Projektbericht: E-Procurement-Plattform bei einem Bürofachhändler

14.08.2003
Immer mehr Anwender wollen ihre Büroverbrauchsmaterialien bequem online bestellen. Der Markt bietet bereits entsprechende Katalogsysteme an. Deren Anpassung an Kundenwünsche und die IT-Infrastruktur des Büroausstatters entwickelt sich zunehmend zu einem lukrativen Geschäftsfeld für IT-Dienstleister.

1926 gründeten mehrere deutsche Papier- und Schreibwarenhändler unabhängig voneinander die beiden Einkaufskooperationen: Büro Actuell in Frankfurt und Soennecken in Köln. Beide Genossenschaften wuchsen im Laufe der Jahre beträchtlich, bis sie in den späten 80ern den Schritt ins Ausland wagten.

Aus der Fusion der beiden Kooperationen entstand Mitte 1999 die Branion GmbH. Diese übernahm nun für die angeschlossenen Fachhandelshäuser die zentrale Vermarktung, die Logistikdienste, den Ein- und Verkauf, aber auch Tätigkeiten wie Unternehmensberatung oder IT-Services.

Eines des Branion-Mitglieder ist die Döringer + A. Dold GmbH. Der Büroausstatter wollte seine internen Abläufe vereinfachen und außerdem seinen Kunden die Möglichkeit einräumen, Bürobedarfsartikel und EDV-Zubehör online zu bestellen. Gleichzeitig sollte der Webkatalog eng in das eigene SAP-System integriert werden. Hier sollte geprüft werden, wie viel ein bestimmter Kunde bestellen darf und welche Orders erst manuell genehmigt werden müssen.

Die Anbindung eines Katalogs an das ERP-System funktioniert relativ einfach, da die SAP-Software über so genannte OCI-Schnittstellen (Open Catalog Interface) verfügt. "Inklusive der hierzu notwendigen Tests haben wir im Fall Döringer dafür nur etwa zwei bis drei Tage gebraucht", erinnert sich Georg Mersmann, Geschäftsführer der mit der Implementierung des E-Procurement-Systems "Private Pilot" beauftragten IT-Dienstleisters #CIS.

Die Wahl fiel auf die Software, weil deren Hersteller Trade Pilot ebenfalls zur Branion-Gruppe gehört. Die #CIS GmbH gilt wiederum in der Branche als der Private-Pilot-Experte schlechthin, sodass die Verhandlungen über den Start und den Ablauf des Projekts relativ rasch abgeschlossen waren. Außerdem konnte Döringer auf die Erfahrungen anderer Töchter des Fachhändlerverbunds Branion vertrauen, die bereits mit Trade Pilot arbeiteten.

Also erwarb die Döringer GmbH eine Softwarelizenz der Beschaffungsplattform Private Pilot. Darüber hinaus muss sich das Unternehmen aber um fast nichts mehr kümmern, denn die Installation erfolgte in den Räumen von #CIS. Diese agiert für die gesamte Branion-Gruppe als Vollservice-Dienstleisterin, sie hostet also nicht nur die internetbasierenden Anwendungen, sondern passt diese den Kundenwünschen entsprechend auch an. Im Falle von Private Pilot ist ein Software-Update dreimal im Jahr vorgesehen.

"Die reinen Lizenzkosten waren bei Döringer gar nicht mal so hoch", so Mersmann. Sie bewegen sich laut dem #CIS-Geschäftsführer ungefähr auf der Höhe der vom Bürofachhändler zu leistenden Zahlungen für die Einrichtung und Anpassung der Software - und diese Arbeit nahm insgesamt nur sechs Tage in Anspruch, wobei nur ein einziger Mitarbeiter von #CIS damit beschäftigt war.

Für die eigentliche Installation der Software benötigte er nur einen Tag, die restliche Zeit ging für die Vorbereitung drauf. Da ging es vornehmlich um die Integration in die SAP-Software und um die Zuordnung der mit einer Bestellung einhergehenden Zahlung zur richtigen Kostenstelle. Hier kam es bei der Nummerierung der einzelnen Positionen zu einigen Unstimmigkeiten, denn einige vom Webshop vorgegebene Kostenstellen gab es gar nicht im Warenwirtschaftssystem von Döringer. Doch diese Unstimmigkeiten sind bereits durch organisatorische Maßnahmen bei dem Bürofachhändler behoben worden. Kaum Probleme gab es hingegen bei der Anbindung der weiteren vom Kunden geforderten Funktionen, wie Budgetverwaltung und Genehmigungsverfahren.

Relativ problemlos verlief auch die Schulung der Endkunden. "Die Software ist fast intuitiv zu bedienen", lautet hierfür die Erklärung von Mersmann. Hinzu kommt der Vorteil, dass die Unternehmen, die Büroartikel bestellen, selbst keinerlei Investitionen in Hard- und Software tätigen müssen.

Falls sie über einen einigermaßen performanten Internetzugang, wie etwa eine ISDN-Leitung, verfügen, benötigen die Käufer nur einen Webbrowser. Dies genügt, um bei Döringer Druckerpapier, Bleistifte, Toner und sonstige Verbrauchsmaterialien online zu be- stellen.

Mitarbeiter der Branion-Tochter selbst wurden nur etwa anderthalb Tage geschult, hier lag der Schwerpunkt im Einpflegen der eigenen Katalogdaten in das E-Procurement-System. "Diese Tätigkeit stellt aber oft eine große Hürde bei der Einführung von digitalen Beschaffungsplattformen dar", stellt Mersmann fest.

Deswegen war es für den #Cis-Geschäftsführer auch so wichtig, diese kritische Stelle im Projekt zu gut wie möglich zu meistern - sprich: es durch gründliche Vorbereitung erst mal gar nicht so weit kommen zu lassen, dass es bei der Datenübergabe hapern könnte. Den First-Level-Support bei Döringer leistet noch Trade Pilot selbst, sobald es aber ans Eingemachte geht, springt der Dienstleister ein.

Zurzeit ist ein Mitarbeiter bei Döringer eine bis zwei Stunden im Monat damit beschäftigt, Katalogdaten in das E-Procurement-Systeme einzupflegen. Gleichzeitig spart sich der Bürofachhändler Zeit und Geld, da er alle Bestellungen nur noch elektronisch erfasst. Auch die nachfolgende Weiterverarbeitung von Prozessen geschieht weit gehend automati- siert, sodass - eine saubere Implementierung des Workflow vorausgesetzt - die durch Menschen verursachten Fehler und zeitlichen Verzögerungen abnehmen.

Die interne Abwicklung von Bestellungen erfolgt bei Döringer viel effizienter als früher mit der manuellen Erfassung, was wiederum dazu führt, dass die Endkunden schneller die gewünschten Waren erhalten und auch die Reklamationen wegen Falschlieferungen zurückgehen. Damit kann sich Döringer gegenüber den bei Branion nicht zusammengeschlossenen Bürofachhändlern profilieren.

Außerdem erhöhte das vorliegende Projekt das Bewusstsein am Markt, stärker in die elektronische Beschaffung zu investieren. So hat die #Cis GmbH festgestellt, dass mittlerweile über die Hälfte der Branion-Kunden aktiv nach der Möglichkeit fragen, webbasierend Bürobedarfsartikel zu bestellen. Noch vor anderthalb Jahren stellte sich die Situation völlig anders dar: Da war der E-Procurement-Markt noch vorwiegend anbietergetrieben.

ComputerPartner-Meinung

In gerade mal sechs Tagen ein ausgereiftes E-Procurement-System auf die Beine zu stellen ist durchaus realistisch, wie das Projekt der #CIS GmbH aufzeigt. Entsprechende Fachqualifikation vorausgesetzt, muss auch einem auf Online-Beschaffungsplattformen spezialisierten IT-Dienstleister mit zwölf Mitarbeitern und einer Million Euro Jahresumsatz vor der Zukunft nicht bange sein. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Döringer Büro Centrum Papeterie GmbH, August-Schanz-Str. 20, 60433 Frankfurt am Main, Ansprechpartner: Nicola Döringer, Geschäftsführerin, Tel. 069 548005-33, Fax: 069 548005-26, E-Mail: info@doeringer.de; www.doeringer.de

Problemstellung: Der Bürofachhändler Döringer wollte ein Bestellsystem, über das großen Kunden elektronisch ihren Bürobedarf und EDV-Verbrauchsmaterial beschaffen können; dies sollte Prozesskosten optimieren. Das System sollte Funktionalitäten wie Kostenstellenbelieferung, SAP-Integration und Budgetverwaltung erhalten und sich jedem Endkunden individuell anpassen, was die Beziehung zwischen Fachhändler und Kunden stärken sollte.

Lösung: Das System "Private Pilot" von Trade Pilot ist ein webbasierendes E-Procurement-System zur Beschaffung von C-Artikeln (C wie Commodity, zu deutsch: Bedarfsartikel). Der Trade-Pilot-Partner #CIS hostet die internetbasierende ASP-Lösung für den Bürohändler. Döringer und seine Kunden benötigen lediglich einen geeigneten Browser sowie mindestens eine ISDN-Leitung. Der Servicedienstleister #CIS bringt das System drei Mal im Jahr auf den neuesten Stand. KKA Medientechnik, ein weiterer Trade-Pilot-Partner, liefert weitere Daten und ist für Döringer als Content-Dienstleister tätig.

Technologielieferant: Trade Pilot GmbH, Soennecken-Platz, 51491 Overath, Ansprechpartner: Knut Mertens, Geschäftsführer, Tel. 02206 607-235, Fax: 02206 607-245, E-Mail: knut.mertens@tradepilot.de; www.tradepilot.de

Implementierungsdienstleister: #CIS GmbH, Bocholder Straße 278, 45356 Essen, Ansprechpartner: Georg Mersmann, Geschäftsführer, Tel.: 0201 61307 33, Fax: 0201 61307 55, E-Mail: mersmann@cis-gmbh.de; www.cis-gmbh.de.

Content-Dienstleister: KKA Medientechnik, Hoffeldstraße 31, 40235 Düsseldorf, Ansprechpartner: Gunnar Keseberg, Geschäftsführer, Tel.: 0211 69910-0, Fax: 0211 684742, E-Mail: mail@kkamedientechnik.com; www.kkamedientechnik.de

Kontaktaufnahme: Der Büroausstatter Döringer ist Mitglied bei Branion, einer europaweit agierenden Genossenschaft der Bürowirtschaftsbranche; Branion wiederum ist die Muttergesellschaft von Trade Pilot www.branion.com

Verhandlungsdauer: keine, da die Wahl des E-Procurement-Systems von vornherein feststand

größte Herausforderung: Übertragung der Katalogdaten ins E-Procurement-System

unerwartete Schwierigkeiten: bei der Einführung der neuen Arbeitsweise in der Einkaufsabteilung

länger gedauert hat: interne Umsetzung des Systems bei allen Kostenstellen

Implementierungsdauer: eine Woche

Arbeitsleistung: sechs Manntage

Aufteilung der Projektkosten: Software und Dienstleistung je zur Hälfte

Service- und Wartungsverträge: dreijährige Vertragslaufzeit; Software-Updates drei Mal pro Jahr; 1st-Level-Support von Trade Pilot (Konzeptentwicklung); 2nd-Level-Suppport leistet #CIS (Programmierung)

Schulung: 1,5 Tage bei Döringer

Benefit für Kunden: Durch die elektronische Abwicklung spart sich die Döringer GmbH Zeit in der Bestellerfassung, gleichzeitig minimiert er Fehlerquellen, was sich positiv auf die internen Prozesskosten auswirkt; das Kundenbindungsinstrument verbessert die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber traditionellen Fachhändlern; da die Software rein webbasiert betrieben wird, muss weder der Kunde noch der Online-Besteller Investitionen in Hardware tätigen.

Benefit für Dienstleister: Neben Hosting und Programmierung von Private Pilot erbrachte #CIS weitere Dienste, zum Beispiel die Schnittstellenprogrammierung zur ERP-Software, Beratung, Shopdesign-Anpassungen und Website-Erstellung; KKA Medientechnik erstellte ein umfangreiches Content-Management-System für die Eingabe und Pflege von Daten ins Private Pilot; der Aufbau dieser medienneutralen zentralen Datenbank bedeutet für KKA eine Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsfelds; dadurch können bestehende Kunden auch im Bereich Printkonzeption zufrieden gestellt werden.

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