bei DDR-SDRAM sind PC2100-Module. Mit einem theoretischen Datendurchsatz von 2,1 GB/s bilden die mit 266 MHz getakteten Speicher derzeit die Spitze des DDR-Feldes. Derzeit sind sie in zwei Versionen erhältlich: Während die ältere Version mit CL2.5 (CAS-Latency) inzwischen als PC2100B bezeichnet wird und noch immer den Löwenanteil der Produktion stellt, haben die Technologieführer längst die Zeichen der Zeit erkannt und auf PC2100A umgestellt, der mit CL2.0 einen deutlichen Performance-Vorteil bringen soll. So bietet Infineon bei den PC2100-Modulen ausschließlich Produkte mit CL2.0 an. Dies ist nur konsequent, da es keinen Sinn macht, schnellere Speichertechnologien durch langsamere Designs auszubremsen. Dies hat sich schon bei den PC100/PC133-Speichern gezeigt. Die langsamen CL3.0-Riegel lassen sich nur noch in Komplettrechnern verkaufen und erzeugen selbst da Verdruss beim Kunden.

DDR-RAM-Versionen

Neue Produkte könnten Bewegung in den Speichermarkt bringen, doch brauchen moderne Speicher inzwischen einiges an Entwicklungszeit, und nicht alles, was auf den Markt kommt, ist für den Durchschnittsanwender interessant. Der taiwanische Hersteller Kingmax bietet zum Beispiel PC166 DRAMs an. Wie schon der Vorläufer PC150 ist dieses SDRAM-Modul nur für den kleinen Markt der Übertakter relevant.

Auch bei den DDR-SDRAMs versuchen Hersteller mangels neuer Produkte mit neuen Technologien zu werben. So tauchen immer öfter Berichte über DDR-I- und DDR-II-Speicher in der Fachpresse auf. Hinter DDR-I - nicht zu verwechseln mit den derzeit verfügbaren Speichermodulen, die als DDR-SDRAM bezeichnet werden - steckt die nächste Generation von Double Data Rate. Die auch als PC333 oder PC2700 bezeichneten SDRAMs verfügen über eine interne Taktrate von 333 MHz und eine maximale Bandbreite von 2,4 GB/s. Dass aktuelle Chipsätze maximal 2,1 GB/s verarbeiten können, ist dabei unwichtig, da die neuen Riegel mit mehr Pins daherkommt und somit nicht in heutige Boards passen. DDR-I und II werden über 232 Pins verfügen, während bisherige DDR-Speicher lediglich 184 Pins aufweisen. DDR-II wird dann intern mit 400 MHz arbeiten. Das Verhältnis der neuen Versionen I und II dürfte dem von PC1600 und PC2100 entsprechen. Das bedeutet allerdings auch, dass die zunächst verfügbaren PC2700 Speicher genauso schnell obsolet sein werden, wie PC1600 es war.

Zukunftsmusik.

"Infineon sieht DDR-SDRAM als nächste Mainstream-Speicherarchitektur an, die - nach einer Einführungsphase in diesem Jahr - ab 2002 einen signifikanten Marktanteil haben und ab 2003 den Markt dominieren wird", schätzt Erik Greger, Produkt-Marketing-Manager bei Infineon, die Situation ein. Dort sieht man den Warenwertanteil für 2002 bei 30 Prozent, der Marktanteil in Stückzahlen wird durch den höheren Preis gegenüber Single Data Rate SDRAM also darunter bleiben. Auch auf Seiten des Handels ist man zurückhaltend. "Wir werden noch eine ganze Weile die derzeitige Palette von Arbeitsspeichern am Markt sehen", erklärt Gerald Diercks, Geschäftsführer bei Memory-Solution. "Der Trend geht eher zu größeren Standardmodulen mit kürzeren Latenzzeiten."

Auch von Rambus ist in nächster Zukunft nichts Marktbelebendes zu erwarten. Für nächstes Jahr sind Module mit 1066 MHz Taktrate angekündigt, und bis 2005 will man Speicher mit 1200 MHz bauen. Das zeigt jedoch, dass auch hier langfristig geplant wird. Die Entwickler in beiden Lagern sind derzeit völlig damit ausgelastet, 512-MB- und 1-GB-Module für den Servermarkt fertigzustellen.

Sonderformen wie die von Samsung angekündigten High-Capacity-RDRAMs oder Small-OutlineRIMMs (SO-RIMMs), aber auch DDR-micro-DIMMs, wie sie von Elpida gefertigt werden, sind ausschließlich für die Hersteller von Laptops, PDAs und anderen Mobilgeräten gedacht und werden für den Fachhandel keine Rolle spielen.

ComputerPartner Meinung:

Die Zeit der großen Entwicklungssprünge scheint vorbei. Die Entwicklung von Arbeitsspeichern ähnelt inzwischen sehr der von Prozessoren. Der Aufwand steigt, und der Leistungszuwachs zwischen den einzelnen Entwicklungsschritten hält sich in Grenzen. Für die Computerbranche sind aus dieser Richtung keine belebenden Impulse zu erwarten. Stattdessen werden sich Unternehmen wie Privatiers noch eine Weile damit begnügen, ihre Systeme aufzurüsten. Wer derzeit Arbeitsspeicher benötigt, sollte sich für Module mit CL2.0 entscheiden. Warten auf die nächste Speichergeneration braucht jedoch niemand. Hier ist noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten. Zuerst wird man die neuen Techniken dann wohl wieder bei Grafikkarten finden. (tm)

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