Redings Reformpläne stoßen in Deutschland auf breite Ablehnung

13.11.2007
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Vorschläge der EU-Kommission zu künftigen Telekommunikationsregulierung in Europa sind bei den Branchenakteuren in Deutschland auf einhellige Ablehnung gestoßen. Insgesamt war am Dienstag der Tenor bei der Deutschen Telekom, ihren Konkurrenten und der Bundesnetzagentur, dass es dadurch zu einer unnötigen Ausweitung der Regulierung kommen würden. Allerdings wandten sich die Parteien teils gegen unterschiedliche Punkte.

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Vorschläge der EU-Kommission zu künftigen Telekommunikationsregulierung in Europa sind bei den Branchenakteuren in Deutschland auf einhellige Ablehnung gestoßen. Insgesamt war am Dienstag der Tenor bei der Deutschen Telekom, ihren Konkurrenten und der Bundesnetzagentur, dass es dadurch zu einer unnötigen Ausweitung der Regulierung kommen würden. Allerdings wandten sich die Parteien teils gegen unterschiedliche Punkte.

Die Telekom lehnte zum einen die geplante Entlassung zahlreicher Teilbereiche des Marktes aus der Regulierung ab. Zum anderen wandte sie sich gegen den Vorschlag von Kommissarin Viviane Reding, bei marktbeherrschenden Unternehmen eine Trennung zwischen Netzen und Diensten herbeizuführen. De facto solle nach den Vorstellungen aus Brüssel künftig mehr statt weniger Regulierung geben, bemängelte ein Sprecher des ehemaligen Monopolisten.

Hintergrund der Äußerungen ist, dass zwar elf der 18 bestehenden Teilmärkte nicht mehr reguliert werden sollen. Unter die Pflicht für dominierende Unternehmen zur Vorab-Genehmigung von Angeboten soll aber neuerdings der zukunftsträchtige Breitbandbereich fallen, in dem viele Anbieter ihre größten Wachstumschancen sehen.

"Die Vorschläge der Kommission führen dazu, dass Investitionen in Milliardenhöhe verhindert werden und Europa im internationalen Standortwettbewerb massiv zurückfallen wird", fügte der Telekom-Sprecher hinzu. In den USA habe die Rücknahme der Regulierung dazu geführt, dass in den letzten vier Jahren mehr als 50 Mrd USD in neue Netze investiert worden seien. "Die Kommissionsvorschläge sind dagegen ein Signal, dass sich Festnetzinvestitionen nicht mehr lohnen", so der Sprecher. Die Auswirkung auf Wachstum und Arbeitsplätze würden die europäischen Volkswirtschaften spätestens in fünf Jahren spüren.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), der rund 50 Konkurrenten der Telekom repräsentiert, erklärte, es sei völlig unverständlich, dass die EU gerade die Märkte aus der Regulierung entlassen wolle, die sie nach jüngsten eigenen Untersuchungen weiter für regulierungsbedürftig hält. Vor allem sprach sich der Verband gegen den geplanten Aufbau einer zentralen Regulierungsinstanz in Brüssel aus. Damit werde das eigentliche Ziel der Kommission konterkariert, in den Mitgliedstaaten selbst für eine effizientere Regulierung zu sorgen.

VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner erklärte: "Anstatt zur Beseitigung bestehender Wettbewerbsprobleme beizutragen, setzen die neuen Vorschläge den Wettbewerb ohne Not aufs Spiel und führen unweigerlich zu mehr Bürokratie, verringerter Effizienz, Kompetenzverlust der nationalen Regulierer sowie Arbeitsplatzverlusten." Die negativen Wirkungen würden offensichtlich in Kauf genommen, "nur um eine neue Behörde in Brüssel und neue Europa-Bürokratie zu rechtfertigen. Diese Strategie tragen wir nicht mit".

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, meinte auf Fragen von Dow Jones Newswires, eine Superbehörde sei zum einen nicht erforderlich, weil es im Telekommunikationssektor - anders als im Energiebereich - nur wenige grenzüberschreitende Probleme gebe. Zum anderen seien die bisherigen Mechanismen effizient und wirkungsvoll. Die Zentralisierung widerspreche den Bestrebungen, die Vorabregulierung auf das erforderliche Maß zurückzuführen und die Branchenaufsicht in das allgemeine Wettbewerbsrecht zu überführen.

Ebenso wenig wie eine neue Behörde in Brüssel ist nach Kurths Ansicht eine Ausweitung des Veto-Rechts der Kommission auf Maßnahmen gegen marktbeherrschende Unternehmen förderlich. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Unterschiede in den verschiedenen EU-Ländern bei der Auferlegung von Verpflichtungen sachlich gerechtfertigt und mit den nationalen Umständen begründet seien.

Zur geplanten Märktereduzierung merkte Kurth an, dass hier zu wenig die Konvergenz der Märkte von Telefonie, Breitband und Internet bei der Marktdefinition berücksichtigt worden sei. Die Möglichkeit der Trennung von Netz und Diensten bei Ex-Monopolisten wie der Telekom schließlich kommt für die Bundesnetzagentur nur dann in Frage, wenn andere Maßnahmen der Durchsetzung der Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Marktakteure nicht greifen. Das Beispiel Deutschland zeige aber, dass es auch ohne eine "funktionelle Separierung" möglich sei, den Zugang zu den Hausanschlüssen, der für den Breitbandwettbewerb von zentraler Bedeutung sei, erfolgreich durchzusetzen, betonte Kurth.

Webseiten: http://www.telekom.de http://www.vatm.de http://www.BNetzA.de DJG/stm/kth

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